Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1049/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1049/2015

Urteil vom 6. September 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Hardy Landolt,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus, Postgasse 29, 8750
Glarus,
2. A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Zopfi,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Einstellungsverfügung (fahrlässige Körperverletzung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Glarus vom 11.
September 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ (geb. 2002) sicherte am 28. Februar 2013 im Rahmen eines
Kletterkurses für Kinder die damals 9-jährige X.________, als diese in einer
Kletterhalle eine Wand bestieg. X.________ stürzte von der Kletterwand ab und
erlitt unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, einen Schädelbruch,
Hirnblutungen und Schädigungen am Gehör.

B.
Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus stellte die gegen
A.________ eröffnete Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung mit
Verfügung vom 18. Mai 2015 ein.
Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons
Glarus mit Beschluss vom 11. September 2015 ab.

C.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der obergerichtliche
Beschluss sei aufzuheben und A.________ wegen fahrlässiger schwerer oder
einfacher Körperverletzung zu verurteilen. Allenfalls sei der Beschluss des
Obergerichts vom 11. September 2015 aufzuheben und die Sache an dieses
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung nur
legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer
Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). In erster
Linie geht es um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff.
OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen.
Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung eines Verfahrens, hat die
Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden
eine Zivilforderung erhoben. Selbst wenn sie bereits adhäsionsweise
privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht hat, werden in der
Einstellungsverfügung keine Zivilklagen behandelt (Art. 320 Abs. 3 StPO). In
jedem Fall muss die Privatklägerschaft im Verfahren vor Bundesgericht darlegen,
aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche
Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der
Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen
Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn
aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um
welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin bringt zu ihrer Beschwerdeberechtigung vor, sie sei als
Opfer des zu beurteilenden strafbaren Verhaltens zur Beschwerde legitimiert.
Als Folge der erlittenen Verletzungen sei ihr Gehör beeinträchtigt und aufgrund
des Schädel-Hirn-Traumas lägen weitreichende kognitive Beeinträchtigungen vor.
Ob inskünftig ein Invaliditätsschaden eintrete, stehe noch nicht fest und hänge
davon ab, wie sie trotz der kognitiven Beeinträchtigungen die schulische und
berufliche Ausbildung werde absolvieren können. Der Ausgang des Strafverfahrens
habe zwar keine unmittelbare Bindungswirkung für das Zivilverfahren, wirke sich
aber stark präjudizierend aus. Dies gelte nicht nur für ein allfälliges
separates Zivilverfahren, sondern auch für die adhäsionsweise geltend gemachten
Schadenersatzansprüche. Die Beschwerdeführerin erlitt beim Vorfall vom 28.
Februar 2013 schwere Verletzungen, die zu Zivilforderungen im Sinne von Art. 41
ff. OR führen können. Sie erklärte denn auch ausdrücklich, sich als
Zivilklägerin am Strafverfahren beteiligen zu wollen. Damit legt die
Beschwerdeführerin hinreichend dar, dass sich der angefochtene Entscheid auf
ihre Zivilforderungen auswirken kann. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Einstellung des Verfahrens
und rügt, entgegen der vorinstanzlichen Auffassung sei das Verhalten der
Beschwerdegegnerin 2 als fahrlässig zu qualifizieren. Es liege auch kein Grund
für eine Strafbefreiung vor.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, aufgrund der bei den Akten liegenden Beweismittel,
insbesondere der Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 und jenen des erfahrenen
Kletterers und Kursleiters sowie der in kriminaltechnischer Hinsicht offenbar
von einem Kletterfachmann geführten polizeilichen Ermittlungen, sei mit grosser
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass nicht ein eigentlicher Fehler beim
Sichern oder bei der Materialhandhabung für den Kletterunfall ursächlich
gewesen sei. Aus den sachlich-nüchternen und detailreichen Aussagen der
Beschwerdegegnerin 2 sei vielmehr zu schliessen, dass diese ihrem
Erfahrungsstand und Alter entsprechend über gute Kenntnisse im Klettern und
Sichern verfügt habe, in der konkreten Situation aber nicht darauf gefasst
gewesen sei, als sich die Beschwerdeführerin plötzlich ins Seil habe fallen
lassen. Es lasse sich nicht mehr feststellen, ob die Beschwerdeführerin der
Beschwerdegegnerin 2 vor dem Abstieg zu erkennen gegeben habe, dass sie
herunterkomme. In Anwendung der Unschuldsvermutung sei davon auszugehen, dass
ein solcher Zuruf unterblieben sei. Bei dieser Sachlage erscheine es
nachvollziehbar, dass die Beschwerdegegnerin 2 angesichts des wohl erstmalig
erlebten Vorgangs einen Moment verwirrt gewesen respektive erschrocken sei, als
sich die Beschwerdeführerin plötzlich ins Seil habe fallen lassen. Nicht
entscheidend ins Gewicht falle, ob Reibungswärme mitgewirkt habe, dass die
Beschwerdegegnerin 2 das Seil nicht mehr festzuhalten vermocht habe. Es sei
stark zu bezweifeln, dass eine gewissenhafte andere jugendliche Person in der
unvermittelt eingetretenen Situation die Beschwerdeführerin sofort gehörig zu
sichern vermocht hätte, indem sie die Hände am Seil belassen und dieses
reaktionsschnell festgehalten hätte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es
jedem anderen zehnjährigen Kind mit der Klettererfahrung und den
Sicherungskenntnissen der Beschwerdegegnerin 2 gleich wie ihr ergangen wäre.
Angesichts des jungen Alters der Beschwerdegegnerin 2, ihrer geringen
Klettererfahrung und möglicher gruppendynamischer Prozesse in der jugendlichen
Kletterkursgruppe sei ferner klar zu verneinen, dass sie ihre Überforderung mit
gewissen Ausnahmesituationen hätte erkennen können.
Selbst wenn man im Einklang mit der Beschwerdegegnerin 1 ein fahrlässiges
Handeln und ein gewisses Verschulden der Beschwerdegegnerin 2 bejahte, wäre
zufolge fehlender Strafwürdigkeit von einer Bestrafung abzusehen. Der
plötzlichen Ausnahmesituation sei sie als Zehnjährige, die zu jenem Zeitpunkt
erst zum dritten Mal geklettert sei respektive gesichert habe, nicht
hinreichend gewachsen gewesen. Ihr Fehlverhalten rechtfertige keine
jugendstrafrechtliche Sanktion. Schliesslich sei die Beschwerdegegnerin 2
bereits durch die von ihr zu tragenden Folgen des Vorfalls stark betroffen, so
dass der Strafbefreiungsgrund gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d JStG (SR 311.1)
gegeben sei.

2.3. Die Jugendstrafprozessordnung (JStPO; SR 312.1) enthält keine allgemeinen
Bestimmungen über die Einstellung des Verfahrens. Enthält die
Jugendstrafprozessordnung keine besondere Regelung, so sind grundsätzlich die
Bestimmungen der Strafprozessordnung anwendbar (vgl. Art. 3 Abs. 1 JStPO).
Eine Einstellung des Verfahrens erfolgt gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO, wenn kein
Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), kein
Straftatbestand erfüllt ist (lit. b), Rechtfertigungsgründe einen
Straftatbestand unanwendbar machen (lit. c), Prozessvoraussetzungen definitiv
nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind (lit. d)
oder nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung
verzichtet werden kann (lit. e). Der Entscheid über die Einstellung eines
Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten.
Dieser ergibt sich aus dem Legalitätsprinzip. Er bedeutet, dass eine
Einstellung durch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur bei klarer
Straflosigkeit oder offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet
werden darf. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in
Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher
erscheint als ein Freispruch. Ist ein Freispruch genauso wahrscheinlich wie
eine Verurteilung, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren
Delikten, eine Anklageerhebung auf (BGE 138 IV 86 E. 4.1 S. 90 f., 186 E. 4.1
S. 190; je mit Hinweisen). Bei zweifelhafter Beweis- oder Rechtslage hat nicht
die Staatsanwaltschaft über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs
zu entscheiden, sondern das zur materiellen Beurteilung zuständige Gericht. Die
Regel, dass im Zweifel nicht eingestellt werden darf, ist auch bei der
Überprüfung von Einstellungsverfügungen zu beachten (BGE 138 IV 86 E. 4.1.1 S.
91 mit Hinweis). Bei der Beurteilung dieser Frage verfügen die
Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz über einen gewissen Spielraum, den das
Bundesgericht mit Zurückhaltung überprüft (BGE 138 IV 186 E. 4.1 S. 190). Diese
Grundsätze gelten auch im Jugendstrafverfahren (vgl. Urteil 1B_366/2011 vom 24.
Oktober 2011 E. 2; CHRISTOF RIEDO, Jugendstrafrecht und
Jugendstrafprozessrecht, Basel 2013, S. 288 N. 2215).

2.4.

2.4.1. Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft (Art. 125 Abs. 1 StGB). Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter
von Amtes wegen verfolgt (Abs. 2). Schwer im Sinne von Art. 125 Abs. 2 StGB ist
eine Körperverletzung, wenn sie dem objektiven Tatbestand von Art. 122 StGB
entspricht (BGE 109 IV 18 E. 2a S. 18 f. mit Hinweisen; Urteil 6B_992/2015 vom
1. Juni 2016 E. 2.4.1).

2.4.2. Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines
Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht
Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die
Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen
persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB).
Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung setzt voraus, dass der
Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Ein
Verhalten ist sorgfaltswidrig, wenn der Täter im Zeitpunkt der Tat aufgrund der
Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die Gefährdung der Rechtsgüter
des Opfers hätte erkennen können und müssen, und wenn er zugleich die Grenzen
des erlaubten Risikos überschritten hat. Wo besondere, der Unfallverhütung und
der Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich
das Mass der zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften.
Dies schliesst nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf
allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt
werden kann (BGE 135 IV 56 E. 2.1 S. 64 mit Hinweisen). Die Zurechenbarkeit des
Erfolgs bedingt die Vorhersehbarkeit nach dem Massstab der Adäquanz. Weitere
Voraussetzung ist, dass der Erfolg vermeidbar war. Dabei wird ein
hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei
pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des
Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad
an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 135 IV 56 E. 2.1 S.
64 f. mit Hinweisen).

2.5. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin durch den Sturz vom 28.
Februar 2013 erheblich verletzt wurde. Streitig ist, ob der Beschwerdegegnerin
2 ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. Die Vorinstanz nimmt zu ihren
Gunsten an, dass die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin 2 nicht
zugerufen habe, bevor sie sich ins Seil habe fallen lasse. Der Grundsatz "in
dubio pro reo" findet in diesem Stadium des Strafverfahrens indes grundsätzlich
keine Anwendung (BGE 138 IV 86 E. 4.1.1 S. 91). Die Vorinstanz verletzt das ihr
zustehende Ermessen allerdings nicht, wenn sie die Verfahrenseinstellung
stützt. Wie sie zutreffend festhält, beurteilt sich die Fahrlässigkeit nach
einem individuellen Massstab (Urteil 6B_174/2013 vom 20. Juni 2013 E. 3.3.4).
Es ist zu prüfen, ob die beschuldigte Person nach den Umständen und nach ihren
persönlichen Verhältnissen imstande gewesen wäre, mit grösserer Sorgfalt
vorzugehen als sie es getan hat. Dazu ist zu ermitteln, was ein gewissenhafter
und besonnener Mensch mit der Ausbildung und den individuellen Fähigkeiten der
beschuldigten Person in der fraglichen Situation getan oder unterlassen hätte (
BGE 122 IV 303 E. 3a S. 307). Bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit eines
Jugendlichen ist dessen Alter und Entwicklungsstand zu berücksichtigen und ein
weniger strenger Massstab angebracht (vgl. Art. 1 Abs. 3 JStGB; GÜRBER/HUG/
SCHLÄFLI, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Band I, 3. Aufl. 2013, N. 9 zu Art.
1 JStG).
Die Beschwerdegegnerin 2 war zum Zeitpunkt des Absturzes der Beschwerdeführerin
erst knapp zehn Jahre und zwei Monate alt. Sie ist mithin erst kurz zuvor
überhaupt strafmündig geworden (vgl. Art. 3 Abs. 1 JStGB). Zudem kletterte sie
damals erst zum dritten Mal. Wenn die Vorinstanz gestützt auf diese Umstände
und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdegegnerin 2 ein fahrlässiges
Verhalten verneint, ist dies nicht bundesrechtswidrig. Aufgrund ihrer
Feststellungen führte mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht ein eigentlicher
Fehler beim Sichern oder der Materialhandhabung zum Absturz der
Beschwerdeführerin. Entgegen ihrer Behauptung stellt die Vorinstanz
insbesondere nicht fest, dass die Beschwerdegegnerin 2 die Sorgfaltspflichten
verletzt hätte, die in der Broschüre "Sicher Klettern" des Schweizer
Alpen-Clubs SAC festgehalten sind. Vielmehr ist gestützt auf die von der
Vorinstanz dargelegten Umstände mit ihr davon auszugehen, dass die
Beschwerdegegnerin 2 nicht darauf gefasst war, als sich ihre Kletterpartnerin
ins Seil fallen liess. In dieser wohl erstmals erlebten Situation erschrak sie
und hielt kurzzeitig das Seil nicht mehr richtig fest. Es bestehen entgegen den
Vorbringen in der Beschwerde keine Anzeichen dafür, dass die Beschwerdegegnerin
2 unkonzentriert war. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist sodann stark
zu bezweifeln, dass eine andere gewissenhafte und besonnene jugendliche Person
in dieser unvermittelt eingetretenen Situation sofort richtig reagiert und die
Beschwerdeführerin gehörig zu sichern vermocht hätte. Ein knapp zehnjähriges
Kind ist allenfalls in der Lage, einfachere Abläufe zu beherrschen; es dürfte
ihm aber in aller Regel an den Fähigkeiten fehlen, um in einer komplexen,
erstmalig erlebten Gefahrensituation sogleich angemessen zu reagieren. Aufgrund
der gesamten Umstände kann der Beschwerdegegnerin 2 jedenfalls kein
sorgfaltswidriges Verhalten im jugendstrafrechtlichen Sinne vorgeworfen werden.
Vielmehr ist von einer Überforderung in einer erstmals erlebten
Ausnahmesituation auszugehen, die einem Kind dieses Alters nicht angelastet
werden kann. Die Beschwerdegegnerin 2 konnte ihre Überforderung in einer
solchen Situation auch nicht vorhersehen. Eine so junge Person ist nicht fähig,
derartige Überlegungen anzustellen, mögliche Ausnahmesituationen vorherzusehen
und zu erkennen, dass sie damit überfordert sein könnte. Ein
Übernahmeverschulden liegt nicht vor (vgl. dazu BGE 135 IV 56 E. 4.3.2; 106 IV
312 E. 6c; Urteil 6B_1341/2015 vom 25. Februar 2016 E. 4.3.3). Ob es sinnvoll
und verantwortbar ist, derart junge Kinder alleine klettern sowie sichern zu
lassen und sie bloss gruppenweise zu beaufsichtigen, ist vorliegend nicht zu
entscheiden.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die
Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin
2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihr im bundesgerichtlichen Verfahren
keine Umtriebe entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. September 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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