Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1006/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1006/2015

Urteil vom 4. April 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Sprenger,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Britta Keller,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Vergewaltigung, Freiheitsberaubung usw.; Strafzumessung; stationäre Massnahme;
willkürliche Beweiswürdigung, rechtliches Gehör; Schadenersatz und Genugtuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 6. Juli 2015.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 6. Juli 2015
zweitinstanzlich der Vergewaltigung (Anklageziffer 1), der Freiheitsberaubung
(Anklageziffer 4), der Nötigung (Anklageziffer 2) und der Tätlichkeiten
(Anklageziffer 6) schuldig (Dispositivziffer 1). Vom Vorwurf der mehrfachen
Vergewaltigung (Anklageziffer 1) sprach es ihn frei (Dispositivziffer 2).
Gleichzeitig stellte es fest, dass der Freispruch vom Vorwurf der Drohung
(Anklageziffer 3) in Rechtskraft erwachsen war. Ebenso hielt es die Rechtskraft
der erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen mehrfacher Drohung (Anklageziffer 5),
Entwendung eines Fahrzeugs zum Gebrauch sowie Fahrens ohne Berechtigung
(Nebendossier 2) fest. Das Obergericht verurteilte X.________ zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren (unter Anrechnung der Untersuchungs- und
Sicherheitshaft von 678 Tagen) und zu einer Busse von Fr. 300.--
(Dispositivziffer 3). Die Ersatzfreiheitsstrafe setzte es auf 3 Tage fest
(Dispositivziffer 4). Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme unter
Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe an (Dispositivziffer 5). Dem
Grundsatz nach erklärte es X.________ aus dem eingeklagten Ereignis für
schadenersatz- und genugtuungspflichtig. Zur Feststellung des Umfangs dieser
Ansprüche verwies es A.________ auf den Zivilweg (Dispositivziffer 6). Das
Obergericht bestätigte die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositivziffer 7).
Es auferlegte X.________ die Kosten des Berufungsverfahrens (Dispositivziffer
9) und sprach ihm keine Prozessentschädigung zu (Dispositivziffer 10).

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, es seien die
Dispositivziffern des obergerichtlichen Urteils 1, 3, 4, 5, 6, 7, 9 und 10
aufzuheben. Er sei von den Vorwürfen der Vergewaltigung (Anklageziffer 1),
Freiheitsberaubung (Anklageziffer 4), Nötigung (Anklageziffer 2) und
Tätlichkeiten (Ankageziffer 6) freizusprechen und mit einer Freiheitsstrafe von
sechs Monaten zu bestrafen. Die Zivilforderung von A.________ sei auf den
Zivilweg zu verweisen. Ihm sei für die erlittene Überhaft eine angemessene
Entschädigung zuzusprechen. Die Kosten des kantonalen Untersuchungs- und
Gerichtsverfahrens seien der (kantonalen) Gerichtskasse aufzuerlegen und ihm
sei eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Eventualiter sei das
Urteil des Obergerichts betreffend die Dispositivziffern 1, 3, 4, 5, 6, 7, 9
und 10 aufzuheben und die Sache zum Freispruch und zur Neubeurteilung über die
Strafzumessung, die allfällige Massnahme, die Zivilforderung, die
Haftentschädigung und die Nebenfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der
Beschwerde sei in Bezug auf die Zivilansprüche die aufschiebende Wirkung zu
erteilen. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht X.________ um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung und eine willkürliche Beweiswürdigung unter Verletzung
des Grundsatzes "in dubio pro reo" sowie einen Verstoss gegen die
Begründungspflicht vor. Er sei von den Vorwürfen der Vergewaltigung,
Freiheitsberaubung, Nötigung und Tätlichkeiten freizusprechen.

1.2. Die Vorinstanz gibt zunächst die Beweiswürdigung der ersten Instanz
wieder, die sich sehr ausführlich mit dem Aussageverhalten und den Aussagen der
Beschwerdegegnerin 2 befasst. Die Vorinstanz erachtet diese Erwägungen zur
Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 als in allen Teilen
zutreffend und übernimmt sie als eigene. Die Vorinstanz nimmt sodann unter
Verweis auf das erstinstanzliche Urteil eine ergänzende eigene Beweiswürdigung
vor. Sie verneint eine Beeinflussung der Beschwerdegegnerin 2 durch Dritte
(Polizei, Frauenhaus, Freund) und schliesst mit einlässlicher Begründung ein
Motiv für eine Falschbeschuldigung aus. Sie würdigt unter Verweis auf das
erstinstanzliche Urteil auch die Aussagen des Beschwerdeführers sowie seines
Vaters und seiner Schwester, und legt dar, weshalb diese nicht überzeugten. Die
Darstellung der Beschwerdegegnerin 2 könne weder durch die Aussagen des
Beschwerdeführers noch durch jene seines Vaters und seiner Schwester
erschüttert werden. Es bestünden keine Zweifel daran, dass sich der
Sachverhalt, so wie in der Anklageschrift umschrieben, zugetragen habe.

1.3. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist die Feststellung des Sachverhalts, wenn sie willkürlich ist (BGE
139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 140 III 16
E. 2.1 S. 18 f.; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen). Eine
entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden.
Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141
IV 249 E. 1.3.1 S. 253 mit Hinweisen).
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen
Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über
das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende selbstständige Bedeutung zu (BGE
138 V 74 E. 7 S. 82 mit Hinweisen).
Aus dem Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO) folgt
die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen (vgl. BGE 139 IV
179 E. 2.2; 138 IV 81 E. 2.2; je mit Hinweis).

1.4. Was der Beschwerdeführer vorbringt, vermag Willkür nicht zu begründen. Er
zeigt nicht auf, inwiefern die Beweiswürdigung der Vorinstanz schlechterdings
unhaltbar sein könnte. Er beschränkt sich in weiten Teilen seiner
Beschwerdeschrift darauf, seine eigene Sicht darzulegen und vor Bundesgericht
zu wiederholen, was er bereits im kantonalen Verfahren vorgetragen hat. Im
Rahmen seiner Kritik führt er zahlreiche Einzelpunkte an, die nach seiner
Auffassung Anlass für eine andere Beurteilung hätten geben sollen. Namentlich
rügt er die Würdigung der Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin 2 und ihrer
Motivlage sowie die Beurteilung der Glaubhaftigkeit ihrer angeblich durch
Beeinflussung verfälschten Aussagen. Entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers erscheint das angefochtene Urteil in diesen Punkten indes
nicht als schlechterdings unhaltbar.

1.5. Soweit der Beschwerdeführer die personenbezogene Glaubwürdigkeit der
Beschwerdegegnerin 2 infrage zu stellen versucht, vermag er keine Verletzung
seiner verfassungsmässigen Rechte bei der Beweiswürdigung aufzuzeigen, umso
weniger, als die von ihm genannten Gründe keinen Zusammenhang zum
Strafverfahren aufweisen und für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der
Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 in Bezug auf die konkreten Anschuldigungen
nicht relevant sind. Dass die Beschwerdegegnerin 2 betreffend die Gründe für
das Verlassen des Frauenhauses die Unwahrheit gesagt und sich überdies
geweigert haben soll, "in einem wesentlichen Punkt" Transparenz zu schaffen,
trifft so im Übrigen nicht zu. Die Vorinstanz musste darauf nicht weiter
eingehen. Angesichts des Umstands, dass die Beschwerdegegnerin 2 nur die
grundsätzliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zu Schadenersatz und
Genugtuung beantragte, durfte die Vorinstanz unter Verweis auf die Ausführungen
im erstinstanzlichen Urteil geldwerte Motive bei der Anzeigeerstattung
ausschliessen (Entscheid, S. 11). Dass und inwiefern diese Erwägungen unhaltbar
sein sollten, ist gestützt auf die Vorbringen in der Beschwerde nicht
erkennbar.

1.6. Die Vorinstanz würdigt das Aussageverhalten und die Aussagen der
Beschwerdegegnerin 2 anlässlich der drei Befragungen unter Berücksichtigung der
Einwände des Beschwerdeführers umfassend (Entscheid, S. 12 ff.). Sie bettet die
Schilderungen der Beschwerdegegnerin 2 bei eingehender Prüfung in einen
schlüssigen Gesamtzusammenhang und verneint eine Tendenz zur Aggravierung
betreffend die eingeklagten Sachverhaltskomplexe gemäss den Anklageziffern 1, 2
und 4 (Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Nötigung) mit einleuchtender
Begründung (Entscheid, S. 17 ff.). In Bezug auf die angegebene Dauer des
Geschlechtsverkehrs stellt sie nachvollziehbar auf die gefühlte Zeitspanne ab
(Entscheid, S. 18 f.). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten angeblichen
Widersprüche in den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 zu den Anklagekomplexen
gemäss den Anklageziffern 1, 2 und 4 löst die Vorinstanz ohne Willkür sachlich
auf (Entscheid, S. 17 ff.). Der Beschwerdeführer bezeichnet die Würdigung der
Vorinstanz als willkürlich. Er legt vor Bundesgericht indessen nur dar, wie die
Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 im Einzelnen richtigerweise zu würdigen
wären, und zeigt insofern eine andere mögliche Sachverhaltswürdigung auf. Im
Ergebnis stellt er seine Beweiswürdigung jener der Vorinstanz gegenüber. Den
Nachweis der Unhaltbarkeit ihrer Erwägungen bleibt er schuldig. Damit vermag er
das vorinstanzliche Beweisergebnis nicht zu erschüttern. Dass eine andere
Lösung oder Würdigung auch denkbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51;
136 III 552 E. 4.2 S. 560; je mit Hinweisen).

1.7. Die Vorinstanz schliesst mit sachlicher Begründung ein Motiv der
Beschwerdegegnerin 2 für eine Falschbelastung aus (Entscheid, S. 14 ff.). Sie
verneint ebenso plausibel die Beeinflussung der Beschwerdegegnerin 2 durch
Dritte (Entscheid, S. 16). Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet,
überzeugt nicht. Er listet in der Beschwerde auf, was als allenfalls mögliches
Motiv für eine Falschbezichtigung in Betracht kommen könnte. Er spekuliert, die
Beschwerdegegnerin 2 hätte wegen ihrer Familie einen triftigen Grund gebraucht,
um die Auflösung des Verlöbnisses zu rechtfertigen. Er weist weiter auf deren
aufenthaltsrechtliche Situation hin und mutmasst, Opfer häuslicher oder
sexueller Gewalt würden in vielerlei Hinsicht einen besonderen Schutz
geniessen. Die Beschwerdegegnerin 2 habe denn auch ein Asylgesuch auf Anraten
Dritter gestellt, welches sie offenbar mit erlittener häuslicher und sexueller
Gewalt begründet habe. Die Ausführungen des Beschwerdeführers erschöpfen sich
in Unterstellungen und unbelegten Behauptungen, die für den Nachweis von
Willkür nicht ausreichen. Ebenfalls nicht erkennbar ist, dass und inwiefern die
Beschwerdegegnerin 2, namentlich im Vorfeld der staatsanwaltlichen Befragung,
Beeinflussungen durch Dritte (Polizei, Freund, Frauenhaus) ausgesetzt gewesen
sein könnte, die sich auf ihre Aussagen ausgewirkt haben. Eine suggestive
Befragung durch die Polizei ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer vermag
diesen Vorwurf nicht stichhaltig zu begründen. Er verkennt, dass die von ihm
angeführten, angeblich suggestiven Fragestellungen anlässlich der zweiten
polizeilichen Befragung (Fragen 35 und 48) an das in der ersten Einvernahme
Gesagte anknüpfen (vgl. kantonale Akten, act. 7/1, S. 5). Aktenkundig ist, dass
anlässlich der Anzeigeerstattung bei der Polizei ein Vorgespräch stattfand,
welches nach der willkürfreien Feststellung der Vorinstanz im Wesentlichen dazu
diente, der Beschwerdegegnerin 2 den Ablauf der Befragung zu erläutern
(Entscheid, S. 17 f.). Dass eine Vergewaltigung erst durch entsprechende
Beeinflussung der Polizei anlässlich des Vorgesprächs inhaltlich überhaupt zum
Thema wurde, durfte die Vorinstanz mangels entsprechender Anhaltspunkte ohne
Willkür ausschliessen.

1.8. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen und das Aussageverhalten des
Beschwerdeführers unter Verweis auf die Ausführungen im erstinstanzlichen
Urteil sachlich. Sie gelangt zum Schluss, dessen Aussagen erschöpften sich in
Bezug auf den Kern der Anklagevorwürfe weitestgehend in einsilbigen
Bestreitungen sowie in undifferenziert wirkenden Aussagen. Sie seien
gekennzeichnet von den Bemühungen, sich in einem günstigen Licht darzustellen,
und wirkten eingeübt und konstruiert (Entscheid, S. 19 ff.). Die Kritik des
Beschwerdeführers ist nicht geeignet, die vorinstanzliche Würdigung als
willkürlich erscheinen zu lassen. Es trifft nicht zu, dass die Vorinstanz
übersehen hat, dass er den Vergewaltigungsvorwurf bestritten und angegeben hat,
nur einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit der Beschwerdegegnerin 2 gehabt zu
haben (vgl. Entscheid, S. 19 f.). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern
seine angeblich bescheidenen intellektuellen Fähigkeiten in Bezug auf die Frage
der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen relevant sein könnten.

1.9. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung hält vor der Verfassung stand. Die
Vorinstanz zeigt unter Verweis auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil
nachvollziehbar auf, weshalb sie zum Schluss gelangt, der Sachverhalt habe sich
so, wie in der Anklageschrift umschrieben, zugetragen. Der Beschwerdeführer
bringt nichts vor, was das Beweisergebnis in Frage stellen könnte. Die
Vorinstanz durfte erhebliche Zweifel an seiner Schuld verneinen. Der Grundsatz
"in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel ist nicht verletzt. Nicht
ersichtlich ist, inwiefern die Vorinstanz gegen die aus dem Anspruch auf
rechtliches Gehör abgeleitete Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 81
Abs. 3 lit. a StPO) verstossen haben könnte. Dass sie sich nicht explizit mit
allen Vorbringen befasst, die der Beschwerdeführer vor ihr vorgetragen hat,
führt weder zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs noch des Willkürverbots.
Die Gerichte können sich auf die entscheidrelevanten Punkte beschränken (vgl.
BGE 136 I 184 E. 2.2.1). Für die rechtliche Würdigung des willkürfrei als
erstellt beurteilten Anklagesachverhalts verweist die Vorinstanz im Übrigen auf
die Erwägungen der ersten Instanz. Sie macht diese damit zu ihrer eigenen. Sie
beschränkt sich dabei nicht auf eine blosse Verweisung, sondern begründet ihr
Urteil bezüglich der Schuldsprüche der Vergewaltigung und Nötigung auch mit
eigenen Erwägungen. Das vorinstanzliche Vorgehen ist mit Blick auf Art. 82 Abs.
4 StPO unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE
141 IV 244 E. 1.2) nicht zu beanstanden.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anordnung der stationären
therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB. Das psychiatrische Gutachten vom
30. April 2014 basiere mangels Exploration ausschliesslich auf den Akten. Die
vorhandenen psychiatrischen Vorgutachten seien indes mindestens rund neun Jahre
alt, wobei bereits das Gutachten aus dem Jahre 2006 ein Aktengutachten
darstelle. Einzige aktuelle Unterlage bilde der Führungsbericht des
Gefängnisses Dielsdorf vom 28. März 2014. Die jüngsten Akten des
Justizvollzugs, insbesondere der Schlussbericht der Bewährungs- und
Vollzugsdienste des Kantons Zürich vom 8. März 2013 über den Verlauf der
Bewährungshilfe und Weisungskontrolle, hätten keinen Eingang in das Gutachten
gefunden. Die Anordnung der Massnahme beruhe mithin auf einer
rechtsfehlerhaften Grundlage. Davon abgesehen erweise sich die Massnahme mit
Blick auf die verbleibenden Schuldsprüche als unverhältnismässig (Beschwerde,
S. 16 f.).

2.2. Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist,
der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen, ein Behandlungsbedürfnis
des Täters besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert und die
Voraussetzungen der Artikel 59 - 61, 63 oder 64 erfüllt sind (Art. 56 Abs. 1
StGB).
Nach Art. 59 Abs. 1 StGB ist für die Anordnung einer stationären
therapeutischen Massnahme erforderlich, dass der Täter psychisch schwer gestört
ist, sein Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang mit seiner psychischen
Störung steht und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit
seiner Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
Das Gericht stützt sich bei seinem Entscheid über die Anordnung einer Massnahme
auf eine sachverständige Begutachtung, die sich u.a. über die Notwendigkeit und
die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters, die Art und die
Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten und die Möglichkeiten des
Vollzugs der Massnahme äussert (Art. 56 Abs. 3 StGB; BGE 134 IV 315 E. 4.3.1 S.
326).

2.3. Die Vorinstanz stützt die Anordnung der stationären therapeutischen
Massnahme nach Art. 59 StGB auf das psychiatrische Gutachten vom 30. April
2014. Der Beschwerdeführer hat sich einer persönlichen Untersuchung durch den
Sachverständigen widersetzt und eine Mitwirkung an der Begutachtung verweigert
(Gesprächsabbruch nach 10 Minuten; vgl. kantonale Akten, act. 18/12,
psychiatrisches Gutachten vom 30. April 2014, S. 56, 61). Beim Gutachten vom
30. April 2014 handelt es sich mithin um ein Aktengutachten. Grundsätzlich
können psychiatrische Gutachten nur bei persönlicher Untersuchung des Probanden
fachgerecht erstattet werden. Aktengutachten müssen die Ausnahme darstellen.
Ein Aktengutachten kommt in Frage, wenn über den zu begutachtenden Täter
bereits ein oder mehrere Gutachten erstattet worden sind, die überdies jüngeren
Datums sein müssen, und wenn sich die Grundlagen der Begutachtung nicht
wesentlich geändert haben (nach wie vor gleiches Krankheitsbild). Ein
Aktengutachten kommt auch in Betracht, wenn der Proband nicht oder nur schwer
erreichbar ist oder sich einer Begutachtung verweigert. Ob sich ein
Aktengutachten verantworten lässt, hat in erster Linie der psychiatrische
Sachverständige zu beurteilen (BGE 127 I 54 E. 2 f.; Urteil 6B_93/2015 vom 19.
Mai 2015 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen).

2.4. Der angefragte Sachverständige erachtet eine psychiatrische Begutachtung
nach Aktenlage als schwierig, nicht aber als unmöglich. Die Berichte und
Befunde der Voruntersuchungen würden im Zusammenspiel mit dem weiteren
Aktenmaterial eine ausreichende Beurteilungsgrundlage liefern (vgl. kantonale
Akten, act. 18/12, psychiatrisches Gutachten vom 30. April 2014, S. 56). Der
Sachverständige stützt sich bei seiner Beurteilung auf die Strafakten der
Staatsanwaltschaft Zürich inkl. relevante Vollzugsakten, auf die Akten der
Jugendanwaltschaft Zürich, auf das psychiatrische Gutachten vom 5. Mai 2005
unter Einschluss der Ergänzungen vom 23. Mai und 4. Dezember 2006 sowie auf das
kinder- und jugendpsychiatrische Gutachten aus dem Jahre 2003/4 einschliesslich
psychologisches Ergänzungsgutachten. Es handelt sich dabei nicht nur um
Unterlagen/Informationen älteren Datums, die vorwiegend die Zeit des
Beschwerdeführers als jungen Erwachsenen sowie Jugendlichen betreffen, sondern
auch um solche jüngeren und mittleren Datums (vgl. Führungsbericht des
Gefängnisses Dielsdorf vom 28. März 2014; Protokoll des Bezirksgerichts Zürich
vom 25. Januar 2011; Einvernahme des Beschwerdeführers anlässlich der
bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung vom 22. März 2011;
Zeugeneinvernahmeprotokolle aus dem Jahr 2011; Sozialbericht des Justizvollzugs
des Kantons Zürich vom 26. Mai 2010 etc.). Damit haben auch aktuelle
Entwicklungen Eingang in das Gutachten gefunden. Die Vorinstanz durfte unter
diesen Umständen ohne Bundesrechtsverletzung auf das die relevanten
Verhältnisse umfassend würdigende Aktengutachten abstellen. Von einer
unvollständigen oder rechtsfehlerhaften Grundlage kann keine Rede sein. Das
Gutachten spricht sich zu allen entscheidrelevanten Fragen betreffend Art. 59
StGB klar und schlüssig aus. Es bildet eine rechtsgenügende
Beurteilungsgrundlage im Sinne von Art. 56 Abs. 3 StGB.

2.5. Die Vorinstanz befasst sich im Rahmen der Anordnung der stationären
therapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB mit den massgebenden
Gesichtspunkten. Dass und inwiefern die Massnahmeanordnung unverhältnismässig
sein sollte, ist mit Blick auf die Schwere und die Anzahl der Anlasstaten nicht
ersichtlich. Nach dem Gutachten zeigt der psychisch schwer gestörte
Beschwerdeführer zahlreiche Risikomerkmale für die Begehung weiterer, auch
schwerwiegender Delikte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit seien ähnlich gelagerte
Straftaten wie die vorgeworfenen zu erwarten. Es bestehe ein hohes Risiko für
Gewalt- und sexuelle Gewaltdelikte mit Gefährdung insbesondere des familiären
Nahbereichs oder enger Kontaktpersonen. Eine Besserung der Kriminalprognose
durch eine ambulante Behandlung sei aus psychiatrischer Sicht nicht
realistisch. Die bisher erfolgten vollzugsbegleitenden Behandlungsversuche
hätten bei der Schwere der Erkrankung des Beschwerdeführers zu kurz gegriffen.
Die Vorinstanz hält gestützt auf die gutachterliche Beurteilung alleine eine
stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB für sinnvoll und angezeigt. Eine
ambulante Behandlung im Sinne von Art. 63 StGB schliesst sie hingegen als nicht
ausreichend aus. Die vorinstanzliche Auffassung ist nicht zu beanstanden. Der
Beschwerdeführer wurde bereits mehrfach verurteilt. Die angeordneten ambulanten
Behandlungen erwiesen sich jeweils nicht als nachhaltig. Dass es ihm gelang,
sich nach der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug am 1. Februar 2012
während der Dauer der Probezeit zu bewähren und ihm eine gute Compliance im
ambulanten Setting attestiert wurde (vgl. kantonale Akten, act. 57a,
Schlussbericht der Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Zürich vom 8.
März 2013), führt zu keinem andern Ergebnis, zumal er bereits kurz nach Ablauf
der Probezeit wieder (teilweise einschlägig) straffällig wurde (Entscheid, S.
34). Es kann auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen werden.

3.
Die Anträge, es sei eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auszufällen und der
Beschwerdeführer sei wegen Überhaft zu entschädigen, werden einzig mit den
beantragten Freisprüchen begründet. Dasselbe gilt für den Antrag betreffend die
Zivilforderung. Da es bei den Verurteilungen bleibt, ist darauf nicht weiter
einzugehen.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen
(Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei
der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Mit
dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Kosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. April 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill

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