Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.999/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_999/2015

Urteil vom 19. Februar 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benedikt Schneider-Koch,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Region Entlebuch, Wolhusen und
Ruswil.

Gegenstand
Parteikostenentschädigung (Kindesschutzmassnahmen),

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 26.
Oktober 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Mutter) ist seit dem 1. Mai 2002 geschieden. Aus der früheren Ehe
ist der Sohn B.________ (geb. 2000) hervorgegangen. Die Mutter verfügt über das
alleinige Sorgerecht. Ihr Sohn lebt seit dem 1. Dezember 2012 bei ihr in
U.________, wobei er während der Woche ein Internat besucht. Aus einer anderen
Beziehung hat die Mutter den Sohn C.________ (geb. 2006), der ebenfalls unter
ihrer elterlichen Sorge steht und bei ihr lebt.

B. 

B.a. Aufgrund einer Gefährdungsmeldung des Kinderspitals Luzern vom 17. August
2013 traf die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Region Entlebuch Wolhusen
und Ruswil (KESB) Abklärungen im Hinblick auf den Erlass von
Kindesschutzmassnahmen betreffend die Söhne B.________ und C.________.

B.b. Am 9. Oktober 2014 ordnete sie gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB eine
sozialpädagogische Familienbegleitung der Mutter im Umgang mit dem Sohn
B.________ an. Ferner erliess sie verschiedene Weisungen zuhanden der
Familienbegleiterin und erteilte ihr Aufträge.

B.c. 
Gegen diesen Entscheid gelangten die Mutter sowie der Sohn B.________ je mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht des Kantons Luzern, welches
für jede Beschwerde eine Verfahrensakte eröffnete (3H 14 104 [Mutter] und 3H 14
107 [Sohn]). Mit Urteil vom 26. Oktober 2015 hiess die angerufene Instanz die
Verwaltungsbeschwerden gut und hob den Entscheid der KESB vom 9. Oktober 2014
betreffend den Sohn B.________ auf. Das Kantonsgericht verzichtete auf die
Erhebung der amtlichen Kosten von Fr. 1'500.-- (inklusive Fr. 700.-- Kosten für
die Prozessvertretung des Sohnes). Ferner wurden vom Kostenvorschuss von Fr.
500.--, den die Mutter in dem sie betreffenden Verfahren geleistet hatte, Fr.
200.-- für die Verfahren 3H 14 105 und 3H 14 106 (Paralellverfahren betreffend
den Sohn C.________) verwendet und Fr. 300.-- der Mutter zurückerstattet.
Schliesslich übernahm das Kantonsgericht die Kosten der Prozessvertretung des
Sohnes von Fr. 700.-- (Ziff. 2).

C. 
Die Mutter (Beschwerdeführerin) hat gegen Ziffer 2 des Urteils des
Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 26. Oktober 2015 beim Bundesgericht
Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie
beantragt, die angefochtene Ziffer 2 des kantonsgerichtlichen Urteils
aufzuheben (1), ihr den Kostenvorschuss zurückzuerstatten (2) und ihr sowohl
für das Vorverfahren, als auch für das Verfahren vor dem Kantonsgericht eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten (3). Eventuell sei die Sache
zwecks Neuformulierung der Kostenfolgen und Festsetzung der angemessenen
Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen (4).
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der Entscheid einer oberen kantonalen Instanz als
Rechtsmittelinstanz (Art. 75 Abs. 2 BGG) betreffend Regelung der Gerichtskosten
und der Parteientschädigung in einem Kindesschutzverfahren; der Entscheid
schliesst das Verfahren ab (Art. 90 BGG). Vor der letzten kantonalen Instanz
war nicht ausschliesslich die Kosten- und Entschädigungsfrage strittig, sodass
sich das Rechtsmittel nach der Hauptsache richtet (vgl. BGE 137 III 47 E. 1.2).
Dabei handelt es sich um einen Entscheid betreffend Kindesschutz und damit um
eine Streitsache nicht vermögensrechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff.
6 BGG). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen (Art. 76 Abs. 1 und Art. 100 BGG)
geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Beschwerde in Zivilsachen ist
grundsätzlich gegeben. Die Verfassungsbeschwerde ist damit unzulässig (Art. 113
BGG).

2. 
In der Beschwerde ist in Auseinandersetzung mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheides darzulegen, welche Rechte der Beschwerde führenden
Partei durch das kantonale Gericht verletzt worden sind (Art. 42 Abs. 2 BGG;
BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245), wobei eine allfällige Verletzung
verfassungsmässiger Rechte vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur
dann geprüft wird, wenn solche Rügen in der Beschwerdeschrift ausdrücklich
erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 232 E. 1.2 S.
234). Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der
Beschwerdeschrift dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung willkürlich
oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29
Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) zustande gekommen ist (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2
und 1.4.3 S. 255) und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E.
2.2.2 S. 22). Auf rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das
Bundesgericht nicht ein. Neue Tatsachen sind unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

3. 
Das Bundesrecht äussert sich nicht zur Frage, wie die Gerichtskosten und
Parteientschädigungen des kantonalen Verfahrens betreffend Erlass von
Kindesschutzmassnahmen zu verlegen sind. Diese Frage beantwortet sich aufgrund
des in Art. 450f ZGB enthaltenen Verweises nach dem in der Sache anwendbaren
kantonalen Recht (BGE 140 III 167 E. 2.3 S. 169; 140 III 385 E. 2.3 S. 386 f.),
dessen Anwendung das Bundesgericht nur auf Willkür prüft (BGE 140 III 385 E.
2.3 S. 387; 138 IV 13 E. 2; 134 III 379 E. 1.2 S. 382/383). Die
Beschwerdeführerin hat somit in der Beschwerde klar und detailliert
aufzuzeigen, inwiefern die Anwendung des einschlägigen kantonalen Rechts durch
die Vorinstanz im konkreten Fall geradezu willkürlich sein soll.

4. 

4.1. Das Kantonsgericht hat angesichts des Obsiegens der Beschwerdeführerin auf
die Erhebung amtlicher Kosten in der Höhe von Fr. 1'500.-- (inkl. Fr. 700.-
Kosten für die Prozessvertretung des Sohnes B.________) verzichtet. Dennoch hat
es den in den Verfahren 3H 14 104 und 3H 14 107 geleisteten Kostenvorschuss von
Fr. 500.-- der Beschwerdeführerin nur im Umfang von Fr. 300.-- zurückerstattet
und den restlichen Betrag von Fr. 200.-- als Kostenvorschuss für andere
Verfahren (3H 14 105 und 3H 14 106 Paralellverfahren betreffend C.________)
zurückbehalten.

4.2. Die Beschwerdeführerin verlangt zwar die Rückerstattung des vollen
Gerichtskostenvorschusses, beruft sich aber in diesem Zusammenhang nicht auf
das Willkürverbot und sagt auch nicht, inwiefern der angefochtene Entscheid in
der Begründung und Im Ergebnis willkürlich sein könnte. Darauf ist nicht
einzutreten.

5. 

5.1. Sodann hat das Kantonsgericht der obsiegenden Beschwerdeführerin keine
Parteientschädigung zugesprochen mit der Begründung, die KESB habe zu Recht den
Ersatz von Kindesschutzmassnahmen geprüft und ein entsprechendes
Beweisverfahren durchgeführt. Die Gutheissung der Beschwerde erfolge vorab
wegen neuer Beurteilung im heutigen Zeitpunkt, weshalb der Vorinstanz keine
groben Verfahrensfehler oder eine offenbare Rechtsverletzung im Sinne von § 201
Abs. 2 VRG/LU vorgeworfen werden könnten.

5.2. Nach § 201 Abs. 2 des luzernischen Gesetzes über die
Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (SRL Nr. 40; VRG/LU) wird der
obsiegenden Partei zu Lasten des Gemeinwesens, dem die Vorinstanz angehört,
eine angemessene Vergütung für ihre Vertretungskosten zugesprochen, wenn der
Vorinstanz grobe Verfahrensfehler oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last
fallen.

5.3. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie eine Verletzung von Art. 6 BV und des in § 4
der luzernischen Verfassung enthaltenen Grundsatzes der Subsidiarität. Sie rügt
aber bezüglich der nicht entrichteten Parteientschädigung keine willkürliche
Anwendung kantonalen Rechts (Art. 9 BV) und bezeichnet den angefochtenen
Entscheid auch nicht als willkürlich. Insbesondere geht sie nicht auf die
Erwägung des vorinstanzlichen Entscheides ein, wonach die Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor allem aufgrund neuer Beurteilung im heutigen
Zeitpunkt erfolgt sei. Insgesamt zeigt sie somit nicht der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung folgend auf, inwiefern die Vorinstanz bei der Anwendung von §
201 Abs. 2 VRG/LU in Willkür verfallen sein soll.

5.4. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art.
29 Abs. 2 BV) behauptet, gilt es darauf hinzuweisen, dass das Kantonsgericht
eine entsprechende Verletzung verneint hat. Im Übrigen kommt dieser Rüge sowie
jener der Verletzung von Art. 6 BV und des Subsidiaritätsgrundsatzes gemäss § 4
der Kantonsverfassung keine selbstständige Bedeutung zu, zumal es hier nur noch
um die Kosten- und Entschädigungsfrage und nicht mehr um die Sache selbst geht.

6. 
Damit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Die verfügende Behörde, welche nicht Partei ist (BGE 140 III 353 E. 4.2), hat
kein Anrecht auf Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde KESB Region Entlebuch, Wolhusen und Ruswil, und dem
Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Februar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden

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