Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.989/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_989/2015

Urteil vom 12. Mai 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Marazzi, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
Erbengemeinschaft A.________,
bestehend aus
1. B.________,
2. C.________,
3. D.________,
4. E.________,
5. F.________,
6. G.________,
alle vertreten durch die Willensvollstreckerin B.________, vgt.,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Hans Rudolf Forrer und Dr. Dean Kradolfer,
Beschwerdeführer,

gegen

H.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Koller,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
vertraglicher Gewinnanspruch,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 24. September 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________, Jahrgang 1922, übertrug mit Vertrag vom 21. September 2005
seinem Sohn H.________ die Liegenschaften seines Landwirtschaftsbetriebs zu
Alleineigentum. Der Übernahmepreis von Fr. 536'000.-- lag unter dem
Verkehrswert. Die Vertragsparteien sahen in Ziff. 17 Folgendes vor:

"  Gewinnanspruch 
Die Vertragsparteien vereinbaren gemäss Art. 41 BGBB, dass der Veräusserer oder
dessen Erben Anspruch auf den Gewinn haben, wenn das Gewerbe oder einzelne
Grundstücke oder Teile davon weiterveräussert werden. Der Gewinnanspruch wird
auf 25 Jahre vereinbart und untersteht den Bestimmungen über den Gewinnanspruch
der Miterben gemäss Art. 28 ff. BGBB."
Zu den Liegenschaften des Landwirtschaftsbetriebs gehörten die Parzellen Nrn.
xxx und yyy, Grundbuch U.________.

A.b. H.________ verkaufte in den Jahren 2006 und 2007 von der Parzelle Nr. yyy
abgeteilte Grundstücke für insgesamt Fr. 955'845.-- und im Jahr 2010 die
Parzelle Nr. xxx für Fr. 1'873'620.-- (laut Abrechnungen der
Grundstückgewinnsteuern).

A.c. A.________ starb 2011. Erben sind B.________, C.________, D.________,
E.________, F.________ und G.________ (Beschwerdeführer) sowie H.________
(Beschwerdegegner). Die Beschwerdeführerin 1 ist die überlebende Ehefrau und
Willensvollstreckerin.

B. 
Die Beschwerdeführer machten ihren Gewinnanspruch gegen den Beschwerdegegner
geltend. Sie erhielten am 6. März 2014 die Klagebewilligung und begehrten mit
Klageschrift vom 18. März 2014, der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, den
Gewinn aus dem Verkauf der Parzelle Nr. xxx sowie einem Teil der Parzelle Nr.
yyy von Fr. 2'399'254.45 an die Erbengemeinschaft A.________ zu bezahlen. Der
Beschwerdegegner schloss auf Abweisung, soweit auf die Klage einzutreten sei.
Das Bezirksgericht V.________ beschränkte das Verfahren auf die Eintretensfrage
und die Frage der Aktiv- und Passivlegitimation (Entscheid vom 25. Juni 2014).
Nach Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels und der Hauptverhandlung
entschied d as Bezirksgericht, auf die Klage einzutreten. Es stellte fest, dass
sowohl die Aktivlegitimation der Beschwerdeführer als auch die
Passivlegitimation des Beschwerdegegners gegeben sind (Entscheid vom 8.
Dezember 2014).

C. 
Der Beschwerdegegner legte dagegen Berufung ein mit dem Antrag, die Klage
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführer begehrten, die
Berufung abzuweisen und den Entscheid des Bezirksgerichts zu bestätigen. Das
Obergericht des Kantons Thurgau erklärte die Berufung für begründet und wies
die Klage der Beschwerdeführer ab (Entscheid vom 24. September 2015).

D. 
Mit Eingabe vom 14. Dezember 2015 beantragen die Beschwerdeführer dem
Bundesgericht, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben, auf ihre Klage vom
18. März 2014 einzutreten und festzustellen, dass sowohl die Aktivlegitimation
der Beschwerdeführer als auch die Passivlegitimation des Beschwerdegegners
gegeben seien, eventualiter die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 
Der angefochtene Entscheid betrifft einen vertraglichen Gewinnanspruch und
damit eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen
Angelegenheit, deren Streitwert nach den obergerichtlichen Feststellungen rund
2.4 Mio. Fr. beträgt (E. 5 S. 14) und damit die gesetzliche Mindestsumme
übersteigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Er ist kantonal letztinstanzlich (Art.
75 BGG), lautet zum Nachteil der Beschwerdeführer, deren Klage abgewiesen wurde
(Art. 76 Abs. 1 BGG), und schliesst das Verfahren ab (Art. 90 BGG). Da das
Obergericht einzig die Aktivlegitimation geprüft und verneint hat, könnte das
Bundesgericht für den Fall, dass es die Aktivlegitimation bejahte, über die
weiteren Streitfragen (Prozessführungsbefugnis usw.) nicht selbst entscheiden
und lediglich auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der
Sache an das Obergericht erkennen. Zulässig ist deshalb der Eventualantrag der
Beschwerdeführer (BGE 104 II 209 E. 1 S. 210 f.; Urteil 5A_155/2012 vom 29. Mai
2012 E. 1, nicht veröffentlicht in: BGE 138 III 512). Auf die fristgerecht
(Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene Beschwerde kann eingetreten werden.

2. 
Streitig sind vor Bundesgericht folgende Punkte:

2.1. Die Auslegung von Ziff. 17 des Vertrags vom 21. September 2005 zwischen
Vater und Sohn (Bst. A.a) ist geklärt. Vereinbart wurde ein Gewinnanspruch
zugunsten des Vaters und dessen Erben für den Fall, dass das Gewerbe oder
einzelne Grundstücke oder Teile davon weiterveräussert werden, die der Vater
dem Sohn zu Alleineigentum übertragen hat. Der Gewinnanspruch untersteht den
Bestimmungen über den Gewinnanspruch der Miterben gemäss Art. 28 ff. des
Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11).

2.2. Der gesetzliche Gewinnanspruch der Miterben gemäss Art. 28 BGBB setzt
voraus, dass einem Erben bei der  Erbteilungein landwirtschaftliches Gewerbe
oder Grundstück zu einem Anrechnungswert unter dem Verkehrswert zugewiesen wird
und dass der Erbe das landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstück innert 25
Jahren seit dem Erwerb veräussert. Ist dieser Tatbestand erfüllt, so hat jeder
Miterbe bei einer Veräusserung Anspruch auf den seiner Erbquote entsprechenden
Anteil am Gewinn (Art. 28 Abs. 1 BGBB). Dieser Gewinnanspruch der Miterben
stützt sich wesentlich auf die mit Inkrafttreten des BGBB am 1. Januar 1994 (AS
1993 1410 1439 f. 1442) aufgehobene Regelung in den Art. 619-619 sexies ZGB (AS
1965 445 447-449; vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über das bäuerliche
Bodenrecht [BGBB] vom 19. Oktober 1988, BBl 1988 III 953, S. 1007 f. zu Art. 29
des Entwurfs).

2.3. Im Fall der  Veräusserung zu Lebzeiten können die Vertragsparteien
vereinbaren, dass der Veräusserer eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder
Grundstücks Anspruch auf den Gewinn hat, wenn diese weiterveräussert werden.
Dieser Anspruch untersteht den Bestimmungen über den Gewinnanspruch der
Miterben, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 41 Abs. 1
BGBB). Die Regelung steht im Gegensatz zu Art. 218quinquies OR (AS 1973 I 93
96), der mit Inkrafttreten des BGBB ebenfalls aufgehoben wurde (E. 2.2 oben).
Diese Bestimmung sah vor, dass der Verkäufer Anspruch auf den Gewinn hat, wenn
ein Grundstück, das er einem Erben übertragen hat, weiterveräussert oder
enteignet wird (Abs. 1), und dass der Gewinnanspruch nach den Vorschriften über
die Erbteilung bestimmt wird (Abs. 2; vgl. Botschaft, a.a.O, S. 1020 zu Art. 42
des Entwurfs).

2.4. In tatsächlicher Hinsicht steht vorliegend fest, dass Vater und Sohn in
ihrem Fall der Eigentumsübertragung zu Lebzeiten einen vertraglichen
Gewinnanspruch zugunsten des Vaters oder dessen Erben vereinbart haben (Bst.
A.a) und dass der Sohn einen Teil der ihm unter dem Verkehrswert übertragenen
landwirtschaftlich genutzten Grundstücke weiterveräussert hat (Bst. A.b). Dass
sich insoweit der Tatbestand des vertraglichen Gewinnanspruchs (E. 2.3) erfüllt
hat, ist unter den Parteien zumindest dem Grundsatze nach unbestritten. Der
Vater ist gestorben (Bst. A.c).

2.5. Aufgrund der Ausgangslage ist heute streitig, ob der in der Person des
Veräusserers entstandene Gewinnanspruch eine Gesamthandforderung der
Erbengemeinschaft des Veräusserers ist oder jedem einzelnen Mitglied dieser
Erbengemeinschaft entsprechend seiner Erbquote zusteht und - infolgedessen -
wer die Forderung auf den Gewinn einklagen darf, jedes einzelne Mitglied
entsprechend seiner Erbquote oder alle Mitglieder gemeinsam zur gesamten Hand
als notwendige Streitgenossen, wie es die Beschwerdeführer getan haben wollen.

3. 
Jeder Miterbe hat gemäss Art. 28 BGBB Anspruch auf den seiner Erbquote
entsprechenden Anteil am Gewinn (Abs. 1) und kann seinen Anspruch selbständig
geltend machen (Abs. 2 Satz 1).

3.1. Nach aArt. 619 Abs. 1 ZGB sind die Miterben berechtigt, ihren Anteil am
Gewinn zu beanspruchen. Unter Hinweis auf die unterschiedlichen Lehrmeinungen
hat das Bundesgericht entschieden, dass der gesetzliche Gewinnanspruch keine
Gesamthandforderung ist, sondern jedem einzelnen Erben im Umfang seines
Erbanteils zusteht. Es kann somit jeder einzelne Erbe selbstständig seinen
Anteil am Gewinn gemäss aArt. 619 Abs. 1 ZGB geltend machen (BGE 113 II 130 E.
3 S. 133 f.). Die seitherigen Äusserungen in der Lehre halten die Lösung für
überzeugend (BERNHARD SCHNYDER, Die privatrechtliche Rechtsprechung des
Bundesgerichts im Jahre 1987, ZBJV 125/1989 S. 125 f.) oder widersprechen ihr
zumindest nicht (BENNO STUDER, Der Kauf landwirtschaftlicher Grundstücke, in:
Alfred Koller [Hrsg.], Der Grundstückkauf, 1989, S. 350 N. 993).

3.2. Der Wortlaut von Art. 28 BGBB bringt den unter dem früheren Recht
entwickelten Grundsatz deutlich zum Ausdruck. Während die Botschaft lediglich
festhält, dass die Miterben bei der Geltendmachung ihres Gewinnanspruchs nicht
gezwungen sind, gemeinsam aufzutreten (Botschaft, a.a.O., S. 1008), zeigt der
Vorentwurf von 1985, dass die bisher in der Praxis bestehenden Zweifel über
diese Fragen - im Sinne des damals noch nicht bekannten Urteils des
Bundesgerichts (E. 3.1 oben) - beseitigt werden wollten (Ausführlicher
Begleitbericht zum Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über das bäuerliche
Bodenrecht, 1985, S. 81 zu Art. 38 des Vorentwurfs). Die Lehre bestätigt, dass
der Gewinnanspruch keine gesamthänderische Berechtigung ist, die der
Erbengemeinschaft gehört, sondern ein Individualrecht eines jeden Miterben
(YVES DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le
nouveau droit foncier rural, 1993, N. 310, und LORENZ STREBEL/JEAN-MICHEL
HENNY, in: Das bäuerliche Bodenrecht. Kommentar zum Bundesgesetz über das
bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991 [zit. BGBB-Kommentar], 2. Aufl. 2011,
N. 12, je zu Art. 28 BGBB; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit au gain selon le
nouveau droit foncier rural, ZSR NF 113/1994 I 11 ff., S. 14, und DERS., Le
droit des successions, 2. Aufl. 2015, S. 680 N. 1330; WOLF/GENNA, Erbrecht, SPR
IV/2, 2015, S. 299; so bereits HANS-PETER FRIEDRICH, Der Vorentwurf zu einem
Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht, BlAR 1986 S. 53 ff., S. 72).

3.3. Die davon abweichende Auslegung der Beschwerdeführer trifft nicht zu.
Entgegen ihrer Ansicht (vorab S. 10 ff. der Beschwerdeschrift) gestattet die
Formulierung, wonach jeder Miterbe seinen Anspruch selbständig geltend machen 
kann (Art. 28 Abs. 2 BGBB, Satz 1), nicht den Schluss, der Gewinnanspruch könne
auch von der Erbengemeinschaft, d.h. von allen Erben als notwendige
Streitgenossen eingeklagt werden. Besteht nach dem Gesagten keine
Gesamthandforderung, fehlt der Erbengemeinschaft die materielle Berechtigung,
den Gewinnanspruch geltend zu machen, und fehlt einer notwendigen
Streitgenossenschaft der Erben folglich die Rechtsgrundlage (Art. 70 Abs. 1
ZPO; BGE 140 III 598 E. 3.2 S. 600). Die gesetzliche "Kann"-Formulierung meint
"berechtigt sein" (wie in aArt. 619 Abs. 1 ZGB) und damit schlicht, dass es
jedem Miterben freigestellt ist, ob er seinen Anspruch geltend machen will. Tut
er es, so hat er, weil im obligationenrechtlichen Sinn ein Fall von
Teilgläubigerschaft vorliegt, seine eigene Teilforderung selbstständig
einzuklagen. Das schliesst nicht aus, dass unter den gesetzlichen
Voraussetzungen mehrere klagende Miterben als einfache Streitgenossen auftreten
(Art. 71 ZPO) oder selbstständig eingereichte Klagen gerichtlich vereinigt
werden (Art. 125 lit. c ZPO; so zutreffend: THOMAS MEYER, Der Gewinnanspruch
der Miterben im bäuerlichen Bodenrecht [Art. 28 ff. BGBB], 2004, S. 294 f. N.
818 und S. 416 N. 1143).

4. 
Der Gewinnanspruch des Miterben ist vererblich und übertragbar (Art. 28 Abs. 2
BGBB, Satz 2).

4.1. Bereits zum früheren Recht hat das Bundesgericht festgehalten, dass der
gesetzliche Gewinnanspruch vererblich ist, und zwar nicht nur die Forderung auf
Gewinnbeteiligung nach der Veräusserung, sondern auch die Anwartschaft auf den
Gewinnanteil vor der Veräusserung (BGE 112 II 300 E. 4b S. 305 f.). Die Lehre
hält die Lösung für zutreffend (SCHNYDER, Die privatrechtliche Rechtsprechung
des Bundesgerichts im Jahre 1986, ZBJV 124/1988 S. 105 f.) oder widerspricht
ihr zumindest nicht (STUDER, a.a.O., S. 350 f. N. 995-998). Wie sich der
Gewinnanspruch vererbt, ist zunächst offen geblieben (BGE 112 II 300 E. 4b S.
306 mit Hinweisen auf die Lehre). Erst im Jahr darauf hat das Bundesgericht
entschieden, dass der Gewinnanspruch keine Gesamthandforderung ist (E. 3.1
oben) und von Gesetzes wegen auf die Erben übergeht, die den Gewinnanteil nach
den Vorschriften von aArt. 619 ff. ZGB geltend machen können (BGE 113 II 130 E.
4 S. 135). Der Gewinnanspruch ist folglich auch für die Erben eines Miterben
keine Gesamthandforderung, sondern steht jedem einzelnen Erben des Miterben im
Umfang seines Erbanteils zu, wie wenn ihr Vorgänger schon im Zeitpunkt des
Erbfalles vorverstorben gewesen wäre (so ARNOLD ESCHER, Zürcher Kommentar,
Ergänzungslieferung zum landwirtschaftlichen Erbrecht, 1975, N. 12 zu [a]Art.
619 ZGB; so wohl auch STUDER, a.a.O., S. 350 N. 992).

4.2. Dass sich sowohl die Anwartschaft auf den Gewinnanteil als auch der
entstandene Gewinnanspruch vererben, ist im geltenden Recht anerkannt, das die
Vererblichkeit im Gesetz festhält (DONZALLAZ, a.a.O., N. 314, und STREBEL/
HENNY, a.a.O., N. 14, je zu Art. 28 BGBB; STEINAUER, a.a.O., S. 15 und S. 680
f. N. 1330a). Beerben mehrere Personen den Miterben, so können sie - in
Übereinstimmung mit dem früheren Recht (E. 4.1 oben) - den Gewinnanspruch im
Rahmen der auf sie persönlich entfallenden Quote selbstständig geltend machen
(MEYER, a.a.O., S. 400 N. 1101; STREBEL/HENNY, a.a.O., N. 14a zu Art. 28 BGBB).
Ob sich diese Folgerung auf eine analoge Anwendung von Art. 28 Abs. 2 BGBB
(Satz 1) stützen muss oder unmittelbar aus der gesetzlichen Ausgestaltung des
Gewinnanspruchs als Individualrecht ergibt, bleibe dahingestellt.

4.3. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer ergeben Lehre und
Rechtsprechung zum früheren und zum geltenden Gewinnanspruch der Miterben ein
geschlossenes Ganzes. Insbesondere kommt es für die Vererblichkeit des
gesetzlichen Gewinnanspruchs nicht darauf an, ob der Gewinnanspruch eine blosse
Anwartschaft oder eine bereits entstandene Forderung ist. Aus dem Grundsatz der
Universalsukzession (Art. 560 ZGB) können die Beschwerdeführer nichts
Abweichendes herleiten (vorab S. 8 ff. und S. 16 ff. der Beschwerdeschrift).

5. 
Der vertragliche Gewinnanspruch, um den es hier geht, untersteht den
Bestimmungen über den Gewinnanspruch der Miterben, da die Vertragsparteien
nichts anderes vereinbart haben (Art. 41 Abs. 1 BGBB). Die gleiche Lösung war
in aArt. 218quinquies OR für den gesetzlich geregelten Gewinnanspruch im Fall
der Veräusserung zu Lebzeiten vorgesehen (E. 2.3 oben).

5.1. Wie für den früheren Gewinnanspruch der Miterben hat das Bundesgericht zu
aArt. 218quinquies OR festgehalten, dass der Gewinnanspruch nach dem Tod des
Verkäufers keine Gesamthandforderung ist, sondern jeder Miterbe selbstständig
seinen Anteil am Gewinn verlangen kann (BGE 113 II 130 E. 4 S. 135). Soweit sie
sich dazu äussert, nimmt die Lehre zum geltenden Recht ebenfalls (E. 3.3 oben)
Teilgläubigerschaft mehrerer Berechtigter an (vgl. URSULA ZEINDLER-DETTLING,
Das Gewinnanteilsrecht an nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken, 2006, S. 172
f.).

5.2. Zu aArt. 218quinquies OR hat das Bundesgericht weiter festgehalten, dass
nicht nur die Forderung auf Gewinnbeteiligung nach der Veräusserung, sondern
auch die Anwartschaft auf den Gewinnanteil vor der Veräusserung vererblich ist
(BGE 112 II 300 E. 4c S. 306 f.; Urteil 5A.37/2005 vom 14. Juli 2006 E. 2, in:
ZBGR 89/2008 S. 58 f.; STUDER, a.a.O., S. 352 N. 1005) und dass jeder Miterbe
seinen Anteil am Gewinn selbstständig geltend machen kann (STUDER, Basler
Kommentar, 1992, N. 7 zu [a]Art. 218quinquies OR). Zum geltenden Recht wird
ebenfalls (E. 4.2 oben) vertreten, dass der vertragliche Gewinnanspruch
erbrechtlich übertragbar ist und die Erben des Veräusserers damit
forderungsberechtigt gemäss Art. 28 Abs. 2 BGBB werden (STUDER/HENNY,
BGBB-Kommentar, N. 6 zu Art. 41 BGBB).

5.3. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Materialien
zum geltenden Recht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber am
System des Gewinnanspruchs etwas Grundsätzliches hätte ändern wollen. Im
Gegenteil. Anders als der Gesetz gewordene Art. 41 Abs. 1 BGBB sah der
Vorentwurf zwar noch einen gesetzlichen Gewinnanspruch im Fall der Veräusserung
zu Lebzeiten vor. Dem Vorentwurf lässt sich aber entnehmen, dass jeder künftige
Erbe des seinerzeitigen Verkäufers direkt den Gewinnanteil im Umfang seines
Pflichtteilsanspruchs sollte geltend machen können, wenn der Verkäufer auf
seinen Gewinnanspruch verzichtet hat oder wenn er ihn bei Eintritt des
"Gewinnanspruchsfalls" nicht geltend macht (Ausführlicher Begleitbericht zum
Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht, 1985, S. 81 zu
Art. 38 des Vorentwurfs). Um so mehr hat jeder einzelne Erbe im Umfang seines
Erbanteils ein Individualrecht auf seinen Gewinnanteil, wenn der Veräusserer
gestorben ist.

6. 
Aus den dargelegten Gründen hat das Obergericht kein Bundesrecht verletzt. Im
Lichte der Rechtsprechung und der Lehre ist der Gewinnanspruch gegen den
Beschwerdegegner, der in der Person des Veräusserers A.________ entstanden ist,
nach dessen Tod keine Gesamthandforderung der Erbengemeinschaft des
Veräusserers, sondern ein Individualrecht eines jeden Mitglieds dieser
Erbengemeinschaft. Jedes Mitglied kann je für sich den seiner Erbquote
entsprechenden Anteil am Gewinn geltend machen. Wollen dies mehrere Mitglieder
gemeinsam tun, so können sie unter den gesetzlichen Voraussetzungen als
einfache Streitgenossen klagen. Gemäss den unangefochtenen und damit
verbindlichen Feststellungen des Obergerichts zum Verfahren (BGE 140 III 16 E.
1.3.1 S. 17 f.) haben die Beschwerdeführer als Erbengemeinschaft des
Veräusserers und als notwendige Streitgenossenschaft auf Zahlung des Gewinns an
die Erbengemeinschaft geklagt. Das Obergericht hat deshalb ihre
Aktivlegitimation verneinen dürfen. Soweit die Beschwerdeführer die
obergerichtlichen Tatsachenfeststellungen in anderem Zusammenhang ergänzen
(vorab S. 6 Rz. 4 der Beschwerdeschrift), ohne ausnahmsweise zulässige
Sachverhaltsrügen zu erheben (Art. 97 Abs. 1 BGG), kann auf ihre Vorbringen
nicht eingetreten werden (BGE 136 III 455 E. 2 S. 457; 141 V 416 E. 4 S. 421).

7. 
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
Die Beschwerdeführer werden damit kosten-, hingegen nicht
entschädigungspflichtig, zumal keine Vernehmlassungen angeordnet wurden (Art.
66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: von Roten

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