Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.901/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_901/2015

Urteil vom 13. Juli 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno A. Hubatka,
Beschwerdeführer,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Bürki,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Eheschutzmassnahmen,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im
Familienrecht, vom 12. Oktober 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.A.________ (Beschwerdeführer; geb. 1960) und B.A.________
(Beschwerdegegnerin; geb. 1963) heirateten 1987 und trennten sich am 1. Januar
2014. Sie haben einen volljährigen Sohn und die Tochter C.A.________ (geb.
2001).

A.b. Mit Urteil vom 16. März 2015 teilte das Kreisgericht
Werdenberg-Sarganserland die Obhut für C.A.________ der Mutter zu, regelte das
Besuchsrecht des Vaters und verpflichtete diesen, ab Januar 2014 an den
Unterhalt der Tochter monatlich Fr. 1'500.-- zuzüglich allfälliger Kinder- und
Ausbildungszulagen zu bezahlen sowie an die Beschwerdegegnerin ab Januar 2014
Fr. 5'000.--, ab Januar 2015 Fr. 6'500.-- und ab Januar 2016 Fr. 5'900.--.
Sodann regelte das Gericht die weiteren Trennungsfolgen.

B.

B.a. Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdeführer Berufung an das
Kantonsgericht St. Gallen. Soweit nachfolgend relevant, verlangte er eine
Reduktion des Unterhaltsbeitrags für die Ehefrau ab Januar 2014 auf Fr.
2'000.--. Die Beschwerdegegnerin beantragte, das Berufungsbegehren abzuweisen.

B.b. Mit Urteil vom 12. Oktober 2015 hiess das Kantonsgericht die Berufung in
einem heute nicht mehr strittigen Punkt gut (Besuchs- und Ferienrecht zwischen
Vater und Tochter), wies die Berufung im Übrigen aber ab. Die Kosten verlegte
das Kantonsgericht im Verhältnis von 6/7 zu Lasten des Beschwerdeführers und 1/
7 zu Lasten der Beschwerdegegnerin und es verpflichtete ersteren der Ehefrau
Parteikosten zu vergüten.

C.

C.a. Hiergegen gelangt der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 12. November 2015
an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil vom 12. Oktober 2015 sei
hinsichtlich Unterhaltsbeitrag sowie der damit verbundenen Kosten- und
Entschädigungsfolge aufzuheben und mit folgenden Anweisungen zur Neubeurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen: Seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der
Beschwerdegegnerin sei ab 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 auf Fr. 4'000.--
pro Monat und ab 1. Januar 2015 auf Fr. 2'000.-- zu reduzieren (a). Die
kantonsgerichtlichen Kosten seien den Parteien hälftig aufzuerlegen und die
Parteikosten wettzuschlagen (b).

C.b. Mit separater Eingabe vom 2. Dezember 2015 beantragte der
Beschwerdeführer, seiner Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu gewähren. Die
Beschwerdegegnerin widersetzte sich dem Gesuch mit Stellungnahme vom 14.
Dezember 2015, während das Kantonsgericht auf eine Stellungnahme verzichtete.
Mit Verfügung vom 16. Dezember 2015 erkannte der Präsident der II.
zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde für die bis und mit November 2015
geschuldeten Frauenunterhaltsbeiträge aufschiebende Wirkung zu und wies das
Gesuch im Übrigen ab.

C.c. Das Bundesgericht hat sodann die Akten der Vorinstanz, aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine
bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 141 II 113 E. 1 S. 116; 140
IV 57 E. 2 S. 59).

1.2. Fristgerecht angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher
Eheschutzentscheid (Art. 75 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG; zur
Qualifikation als Endentscheid vgl. BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.). Vor
Bundesgericht ist einzig der Unterhalt der Ehefrau strittig, womit es sich um
eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Der erforderliche Streitwert von
Fr. 30'000.-- ist erreicht (Art. 51 Abs. 4 und Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Der
Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Damit
erfüllt die Eingabe des Beschwerdeführers die Voraussetzung für die
Entgegennahme als Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG.

2.

2.1. Weil Eheschutzentscheide vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG
darstellen (BGE 133 III 393 E. 5.2 S. 397), kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip
(Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert
erhobene und soweit möglich belegte Rügen, während es auf ungenügend begründete
Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht
eintritt. Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es sodann nicht
aus, die Lage aus Sicht des Beschwerdeführers aufzuzeigen und den davon
abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr
ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich
entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S.
246). Auch eine Berichtigung oder Ergänzungen der Sachverhaltsfeststellungen
kommt nur in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte
verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588), was die rechtsuchende Partei
wiederum präzise geltend zu machen hat.

2.2. Dreht sich der Rechtsstreit um die Unterhaltsfestsetzung, gilt es zu
beachten, dass der Richter in verschiedener Hinsicht auf sein Ermessen
verwiesen ist (Art. 4 ZGB; BGE 127 III 136 E. 3a S. 141; Botschaft über die
Änderung des ZGB vom 15. November 1995, BBl 1996 I S. 1 ff. S. 115 f.), wobei
vorliegend der Willkürmassstab entscheidend bleibt (siehe E. 2.1 hiervor).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer beanstandet vor Bundesgericht die von den
Vorinstanzen vorgenommene Unterhaltsberechnung in dreifacher Hinsicht. Erstens
sei ihm ein zu hohes durchschnittliches monatliches Einkommen angerechnet
worden (siehe sogleich), zweitens seien ihm ungerechtfertigt Mietzinserträge
angerechnet worden (E. 4), drittens sei die Berechnungsmethode unzulässig
gewesen, indem nämlich die Sparquote nicht berücksichtigt worden sei (E. 5). In
allen drei Punkten macht er eine Verletzung des Willkürverbots geltend.

3.2. Die erste Instanz rechnete dem Beschwerdeführer ein monatliches Einkommen
von Fr. 17'800.-- an. Dieses umfasste Fr. 14'800.-- aus selbständiger Tätigkeit
als Anwalt, Fr. 2'000.-- aus unselbständiger Tätigkeit (Unterricht an der
Schule D.________), Fr. 300.-- aus einem Einkommen als Verwaltungsrat und Fr.
500.-- Mietertrag. Die Vorinstanz stellte fest, dass dies korrekt addiert ein
Gesamteinkommen von Fr. 17'600.-- ergebe, schützte aber die einzelnen Posten.

3.3. Der Beschwerdeführer rügt, er habe im Berufungsverfahren ein monatliches
Einkommen von Fr. 14'800.-- anerkannt, sich aber gegen eine Aufrechnung der
Unterrichtstätigkeit gewehrt. Daran hält er fest. Er habe bereits vor der
Vorinstanz belegt, dass der betreffende Kurs ursprünglich für seinen Sohn
E.________ ausgeschrieben worden sei und er nur wegen gesundheitlicher Probleme
des Sohnes interimsweise für den Sohn eingesprungen sei. Jedenfalls sei es
willkürlich, von ihm ein Pensum von mehr als 100 % zu verlangen. Er arbeite als
Rechtsanwalt schon 60 Stunden pro Woche, die Unterrichtszeiten seien Abends,
also ausserhalb der eigentlichen vollzeitlichen beruflichen Tätigkeitszeiten
und in einem Zeitrahmen, den er infolge der Trennung für die Haushaltsführung
benötige. Zudem verfügten die Parteien mit dem von ihm anerkannten Verdienst
bereits über genügend Geldmittel, ohne dass noch ein in der Vergangenheit
erzielter Nebenerwerb berücksichtigt werden müsse.

3.4. Vorab ist festzuhalten, dass bei der Unterhaltsberechnung grundsätzlich
vom effektiv erzielten Einkommen auszugehen ist. Der Beschwerdeführer bringt
zwar vor, er habe den Kurs nur für seinen Sohn übernommen, dass er die
entsprechende Vergütung dem Sohn weitergeleitet habe, bringt er indes nicht
vor. Solange er den Kurs übernahm, floss ihm das strittige Einkommen also
offensichtlich zu und ist es zu berücksichtigen. Dass er das Geld ausserhalb
der üblichen Bürozeiten erzielte, spielt dabei keine Rolle. Ebenso ist
irrelevant, dass er in dieser Zeit hätte Haushaltsarbeiten erledigen können.
Soweit der Beschwerdeführer glauben machen will, dass er die Tätigkeit heute
nicht mehr wahrnehme und ihm mithin die Unterrichtsentschädigung als
hypothetisches Einkommen angerechnet werde, verpasst er es zu präzisieren, in
welchem Zeitraum die Stellvertretung stattgefunden habe. Gleichzeitig ist er
auf die Feststellung der Vorinstanz hinzuweisen, dass er weiterhin als Dozent
der Schule aufgeführt sei. Er geht hierauf mit keinem Wort ein. Da er in der
Tat weiterhin als Dozent der Schule D.________ aufgelistet wird (vgl. Homepage
der Schule D.________; besucht am 7. Juli 2016), ist keine Willkür ersichtlich,
wenn ihm das Einkommen weiterhin angerechnet wurde; zumal den kantonalen
Instanzen betreffend Zumutbarkeit einer Nebenbeschäftigung über eine
vollzeitliche Arbeitstätigkeit hinaus ein Ermessens zukommt, in welches des
Bundesgericht nur mit Zurückhaltung eingreift (vgl. das vom Beschwerdeführer
selbst zitierte Urteil 5A_722/2007 vom 7. April 2008 E. 6.2.2).

4.

4.1. Zum umstrittenen Mietertrag von Fr. 500.-- pro Monat gab die Vorinstanz zu
bedenken, die Wohnung könnte wegen eines aktenkundigen Leichenfundes dort und
Renovationsbedarf erschwert vermietbar sein. In der längerfristigen Betrachtung
sei aber ein entsprechendes Einkommen anrechenbar. Darüber hinaus habe der
Betrag infolge seiner Geringfügigkeit ohnehin keinen massgebenden Einfluss auf
die Unterhaltsberechnung.

4.2. Der Beschwerdeführer betont, die Wohnung sei leer und zuletzt von einem
Messie bewohnt gewesen, der in der Wohnung verstorben und erst nach mehreren
Tagen tot aufgefunden worden sei. Die Wohnung könne schon deshalb nicht mehr
vermietet werden; einer Neuvermietung stehe sodann auch ein
Vorinvestitionsbedarf entgegen.

4.3. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, war der Vorinstanz die
Problematik bekannt. Wenn sie die Wohnung dennoch für längerfristig (wieder)
vermietbar hielt und zudem den Betrag für nicht derart gewichtig hielt, dass er
die Unterhaltsberechnung massgeblich beeinflussen würden, ist darin keine
willkürliche Ermessensüberschreitung ersichtlich (E. 2.2). Der Beschwerdeführer
legt im Übrigen auch nicht dar, inwiefern sich die Weglassung des Mietertrags
seines Erachtens betragsmässig auf den Unterhaltsbeitrag auswirken müsste.

5.

5.1. Schliesslich ist auf die Frage der Berechnungsmethode einzugehen. Die
Vorinstanz hielt hierzu fest, die erste Instanz habe eine
Grundbedarfsberechnung mit Überschussteilung vorgenommen, welche sich für die
vorliegende Familie eigne, da keine massgebende Sparquote nachgewiesen worden
sei. Ohnehin scheine die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge der unzulässigen
Methodenmischung nicht ausreichend begründet.

5.2. Der Beschwerdeführer knüpft daran an, dass die Vorinstanz seinen Einwand
zwar erwähne, aber nicht darauf eingegangen sei, weil sie diesen willkürlich
als nicht substanziiert erachtet habe. Er sei seiner Behauptungslast aber schon
vor der Vorinstanz nachgekommen, indem er auf den Vermögenszuwachs in den
Steuererklärungen 2012, 2013 hingewiesen habe. Weiter habe er erwähnt, dass die
Unterhaltspflicht für den Sohn abgeschlossen sei und damit die bisherigen
Beiträge von ca. Fr. 30'000.-- pro Jahr frei verfügbar würden. Ebenso habe er
schon die Familienrichterin darauf aufmerksam gemacht, dass durch zusätzliche
Einzahlungen von jährlich Fr. 15'000.-- in die Pensionskasse eine Sparquote
erzielt werde. Zudem habe er darauf hingewiesen, dass die Berechnungsmethode
der Familienrichterin unzulässig sei, weil sie verschiedene Methoden mische.
Das genüge im kantonalen Rechtsmittelverfahren, womit der vorinstanzliche
Richter hätte darauf eintreten müssen.

5.3. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist die Vorinstanz auf den
Einwand betreffend Berechnungsmethode eingetreten. Sie erwog, die Methode der
Grundbedarfsberechnung mit Überschussverteilung sei zulässig, da "keine
massgebende Sparquote nachgewiesen wurde". Gegen diese Beweiswürdigung müsste
der Beschwerdeführer eine den Begründungsanforderungen genügende
Sachverhaltsrüge erheben (135 III 232 E. 1.2 S. 234 mit Hinweisen; vgl. auch E.
2.1) und darüber hinaus aufzeigen, inwiefern sich der von ihm dargestellte
Sachverhalt auf das Ergebnis auswirken würde (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG).
Der Beschwerdeführer kommt dieser Rüge- und Substanziierungspflicht vor
Bundesgericht nicht nach. Weder beziffert er, wie hoch die behauptete Sparquote
insgesamt sein solle, noch belegt er dies mit Unterlagen. Ebensowenig zeigt er
auf, wie sich die behauptete Sparquote auf die Unterhaltsberechnung auswirken
würde. Auf diesen Einwand kann daher nicht eingetreten werden.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Mangels
eigenständiger Anfechtung erübrigt sich bei diesem Ausgang eine Prüfung der
vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsregelung.

6. 
Die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren sind somit dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerdegegnerin mit ihrem Antrag
betreffend aufschiebende Wirkung zumindest teilweise unterlag und in der Sache
keine Vernehmlassung eingeholt wurde, schuldet ihr der Beschwerdeführer indes
keine Parteientschädigung (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen,
Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Juli 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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