Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.88/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_88/2015

Urteil vom 5. Juni 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Buchmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. B.________,
2. C.________,
Beschwerdegegner,

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) der Stadt Zürich.

Gegenstand
Obhutsentzug,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 16. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (geb. xxxx 1977) ist die Mutter von D.________ (geb. xxxx
1994), E.________ (geb. xxxx 1996), F.________ (geb. xxxx 1999) und G.________
(geb. xxxx 2000).

A.b. F.________ und G.________ leben bei C.________. C.________ ist die Mutter
von B.________ (Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro), dem geschiedenen
Ehemann von A.________. Die Beziehung zwischen der Mutter und ihren Kindern ist
stark belastet, wofür A.________ hauptsächlich C.________ verantwortlich macht.

B. 
Am 15. Juni 2012 sprach das Bezirksgericht Zürich B.________ unter anderem der
mehrfachen Vergewaltigung von A.________ schuldig, begangen in der Zeit
zwischen 12. Januar 1998 und Ende Dezember 2000. Begangen wurden die Taten in
der Wohnung von C.________. B.________ wurde zu einer Freiheitsstrafe von 4 1/2
Jahren verurteilt. Er wurde ausgeschafft und ist heute nicht mehr in der
Schweiz wohnhaft.

C. 
Mit Beschlüssen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) der Stadt
Zürich vom 7. Juni 2013 wurde A.________ untersagt, F.________ und G.________
vom Pflegeplatz bei C.________ wegzunehmen. Diese Beschlüsse focht A.________
erfolglos beim Bezirksrat Zürich (Urteil 3. Juli 2014) und beim Obergericht des
Kantons Zürich (Urteil vom 16. Dezember 2014) an.

D. 
A.________ (Beschwerdeführerin) gelangt mit Beschwerde vom 2. Februar 2015 an
das Bundesgericht. Sie verlangt, vom Entzug der Obhut abzusehen und F.________
und G.________ an einem neutralen Ort fremdzuplatzieren, an welchem sie, die
Beschwerdeführerin, als leibliche Mutter nicht mehr dämonisiert werde.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 Abs.
1 und 90 BGG) über eine Kindesschutzmassnahme, mithin über eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit in unmittelbarem Zusammenhang mit
Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff. 6 BGG) ohne Vermögenswert. Die
Beschwerdeführerin ist als Kindsmutter gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art.
46 Abs. 1 Bst. c BGG). Insofern ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig.

1.2. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f.
BGG gerügt werden. Unter Vorbehalt des Bereichs der verfassungsmässigen Rechte
wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
kann die Beschwerde daher auch aus andern als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener
der Vorinstanz abweicht (BGE 136 III 247 E. 4 S. 252 mit Hinweis).
Hingegen ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich
gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig vorgebracht werden,
er sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG), wobei
"offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich" gleichzusetzen ist (BGE 133 II 249
E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398). Hierfür gilt das strenge
Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255). Für die
Geltendmachung der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (inkl. Willkür)
gilt ebenfalls das Rügeprinzip (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.

2.1. Umstritten ist die Notwendigkeit eines neuen Gutachtens. Im Jahr 2008
wurden die Kinder vom Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst des Kantons
Zürich begutachtet. Die Gutachter kamen dabei zum Schluss, dass die Kinder bei
ihrer Grossmutter C.________ gut aufgehoben seien. Im Bereich der kognitiven
Förderung der Kinder sei sie allerdings auf fachliche Unterstützung angewiesen.
Ferner sei davon auszugehen, dass C.________ ihre Kritik an der
Beschwerdeführerin nicht zurückgehalten hätte. Die Kinder sähen ihre Mutter
deshalb nicht als das Opfer väterlicher Gewalt. Inzwischen sei jedoch bei
C.________ ein Sinneswandel eingetreten. Sie scheine heute bereit, die Kontakte
der Kinder zur Mutter zu unterstützen, wenn dies ohne Druck und Zwang geschehe.
Die Vorinstanz räumt ein, dass sich die im Gutachten von 2008 geäusserte
Erwartung, wonach die Grossmutter eine kooperativere Haltung hinsichtlich der
Beschwerdeführerin einnehmen und die Kontakte der Kinder mit ihr fördern
könnte, nicht erfüllt habe. Im Übrigen sei aber nichts geltend gemacht worden
und auch nichts ersichtlich, was sich seit 2008 in der Beziehung der
Beschwerdeführerin zu ihren Kindern positiv geändert habe. Ergebe das Gutachten
aus dem Jahr 2008, dass es damals an einer tragfähigen Beziehung zwischen den
Kindern und der Beschwerdeführerin fehlte, und sei diese Beziehung inzwischen
in keiner Weise intensiviert und verbessert worden, so sei das Gutachten von
2008 auch für die heutige Situation durchaus aktuell geblieben.
Weiter ist für das Obergericht nicht ersichtlich, was F.________ und G.________
veranlassen könnte, heute zur Mutter zu ziehen. Die beiden Kinder hätten, seit
sie sich erinnern könnten, bei der Grossmutter gelebt und fühlten sich dort
wohl. Bei der Grossmutter lebten auch die beiden älteren Geschwister, nachdem
D.________ dorthin zurückgekehrt sei. Dafür, dass sich an dem im Gutachten von
2008 besonders hervorgehobenen Zusammengehörigkeitsgefühl und an der dort
erwähnten Harmonie unter den Geschwistern etwas geändert habe, ergäben sich
keine Anhaltspunkte. Bereits im Gutachten von 2008 werde die Grossmutter als
Hauptbezugsperson erwähnt, bei der sich die Kinder gut aufgehoben fühlten und
welche die Kinder gut versorge. Es bestehe eine Verwurzelung mit
sozialpsychischer Elternstellung der Grossmutter. Im Umfeld, in dem die Kinder
lebten, seien sie denn auch im Übrigen integriert. Sie seien zudem in einem
Alter, in dem sie nicht ohne weiteres auf eine fest gebildete Meinung
zurückkämen, und es sei daher auch nicht zu erwarten, dass sie - wenn sie gegen
ihren Willen an einem fremden Ort platziert würden - rasch den Wunsch haben
würden, von der Mutter betreut zu werden. Es sei im Gegenteil angesichts ihres
Alters viel naheliegender, dass sie auf die Missachtung ihres festen Willens
und auf die für sie nicht verständliche einschneidende Änderung ihrer
Lebensumstände mit Trauer, Wut und Renitenz reagieren würden.

2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung auf ein über sechs Jahre altes Gutachten nicht mehr abgestellt
werden könne. Im Übrigen sei festzustellen, dass sich die positiven Annahmen
des Gutachtens in Bezug auf die Einstellung der Grossmutter nicht bestätigt
hätten. Wie der Aussage von D.________ im Strafverfahren gegen deren Vater
entnommen werden könne, säe die Grossmutter nach wie vor Hass. Sie, die
Beschwerdeführerin, werde als Lügnerin hingestellt, welche den Vater für
mehrere Jahre zu Unrecht ins Gefängnis gebracht habe. Den Kindern werde
suggeriert, der Vater sei auf Grund der Schlechtigkeit der Mutter Opfer eines
Justizirrtums geworden. Sogar ihre Verzweiflungstat dem Beistand gegenüber
werde genutzt, um sie zu dämonisieren. C.________ sei verärgert darüber, dass
sie, die Beschwerdeführerin, nichts mehr mit deren Sohn zu tun haben wolle, was
der Roma-Tradition widerspreche.
Die Beschwerdeführerin meint, Art. 13 BV und Art. 8 EMRK würden einen Staat
nicht nur verpflichten, Grundrechte nicht zu beeinträchtigen, sondern "auch
positiv, Vorkehren dafür zu treffen, dass die Grundrechte auch wahrgenommen
werden können". Eine Rechtsprechung, die bei offensichtlicher oder höchst
wahrscheinlicher Instrumentalisierung der Kinder die zuständigen Behörden zur
beantragten Abklärung verpflichten würde, käme dieser Verpflichtung nach.

2.3. Die Kritik der Beschwerdeführerin am Verzicht der Vorinstanz auf ein neues
Gutachten geht an der Sache vorbei. Zwar ist es richtig, dass sich die
Verhältnisse bei kleineren Kindern schnell verändern können, so dass bereits
eine Begutachtung, die erst zwei Jahre zurückliegt, überholt sein kann (vgl.
BGE 133 III 553 E. 5 S. 555). Der vorliegende Fall liegt aber anders: Weder
geht es um kleine Kinder noch steht die Erziehungsfähigkeit der
Beschwerdeführerin unmittelbar zur Debatte. Zu beantworten ist vielmehr die
Frage, ob C.________ die Obhut über die Kinder F.________ und G.________
deshalb zu entziehen ist, weil sie weder gewillt ist noch in der Lage scheint,
den Grosskindern ein positives Mutterbild zu vermitteln und den Kontakt zur
Mutter zu fördern. Soweit es dabei nicht um eine Rechtsfrage geht, ist die
Kritik der Beschwerdeführerin am vorinstanzlichen Standpunkt, auf ein neues
Gutachten zu verzichten, appellatorischer Natur. Darauf ist nicht einzutreten.
Gleiches gilt für die nicht näher begründete Behauptung, wonach die EMRK
vertiefte Sachverhaltsabklärungen nötig gemacht hätte.

3.

3.1. In prozessualer Hinsicht ist ferner die Durchführung der Kindesanhörung
und deren Protokollierung umstritten. Die Referentin des Obergerichts hörte die
Kinder F.________ und G.________ am 7. Oktober 2014 an. Die Zusammenfassung der
Anhörung wurde der Beschwerdeführerin und C.________ mit Verfügung vom 7.
Oktober 2014 zur Stellungnahme zugestellt. Die Beschwerdeführerin stellte in
der Folge den Antrag, die Befragung unter Wahrung ihres rechtlichen Gehörs
gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK in ihrer Anwesenheit zu
wiederholen, wobei diese Teilnahme eventuell auch in einem Spiegelzimmer oder
mittels Videoüberwachung stattfinden könne. Die Vorinstanz lehnte dies unter
Hinweis auf Art. 298 ZPO ab. Ergänzend merkte sie an, dass nicht ersichtlich
sei, was die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag inhaltlich erreichen könnte.
Sie streite nicht ab, dass die Kinder bei der Grossmutter bleiben möchten. Sie
ziehe damit selbst nicht in Zweifel, dass das, was die Kinder bezüglich ihres
Verbleibs geäussert hätten, ihrem derzeitigen Willen entspreche, auch wenn sie
den Grund darin sehe, dass die Kinder gelehrt worden seien, sie zu hassen, und
dass sie, die Beschwerdeführerin, von der Grossmutter dämonisiert werde. Ob
sich mit der Teilnahme der Beschwerdeführerin an der beantragten Wiederholung
der Einvernahme klären liesse, inwieweit der Wille der Kinder durch die
Grossmutter beeinflusst sei, sei fraglich.

3.2. Die Beschwerdeführerin macht "[r]ein vorsorglich im Hinblick auf eine
Beschwerde wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskommission [recte:
Menschenrechtskonvention]" geltend, dass Art. 298 Abs. 2 ZPO Art. 29 Abs. 2 BV
und Art. 6 Abs. 1 EMRK verletze. Durch eine geheime Befragung werde es einem
Elternteil verunmöglicht, Zusatzfragen an das Kind zu stellen. Im konkreten
Fall sei nicht bekannt, dass die Kinder über ihre Beweggründe befragt worden
seien, weshalb sie den Kontakt zur leiblichen Mutter nicht wünschten. Sie, die
Beschwerdeführerin, sei überzeugt, dass, wenn solche Fragen gestellt worden
wären, eine massive Beeinflussung der Kinder durch die Grossmutter hätte
festgestellt werden können, allenfalls sogar die Angst der Kinder bei positiven
Aussagen zugunsten der leiblichen Mutter. Es sei nicht ersichtlich, dass in
einem Verfahren, in welchem einem Elternteil die Obhut über das Kind entzogen
werden soll, die Eltern lediglich den Entscheid des Kindes, nicht aber dessen
Begründung erfahren könnten. Es wäre im Interesse der Wahrheitsfindung und
damit letzten Endes zum Wohle des Kindes, wenn die Begründung des Kindes im
Prozess hinterfragt werden könnte. Die Regelung in Art. 298 Abs. 2 ZPO sei
absurd, wenn man bedenke, dass ein Sexualstraftäter das Recht habe, einem Kind
als Opfer im Strafverfahren Zusatzfragen zu stellen, dieses Recht aber im
konkreten Fall einer Mutter abgesprochen werde, und sie sich so nicht dagegen
wehren könne, wenn die Kinder ihre Haltung mit tatsachenwidrigen Argumenten
begründen würden, die eine Partei ohne Weiteres entkräften könnte.
Weiter argumentiert die Beschwerdeführerin, dass die Protokollnotiz, die sie
erhalten habe, auch dann nicht genüge, wenn man die erfolgte Kindesanhörung für
rechtens hielte. Es sei nicht einzusehen, inwiefern es den Kindern im konkreten
Fall schaden könnte, wenn ihr die wesentlichen Gründe mitgeteilt würden,
weshalb ihre leiblichen Kinder ihr gegenüber derart voreingenommen seien. Zudem
liege auch hier eine unzulässige antizipierte Beweiswürdigung vor, wenn die
Vorinstanz ausführe, die Antworten der Kinder könnten am Ausgang der Sache
nichts ändern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise den Antworten
der Kinder auf Zusatzfragen entnommen werden könnte, dass sie nicht ihrem
eigenen, sondern dem Wunsch der Grossmutter Ausdruck geben würden.

3.3.

3.3.1. Nach Art. 298 Abs. 1 ZPO wird das Kind durch das Gericht oder durch eine
beauftragte Drittperson in geeigneter Weise persönlich angehört, sofern sein
Alter oder andere wichtige Gründe nicht dagegen sprechen. Nach Abs. 2 der
nämlichen Bestimmung werden im Protokoll der Anhörung nur die für den Entscheid
wesentlichen Ergebnisse festgehalten und die Eltern sowie der Beistand darüber
informiert. Eine gleichlautende Regel findet sich in Art. 314a Abs. 2 ZGB. Beim
Erlass von Art. 298 Abs. 2 ZPO und Art. 314a Abs. 2 ZGB hat sich der
Gesetzgeber an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung orientiert (vgl.
Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006, BBl 2006
7367), wonach es dem Anspruch der Eltern auf rechtliches Gehör genügt, wenn sie
zum Ergebnis des Gesprächs, das zwischen Richter und Kind stattgefunden hat,
Stellung nehmen können (BGE 122 I 53 E. 4a S. 55). Die Einzelheiten des
Gesprächsinhalts müssen den Eltern hingegen nicht zugänglich gemacht werden (
BGE 122 I 53 E. 4c S. 56; s. auch Urteile 5C.210/2000 vom 27. Oktober 2000 E.
2a, publ. in: FamPra.ch 2001, S. 606, und 5A_860/2009 vom 26. März 2009 E.
2.2). Vor diesem Hintergrund ist der Vorwurf nicht nachvollziehbar, wonach Art.
298 Abs. 2 ZPO gegen Art. 29 Abs. 2 BV verstossen könnte. Aber auch eine
Verletzung der EMRK ist weder dargetan noch zu erkennen. Die Beschwerdeführerin
ignoriert, dass die Einschränkungen des rechtlichen Gehörs, denen sie
unterworfen ist, im vorrangig zu beachtenden Kindeswohl liegen und damit
überzeugend begründet sind. Im Übrigen vermengt die Beschwerdeführerin den
Kindesschutz mit einem Strafverfahren. Niemand wirft der Beschwerdeführerin
vor, sich strafbar gemacht zu haben. Entsprechend kann sie sich auch nicht auf
das Recht auf eine Konfrontationseinvernahme berufen, die dazu dient, den
Vorwurf einer Straftat zu erhärten oder zu widerlegen.
An der Sache vorbei geht auch der Vorwurf einer unzulässigen antizipierten
Beweiswürdigung. Die Vorinstanz geht mit der Beschwerdeführerin davon aus, dass
die ablehnende Haltung der Kinder ihrer Mutter gegenüber auch mit C.________ zu
tun hat. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, weshalb die Vorinstanz nicht
zum Schluss kommen durfte, dass die Kinder trotz dieser Beeinflussung den
festen Wunsch und Willen haben, bei ihrer Grossmutter zu bleiben.

3.3.2. Unbegründet ist auch der Vorwurf, die Kindesanhörung sei unvollständig.
Zwar ist es richtig, dass das Protokoll der Anhörung vom 7. Oktober 2014 nur
rudimentär Auskunft über den Verlauf und den Inhalt der Kindesanhörung gibt.
Das Protokoll beinhaltet aber das wesentliche Ergebnis (vgl. Urteil 5A_860/2009
vom 26. März 2009 E. 2.2) der Kindesanhörung, nämlich den Wunsch der angehörten
Kinder F.________ und G.________, "unbedingt weiterhin bei ihrer Grossmutter
[zu] leben". Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch darauf, mehr oder
überhaupt etwas über die Motivation der Kinder zu erfahren, weshalb sie bei der
Grossmutter bleiben möchten (Art. 298 Abs. 2 ZPO; s. E. 3.3.1).

4.

4.1. Umstritten ist, wo F.________ und G.________ in Zukunft unterzubringen
sind. Die Beschwerdeführerin verlangt, dass die Kinder nicht länger in der
Obhut von C.________ bleiben, sondern an einem "neutralen Ort" fremdplatziert
werden, wie dies auch Oberrichterin H.________ in ihrem Minderheitsvotum vor
der Vorinstanz beantragt hat. Die Beschwerdeführerin erhofft sich davon eine
baldige Normalisierung der Beziehung zu ihren Kindern. Die Vorinstanz ist
anderer Meinung und hat ihr Urteil wie folgt begründet. F.________ und
G.________ seien keine kleinen Kinder mehr, sondern rund 15 und gerade 14 Jahre
alt. Damit würden sie sich jenem Alter nähern, in dem es den Kindern überlassen
sei, über ihren Verbleib und ihre persönlichen Kontakte zu entscheiden.
Bezogen auf den konkreten Fall hätten die Kinder übereinstimmend den Willen
geäussert, bei der Grossmutter bleiben zu wollen, wo auch die beiden älteren
Geschwister wohnten. Sie fühlten sich bei der Grossmutter wohl. F.________ und
G.________ hätten sehr dezidiert nichts an ihren bisherigen Lebensumständen
ändern und auch keinen Kontakt zur Mutter haben wollen. Angesichts des
unmittelbaren Eindrucks in der persönlichen Befragung könne kein Zweifel
darüber bestehen, dass die Kinder das, was sie sagten, auch wirklich meinten.
Zutreffend sei allerdings, dass die negative Haltung der Grossmutter der
Beschwerdeführerin gegenüber die Kinder beeinflusst habe. Entsprechend müsse
von einer mehr oder weniger beeinflussten Meinung der Kinder ausgegangen
werden. Im Rahmen von familienrechtlichen Auseinandersetzungen sei es häufig,
dass die Kinder Haltungen und Werte desjenigen Teils übernehmen, bei dem sie
lebten, und allenfalls auch für diesen Elternteil Partei ergreifen würden. Mit
dem Begriff des sog. Parental Alienation Syndrome (PAS) würden Ablehnung bis
hin zur Verweigerung von Kontakten umschrieben, wenn Trennungskinder von einem
Elternteil dem anderen bewusst entfremdet werden. Man gehe davon aus, dass in
den meisten dieser Fälle die Kontaktverweigerung das Resultat von Beeinflussung
durch den obhutsberechtigten Elternteil sei. Erhärtet sei dies allerdings
nicht. Es gebe durchaus auch andere Gründe für derartige Störungen der
Eltern-Kind-Beziehung, insbesondere die Interaktion zwischen dem abgelehnten
Elternteil und dem Kind. Bei einem ausgeprägten PAS werde teilweise eine
vorläufige Fremdunterbringung empfohlen mit dem Ziel, solche Kinder in einer
Zeit des Übergangs mit psychotherapeutischer Hilfe für eine Platzierung beim
entfremdeten Elternteil vorzubereiten. Dies entspreche etwa dem, was die
Beschwerdeführerin beantrage. Solche Fremdplatzierungen seien allerdings
keineswegs unumstritten. Die Wegnahme eines Kindes von einem besonders eng
verbundenen Elternteil könne für dieses derart schmerzlich sein, dass die
dadurch verursachten Verletzungen das an sich Positive des wieder hergestellten
Kontakts zum anderen Elternteil bei weitem überwögen. Von einem Teil der Lehre
werde auch darauf hingewiesen, dass die Gründe für eine solche Massnahme einem
betroffenen Kind praktisch nicht plausibel vermittelt werden könnten, dass sich
das Kind bestraft fühle und dem entfremdeten Elternteil die Schuld dafür gebe,
dass es dem anderen Elternteil weggenommen werde. Die Praxis des Kantons Zürich
schliesse sich dieser Sichtweise an. Entsprechend seien keine Fälle bekannt, in
denen es angesichts eines PAS tatsächlich zur Fremdplatzierung von Kindern
gekommen sei.

Im vorliegenden Fall gehe es allerdings nicht um den Verbleib eines Kindes bei
einem der beiden Elternteile, sondern um die Beziehung zur Mutter des
geschiedenen Ehemanns. Der Grossmutter stünden keine Elternrechte zu.
Persönlichkeitsrechte von Eltern und Kindern auf Zusammenleben und persönliche
Beziehung hätten einen anderen Stellenwert als die Beziehung von Enkelkindern
zu ihren Grosseltern bzw. zu verwandtschaftlich nicht verbundenen Pflegeeltern.
Weder die KESB noch der Bezirksrat hätten dies ignoriert. Sie hätten ihren
Entscheid nicht mit eigenen Rechten der Grossmutter begründet, sondern auf die
Situation der Kinder und auf jene der Beschwerdeführerin sowie auf das
gegenseitige Verhältnis von Mutter und Kind abgestellt. Aus dem Gutachten von
2008 ergebe sich deutlich, dass nicht nur die Haltung und Äusserungen der
Grossmutter gegenüber der Beschwerdeführerin Ursache der nicht tragfähigen
Beziehung zu den Kindern seien. Es sei mehr als gut nachvollziehbar, dass die
frühe Mutterschaft, die Geburt von vier Kindern in grosser zeitlicher Nähe, die
schweren Übergriffe von B.________ und die anderen äusserst schwierigen
Lebensbedingungen der Beschwerdeführerin kaum Raum zur Schaffung einer intakten
Mutter-Kind-Beziehung gelassen hätten. Es gehe denn im vorliegenden Fall
überhaupt nicht darum, der schwer geprüften Beschwerdeführerin die schwierige
Beziehung zu ihren Kindern vorzuwerfen, sondern in der gegebenen Situation die
bestmögliche Lösung für die Kinder zu finden.

Weiter sei für die Vorinstanz nicht ersichtlich, was die Kinder veranlassen
könnte, zur Mutter zu ziehen. Sie hätten, seit sie sich erinnern könnten, bei
der Grossmutter gelebt und fühlten sich dort wohl. Bereits im Gutachten von
2008 werde die Grossmutter als Hauptbezugsperson erwähnt, bei der sich die
Kinder gut aufgehoben fühlten und welche die Kinder gut versorge. Es bestehe
eine Verwurzelung mit sozial-psychischer Elternstellung der Grossmutter (vgl.
E. 2.1 i.f.). Zusammenfassend ergebe die Würdigung aller Umstände, dass die
Kinder bei der Grossmutter in ihrem gewohnten Umfeld zu belassen seien. Von
einer Fremdplatzierung als Voraussetzung für eine spätere Betreuung durch die
Beschwerdeführerin sei abzusehen. Der Wunsch der Kinder, im Haushalt ihrer
Grossmutter zu leben, sei auf Grund der Gegebenheiten gut verständlich und
ihrem Wohl sei damit am besten gedient.

4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Aufhebung des Rechts, über
den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen, einen massiven Eingriff in das
Familienleben darstelle. Art. 310 Abs. 3 ZGB stelle eine gesetzliche Grundlage
für den Eingriff in die Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Für einen
solchen Eingriff bedürfe es aber nicht nur einer gesetzlichen Grundlage; der
Eingriff müsse auch im öffentlichen Interesse stehen und verhältnismässig sein.
Der Beschwerdeführerin könne die Rücknahme ihrer Kinder nur dann verwehrt
werden, wenn deren Entwicklung andernfalls ernstlich gefährdet wäre. Diese
Bestimmung könne dann keine Anwendung finden, wenn die Pflegeeltern die
leiblichen Eltern schlecht darstellten und im vorliegenden Fall sogar
dämoniserten, und wenn damit gerechnet werden müsse, dass die spätere Einsicht,
von den Pflegeeltern instrumentalisiert worden zu sein, bei den betroffenen
Kindern Schuldgefühle der Mutter gegenüber wecken müsste, die auf Grund der
Beeinflussung durch die Pflegeeltern zu Unrecht abgelehnt worden sei. Diese
Schuldgefühle könnten gegenüber den mit einer Umplatzierung verbundenen
Nachteilen massiv überwiegen.

Nach der Meinung der Beschwerdeführerin darf es nicht sein, dass durch den
Verbleib eines Kindes bei einer Pflegeperson der Hass zu einem leiblichen
Elternteil offensichtlich geschürt und damit die Psyche des Kindes nachhaltig
geschädigt werde. Ein Kind an einem Ort zu belassen, wo ihm Hass gegen die
leibliche Mutter eingeimpft werde, verletze nicht nur Art. 310 ZGB, sondern
auch Art. 13 BV und Art. 8 EMRK. Dies gelte erst recht, wenn eine für die
Pflege vorgesehene Person durch ihre bisherige Erziehungsarbeit bewiesen habe,
dass sie nicht in der Lage sei, junge Menschen adäquat zu erziehen.

4.3.

4.3.1. Der Beschwerdeführerin steht die alleinige elterliche Sorge über
F.________ und G.________ zu. Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den
Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Hat ein Kind
längere Zeit bei Pflegeeltern gelebt, so kann die Kindesschutzbehörde den
Eltern seine Rücknahme untersagen, wenn diese die Entwicklung des Kindes
ernstlich zu gefährden droht (Art. 310 Abs. 3 ZGB). Diese Bestimmung ist
grundsätzlich auch auf die Rücknahme von Kindern anwendbar, die bei einem nicht
sorgeberechtigten Elternteil leben (vgl. Urteil 5C.28/2007 vom 3. April 2007,
in: FamPra.ch 2007, S. 718). Eine Neu-, Um- oder Rückplatzierung des Kindes hat
sich an dessen Wohl auszurichten und bedingt eine Abwägung zwischen den auf dem
Spiel stehenden Interessen. Für eine Rückplatzierung gemäss Art. 310 Abs. 3 ZGB
gelten nicht die gleichen Kriterien wie für den Obhutsentzug gemäss Art. 310
Abs. 1 ZGB. Eltern, die sich trotz einer Fremdplatzierung um den Aufbau und die
Pflege einer persönlichen Beziehung zu ihrem Kind bemüht haben, brauchen nicht
zu befürchten, dass Art. 310 Abs. 3 ZGB mit Erfolg gegen ihre ernsthafte
Absicht, das Kind eines Tages wieder selbst zu betreuen und zu erziehen,
angerufen werden könnte; entscheidend für die Frage der Zurücknahme durch die
Mutter ist dabei, ob die seelische Verbindung zwischen ihr und dem Kind intakt
ist und ob ihre Erziehungsfähigkeit und ihr Verantwortungsbewusstsein eine
Rückübertragung der Obhut rechtfertigen (BGE 111 II 119 E. 5 und E. 6 S. 123
ff.; Urteile 5A_473/2013 vom 6. August 2013 E. 6, in: FamPra.ch 2013, S. 1064;
5C.28/2007 vom 3. April 2007 E. 2.2, in: FamPra 2007, S. 718). Bei der
Gewichtung der vorstehenden Interessen sind der Anspruch des Elternteils auf
persönliche Betreuung und das Interesse des Kindes an stabilen Beziehungen
gegeneinander abzuwägen (BGE 111 II 119 E. 5 und 6 S. 124 f.). Unerheblich ist,
auf welche Ursachen die Gefährdung eines Kindes zurückzuführen ist: Sie können
in den Anlagen oder in einem Fehlverhalten des Kindes oder der Eltern oder auch
in der weiteren Umgebung liegen. Desgleichen spielt keine Rolle, ob die Eltern
ein Verschulden an der Gefährdung trifft. Massgebend sind die Verhältnisse im
Zeitpunkt der Entziehung (Urteil 5A_701/2011 vom 12. März 2012 E. 4.2.1 mit
Hinweisen, in: FamPra.ch 2012, S. 821). Bei alledem steht dem Sachgericht
typischerweise ein Ermessen im Sinne von Art. 4 ZGB zu, bei dessen Überprüfung
das Bundesgericht Zurückhaltung übt (BGE 132 III 97 E. 1 S. 99; 135 III 121 E.
2 S. 123 f.; spezifisch im Zusammenhang mit der Rückgabe der Obhut: Urteile
5A_736/2014 vom 8. Januar 2015 E. 3.3 und 5A_473/2013 vom 6. August 2013 E. 6,
in: FamPra.ch 2013, S. 1064).

4.3.2. Vorliegend verlangt die Beschwerdeführerin nicht die sofortige
Wiederherstellung der Obhut über F.________ und G.________. Vielmehr möchte sie
erreichen, dass die Kinder nicht mehr länger bei der Grossmutter untergebracht
werden, da diese bei den Kindern Hass gegen sie, die Beschwerdeführerin, schüre
und so verhindere, dass die Beschwerdeführerin einen normalen Kontakt zu ihren
Kindern pflegen kann. Das Fernziel der Beschwerdeführerin bleibt aber ihr
Wunsch, die Obhut über ihre Kinder schliesslich wieder zurückzuerlangen. Dies
rechtfertigt es, Art. 310 Abs. 3 ZGB auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin hat Recht, wenn sie geltend macht, dass ihr
grundsätzlich keine Pflegeeltern zugemutet werden können, die ihr mit Hass
begegnen und bei denen sie befürchten muss, dass sich dieser Hass auch auf die
Kinder überträgt. Geht man davon aus, dass das Wohl des Kindes vorrangig zu
berücksichtigen ist, darf dieses Argument aber nicht verabsolutiert werden.
Entsprechend kann sich die Konstellation ergeben, dass aus Gründen des
Kindeswohls auch an einer solchen Obhutsregelung festzuhalten ist. Die
Vorinstanz hat das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten, wenn sie von
einem solchen Fall ausgegangen ist. Sie hat in korrekter Würdigung der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung den Wunsch der Kinder, ihr Alter und die
Tatsache berücksichtigt, dass die Kinder bereits sehr lange bei ihrer
Grossmutter leben. Sie hat kein Bundesrecht verletzt, wenn sie dabei zur
Auffassung gelangte, dass diese Gesichtspunkte stärker zu gewichten sind als
der Anspruch der Beschwerdeführerin, ihre Kinder in einer Umgebung zu wissen,
die ihr gegenüber zumindest "neutral" eingestellt ist. An diesem Befund ändert
auch nichts, dass die Interessenabwägung möglicherweise zu Gunsten der
Beschwerdeführerin ausgefallen wäre, wenn die zuständigen Behörden die
Fremdplatzierung der Kinder bei der Grossmutter früher kritisch hinterfragt
hätten. Eine Verletzung der EMRK ist nicht zu erkennen.

5. 
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist
abzuweisen. Bei diesem Ausgang unterliegt die Beschwerdeführerin. Entsprechend
hat sie grundsätzlich für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Den besonderen Umständen des Falles wegen wird darauf verzichtet, solche zu
erheben. Die Beschwerdeführerin hat kein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
gestellt. Damit fehlt eine Grundlage für eine Entschädigung ihres
Rechtsvertreters aus der Bundesgerichtskasse. Den Beschwerdegegnern ist kein
entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, C.________, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Zürich und dem Obergericht des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2015

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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