Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.885/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_885/2015

Urteil vom 16. März 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ausstand (Kindesschutzmassnahmen),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 5. Oktober 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (1954), welcher in U.________ eine Anwaltskanzlei betreibt, und
C.________ (1975), welche senegalesische Staatsangehörige ist, sind seit April
2001 verheiratet, lebten aber mehrheitlich getrennt. Sie haben die gemeinsamen
Kinder D.________ (2002), E.________ (2004) und F.________ (2009). D.________
zog bereits im Sommer 2011 in die Schweiz zu ihrem Vater; im Dezember 2011
zogen die Mutter und die beiden Kinder E.________ und F.________ nach. Wenige
Monate später wurde die Mutter nach einer tätlichen Auseinandersetzung aus der
gemeinsamen Wohnung weggewiesen, wobei sie sich nach wie vor in der Schweiz
aufhält. Im Rahmen eines Eheschutzverfahrens wurden die Kinder am 10. Oktober
2013 unter die Obhut des Vaters gestellt, unter Einräumung eines Besuchsrechts
an die Mutter und Errichtung einer Beistandschaft. Mit Interventionen beim
Migrationsamt versucht A.________, die Ausweisung seiner Ehefrau zu erwirken.

B. 
Die Besuchsrechtsausübung zwischen Mutter und Kindern ist konfliktreich. Mit
Beschluss vom 20. Februar 2014 setzte die KESB Zürich Rechtsanwalt G.________
als Kindesvertreter ein. A.________ erhob gegen Teile dieses Beschlusses
Beschwerde, wobei die Einsetzung eines Kindesvertreters nicht davon betroffen
war; im Übrigen zog er die Beschwerde später wieder zurück.
Mit Schreiben vom 18. August 2014 beantragte A.________, "falls überhaupt ein
Kinderanwalt eingesetzt wird, eine andere Vertretung zu wählen". Mit Verfügung
vom 6. November 2014 wies die Vorsteherin der Abteilung 2 der KESB, B.________,
sowohl den Antrag auf Wechsel der Person des Kindesvertreters als auch
denjenigen auf Aufhebung der Vertretung ab.

C. 
Nachdem ein Wiedererwägungsgesuch vom 14. November 2014 am 17. November 2014
abschlägig und ein weiteres Schreiben vom 24. November 2014 nicht beantwortet
worden war, verlangte A.________ am 1. Dezember 2014 den Ausstand von
B.________. Mit Zirkulationsbeschluss vom 7. Januar 2015 wies die KESB das
Ausstandsbegehren ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde vom Bezirksrat
mit Beschluss vom 30. April 2015 und vom Obergericht des Kantons Zürich mit
Urteil vom 5. Oktober 2015 abgewiesen.
Dagegen hat A.________ am 6. November 2015 die vorliegend zu behandelnde
Beschwerde an das Bundesgericht erhoben, mit welcherer die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils und den Ausstand von B.________ sowie die
Wiederholung der notwendigen Amtshandlungen verlangt. Ferner verlangt er die
unentgeltliche Rechtspflege. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

D. 
Parallel hatte A.________ gegen die vorerwähnte Verfügung vom 6. November 2014
Beschwerde an den Bezirksrat erhoben mit den Anträgen, das Mandat des
Kindesvertreters sei ersatzlos zu beenden, eventualiter seien die Kinder
anzuhören und subeventualiter sei ihnen eine Vertretung nach ihrem Wunsch zu
bestellen. Die Beschwerde wurde mit Entscheid des Bezirksratspräsidenten vom
30. April 2015 und sodann mit Urteil vom 5. Oktober 2015 vom Obergericht
abgewiesen. Dagegen hat A.________ am 6. November 2015 ebenfalls eine
Beschwerde an das Bundesgericht erhoben, welche Gegenstand des Verfahrens
5A_894/2015 bildet.
Es wurden die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein selbständig eröffneter, kantonal letztinstanzlicher
Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren, gegen welchen die Beschwerde
zulässig ist (Art. 75 Abs. 1 und Art. 92 Abs. 1 BGG).

2. 
Anlass des Ausstandsbegehrens war, dass B.________ in der Verfügung vom 6.
November 2014 geschrieben hatte, dass "in Würdigung der gesamten Umstände der
Antrag des Vaters abzuweisen ist, sowohl mit Bezug auf Wechsel des
Kindervertreters als auch mit Bezug [auf] Weiterführung der Kindervertretung,
Letzteres mit dem Bemerken, dass die berechtigten Interessen der Kinder durch
den Kindsvater, dessen erklärtes (eigennütziges) Ziel es ist, alles daran zu
setzen, dass die Kindsmutter ohne ihre Kinder in den Senegal zurückkehren muss
(vgl. u.a. act. 121, 187/10) letztlich in keiner Art und Weise wahrgenommen
werden."
Gemäss dem Beschwerdeführer zeigten die Aussagen, wonach er angeblich
"eigennützige Gründe" verfolge und "die berechtigten Interessen der Kinder in
keiner Art und Weise" wahrnehme, dass B.________ von ihm ein extrem negatives
Bild habe und verbreiten wolle. Dies begründe bei objektiver Betrachtung den
Anschein von Befangenheit oder die Gefahr von Voreingenommenheit, denn die
Kindesinteressen seien ja uneigennützig zu wahren und das Bild des betreuenden
Elternteils bei der Regelung der Kinderbelange zentral; die Aussagen seien
mithin geeignet, spätere Entscheidungen zu präjudizieren. Es sei unerfindlich,
welchen egoistischen Nutzen er habe, wenn er sich um die drei Kinder kümmere
und allein für diese aufkomme. Es treffe auch nicht zu, dass er die Interessen
der Kinder nicht wahrnehme, wenn er diesen ersparen wolle, dass sie mit den
"zweifelhaften Machenschaften" der Mutter konfrontiert würden. All das wolle
aber B.________ nicht hören, sondern sie habe der Verfügung vom 6. November
2015 ihre vorgefasste und gegen ihn gerichtete Meinung zugrunde gelegt.

3. 
Angeführt wird der Ausstandsgrund von Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO, welcher im
Sinn einer Generalklausel einen Auffangtatbestand darstellt (RÜETSCHI, Berner
Kommentar, N. 37 zu Art. 47 ZPO). Dabei genügt, dass bei objektiver
Betrachtungsweise der Anschein von Befangenheit besteht; rein subjektive
Eindrücke einer Verfahrenspartei genügen hingegen nicht (Botschaft zur ZPO, BBl
2006 7272; BGE 138 IV 142 E. 2.1 S. 144 f.; 138 I 1 E. 2.2 S. 3; 137 I 227 E.
2.1 S. 229; 136 III 605 E. 3.2.1 S. 608).
Gemäss der Sachverhaltserhebung der kantonalen Instanzen, auf welche das
Obergericht verweist, verfolgt der Beschwerdeführer, was er selbst nicht
bestreitet, das Ziel, dass seine Ehefrau nach Senegal zurückgeschafft wird. Er
hat sie durch eine Detektei observieren lassen und ist mehrmals bei der
Fremdenpolizei vorstellig geworden. Das Besuchsrecht klappt schlecht. Die
Kinder konnten die Mutter in der letzten Zeit nur vereinzelt sehen, wobei klare
Anzeichen bestehen, dass der Vater das Besuchsrecht zu hintertreiben und die
Kinder gegen die Mutter aufzubringen versucht. Demgegenüber besteht der
allgemein anerkannte Grundsatz, dass aufgrund des schicksalhaften
Eltern-Kind-Verhältnisses die Beziehung der Kinder zu beiden Elternteilen
wichtig ist und bei deren Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielen
kann (BGE 130 III 585 E. 2.2.2 S. 590; 131 III 209 E. 4 S. 211 f.). Deshalb
haben mit Blick auf das Wohl der Kinder beide Elternteile die Pflicht, eine
gute Beziehung zum jeweils anderen Elternteil zu fördern; namentlich hat der
hauptbetreuende Elternteil das Kind positiv auf Besuche und Kontakte beim oder
mit dem anderen Elternteil vorzubereiten (Urteile 5A_505/2013 vom 20. August
2013 E. 6.3; 5A_202/2015 vom 26. November 2015 E. 3.4, zur Publ. vorgesehen).
Was nun die vom Beschwerdeführer beanstandete Textpassage angeht, so beruht die
Aussage, er setze alles daran, dass die Kindsmutter ohne ihre Kinder nach
Senegal zurückkehren müsse, auf den verurkundeten Akten; die Tatsache als
solche wird denn vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Aus was für
anderen als eigennützigen Motiven dies erfolgen könnte, ist nicht ersichtlich.
Das Argument, er wolle die Kinder vor ihrer Mutter - mit welcher sie notabene
jahrelang zusammengelebt haben - und deren "zweifelhaften Machenschaften"
schützen, ist offensichtlich vorgeschoben, und es ist nicht ersichtlich,
inwiefern es zum Wohl der Kinder gereichen könnte, wenn sie von ihrer Mutter
vollends entfremdet werden, indem jeglicher Kontakt unterbunden wird.
Wenn das Mitglied einer rechtsanwendenden Behörde diese entscheidrelevanten
Sachumstände nennt und nicht einfach der entfremdenden Verfahrenspartei nach
dem Mund spricht, so begründet dies keinen Anschein dafür, dass das betreffende
Behördenmitglied negativ gegen die Verfahrenspartei eingestellt wäre, sondern
vielmehr, dass sie unabhängig ist und sich objektiv von der Maxime des
Kindeswohls leiten lässt. Das Obergericht hat im diesem Zusammenhang zutreffend
festgehalten, dass eine sachliche Entscheidung eine wertende Auseinandersetzung
mit den Positionen der Beteiligten voraussetzt. Der Standpunkt des
Beschwerdeführers war, dass ein Kindesvertreter unnötig sei, weil er selbst die
Kindesinteressen wahrnehmen könne. Gerade diese Behauptung des
Beschwerdeführers machte es notwendig, dass sich das Behördenmitglied der KESB
mit diesem Vorbringen auseinandersetzen musste. Dass es dies tat, begründet wie
gesagt keinen Anschein von Befangenheit. Ein Ausstandsgrund ist mithin nicht
gegeben und die Beschwerde ist abzuweisen.

4. 
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an
kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der
unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende
Gesuch - wie dies bereits für das obergerichtliche Verfahren der Fall war -
abzuweisen ist.
Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. März 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli

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