Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.838/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_838/2015

Urteil vom 5. Oktober 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Glättli,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz Schenker,
Beschwerdegegnerin,

C.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Marc Veit und Dr. Daniel Sykora,
Nebenintervenientin.

Gegenstand
Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts
(Leistung hinreichender Sicherheit),

Beschwerde gegen die Verfügung des Handelsgerichts des Kantons Aargau,
Präsident der 1. Kammer,
vom 25. September 2015.

Sachverhalt:

A.
Die C.________ GmbH war als Totalunternehmerin mit dem Neubau der
Notstromversorgung des Kernkraftwerks U.________ beauftragt. Die Bauten waren
unter anderem auf Liegenschaften zu realisieren, die im Eigentum der B.________
AG stehen. Die C.________ GmbH zog die D.________ GmbH für die Planung,
Lieferung, Montage und Inbetriebnahme der Brandmeldeanlagen und
Löscheinrichtungen bei, welche ihrerseits gewisse Leistungen an die A.________
AG vergab.
Auf Gesuch der A.________ AG ordnete der Präsident des Handelsgerichts des
Kantons Aargau superprovisorisch die vorläufige Eintragung eines
Bauhandwerkerpfandrechts auf dem Grundstück der B.________ AG, GB V.________
Nr. xxx, für den Betrag von Fr. 397'966.50 zuzüglich Zins zu 5 % auf Fr.
273'118.50 ab 13. Januar 2015 und 5 % auf Fr. 124'848.-- ab 17. Februar 2015 an
(Verfügung vom 24. Februar 2015).
Mit Verfügung vom 1. April 2015 bestätigte der Präsident des Handelsgerichts
vorsorglich die superprovisorisch verfügten Anordnungen und setzte der
A.________ AG Frist zur Klage auf definitive Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts. Die von der B.________ AG dagegen erhobene Beschwerde
wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 5A_327/2015 vom 17.
Juni 2015).

B.
Am 10. Juli 2015 klagte die A.________ AG vor dem Handelsgericht des Kantons
Aargau gegen die B.________ AG auf definitive Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts.
Die C.________ GmbH reichte mit Eingabe vom 3. September 2015 eine Bankgarantie
der E.________ SA ein mit den Begehren, es sei festzustellen, dass damit
hinreichende Sicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB für die zur Eintragung
des Bauhandwerkerpfandrechts angemeldete Forderung geleistet sei, und das
provisorisch eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht sei zu löschen. Sie
beantragte weiter, an Stelle der B.________ AG in den Prozess einzutreten,
eventuell auf deren Seite als Nebenintervenientin zugelassen zu werden.
Mit Verfügung vom 25. September 2015 schrieb der Präsident des Handelsgerichts
das Verfahren hinsichtlich der definitiven Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts zufolge Gegenstandslosigkeit ab (Dispositiv-Ziff. 1),
stellte fest, dass die eingereichte Bankgarantie als hinreichende Sicherheit
gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB gelte und an die Stelle des provisorisch
eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechts trete (Dispositiv-Ziff. 2), und wies die
Obergerichtskasse an, die Bankgarantie nur gestützt auf ein rechtskräftiges
Urteil bzw. entsprechendes Surrogat hin freizugeben (Dispositiv-Ziff. 3).
Ferner wies er das zuständige Grundbuchamt an, das provisorisch eingetragene
Bauhandwerkerpfandrecht nach Eintritt der formellen Rechtskraft seines
Entscheids zu löschen (Dispositiv-Ziff. 4). Ausserdem wurde die C.________ GmbH
als Nebenintervenientin zugunsten der B.________ AG zugelassen
(Dispositiv-Ziff. 5) und Frist zur Erstattung einer Klageantwort angesetzt
(Dispositiv-Ziff. 6).

C.
Die A.________ AG (fortan: Beschwerdeführerin) hat am 19. Oktober 2015
Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, die Dispositiv-Ziff.
1-4 der Verfügung vom 25. September 2015 seien aufzuheben, es sei
festzustellen, dass die von der C.________ GmbH eingereichte Bankgarantie nicht
als hinreichende Sicherheit gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB gelte, und das
Handelsgericht sei anzuweisen, das ordentliche Verfahren betreffend definitive
Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts weiterzuführen.
Mit Verfügung vom 11. November 2015 hat der Präsident der urteilenden Abteilung
der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
Die B.________ AG (fortan: Beschwerdegegnerin) und die C.________ GmbH (fortan:
Nebenintervenientin) haben am 20. bzw. 21. Juli 2016 zur Beschwerde Stellung
genommen. Das Handelsgericht hat auf Vernehmlassung und die Beschwerdeführerin
auf Bemerkungen zu den Stellungnahmen der Beschwerdegegnerin und der
Nebenintervenientin verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die angefochtene Verfügung betrifft die Leistung einer Sicherheit im Sinne
von Art. 839 Abs. 3 ZGB und damit eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer
vermögensrechtlichen Angelegenheit, deren Streitwert den gesetzlichen
Mindestbetrag überschreitet (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; Urteil 5A_626/2015 vom
22. April 2016 E. 4). Sie ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 2 lit. b
BGG) und lautet zum Nachteil der Beschwerdeführerin, deren Klagebegehren sie
teilweise als gegenstandslos abschreibt (Art. 76 Abs. 1 BGG). Die
Abschreibungsverfügung ist gestützt auf Art. 242 ZPO ergangen und unterliegt im
Gegensatz zum Abschreibungsbeschluss nach Vergleich, Klageanerkennung oder
Klagerückzug (Art. 241 ZPO) grundsätzlich der Beschwerde in Zivilsachen
(Urteile 5A_410/2015 vom 9. Juni 2015 E. 1 und 4A_272/2014 vom 9. Dezember 2014
E. 1).

1.2.

1.2.1. Gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB kann die Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die
angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet. Die Sicherheit kann
während des Verfahrens auf provisorische oder definitive Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts geleistet werden. Wird die Sicherheit als hinreichend
anerkannt, fällt der Anspruch auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts
dahin. Das Verfahren geht nunmehr auf definitive Bestellung der Sicherheit und
hat die Frage zum Gegenstand, ob und bis zu welchem Betrag die gestellte
Sicherheit haftet (BGE 110 II 34 E. 1b S. 36; Urteil 4A_449/2015 vom 16.
Dezember 2015 E. 3.1 und E. 3.3, zusammengefasst in: BR 2016 S. 179 f.; je mit
Hinweisen auf DIETER ZOBL, Das Bauhandwerkerpfandrecht de lege lata und de lege
ferenda, ZSR NF 101/1982 II S. 161/162, und PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits
réels, T. III, 4. Aufl. 2012, S. 315 N. 2885b).

1.2.2. Wird die Sicherheit während des Verfahrens auf provisorische Eintragung
des Bauhandwerkerpfandrechts geleistet und als hinreichend anerkannt, ist das
Verfahren insgesamt als gegenstandslos abzuschreiben, eine allenfalls
superprovisorisch angeordnete Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im
Grundbuch zu löschen und Frist zur Klage auf definitive Bestellung der
Sicherheit anzusetzen. Die Abschreibung des Verfahrens bedeutet eine
Verweigerung der provisorischen Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts. Sie
ist Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und vorsorgliche Massnahme im Sinne
von Art. 98 BGG (Urteil 5A_233/2015 vom 7. September 2015 E. 1 und E. 2, in:
SJZ 111/2015 S. 559 f. Nr. 3).

1.2.3. Wird die Sicherheit - wie im vorliegenden Fall - während des Verfahrens
auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts geleistet und als
hinreichend anerkannt, ist das Verfahren teilweise, d.h. nur mit Bezug auf das
Begehren um definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts, als
gegenstandslos abzuschreiben. Das Verfahren wird auf definitive Bestellung der
Sicherheit weitergeführt. Aufgrund der gesetzlichen Regelung ist die
Abschreibungsverfügung als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG
anfechtbar. Es wird gleichsam das Hauptbegehren um definitive Eintragung des
Bauhandwerkerpfandrechts wegen Leistung hinreichender Sicherheit als
gegenstandslos abgeschrieben, so dass nunmehr das für diesen Fall gestellte
Eventualbegehren auf definitive Bestellung der Sicherheit zu beurteilen ist
(vgl. zum Teilentscheid bei eventueller objektiver Klagenhäufung: BGE 135 III
212 E. 1.2 S. 216 ff.). Die Abschreibungsverfügung erledigt den Anspruch auf
definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts zudem endgültig, ohne den
Entscheid darüber in einem Hauptverfahren vorzubehalten. Sie ist deshalb keine
vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG, wie die Beschwerdegegnerin und
die Nebenintervenientin glauben (BGE 133 III 589 E. 1 S. 590; 135 III 430 E.
1.1 S. 431; 141 III 564 E. 4.2.2 S. 568). Dass gleichzeitig die Löschung des
provisorisch eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch angeordnet
wird, ist blosse Nebenfolge der Abschreibung des Hauptbegehrens auf definitive
Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts (vgl. Art. 268 Abs. 2 ZPO). Alle Rügen
gemäss Art. 95 f. BGG sind somit zulässig.

1.3. Auf die - im Weiteren fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene -
Beschwerde kann eingetreten werden.

2. 
Die Nebenintervenientin führt aus, das Grundstück der Beschwerdegegnerin sei
unpfändbares Verwaltungsvermögen im Sinne von Art. 839 Abs. 4-6 ZGB, denn die
Beschwerdegegnerin sei eine 100%-ige Tochtergesellschaft der F.________ Holding
AG, deren Aktien sich zu 100 % in der Hand der Nordostschweizer Kantone bzw.
der Kantonswerke befänden. Zudem betreibe die Beschwerdegegnerin auf dem
pfandbelasteten Grundstück das Kernkraftwerk U.________. Das Grundstück diene
einzig der Elektrizitätsherstellung und damit durch seinen unmittelbaren,
zweckbestimmten Gebrauch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben; daher stelle das
Grundstück Verwaltungsvermögen dar. Ausserdem hänge die Bestellung eines
Pfandrechts auf einem Grundstück auch davon ab, ob ein solches Grundstück
zwangsverwertet werden könne. Da sich ein Kernkraftwerk darauf befinde, sei das
Grundstück in einer Zwangsvollstreckung nicht verwertbar.
Mit diesen Argumenten führt die Nebenintervenientin Sachverhaltselemente in den
Prozess ein, die sich nicht aus der angefochtenen Verfügung ergeben; sie sind
neu und daher unbeachtlich (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 II 7 E. 4.2 S. 12).
Wegen fehlender Tatsachengrundlage kann das Bundesgericht nicht auf den Einwand
der Unpfändbarkeit des Grundstückes eingehen.

3.
Streitig ist, ob die von der Nebenintervenientin eingereichte Bankgarantie im
Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB hinreichend Sicherheit bietet. Die Bankgarantie
hat folgenden Inhalt:

3.1. Laut Bankgarantie verpflichtet sich die E.________ SA unwiderruflich im
Namen von C.________ GmbH (Garantieauftraggeberin) auf erste Aufforderung hin
und unter Verzicht auf jegliche Einreden und Einwendungen, A.________ AG
(Klägerin) den rechtskräftig zugesprochenen Betrag zu bezahlen, bis zu einer
Höhe von Fr. 397'966.50 zuzüglich Zins zu 5 % auf Fr. 273'118.50 ab 13. Januar
2015 und bis maximal 31. August 2025 und zuzüglich Zins zu 5 % auf Fr.
124'848.-- ab 17. Februar 2015 und bis maximal 31. August 2025.

3.2. Im Zeitpunkt der Beanspruchung der Bankgarantie hat die Klägerin ein
rechtskräftiges Urteil oder einen gerichtlich genehmigten Vergleich des
zuständigen Gerichts, das bzw. der die D.________ GmbH (Schuldnerin) zu einer
Zahlung über einen darin bestimmten Betrag an die Klägerin im Zusammenhang mit
dem Werkvertrag verpflichtet, zusammen mit einer Rechtskraftbescheinigung
vorzulegen, sodann den Nachweis zu erbringen, dass die Schuldnerin diesen
Betrag trotz Aufforderung der Klägerin nicht bezahlt hat, und eine schriftliche
Abtretungserklärung für alle Forderungen der Klägerin gegen die Schuldnerin im
Zusammenhang mit dem Werkvertrag zugunsten der Garantieauftraggeberin
abzugeben.

3.3. Nach ihrem Wortlaut ist die Bankgarantie gültig bis zum 31. Dezember 2016
und verlängert sich automatisch für jeweils ein Jahr bis das Urteil bzw. der
gerichtlich genehmigte Vergleich rechtskräftig ist. Sie erlischt 120
Kalendertage nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils bzw. des gerichtlich
genehmigten Vergleichs.

4.
Die Beschwerdeführerin beanstandet zunächst, die Beschränkung der Garantie des
Zinses auf den 31. August 2025 (E. 3.1 oben).

4.1. Das Handelsgericht erwog, es gälten nicht bloss zeitlich unbefristete
Sicherheiten für grundsätzlich unbefristet laufende Verzugszinsen als
hinreichend im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB. Nach seiner eigenen Praxis gelte
bezüglich der Verzugszinsen eine Sicherstellungspflicht für die Dauer von zehn
Jahren als hinreichend. Mit Blick auf den Zweck der Garantie könne nicht
erwartet werden, dass der Zinsenlauf unbeschränkt gesichert werde. Da im
Normalfall ein Verfahrensabschluss innert zehn Jahren möglich sein dürfte, sei
die Sicherstellung eines Jahreszinses von zehn Jahren genügend und die
Begrenzung bis zum 31. August 2025 zulässig (E. 1.1 und E. 1.2.1 der
angefochtenen Verfügung).

4.2. Die Beschwerdeführerin führt aus, grundsätzlich habe sie Anspruch auf
Verzugszinsen bis zum Zeitpunkt der Bezahlung der Schuld und das
Bauhandwerkerpfandrecht diene auch als Sicherheit für alle verfallenen Zinsen,
nicht nur diejenigen, die bis am 31. August 2025 anfallen. Insofern könne die
Bankgarantie nicht als hinreichende Sicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB
gelten; die Praxis des Handelsgerichts sei bundesrechtswidrig.

4.3. Die Beschwerdegegnerin und die Nebenintervenientin bestreiten
grundsätzlich, dass die Ersatzsicherheit auch die ohne zeitliche Beschränkung
pfandberechtigten Verzugszinsen decken müsse. Nebst der Wiederholung der vom
Handelsgericht angeführten Gründe tragen sie vor, der Gläubiger sei in der
Zwangsvollstreckung stets dem Risiko ausgesetzt, dass das Pfand die Pfandsumme
nicht oder nur teilweise decke.

4.4. Der Grundeigentümer kann die - provisorische oder definitive - Eintragung
eines Bauhandwerkerpfandrechts verhindern, indem er eine "hinreichende
Sicherheit" ("sûretés suffisantes", "sufficiente garanzia") leistet (Art. 839
Abs. 3 ZGB).

4.4.1. Die am 1. Januar 2012 in Kraft getretene Fassung des Art. 839 ZGB (AS
2011 4637, 4645 und 4658) hat in Abs. 3 betreffend Sicherheitsleistung den
gleichen Wortlaut wie der Abs. 3 der bis zum 31. Dezember 2011 gültigen Version
dieses Artikels. Folglich kann in dieser Hinsicht auf die unter dem alten Recht
ergangene Rechtsprechung abgestellt werden.

4.4.2. Damit eine Ersatzsicherheit als "hinreichend" gelten kann, muss sie 
qualitativ und  quantitativ die gleiche Sicherheit bieten wie das
Bauhandwerkerpfandrecht (BGE 121 III 445 E. 5a S. 447; 110 II 34 E. 1b; 97 I
209 E. 2 S. 215). In quantitativer Hinsicht bietet das Bauhandwerkerpfandrecht
dem Gläubiger Sicherheit für die Kapitalforderung (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB)
und die Verzugszinsen (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 2ZGB), allenfalls für die
Vertragszinsen (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3ZGB). Die Verzugszinsen sind ihrerseits
zeitlich nicht limitiert (Art. 104 OR). Dementsprechend muss auch die
Ersatzsicherheit hinsichtlich der Verzugszinsen eine zeitlich bzw. quantitativ
nicht limitierte Sicherheit bieten (BGE 121 III 445 E. 5a S. 447).

4.4.3. Die Überlegung des Handelsgerichts, mit Blick auf den Zweck der Garantie
könne nicht erwartet werden, dass der Zinsenlauf unbeschränkt gesichert werde,
ist weder auf eine doktrinale Meinungsäusserung abgestützt noch
nachvollziehbar. Sollte es sich an die von Rainer Schumacher (in: Das
Bauhandwerkerpfandrecht, 3. Aufl. 2008, Rz. 1257) gemachten Ausführungen
anlehnen, wo der Autor auf mögliche Schwierigkeiten der Banken hinweist,
Verzugszinsen auf unbestimmte Zeit zu garantieren, kommt jener zum Schluss,
dass "gelegentlich deswegen eine Sicherheitsleistung, die Art. 839 Abs. 3 ZGB
entspricht, nicht zustande" komme, es den Parteien jedoch frei stehe, sich über
den konkreten Inhalt der Sicherheitsleistung zu einigen. Hier steht nicht der
Zweck der Garantie zur Debatte, sondern stellt sich die Frage, ob eine
Ersatzsicherheit an die Stelle des gesetzlichen Pfandrechts zu treten vermag,
was nur dann der Fall ist, wenn sie qualitativ und quantitativ die gleiche
Deckung bietet wie das gesetzliche Pfandrecht. Eine Bankgarantie, die zwar den
Kapitalbetrag, nicht aber die zeitlich unlimitiert geschuldeten Verzugszinsen
abdeckt, erfüllt die Anforderungen an eine hinreichende Sicherheit nicht. Ob
der Prozess in der Hauptsache "nach menschlichem Ermessen" (so die
Beschwerdegegnerin) oder "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" (so
die Nebenintervenientin) innert der garantierten Frist endgültig entschieden
werden könnte, ändert an diesem rechtlichen Befund nichts (vgl. zur Praxis:
CHRISTIAN PRAPLAN, L'hypothèque légale des artisans et entrepreneurs: Mise en
oeuvre judiciaire, JdT 158/2010 II 37, S. 57 Ziff. 8.2).

4.5. Mit ihrer zeitlichen Beschränkung für die Verzugszinsen auf den 31. August
2025 erfüllt die Bankgarantie die Anforderungen an eine "hinreichende
Sicherheit" im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB nicht. Die weiteren Vorbringen der
Beschwerdegegnerin und der Nebenintervenientin vermögen nichts daran zu ändern,
dass sich die angefochtene Verfügung in diesem Punkt als bundesrechtswidrig und
die Beschwerde entsprechend als begründet erweist.

5.
Ferner beanstandet die Beschwerdeführerin die Vorgabe, wonach die Garantie
jeweils nur bis am 31. Dezember jeden Jahres gültig sei und 120 Kalendertage
nach Eintritt der Rechtskraft des die Schuldnerin verurteilenden Urteils bzw.
des gerichtlich genehmigten Vergleichs erlösche.

5.1. Das Handelsgericht erwog, eine relative Befristung der Gültigkeitsdauer
der Garantie sei zulässig, solange der Gläubiger nach Eintritt bestimmter
Ereignisse innerhalb einer angemessenen Reaktionsfrist die Sicherheit wirksam
beanspruchen kann. Ebenso zulässig seien Modalitäten, welche der
Rechtssicherheit des Grundeigentümers bzw. des Sicherheitsgebers dienen, wenn
diese zweck- und verhältnismässig seien. Vorliegendenfalls sei die Frist von
120 Tagen zur Geltendmachung der Garantie nicht zu beanstanden. Dies gelte auch
in Kombination mit dem Umstand, dass die Garantie jeweils nur für ein Jahr
gültig sei. Selbst wenn ein für die Beschwerdeführerin günstiger Entscheid erst
am 17. Dezember eines laufenden Jahres gefällt werde, habe jene unter
Berücksichtigung der Rechtsmittelfrist und der Gerichtsferien (Art. 46 Abs. 1
lit. c BGG) noch hinreichend Zeit, bei der garantierenden Bank vorstellig zu
werden (E. 1.2.2 der angefochtenen Verfügung).

5.2. Die Beschwerdeführerin führt aus, das gesetzliche Pfandrecht sichere ihr
letztlich ein Verwertungsrecht am belasteten Grundstück zu. Das Gesetz
auferlege dem Gläubiger keine Frist, innert welcher jener die
Grundpfandverwertung verlangen müsse. Demgegenüber sei die als Ersatzsicherheit
angebotene Bankgarantie nach Datum und damit absolut befristet, weshalb sie
keine hinreichende Sicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB darstelle.
Zulässig sei allenfalls eine Befristung, welche von einem oder mehreren
zukünftigen Ereignissen abhängig und kalendermässig unbestimmt sei (z.B.
Gültigkeit der Bankgarantie bis maximal 120 Tage nach Vorliegen eines
rechtskräftigen Urteils); unzulässig sei demgegenüber eine kalendermässige
Befristung. Daher dürfe die Gültigkeitsdauer nicht auf den 31. Dezember eines
jeweiligen Jahres befristet werden. Wenn das Urteil gegen die Schuldnerin am
17. Dezember rechtskräftig würde, verblieben ihr (der Beschwerdeführerin) nur
noch vierzehn anstelle von 120 Tagen, um die Bankgarantie in Anspruch zu nehmen
und die weiteren Bedingungen, namentlich die Rechtskraftbescheinigung
einzuholen und die schriftliche Abtretungserklärung abzugeben.

5.3. Die Beschwerdegegnerin und die Nebenintervenientin schliessen sich im
Wesentlichen den Argumenten des Handelsgerichts an.

5.4. Die Beschwerdeführerin spricht einen Teilgehalt der qualitativen
Gleichwertigkeit der Ersatzsicherheit an. Lehre und kantonale Rechtsprechung
sind sich darin einig, dass eine absolut befristete Sicherheitsleistung
(Beschränkung der Gültigkeit bis zu einem bestimmten Datum oder während einer
bestimmten Zeit ab Ausstellung) keine hinreichende Sicherheit im Sinne von Art.
839 Abs. 3 ZGB ist (Schumacher, a.a.O., Rz. 1260 mit Hinweisen). Demgegenüber
sei eine relative Befristung, d.h. eine solche, deren Ende von einem oder
mehreren zukünftigen Ereignissen abhängt, zulässig, wenn das Ende der
Gültigkeitsdauer kalendermässig unbestimmt ist und bis zum Eintritt des oder
der Ereignisse unbestimmbar bleibt. Zudem müsse es dem Unternehmer möglich
sein, nach Eintritt des bestimmten Ereignisses innerhalb einer angemessenen
Reaktionsfrist die Sicherheit rechtswirksam für sich zu beanspruchen
(Schumacher, a.a.O., Rz. 1261; PRAPLAN, a.a.O., S. 57 Ziff. 8.2: "un délai de
quelques mois courant dès l'entrée en force du jugement"). Einwendungen des
Unternehmers gegen derartige und damit zulässige Befristungen, namentlich unter
Berufung auf die unbefristete Eintragung von Baupfandrechten im Grundbuch,
stehen unter dem Vorbehalt offenbaren Rechtsmissbrauchs (Schumacher, a.a.O.,
Rz. 1262).

5.5.

5.5.1. Die geleistete Bankgarantie sieht zwei Befristungen vor. Sie ist bis zum
31. Dezember 2016 gültig, verlängert sich aber automatisch um jeweils ein Jahr,
solange das die Schuldnerin zur Bezahlung der Forderungssumme verpflichtende
Urteil bzw. der gerichtlich genehmigte Vergleich nicht rechtskräftig ist.
Ausserdem ist die Garantie innert 120 Kalendertagen nach Eintritt der
Rechtskraft des Urteils bzw. des gerichtlich genehmigten Vergleichs zu
beanspruchen (E. 3.3 oben).

5.5.2. Um die Bankgarantie rechtswirksam für sich zu beanspruchen, muss die
Beschwerdeführerin innert 120 Tagen ein rechtskräftiges Urteil oder einen
gerichtlich genehmigten Vergleich des zuständigen Gerichts, das bzw. der die
Schuldnerin zu einer Zahlung über einen darin bestimmten Betrag an die Klägerin
im Zusammenhang mit dem Werkvertrag verpflichtet, und eine
Rechtskraftbescheinigung vorlegen, den Nachweis erbringen, dass die Schuldnerin
diesen Betrag trotz Aufforderung der Klägerin nicht bezahlt hat, und eine
schriftliche Abtretungserklärung für alle Forderungen der Klägerin gegen die
Schuldnerin im Zusammenhang mit dem Werkvertrag zugunsten der
Garantieauftraggeberin abgeben (E. 3.2 oben).

5.5.3. Mit der Beschwerdeführerin ist festzuhalten, dass eine Frist von 120
Kalendertagen seit Eintritt der Rechtskraft des die Schuldnerin zur Zahlung
verpflichtenden Urteils (bzw. des entsprechenden gerichtlich genehmigten
Vergleichs) die Interessen der Beschwerdeführerin genügend wahren würde, so
dass eine dergestalt formulierte Ersatzsicherheit hinreichend wäre. Gegen die
jährliche - und damit absolute - Befristung verbunden mit einer laufenden
Erneuerung der Garantie für ein Jahr, solange kein rechtskräftiges Urteil
vorliegt, ist unter der Bedingung nichts einzuwenden, dass die 120-tägige
Beanspruchungsfrist selbst dann gilt, wenn sie vor Jahresende zu laufen
begonnen hat, aber erst im neuen Jahr endet (und sich die Gültigkeitsdauer
insofern verlängert). Andernfalls würde der Beschwerdeführerin die ihr
zustehende angemessene Reaktionsfrist bundesrechtswidrig verkürzt.

5.5.4. Die vorliegend entscheidende Frage, ob die Frist von 120 Tagen selbst
dann gilt, wenn sie vor Jahresende zu laufen begonnen hat, aber erst im neuen
Jahr endet, ist in der streitgegenständlichen Bankgarantie nicht ausdrücklich
geregelt. Das Handelsgericht scheint die Frage - wie auch die
Beschwerdegegnerin (S. 13 Rz. 41) und die Nebenintervenientin (S. 16 Rz. 50) -
zu verneinen und erachtet die streitgegenständliche Bankgarantie trotzdem als
qualitativ gleichwertig. Es übersieht indes, dass die Beschwerdeführerin für
die Beanspruchung der Garantie nicht nur ein rechtskräftiges Urteil vorzulegen
hat, sondern noch eine Rechtskraftbescheinigung beschaffen muss und insofern in
zeitlicher Hinsicht fremdbestimmt ist. Ausserdem hat die Beschwerdeführerin der
Schuldnerin Gelegenheit einzuräumen, gestützt auf das rechtskräftige Urteil zu
bezahlen, muss sie doch auch den Nachweis erbringen, dass die Schuldnerin trotz
Aufforderung nicht bezahlt hat, was ebenfalls eine gewisse Zeit in Anspruch
nimmt. Entgegen der Annahme des Handelsgerichts wird ein am 17. Dezember
eröffnetes Urteil auch nicht erst nach Ablauf der um die Gerichtsferien
verlängerten Rechtsmittelfrist für die Beschwerde an das Bundesgericht
rechtskräftig. Das rechtskräftige Urteil, das die Beschwerdeführerin der
Garantiegeberin vorzulegen hat, wird das Ergebnis eines Forderungsprozesses
sein, weshalb es sich um ein Leistungsurteil handelt. Beschwerden an das
Bundesgericht gegen Leistungsurteile haben von Gesetzes wegen keine
aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 1 BGG), so dass das kantonale Urteil mit
seiner Ausfällung in Rechtskraft erwächst und vollstreckbar ist. Freilich kann
das Bundesgericht die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit eines kantonalen
Leistungsurteils auf Gesuch hin aufschieben (Art. 103 Abs. 3 BGG). Solange dies
nicht geschehen ist, bleibt das kantonale Urteil rechtskräftig und
vollstreckbar.

5.5.5. Im schlechtesten Fall, von dem auch das Handelsgericht auszugehen
scheint, ist die Bankgarantie so formuliert, dass der Beschwerdeführerin nach
der Ausfällung des die Schuldnerin verpflichtenden Leistungsurteils nur wenige
Tage verbleiben, um die Garantie in Anspruch nehmen zu können, oder dass die
Beschwerdeführerin gar aus Gründen, die sie, weil Dritte mitwirken müssen,
nicht zu verantworten hat, die kurze Frist nicht einhalten könnte. Von einer
angemessenen Reaktionsfrist als Voraussetzung zulässiger relativer Befristung
(E. 5.4 oben) kann somit nicht ausgegangen werden. Aus diesem Grund stellt die
streitgegenständliche Bankgarantie auch in qualitativer Hinsicht keine
hinreichende Sicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB dar.

6. 
Die Beschwerde erweist sich als begründet. Die Dispositiv-Ziff. 1-4 der
angefochtenen Verfügung sind aufzuheben. Die Sache muss zur Weiterführung des
hängigen Klageverfahrens an das Handelsgericht zurückgewiesen werden. Die
Beschwerdegegnerin und die Nebenintervenientin unterliegen; sie sind
solidarisch kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie
Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. betreffend Nebenintervention: Art. 69 Abs. 2 BZP
i.V.m. Art. 71 BGG).
Das Handelsgericht hat für die Abschreibungsverfügung keine Prozesskosten
ausgeschieden und deren Regelung im Endurteil vorbehalten. Es erübrigt sich
damit eine Rückweisung zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
des kantonalen Verfahrens.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
In Gutheissung der Beschwerde werden die Dispositiv-Ziff. 1-4 der Verfügung des
Handelsgerichts des Kantons Aargau, Präsident der 1. Kammer, vom 25. September
2015 aufgehoben. Die Sache wird zur Weiterführung des ordentlichen Verfahrens
auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gemäss Klage der
Beschwerdeführerin vom 10. Juli 2015 an das Handelsgericht zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdegegnerin und der
Nebenintervenientin unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin und die Nebenintervenientin haben unter solidarischer
Haftbarkeit die Beschwerdeführerin mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Nebenintervenientin, dem Handelsgericht
des Kantons Aargau, 1. Kammer, und dem Grundbuchamt W.________ schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 5. Oktober 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: von Roten

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