Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.813/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_813/2015

Urteil vom 12. Januar 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. B.________,
2. C.________,
3. D.________,
4. E.________,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Markus Joos,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 14. September 2015 (RU150054-O/U).

Sachverhalt:

A. 
Im Rahmen der gegen die A.________ AG laufenden Betreibungen auf
Grundpfandverwertung Nr. www und Nr. xxx der Grundstücke Kat. Nr. yyy
Grundbuchblatt Nr. uuu und Kat. Nr. zzz Grundbuchblatt Nr. vvv, beide in
U.________, stellte das Betreibungsamt Rüti der Grundeigentümerin am 17.
November 2014 das jeweilige Lastenverzeichnis zu. Die A.________ AG bestritt
die darin aufgenommenen Ansprüche von B.________, C.________, D.________ und
E.________ in der Höhe von Fr. 7'372'909.95 bzw. von Fr. 3'334'548.90. Auf die
daraufhin beim Bezirksgericht Hinwil eingereichte Klage auf Aberkennung eines
Anspruchs im Lastenverzeichnis wurde mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 nicht
eingetreten.

B. 
Am 5. Januar 2015 gelangte die A.________ AG in den gleichen Betreibungen mit
einer Klage auf Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis an das
Friedensrichteramt Dürnten. Mit Verfügung vom 20. Juli 2015 trat das
Friedensrichteramt auf das Schlichtungsbegehren nicht ein und schrieb das
Verfahren als gegenstandslos ab. Dagegen wandte sich die A.________ AG an das
Obergericht des Kantons Zürich, welches ihre Berufung am 14. September 2015
abwies.

C. 
Mit Eingabe vom 13./23. Oktober 2015 ist die A.________ AG an das Bundesgericht
gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt im Wesentlichen die Aufhebung des
Beschlusses des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. September 2015 und die
Anweisung an das Friedensrichteramt, auf die Klage einzutreten bzw. zu einem
Schlichtungstermin vorzuladen. Eventualiter sei die Klage an den zuständigen
Richter weiterzuleiten.
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung
verzichtet, das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen und die
Gläubiger B.________, C.________, D.________ und E.________ (Beschwerdegegner)
haben sich dem Gesuch widersetzt. Mit Präsidialverfügung vom 2. Dezember 2015
ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen in der Sache
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine
Lastenbereinigungsklage, welcher der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt (Art.
72 Abs. 1 ZPO; Urteil 5A_122/2009 vom 2. Februar 2010 E. 1.1, nicht publ. in:
BGE 136 III 288). Die Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b
BGG). Die Beschwerdeführerin, welche sich gegen die im Lastenverzeichnis ihrer
Liegenschaften aufgenommenen Ansprüche wehrt, ist vom obergerichtlichen
Entscheid betroffen und hat daher ein schutzwürdiges Interesse an dessen
Aufhebung oder Änderung (Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Aus dieser Sicht ist auf
die Beschwerde einzutreten.

1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem
Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106
Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S.
104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen
(Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S.
591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel
sind nicht zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde bilden die prozessualen Anforderungen an
eine Lastenbereinigungsklage, mit welcher die Beschwerdeführerin sich gegen die
Ansprüche der Beschwerdegegner zur Wehr setzt.

2.1. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass das Friedensrichteramt für die
Beurteilung einer Lastenbereinigungsklage als besondere Widerspruchsklage
gemäss Art. 198 lit. e Ziff. 3 ZPO nicht zuständig ist. Eine
Weiterleitungspflicht an das zuständige Bezirksgericht bestehe bei einem
Nichteintretensentscheid nicht, da der Kläger gemäss Art. 63 Abs. 3 ZPO innert
20-tägiger Frist selber an dieses gelangen könne. Zudem habe sich der Kläger
bereits am 7. Dezember 2014 in der gleichen Sache an das Bezirksgericht
gewandt, welches auf seine Lastenbereinigungsklage mit Beschluss vom 9.
Dezember 2014 nicht eingetreten war, weil die Zahlungsbefehle in den
Pfandverwertungsverfahren in Rechtskraft erwachsen seien. Die diesbezüglichen
strittigen Ansprüche könnten dem Bezirksgericht nicht nochmals zur Beurteilung
vorgelegt werden.

2.2. Wird das Lastenverzeichnis fristgerecht bestritten, so setzt das
Betreibungsamt der Partei, welcher die Klägerrolle zugewiesen wird, eine
Verwirkungsfrist von zwanzig Tagen an, um an den Richter zu gelangen (vgl.
ROHNER, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 109; PIOTET, in:
Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 33 zu Art. 140). Bei einem
Grundstück ist das Gericht am Ort der gelegenen Sache zuständig (Art. 140 Abs.
2 i.V.m. Art. 109 Abs. 3 SchKG). Die sachliche Zuständigkeit wird vom
kantonalen Recht geregelt (Art. 23 SchKG; Art. 4 ZPO). Hinsichtlich des
Verfahrens gelten die Regeln für die Widerspruchsklage (AMONN/WALTHER,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 28 Rz.
38). Das Schlichtungsverfahren entfällt bei den SchKG-Klagen gemäss Art. 198
lit. e ZPO, worunter u.a. jene fallen, die früher im sogenannten beschleunigten
Verfahren durchgeführt wurden (vgl. STAHELIN/ STAEHELIN/GROLIMUND,
Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013; INFANGER, in: Basler Kommentar,
Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 19 zu Art. 198; BOHNET,
in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 16 zu Art. 198; HOHL, Procédure
civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, Rz. 1107). Unter die Entscheidverfahren, denen
kein Schlichtungsversuch vorausgeht, fällt zweifellos die
Lastenbereinigungsklage (vgl. BERNHEIM/KÄNZIG, in: Kurzkommentar SchKG, 2.
Aufl. 2014, N. 41 zu Art. 140; FEUZ, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 127a zu Art. 140).

2.3. In verfahrensrechtlicher Hinsicht kritisiert die Beschwerdeführerin, dass
die Vorinstanz keine Gelegenheit zur Nachbesserung der Berufungsschrift
eingeräumt habe. Zudem sei trotz entsprechendem Antrag kein zweiter
Schriftenwechsel angeordnet worden, weshalb sie keine Ergänzungen habe
vornehmen können. Deshalb erneuere sie ihr Gesuch um Wiederherstellung der
Frist, andernfalls ihr rechtliches Gehör und ihr Anspruch auf ein faires
Verfahren verletzt werde.

2.3.1. Das Gericht kann auf Gesuch einer säumigen Partei eine Nachfrist
gewähren, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie kein oder nur ein leichtes
Verschulden trifft (Art. 148 Abs. 2 ZPO). Dass die Beschwerdeführerin mit ihrer
Berufung innert gesetzlicher und nicht erstreckbarer Frist an das Obergericht
gelangt war, stellt sie nicht in Frage. Hingegen habe sie ihren Standpunkt
nicht so darlegen können, wie sie es ohne Krankheit ihres einzigen Organs hätte
tun können. Entgegen ihrer Behauptung konnte sie sich zu allen
entscheidwesentlichen Aspekten des Falles äussern, wie die Vorinstanz zu Recht
festgehalten hat. Zudem stellte die gemäss Arztzeugnis geltend gemachte
zeitweilige Arbeitsunfähigkeit ihres einzigen Organs keine gesundheitliche
Beeinträchtigung dar, welche nach Ansicht der Vorinstanz das Abfassen einer
Rechtsschrift verunmöglicht habe. Die gegenteilige Behauptung der
Beschwerdeführerin erschöpft sich in der Schilderung eines krankhaften
Fieberzustandes, welcher in den tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz
und insbesondere im eingereichten Arztzeugnis keine Stütze findet. Daher durfte
die Vorinstanz zu Recht festhalten, dass keine entschuldbare Säumnis
eingetreten war, sondern die Berufung innert Frist wirksam erhoben wurde.

2.3.2. Die Vorinstanz verzichtete auf die Einholung einer Stellungnahme bei den
Gegenparteien, da sie die Berufung als offensichtlich unbegründet einstufte
(Art. 312 Abs. 1 ZPO). Infolgedessen ordnete sie keinen zweiten
Schriftenwechsel an. In welchen Fällen ein zweiter Schriftenwechsel überhaupt
angebracht ist, kann vorliegend offen bleiben (Art. 316 Abs. 2 ZPO). Auf keinen
Fall würde ein zweiter Schriftenwechsel die Nachbesserung oder gar die
Ergänzung der Berufungsschrift ermöglichen, wie die Beschwerdeführerin offenbar
meint. Grundsätzlich kommt eine Nachbesserung ohnehin nur bei behebbaren
formalen Mängeln wie der fehlenden Unterschrift in Frage (Art. 132 Abs. 1 ZPO).
Sie erlaubt aber niemals die inhaltliche Ergänzung einer Eingabe (Urteil 4A_659
/2011 vom 7. Dezember 2012 E. 5, in: SJ 2012 I p. 233). Die Vorinstanz konnte
demzufolge auch von der Ansetzung einer Nachfrist zur Verbesserung der
Berufungschrift absehen, da von einer "unverständlichen" Eingabe im Sinne von
Art. 132 Abs. 2 ZPO nicht die Rede sein konnte. Daran ändert auch die Anrufung
des rechtlichen Gehörs und des Anspruchs auf ein faires Verfahren seitens der
Beschwerdeführerin nichts.

2.4. In der Sache war es nach Ansicht der Beschwerdeführerin unumgänglich, am
5. Januar 2015 mit einem Schlichtungsgesuch an das Friedensrichteramt zu
gelangen, da das Bezirksgericht auf ihre Lastenbereinigungsklage am 9. Dezember
2014 nicht eingetreten war. Sie vertritt die Ansicht, dass der
Nichteintretensentscheid aufgrund der fehlenden sachlichen Zuständigkeit
erfolgt sei. Daher habe sie sich an das zuständige Friedensrichteramt wenden
müssen.

2.4.1. Obwohl der bezirksgerichtliche Beschluss weder Gegenstand des kantonalen
und noch des vorliegenden Verfahrens bildet, ist an dieser Stelle darauf
einzugehen. Das Bezirksgericht ist auf die Lastenbereinigungsklage der
Beschwerdeführerin nicht eingetreten, weil der Bestand, der Umfang und die
Fälligkeit einer Forderung sowie der Bestand der Pfandrechte nur in einem
Rechtsöffnungsverfahren und allenfalls einem folgenden Aberkennungsprozess
aufgrund von Art. 83 SchKG bestritten werden können. Hingegen könnten diese
Fragen im Rahmen der Verwertung nicht mehr durch Anfechtung des
Lastenverzeichnisses gestellt werden, was die Beschwerdeführerin im Grunde
genommen anstrebe. Die Vorinstanz hat diesen Standpunkt mit Hinweisen auf die
erstinstanzliche Begründung und die Lehre gestützt. Ihre Ausführungen
entsprechen durchaus den bundesrechtlichen Vorgaben und der Praxis (BGE 118 III
22 E. 2a S. 23).

2.4.2. Wie die Vorinstanz einlässlich darlegt, war der Friedensrichter für die
Entgegennahme einer Klage auf Bereinigung des Lastenverzeichnisses gar nicht
zuständig. Er hatte insbesondere kein Schlichtungsverfahren durchzuführen.
Ebenso wenig war er verpflichtet, die Eingabe der Beschwerdeführerin an das
Bezirksgericht weiterzuleiten, wie die Vorinstanz ihr unter Hinweis auf Art. 63
ZPO ebenfalls bereits erläutert hat. Dem Bestreben der Beschwerdeführerin durch
ein Schlichtungsgesuch beim Friedensrichter doch noch die Prüfung der
gegnerischen Forderungen zu erreichen, konnte daher kein Erfolg beschieden
sein.

3. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Ausgangsgemäss trägt die
Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zu bezahlen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Januar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante

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