Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.797/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_797/2015

Urteil vom 24. Februar 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Forderung aus Unterhaltspflicht,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, Einzelrichter, vom 10. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Kläger) und B.________ (Beklagte) streiten sich um eine Forderung
von Fr. 2'000.--.

B.

B.a. Am 24. Juni 2015 stellte die Friedensrichterin des Friedensrichteramts
Kreis III des Kantons Aargau dem Kläger die Vorladung (Terminverschiebung) für
die Schlichtungsverhandlung vom 31. Juli 2015 zu. Der Kläger blieb der
Schlichtungsverhandlung fern. Mit Verfügung vom 3. August 2015 schrieb die
Friedensrichterin das Verfahren infolge Säumnis des Klägers als gegenstandslos
ab und auferlegte dem Kläger die Kosten des friedensrichterlichen Verfahrens
von Fr. 160.--. Gleichzeitig gewährte sie A.________ die unentgeltliche
Rechtspflege, so dass die Verfahrenskosten vorerst auf die Gerichtskasse
genommen wurden.

B.b. A.________ erhob Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Dieses
trat mit Entscheid vom 10. September 2015 nicht auf die Beschwerde ein, soweit
sich diese gegen die Abschreibung des Schlichtungsverfahrens richtete.
Hinsichtlich des Kostenentscheids wies das Obergericht die Beschwerde ab. Es
auferlegte A.________ die obergerichtliche Entscheidgebühr und wies sein
Armenrechtsgesuch für das Beschwerdeverfahren ab.

C. 
A.________ (Beschwerdeführer) wendet sich mit Eingabe vom 7. Oktober 2015 an
das Bundesgericht. Er verlangt, die Sache an ein unbefangenes und
unparteiliches oberes kantonales Gericht zurückzuweisen. Zudem stellt er ein
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung hat das Bundesgericht mit Verfügung vom 4.
November 2015 abgewiesen. Im Übrigen wurden die vorinstanzlichen Akten, in der
Sache aber keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 140 IV 57 E. 2 S. 59). Es entscheidet in der
Besetzung mit drei Richtern, wie dies Art. 20 Abs. 1 BGG als Regelfall
vorsieht.

2. 
Rechtsschriften sind zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist
in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 2 BGG). Unverständliche und übermässig weitschweifige
Rechtsschriften kann das Bundesgericht zur Änderung an den Beschwerdeführer
zurückweisen (Art. 42 Abs. 6 BGG). Im vorliegenden Fall umfasst die kaum
strukturierte Beschwerde 49 Seiten bei einem angefochtenen Entscheid, dessen
Begründung knapp zwei Seiten umfasst. Die Beschwerde erweist sich als überaus
weitschweifig. Im Interesse einer effizienten Verfahrenserledigung wird darauf
verzichtet, die Beschwerde zur Verbesserung an den Beschwerdeführer
zurückzuweisen.

3. 
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht kann nur der
vorinstanzliche Entscheid sein. In diesem geht es darum, dass die Vorinstanz
auf die Beschwerde gegen den Abschreibungsbeschluss der Schlichtungsbehörde
nicht eintritt und den Kostenentscheid dieser Behörde bestätigt (s. Sachverhalt
Bst. B.b). Nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens sind
demgegenüber alle übrigen Entscheide, die der Beschwerdeführer in seiner
Beschwerde auch noch erwähnt und für fehlerhaft erachtet.

4.

4.1. Das Obergericht des Kantons Aargau ist eine obere kantonale Instanz, die
auf ein Rechtsmittel hin letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat
(Art. 72, 75 und 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist mit seinen Rechtsbegehren im
kantonalen Verfahren nicht durchgedrungen (Art. 76 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).

4.2. Der Streit dreht sich um eine Geldforderung, ist also vermögensrechtlicher
Natur. Diesfalls ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, sofern der
Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG). Dies
ist laut der vorinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung nicht der Fall. Erreicht
der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen
u.a. dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
stellt (Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG). Entsprechendes tut der Beschwerdeführer
nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Deshalb kann die Beschwerde nur als
subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) entgegengenommen werden.
Daran ändert nichts, dass die Vorinstanz in ihrer Rechtsmittelbelehrung neben
der subsidiären Verfassungsbeschwerde auch die Beschwerde in Zivilsachen
erwähnt hat (Art. 72 BGG). Das richtige bzw. zulässige Rechtsmittel zu wählen,
liegt in der Verantwortung des Beschwerdeführers, der sich dafür allenfalls an
eine fachkundige Person wenden muss. Das Vorgehen der Vorinstanz ist nicht zu
beanstanden. Es genügt, dass sie den Beschwerdeführer - zutreffend - darüber
aufklärte, dass es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit geht und der
Streitwert nicht Fr. 30'000.-- erreicht (Art. 112 Abs. 1 Bst. d BGG). Die
Beschwerde ist als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen.

4.3. Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Hierfür gilt das
strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer
muss in seiner Eingabe präzise angeben, welche verfassungsmässigen Rechte
verletzt worden sind, und im Einzelnen substantiiert darlegen, worin die
Verletzung besteht. Das Bundesgericht untersucht deshalb nicht von sich aus, ob
der angefochtene kantonale Entscheid verfassungsmässig ist. Es prüft nur
rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und soweit möglich belegte Rügen.
Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (
BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 396 E. 3.2 S. 399 f.). Wer sich auf eine
Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) berufen will, kann sich demnach nicht
darauf beschränken, die Sach- oder Rechtslage aus seiner Sicht darzulegen und
den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen.
Vielmehr ist anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzutun,
inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134
II 244 E. 2.2 S. 246; 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f.).

5. 
Dem Entscheidverfahren geht ein Schlichtungsversuch vor einer
Schlichtungsbehörde voraus (Art. 197 ZPO). Die Schlichtungsbehörde versucht in
formloser Verhandlung, die Parteien zu versöhnen (Art. 201 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Kommt es zu keiner Einigung, so hält die Schlichtungsbehörde dies im Protokoll
fest und erteilt die Klagebewilligung. Bei der Klagebewilligung handelt es sich
nicht um einen Entscheid; dementsprechend ist sie nicht anfechtbar (BGE 139 III
273 E. 2.3 S. 277). Sie schliesst das Verfahren nicht ab, sondern hält
lediglich die ausgebliebene Einigung zwischen den Parteien fest und öffnet
dergestalt dem Kläger den Weg ans Gericht (Art. 209 Abs. 3 ZPO; ALEXANDER
ZÜRCHER, in: Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 6 zu Art. 59 ZPO). Nichts anderes gilt
wenn das Schlichtungsverfahren - wie hier - wegen Säumnis des Klägers
abgeschrieben wird (Art. 206 Abs. 1 ZPO). Wie bereits die Vorinstanz dem
Beschwerdeführer zu erklären versucht hat, führt der Beschluss der
Friedensrichterin, das Schlichtungsverfahren abzuschreiben, zu keinem
materiellen Rechtsverlust. Vielmehr hat der Beschwerdeführer unter Vorbehalt
des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB) die Möglichkeit, sich erneut an die
Schlichtungsbehörde (Friedensrichteramt) zu wenden. Soweit sich der
Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Bestätigung des
Abschreibungsbeschlusses wehrt, erweist sich seine Beschwerde als unbegründet.
Von der Abschreibung wegen Säumnis des Klägers sind die Kosten zu
unterscheiden, die dem Beschwerdeführer für das Schlichtungsverfahren auferlegt
wurden. Die entsprechende Verfügung hat Entscheidcharakter und ist
grundsätzlich anfechtbar (Art. 209 Abs. 2 Bst. d ZPO; DOMINIK INFANGER, in:
Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 14 zu
Art. 209 ZPO). Zu prüfen ist deshalb, ob der Beschwerdeführer den angefochtenen
Entscheid, soweit er den Kostenspruch der Schlichtungsbehörde schützt, als
verfassungswidrig auszuweisen vermag.

6.

6.1. Nach Art. 207 Abs. 1 Bst. b ZPO werden die Kosten des
Schlichtungsverfahrens der klagenden Partei auferlegt, wenn das Verfahren wegen
Säumnis abgeschrieben wird. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die
Vorladung zur neu auf den 31. Juli 2015 angesetzten Verhandlung erhalten zu
haben (s. Sachverhalt Bst. B.a). Er macht aber geltend, den Termin "wegen eines
Unfalls mit Betriebsunterbruch bei der AAR und Umleitung auf einen Bus"
verpasst zu haben. Ihn treffe daher kein Verschulden. Der Friedensrichterin
wirft er vor, das Verfahren unverzüglich abgeschrieben zu haben, statt bei ihm
nachzufragen und abzuwarten, bis er sich zur Sache hätte äussern können.

6.2. Auf die beschriebene Art und Weise lässt sich keine Verfassungswidrigkeit
dartun (E. 4.3). Die Friedensrichterin hat das Verfahren erst am 3. August 2015
abgeschrieben, also drei Tage nach der auf den 31. Juli 2015 verschobenen
Schlichtungsverhandlung. Anders als der Beschwerdeführer meint, war sie
keineswegs gehalten, sich vor ihrem Entscheid beim Beschwerdeführer zu
erkundigen, weshalb er der Vorladung zur Schlichtungsverhandlung vom 31. Juli
2015 ferngeblieben ist. Vielmehr wäre es die Aufgabe des Beschwerdeführers
gewesen, die Friedensrichterin unverzüglich über den Grund seiner Abwesenheit
ins Bild zu setzen. Daran ändert nichts, dass der 1. und 2. August 2015 auf
einen Samstag bzw. Sonntag fielen. Weder aus dem verfassungsrechtlichen
Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) noch aus der Verpflichtung,
innert zweier Monate eine Schlichtungsverhand-lung durchzuführen (Art. 203 Abs.
1 ZPO), folgt, dass die Friedensrichterin ihm die Verfahrenskosten nicht hätte
auferlegen dürfen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer ohne eigenes
Verschulden nicht zur Verhandlung erschien, tut nichts zur Sache. Ebenso wenig
hat der Beschwerdeführer einen Anspruch darauf, vom Staat entschädigt zu
werden. Im Übrigen hat die Friedensrichterin dem Beschwerdeführer die
unentgeltliche Rechtspflege gewährt, so dass ihn die Kosten von Fr. 160.-- für
das Schlichtungsverfahren zumindest vorläufig gar nicht belasten.

7. 
Der Beschwerdeführer wehrt sich auch dagegen, dass ihm die Vorinstanz die
unentgeltliche Rechtspflege verweigert hat. Diesbezüglich erweist sich die
Beschwerde an das Bundesgericht als nicht ausreichend begründet. Darauf ist
nicht einzutreten (vgl. E. 4.3).

8. 
Aufgrund des Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Den
besonderen Umständen des Falls entsprechend wird darauf verzichtet,
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege des nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers
ist damit gegenstandslos. B.________ (Beschwerdegegnerin), die sich zum Gesuch
um aufschiebende Wirkung nicht vernehmen liess, ist keine Entschädigung
geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Februar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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