Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.779/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_779/2015

Urteil vom 12. Juli 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Philippe Senn,
Beschwerdeführer,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roger König,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Eheschutzmassnahmen,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I.
Zivilappellationshof, vom 4. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ und B.A.________ heirateten am 6. August 1998 und wurden Eltern
der Kinder C.A.________ (geb. 2001) und D.A.________ (geb. 2003). Die Eheleute
leben seit dem 1. Juli 2013 getrennt. Am 10. Dezember 2014 verpflichtete das
Zivilgericht des Seebezirks (Murten) A.A.________ unter anderem zur Bezahlung
von Unterhaltsbeiträgen an die beiden Töchter von monatlich je Fr. 900.-- bis
zu deren vollendetem 12. Altersjahr und von je Fr. 1'180.-- ab dem 13.
Altersjahr. Die Unterhaltsbeiträge seien rückwirkend ab dem 1. Oktober 2013
geschuldet; die Zahlungen, welche A.A.________ seit diesem Zeitpunkt an den
Familienunterhalt geleistet habe, seien anzurechnen.

B. 
A.A.________ erhob am 16. Februar 2015 Berufung mit den Rechtsbegehren, er sei
zu verpflichten, für den Unterhalt der Kinder C.A.________ und D.A.________
rückwirkend per 1. Oktober 2013 einen monatlichen und vorauszahlbaren
Unterhaltsbeitrag von je Fr. 884.-- zuzüglich allfälliger Kinder- und
Ausbildungszulagen zu bezahlen; die seit 1. Oktober 2013 geleisteten Zahlungen
an den Unterhalt der Familie seien anzurechnen. Eventuell sei dieser
Unterhaltsbeitrag mit Wirkung ab 1. November 2014 auf Fr. 884.50 zu erhöhen.
Das Kantonsgericht Freiburg wies das Rechtsmittel ab (Urteil vom 4. September
2015).

C. 
A.A.________ (Beschwerdeführer) reichte am 2. Oktober 2015 beim Bundesgericht
Beschwerde in Zivilsachen ein. Darin erneuert er die vorinstanzlich gestellten
Rechtsbegehren im Haupt- und Eventualstandpunkt. Subeventuell sei die Sache zur
Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem
ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
B.A.________ (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Sie beantragt ebenfalls die unentgeltliche
Rechtspflege. Beschwerdeführer und Beschwerdegegnerin reichen eine Replik resp.
Duplik ein. Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft den Kinderunterhaltsbeitrag als
gerichtliche Massnahme zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff.
ZGB). Es handelt sich um den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Sache untersteht der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 393 E. 2 S. 395).

1.2. Dem Streitgegenstand nach ist die Angelegenheit vermögensrechtlicher Natur
(Urteil 5A_705/2013 vom 29. Juli 2014 E. 1.1). Die Beschwerdegegnerin macht
(mit Hinweis auf den zeitlich begrenzten Unterhalt) geltend, die gesetzliche
Streitwertgrenze sei nicht erreicht; daher sei auf das Rechtsmittel nicht
einzutreten. Der Streitwert bestimmt sich hier nach den Begehren, die vor der
Vorinstanz streitig geblieben waren (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Massgebend ist
der Betrag, welcher gemäss den bis zum vorinstanzlichen Entscheid aufrecht
erhaltenen Rechtsbegehren streitig war (Urteil 5A_765/2008 vom 29. Juni 2009 E.
1.2.1; BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl. 2011, N 23 und 25 zu
Art. 51 BGG). Als (Kapital-) Wert wiederkehrender Leistungen von ungewisser
oder unbeschränkter Dauer gilt der zwanzigfache Betrag der einjährigen Leistung
(Art. 51 Abs. 4 BGG). Nachdem die erste Instanz Unterhaltsbeiträge für die
beiden Kinder von je Fr. 900.-- resp. Fr. 1'180.-- (letzterer Betrag für beide
Kinder massgebend ab Juni 2015; vgl. E. 3.2) zugesprochen hatte, was die
Beschwerdegegnerin akzeptierte, wohingegen der Beschwerdeführer eine Festlegung
der Beiträge auf Fr. 884.-- beantragte, lag für die Zeit ab Juni 2015 eine
jährliche Leistung von Fr. 7'104.-- im Streit, womit die Streitwertgrenze von
Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) allein aufgrund der ab jenem
Zeitpunkt geschuldeten Beiträge bereits innerhalb von weniger als viereinhalb
Jahren erreicht wird. Das Streitwerterfordernis ist erfüllt.

1.3. Auf die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist
grundsätzlich einzutreten.

2. 

2.1. Eheschutzentscheide über den Unterhalt sind vorsorgliche Massnahmen im
Sinne von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5 S. 396). Mit Beschwerde in
Zivilsachen kann hier nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt
werden (BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Es gilt das strenge Rügeprinzip (Art.
106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert
erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen prüft. Auf ungenügend begründete
Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht
ein (BGE 133 II 396 E. 3.2 S. 399). Wird die Verletzung des Willkürverbots
(Art. 9 BV) gerügt, reicht es nicht aus, wenn die beschwerdeführende Person die
Sach- oder Rechtslage aus ihrer Sicht darlegt und den davon abweichenden
angefochtenen Entscheid als willkürlich bezeichnet. Sie muss im Einzelnen
dartun, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und
der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen
Mangel leide (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

2.2. Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid - grundsätzlich (vgl. unten E. 6) - nur dann
als willkürlich auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im
Ergebnis unhaltbar ist (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 19; 134 II 124 E. 4.1 S. 133).
Eine Abweichung von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht
willkürlich, sofern sie aus sachlich haltbaren Gründen erfolgt (in BGE 140 III
337 nicht publ. E. 4.5 des Urteils 5A_890/2013 vom 22. Mai 2014 mit Hinweisen).

3. 

3.1. Die Vorinstanz erwog, der Unterhaltsbedarf von Tochter C.A.________
betrage Fr. 906.-- bis 31. Oktober 2014 und danach Fr. 1'176.--, derjenige von
D.A.________ Fr. 906.-- bis 31. Mai 2016, danach Fr. 1'176.--. Das monatliche
Nettoeinkommen des Ehemanns belaufe sich auf Fr. 5'838.50, sein
familienrechtliches Existenzminimum auf Fr. 3'747.10. Somit bleibe ihm
monatlich ein Betrag von Fr. 2'091.40. Das monatliche Nettoeinkommen der
Ehefrau betrage Fr. 2'848.25, ihr familienrechtliches Existenzminimum Fr.
2'395.85 und der daraus resultierende verfügbare Saldo Fr. 452.40. Dem
gesamthaft zur Verfügung stehenden Betrag von Fr. 2'543.80 stehe ein
Unterhaltsbedarf der beiden Töchter von derzeit Fr. 2'082.-- (ab 1. Juni 2016:
Fr. 2'352.--) gegenüber. Entsprechend den Anteilen der Eheleute am verfügbaren
Saldo (82,22 und 17,78 %) hätte die Ehefrau Unterhaltsbeiträge von Fr. 161.10
und 209.10 zu leisten. Da der Anteil der Ehefrau aufgrund der in natura
erbrachten Leistungen (Pflege und Erziehung; vgl. Art. 276 Abs. 2 ZGB) indessen
zu reduzieren sei und sich die Unterhaltsbeiträge des Ehemannes dadurch
erhöhten, seien die erstinstanzlich zu dessen Lasten festgelegten
Unterhaltsbeiträge von monatlich je Fr. 900.-- bis zum vollendeten 12.
Lebensjahr und von je Fr. 1'180.-- ab dem 13. Lebensjahr zu bestätigen.

3.2. Die Termine zur Heraufsetzung der Unterhaltsbeiträge (bei Erreichen des
13. Lebensjahres, d.h. mit dem 12. Geburtstag) werden im angefochtenen
Entscheid jeweils um ein Jahr verschoben festgesetzt; aufgrund der
Geburtsdaten... 2001 und... 2003 müsste die Anpassung an sich mit Wirkung ab...
2013 (statt 2014) resp. ab... 2015 (statt 2016) erfolgen. In dieser Hinsicht
hat aber keine der Parteien Beschwerde geführt. Der betreffende Punkt ist im
bundesgerichtlichen Verfahren nicht zu korrigieren; das Bundesgericht darf
nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG).

3.3. Das Kantonsgericht wich von der Berechnung des Existenzminimums beider
Parteien durch die erste Instanz insofern ab, als es einen 20-prozentigen
Zuschlag zum betreibungsrechtlichen Grundbetrag hinzufügte, Auslagen für
Telefon und Versicherung strich, den Arbeitswegaufwand und die Kosten für
auswärtige Verpflegung anpasste und unter Hinweis auf die finanzielle Situation
der Parteien keinen Betrag für Steuern miteinbezog.
Aus dem Umstand allein, dass das Kantonsgericht diese Änderungen vorgenommen
hat, obwohl die erstinstanzlich getroffenen Festlegungen im Berufungsverfahren
unbestritten geblieben sind, ergibt sich entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV).
Zum einen gilt in Kinderbelangen für das kantonale Verfahren der Untersuchungs-
und Offizialgrundsatz (Art. 272 und 296 ZPO). Zum andern hat das Kantonsgericht
seinem Entscheid keine Rechtsansicht zugrunde gelegt, mit welcher die Parteien
nach dem Lauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. BGE 130 III 35 E.
5 S. 39; 126 I 19 E. 2c/aa S. 22). Die fraglichen Elemente der
Existenzminimumberechnung sind Gegenstand einer gefestigten Praxis. Insofern
traf die Vorinstanz weder die vom Beschwerdeführer geforderte besondere
Begründungspflicht noch war sie gehalten, die Parteien unter Hinweis auf die
beabsichtigte Lösung über den ordentlichen Schriftenwechsel hinaus zu einer
spezifischen Stellungnahme einzuladen.

3.4. Mangels Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidmotiven kann
ferner nicht auf die Rüge des Beschwerdeführers eingetreten werden, die
Vorinstanz habe das Einkommen der Beschwerdegegnerin nicht hinreichend für die
Deckung des Unterhalts der beiden Kinder herangezogen und damit den Grundsatz
verletzt, wonach beide Ehegatten nach Kräften gemeinsam für den Unterhalt der
Familie sorgen.

4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die zugesprochenen Kindesunterhaltsbeiträge
griffen ab Juni 2016 in sein Existenzminimum ein, selbst wenn man die
vorinstanzlich verwendeten Zahlen zugrunde lege. Dies sei qualifiziert
rechtsfehlerhaft.

4.1. Die Vorinstanz bestätigte die erstinstanzlich zugesprochenen
Unterhaltsbeiträge (monatlich je Fr. 900.-- bis zum vollendeten 12. Lebensjahr
und je Fr. 1'180.-- ab dem 13. Lebensjahr) auch für die Zeit, nachdem die
jüngere Tochter ihr 12. Lebensjahr zurückgelegt hat, obwohl dannzumal - mit
einem Kinderunterhaltsbeitrag von gesamthaft Fr. 2'360.-- - der nach ihrer
Feststellung beim Beschwerdeführer verfügbare Betrag von Fr. 2'091.40 (oben E.
3.1) überschritten wird.

4.2. Nach gefestigter Rechtsprechung ist dem familienrechtlich
Unterhaltsverpflichteten abweichend vom Gleichbehandlungsgrundsatz das
betreibungsrechtliche Existenzminimum stets zu belassen, mit der Folge, dass
die Unterhaltsberechtigten das ganze Manko zu tragen haben (BGE 140 III 337 E.
4.3 S. 339 mit Hinweisen). Sachliche Gründe, um von dieser ständigen Praxis
abzuweichen, sind nicht ersichtlich. Der angefochtene Entscheid ist daher
unhaltbar (oben E. 2.2 a.E.), sofern die zugesprochenen Unterhaltsbeiträge
(auch gemessen an den aktuellen Einkommensverhältnissen) in das strikte
Existenzminimum des Beschwerdeführers eingreifen.

5. 
Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, im Rahmen der Ermittlung seines
Existenzminimums habe die Vorinstanz bei der Festsetzung verschiedener
Bedarfspositionen verfassungsmässige Rechte verletzt.

5.1. So rügt er, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil die
Vorinstanz nicht begründet habe, weshalb der Posten "Telecom/
Mobiliarversicherung" im Grundbedarf enthalten sein sollte. Es entspricht
indessen gängiger (betreibungsrechtlicher) Praxis, den Aufwand für Telefon und
Mobiliarversicherung in den Grundbetrag einzuschliessen (vgl. Konferenz der
Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz, Richtlinien für die Berechnung des
betreibungsrechtlichen Existenzminimums [Notbedarf] nach Art. 93 SchKG vom 1.
Juli 2009, Ziff. I [BlSchK 2009 S. 193 ff.]; Georges Vonder Mühll, Basler
Kommentar zum SchKG, Bd. I, Staehelin/Bauer/Staehelin [Hrsg.], 2. Aufl. 2010,
N. 22 und 24 zu Art. 93 SchKG; Urteil 9C_365/2013 vom 25. Juli 2013 E. 4.2.3).
Der Vorwurf, das Kantonsgericht habe diese Positionen willkürlich
ausgeklammert, ist unbegründet.

5.2. Nicht in Willkür verfallen ist die Vorinstanz sodann, als sie den
erstinstanzlich veranschlagten Steuerbetrag von monatlich Fr. 300.--
ausgeklammert hat. Bei knappen Verhältnissen kann lediglich der Schutz des
betreibungsrechtlichen Existenzminimums beansprucht werden. Demnach sind die
laufenden und aufgelaufenen Steuern grundsätzlich nicht als Zuschlag zum
Grundbetrag in das Existenzminimum aufzunehmen (BGE 140 III 337 E. 4.4 S. 340;
vgl. aber für die prozessuale Bedürftigkeit BGE 135 I 221 E. 5.2 S. 224). Dem
liegt die Überlegung zugrunde, dass der Staat gegenüber den übrigen Gläubigern
nicht bevorzugt werden soll (BGE 129 III 385 E. 5.2.1 S. 390; Urteil 5A_757/
2009 vom 15. Dezember 2009 E. 4.1). Dieses Motiv kommt (nur) bei günstigen
wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zum Tragen (BGE 140 III 337 E. 4.2.3 S.
339).
Mithin darf die Steuerlast soweit in die Bedarfsrechnung des
Unterhaltspflichtigen eingerechnet werden, als keine Mankosituation vorliegt,
das heisst nach der Berechnung des strikten (betreibungsrechtlichen)
Existenzminimums ein Überschuss verbleibt, der für die Bezahlung der Steuern
eingesetzt werden kann; dies unter der Voraussetzung, dass der
Unterhaltspflichtige nachweist, die laufenden Steuerschulden bisher bezahlt zu
haben (Nicolas von Werdt/Martin Kocher, Steuern und familienrechtlicher
Grundbedarf, in: ZBJV 2014 S. 885 ff.). Hier indessen gibt es keinen zu
verteilenden Überschuss. Für die strittigen Kindesunterhaltsbeiträge ist das
betreibungsrechtliche Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen massgebend.

5.3. Der Beschwerdeführer beanstandet des Weitern, dass die Vorinstanz die
erstinstanzlich veranschlagten anrechenbaren Kosten für den Arbeitsweg
reduziert hat.

5.3.1. Die erste Instanz hat den Aufwand für die Arbeitswege der Parteien
anhand einer Kilometerpauschale von 60 Rappen (Kleinfahrzeuge) ermittelt.
Daraus ergab sich für den Beschwerdeführer ein Betrag von Fr. 460.--. Die
Vorinstanz hat diesen auf Fr. 270.-- reduziert, nachdem sie die Pauschale durch
tatsächliche Annahmen hinsichtlich des Treibstoffverbrauchs (0,1 Liter/km),
Treibstoffpreises (Fr. 1.55/Liter) und der Versicherung (Fr. 100.--) ersetzt
hat. Der Beschwerdeführer rügt dieses Vorgehen und macht überdies geltend, es
gebe keinen sachlichen Grund, Motorfahrzeugsteuer und Abschreibungen
auszuklammern. Beide Faktoren gehörten notorisch zu den Fixkosten.

5.3.2. Die Rüge ist einmal zutreffend, was die Motorfahrzeugsteuer angeht.
Sodann ist dem Beschwerdeführer auch darin zu folgen, dass ein Abgehen von der
bewährten und praktikablen Berechnung mittels Kilometerpauschalansätzen
vorausgesetzt hätte, dass die einzelnen Kostenfaktoren konkret erhoben werden.
Solches ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid jedoch nicht. Bei der
Festsetzung der Autokosten handelt es sich zwar um eine typische
Ermessensfrage, die das Bundesgericht nur zurückhaltend prüft (Urteil 5C.228/
2005 vom 30. November 2006 E. 4.2). Mit der gegebenen Begründung jedoch ist die
Herabsetzung des in die Berechnung des Existenzminimums einzusetzenden Betrages
für den Arbeitsweg nicht vertretbar.

5.3.3. Das Bundesgericht greift allerdings erst ein, wenn sich dies auch im
Resultat erheblich auswirkt. Zu prüfen bleibt daher, ob die vorinstanzlich
bezifferten Arbeitswegkosten mit anderer Begründung standhalten. Dies könnte
dann etwa zutreffen, wenn die erste Instanz einen zu hohen Pauschalansatz
angewendet hätte. Zur Beurteilung dieser Frage ist das Recht von Amtes wegen
anzuwenden (vgl. Urteil 5A_141/2009 vom 12. Mai 2009 E. 1.6 [betreffend die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde]).

5.3.3.1. Für die Ermittlung des  betreibungsrechtlichen Existenzminimums sind
die festen und veränderlichen Kosten eines Autos mit Kompetenzqualität
massgebend (Auslagen für Benzin, Fahrzeugsteuern, Versicherung, angemessener
Betrag für die Instandhaltung); die Amortisation wird nicht berücksichtigt
(Vonder Mühll, a.a.O., N. 28 zu Art. 93 SchKG; Michel Ochsner, Commentaire
romand, Poursuite et faillite, Dallèves/Foëx/Jeandin [Hrsg.], 2005, N. 123 zu
Art. 93 SchKG; betreffend prozessuales Existenzminimum: Urteile 9C_365/2013 vom
25. Juli 2013 E. 4.2.1 und 5A_27/2010 vom 15. April 2010 E. 3.2). Die
Rechtsprechung hat den im Betreibungsrecht geltenden Grundsatz, wonach die
Amortisation eines Automobils mit Kompetenzcharakter nicht in die
Bedarfsrechnung einzubeziehen ist, mitunter auf die familienrechtliche
Unterhaltsbemessung übertragen (vgl. BGE 140 III 337 E. 5.2 S. 342).
Gleichzeitig ist notorisch, dass in der Praxis häufig ein ungekürzter
Pauschalansatz für Kilometerkosten verwendet wird. Eine solche Usanz kann sich
auf ein älteres Urteil (zu Art. 92 Ziff. 3 SchKG) stützen: In BGE 104 III 73 E.
2c S. 76 hat das Bundesgericht erwogen, es sei sachgerecht, die Amortisation
eines Autos mit Kompetenzcharakter im Umfang der für die Bedürfnisse der Arbeit
zurückgelegten Kilometer zu berücksichtigen (vgl. auch Urteil 7B.220/1997 vom
13. November 1997 E. 3a; Vonder Mühll, a.a.O., N. 28 zu Art. 93 SchKG).

5.3.3.2. Nach dem betreibungsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz sind
Aufwendungen für Kompetenzgüter regelmässig nur dann massgebend, wenn sie
tatsächlich nötig sind, damit der Schuldner das (aktuelle) Kompetenzgut nicht
verliert (vgl. Vonder Mühll, a.a.O., N. 25 und 31 zu Art. 93 SchKG; Jolanta
Kren Kostkiewicz, Kurzkommentar SchKG, Hunkeler [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 50
zu Art. 93 SchKG). Hingegen sollen dem Schuldner keine Beträge zugestanden
werden, die er allenfalls nicht zum vorgesehenen Zweck verwenden, sondern
anderweitig ausgeben könnte (BGE 121 III 20 E. 3 S. 22; 85 III 41 S. 42; Urteil
5A_146/2015 vom 24. Juni 2015 E. 4.2). Die Amortisation (Abschreibung) spiegelt
die fortlaufende Entwertung des vollständig bezahlten Kompetenzgutes; sie
erfolgt im Hinblick auf dessen spätere Wiederbeschaffung. Im Gegensatz zur
Amortisation gehören Leasingraten für ein (bedarfsgerechtes) Auto mit
Kompetenzcharakter, wie auch die Abzahlungsraten von Kompetenzstücken, zum
Grundnotbedarf (Vonder Mühll, a.a.O., N. 31 zu Art. 93 SchKG), weil es sich
dabei wirtschaftlich gesehen um zeitlich gestaffelte Anschaffungskosten von
nicht pfändbarem Vermögen handelt (BGE 140 III 337 E. 5.2 S. 342 und erwähntes
Urteil 5A_27/2010 E. 3.2.1 und 3.2.2 mit Hinweisen auf die Lehre sowie auf
kantonale Praxen; Ronnie Bettler, Die Pfändbarkeit von Fahrzeugen, in: Jahrbuch
zum Strassenverkehrsrecht 2012, S. 414 f.).
Je knapper die finanziellen Verhältnisse sind, desto eher gelten die zu Art. 93
SchKG über die Pfändbarkeit des schuldnerischen Einkommens entwickelten
Prinzipien auch für die familienrechtliche Bedarfsermittlung (BGE 140 III 337
E. 4.2.3 S. 339; von Werdt/Kocher, a.a.O., S. 880, 884). Dabei sind aber stets
die familienrechtlichen Schutzzwecke im Auge zu behalten. Während das
Betreibungsrecht nur gegenwärtige Forderungen schützt, schliesst die
Unterhaltsschuld die Verpflichtung ein, rechtzeitig das Nötige vorzukehren, um
die Unterhaltspflicht gegenüber den Angehörigen auch inskünftig erfüllen zu
können. Hinsichtlich der Amortisation von erwerbsnotwendigen Kompetenzgütern
zählt insoweit das Argument, es sei nicht Zweck des Existenzminimums, einer
künftigen Verschuldung vorzubeugen (vgl. dazu Vonder Mühll, a.a.O., N. 33 zu
Art. 93 SchKG; Alfred Bühler, Betreibungs- und prozessrechtliches
Existenzminimum, AJP 2002 S. 645), im Unterhaltsrecht nicht. Die Amortisation
eines Fahrzeugs mit Kompetenzcharakter gehört somit - anders als die
Abschreibung nicht erwerbsnotwendiger Kompetenzgüter - grundsätzlich zum
massgebenden Bedarf des Unterhaltsverpflichteten.

5.3.4. Die erste Instanz hat mithin zu Recht auf einen Kilometerpauschalansatz
abgestellt, welcher die Amortisation einschliesst. Die vorinstanzliche
Bezifferung der Kosten für den Arbeitsweg ist daher auch im Ergebnis
willkürlich.

6. 
Es stellt sich die Frage nach dem weiteren prozessualen Vorgehen.

6.1. Gegenstand des Rechtsstreites ist die Höhe der Kinderunterhaltsbeiträge.
Deren einzelne Bemessungsparameter, so der anrechenbare Bedarf des
Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsansprechenden, sind bloss Teilaspekte
der Begründung zum Entscheid über den Streitgegenstand (vgl. BGE 125 V 413 E.
2a und b S. 415 f.). In der Regel hebt das Bundesgericht ein angefochtenes
Urteil nicht dann schon auf, wenn es bloss in der Begründung willkürlich ist,
sondern nur, wenn dies auch im Ergebnis zutrifft (oben E. 2.2). Danach würde
eine willkürlich festgelegte einzelne Bedarfsposition an sich erst zur
Rückweisung an eine Vorinstanz führen, wenn kein unrichtig festgesetzter
anderer Berechnungsparameter den qualifizierten Fehler im Ergebnis ausgleichen
könnte. Das Bundesgericht ahndet indessen in einem unter Art. 98 BGG fallenden
Verfahren nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte und wendet das Recht
nicht von Amtes an; die Parteien dürfen entsprechend keine einfachen
Rechtsfehler geltend machen (oben E. 2.1). Somit bleiben Punkte, die für die
Beurteilung von Willkür resp. Willkürfreiheit massgebend sein könnten, vom
Prozessthema ausgeschlossen. Folglich ist kein abschliessendes Urteil möglich.
In solchen Fällen bleibt nach der Feststellung, dass ein Bemessungselement
unhaltbar ist, nur, die Streitsache zur umfassenden Neubeurteilung an das
kantonale Gericht zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG).

6.2. Somit ist die Rechtsprechung für den Geltungsbereich von Art. 98 BGG dahin
zu präzisieren, dass das Bundesgericht einen Entscheid bereits dann aufhebt,
wenn er hinsichtlich eines Teilaspekts des Streitgegenstandes willkürlich
begründet ist.

6.3. 

6.3.1. Dies trifft auf den angefochtenen Entscheid zu (oben E. 4 und 5.3). Die
Sache ist daher zur Neubeurteilung der Kinderunterhaltsbeiträge an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Bei seiner neuen Entscheidung ist das kantonale
Gericht an die Erwägungen 4 und 5.3 gebunden (vgl. BGE 135 III 334 E. 2 S. 335;
133 III 201 E. 4.2 S. 208; 131 III 91 E. 5.2 S. 94; Urteile 5A_528/2015 vom 21.
Januar 2016 E. 2 und 5A_11/2013 vom 28. März 2013 E. 3.1). Hinsichtlich aller
weiteren Punkte kann es den Unterhaltsanspruch umfassend neu prüfen, so
beispielsweise dahin, ob der unter den Parteien kontroverse Zuschlag zum
Grundbedarf um 20 Prozent mit der Regel vereinbar ist, wonach die
Bedarfsrechnung bei, wie hier, knappen finanziellen Verhältnissen -
Abweichungen aus spezifisch familienrechtlichen Gründen vorbehalten - den
betreibungsrechtlichen Grundsätzen folgt, sich also auf das Existenzminimum im
strikten Sinn beschränken muss (vgl. oben E. 5.3.3.2). Allerdings darf die
Neubeurteilung des Unterhaltsanspruchs die Rechtsposition des Beschwerdeführers
gegenüber dem vormaligen Urteil nicht verschlechtern (BGE 131 III 91 E. 5.2 S.
94).

6.3.2. Im Gegensatz zur Konstellation, dass das Bundesgericht die Streitsache
zur Ergänzung des Sachverhalts zurückweist (vgl. etwa Urteil 5A_488/2013 vom 4.
April 2014 E. 3.1 mit Hinweisen), hat sich die Ausgangs- und Interessenlage der
Parteien bereits mit der Feststellung einer willkürlichen (Teil-) Begründung
des zusprochenen Unterhalts verändert. Daher werden neue rechtliche und
tatsächliche Vorbringen der Parteien im kantonalen Verfahren zulässig sein,
zumal in Kinderbelangen nicht die Verhandlungs- und Dispositionsmaximen (Art.
55 und 58 ZPO) gelten, sondern der Untersuchungs- und der Offizialgrundsatz
(Art. 296 Abs. 1 und 3 ZPO; BGE 137 III 617 E. 4.5 S. 620; Urteil 5A_285/2013
vom 24. Juli 2013 E. 4.3).

7. 

7.1. Der Beschwerdeführer obsiegt nicht vollständig, wie es bei einer
Rückweisung zur im Ergebnis offenen Neubeurteilung der Fall wäre (vgl. BGE 137
V 210 E. 7.1 S. 271; Urteile 2C_1059/2014 vom 25. Mai 2016 E. 8.2 und 5A_389/
2014 vom 9. September 2014 E. 4), sondern nur teilweise (Urteile 2C_894/2014
vom 18. Februar 2016 E. 9.2 und 5A_40/2014 vom 17. April 2014 E. 5). Die
Gerichtskosten sind den Parteien je hälftig aufzuerlegen, die Vertretungskosten
wettzuschlagen (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 1 BGG). Über die Kosten und
Entschädigungen im kantonalen Berufungsverfahren wird das Kantonsgericht neu zu
befinden haben (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG).

7.2. Den jeweiligen Gesuchen der Parteien um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung kann entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. zur
regelmässigen Unteilbarkeit der unentgeltlichen Rechtspflege: BGE 139 III 396;
Urteil 5D_164/2015 vom 11. Januar 2016 E. 4). Die Parteien haben der
Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage sind
(Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das
Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 4. September 2015 wird aufgehoben. Die
Sache wird zur neuen Beurteilung, einschliesslich Neuverlegung der Kosten und
der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens, an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2. 
Die Gesuche des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche
Rechtspflege werden gutgeheissen, unter Beiordnung der sie jeweils vertretenden
Rechtsanwälte.

3. 
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 3'000.-- werden
dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin je zur Hälfte auferlegt, indes
jeweils vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 

4.1. Rechtsanwalt Philippe Senn wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit
Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.

4.2. Rechtsanwalt Dr. Roger König wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit
Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, I.
Zivilappellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juli 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Traub

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