Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.759/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_759/2015

Urteil vom 27. November 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Titus Bosshard,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Stadelmann,
Beschwerdegegnerin,

Konkursamt des Kantons Thurgau.

Gegenstand
Konkurs im summarischen Verfahren; Freihandverkauf,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, als
kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 12. August
2015 (BS.2015.6).

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 26. November 2014 eröffnete der Einzelrichter des Bezirksgerichts
Meilen den Konkurs über das Vermögen von A.________, Inhaber des
Einzelunternehmens "A.________ Auto-Occasionshandel". Anfangs Februar 2001
hatte A.________ einen Mietvertrag mit der B.________ AG über einen Teil des
Lagerhauses in U.________ abgeschlossen. Aufgrund eines Rechtshilfegesuchs des
für die Durchführung des Konkursverfahrens zuständigen Konkursamtes Männedorf
übernahm das Konkursamt Thurgau am 8. Dezember 2014 umgehend die Verwaltung,
Inventarisierung und Bewertung der vom Mieter in der Lagerhalle eingelagerten
Gegenstände. Am 19. Dezember 2014 übermittelte das Konkursamt Thurgau dem
Konkursamt Männedorf die zwei Retentionsverzeichnisse vom 11./15. Januar 2013
und 11. Juli 2014, welche als Grundlage der Bewertung dienten, eine Liste der
aktuell offenen Debitoren der Vermieterin sowie 12 Fotos.

A.b. Nach Einstellung des Konkursverfahrens über A.________ mangels Aktiven
verlangte ein Gläubiger unter Sicherstellung der ungedeckten Kosten die
Durchführung. Es kommt das summarische Verfahren zur Anwendung.

A.c. Mit Rechtshilfegesuch vom 27. Januar 2015 wandte sich das Konkursamt
Männedorf erneut an das Konkursamt Thurgau und beauftragte dieses insbesondere
die Aktiven von A.________ in der Lagerhalle zu inventarisieren und zu
bewerten. Zudem sei ein Freihandverkauf mindestens zum Schätzungswert mit der
B.________ AG anzustreben, sofern kein Gläubiger oder Dritter ein höheres
Angebot unterbreite. In der Konkurspublikation vom 13. Februar 2015 wies das
Konkursamt Männedorf auf die beabsichtigte Verwertung der Aktiven mittels
Freihandverkauf hin und setzte die Frist zur Einreichung von Offerten auf den
13. März 2015 an. Einzig die B.________ AG reichte eine Offerte ein.

A.d. Am 11./18. Mai 2015 schloss das Konkursamt Thurgau mit der B.________ AG
einen Kaufvertrag über das im Lagerhaus in U.________ befindliche Inventar von
A.________ zum Preis von Fr. 8'000.-- ab. Davon ausgenommen war ein vom Sohn
des Gemeinschuldners beanspruchter Personenwagen.

B.

B.a. Am 10. Juli 2015 gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons
Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Er
verlangte die Aufhebung des Kaufvertrages, die Schätzung des Inventars und
dessen öffentliche Versteigerung; allenfalls sei neben der Schätzung eine neue
Frist zur Eingabe von Angeboten für den Freihandverkauf anzusetzen. Auf
Ersuchen von A.________ sprach der Präsident des Obergerichts gegenüber der
B.________ AG ein Veräusserungsverbot über das erworbene Inventar aus (mit
Hinweis auf die Straffolgen nach Art. 292 StGB).

B.b. Mit Entscheid vom 18. August 2015 wies das Obergericht die Beschwerde ab,
soweit darauf einzutreten war. Das Gesuch von A.________ um Bestellung eines
unentgeltlichen Rechtsbeistandes wies es ebenfalls ab.

C. 
Am 28. September 2015 gelangte A.________ an das Bundesgericht. Der
Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und
erneuert die im kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehren.
Weiter stellt der Beschwerdeführer ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Es sind die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Der
Gemeinschuldner kann gegen Verfügungen in bestimmten Bereichen, welche in seine
Interessensphäre eingreifen, Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG führen,
insbesondere gegen Verfügungen über die Verwertung von Aktiven (vgl. BGE 101
III 43 E. 1 S. 44; 103 III 21 E. 1 S. 23; LORANDI, Betreibungsrechtliche
Beschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 177 ff. zu Art. 17). Dem Beschwerdeführer
kommt ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des vorinstanzlichen
Entscheides, mit welchem die Verwertung von Aktiven durch Freihandverkauf
beurteilt worden ist, zu (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).

1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem
Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106
Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S.
104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen
(Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S.
591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel
dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz
dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Anlass zur Beschwerde gibt der Freihandverkauf von Vermögenswerten im Rahmen
eines Konkursverfahrens.

2.1. In Konkursen, die im summarischen Verfahren durchgeführt werden, bestimmt
das Konkursamt die Art der Verwertung, d.h. durch öffentliche Versteigerung,
Freihandverkauf oder Abtretung nach Art. 260 SchKG ( VOUILLOZ, in: Commentaire
romand, 2005, N. 31 zu Art. 231 SchKG). Einen Beschluss der Gläubiger zum
Freihandverkauf braucht es nicht (Urteil 7B.27/2003 vom 12. Mai 2003 E. 4.1,
Pra 2003 Nr. 199 S. 1091; VOUILLOZ, a.a.O., N. 33 zu Art. 231 SchKG). Bei der
Verwertung wahrt das Konkursamt die Interessen der Gläubiger bestmöglichst
(Art. 231 Abs. 3 Ziff. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 256 Abs. 2-4 SchKG).
Allerdings ist ein Freihandverkauf bei Vermögenswerten von bedeutendem Wert und
Grundstücken nur statthaft, sofern die Gläubiger zuvor die Gelegenheit hatten,
höhere Angebote zu machen. Worin ein bedeutender Wert besteht, umschreibt das
Gesetz nicht. Allgemein wird nicht vom Verkehrswert, sondern vom im Inventar
veranschlagten Schätzungswert ausgegangen (BÜRGI, in: Basler Kommentar,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 26a und 26b
zu Art. 256 SchKG; FOX, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N.
15 zu Art. 256 SchKG). Eine betragsmässige Untergrenze ist nicht zu
befürworten, da das Konkursamt im Rahmen seines Ermessens den konkreten Fall zu
entscheiden hat ( AMACKER/KÜNG, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 17
zu Art. 256 SchKG). Daher darf das Konkursamt auch einen als vorteilhaft
erachteten Freihandverkauf sofort abschliessen, ohne vorerst an die anderen
Gläubiger zu gelangen (BGE 76 III 102 E. 2 S. 105; Urteil 7B.10/2006 vom 10.
März 2006 E. 1.2.1, Pra 2006 Nr. 121 S. 848). Mit Beschwerde gegen den
Abschluss des Freihandverkaufs kann diese Art der Verwertung angefochten werden
(Art. 132a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 259 SchKG).ë

2.2. Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gekommen, dass das Konkursamt den
Freihandverkauf korrekt durchgeführt habe. Insbesondere sei den Gläubigern und
weiteren Interessenten die Möglichkeit eingeräumt worden, ihrerseits Angebote
einzureichen. Dazu wäre das Konkursamt nicht verpflichtet gewesen, da die zur
Verwertung anstehenden Vermögenswerte nicht von bedeutendem Wertwaren.

2.3. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist der Freihandverkauf seines
Inventars zu Unrecht erfolgt.

2.3.1. Vorab erhebt der Beschwerdeführer eine Reihe von Vorwürfen gegen die
Abwicklung des Freihandverkaufs und das anschliessende Beschwerdeverfahren.
Soweit er auf die Einhaltung der Beschwerdefrist gegen den Freihandverkauf
besteht, ist ihm entgegen zu halten, dass die kantonale Aufsichtsbehörde diese
offen gelassen und die Beschwerde behandelt hat. Ebenso hat sie - entgegen der
Behauptung des Beschwerdeführers - ihm das Rechtsschutzinteresse an der
Anfechtung nicht abgesprochen. Ferner bringt der Beschwerdeführer vor, das
Konkursamt hätte ihn über den Abschluss des Freihandverkaufsvertrages
informieren müssen; dies gelte umso mehr, als er um die entsprechende
Mitteilung ersucht habe. Eine Pflicht zur Eröffnung der
Freihandverkaufsverfügung an den Gemeinschuldner wird verneint (LORANDI, Der
Freihandverkauf [...], 1994, S. 73). Auf welcher gesetzlichen Grundlage eine
solche Pflicht im konkreten Fall besteht und welcher Nachteil ihm aus der
unterlassenen Information entstanden sein sollte, legt der Beschwerdeführer
nicht dar. Beizufügen bleibt, dass das Konkursamt Männedorf bereits mit der
Konkurspublikation vom 13. Februar 2015 auf den beabsichtigten Freihandverkauf
hingewiesen und insbesondere Frist zur Einreichung von Offerten angesetzt hat.
Aus dem Umstand, dass offenbar nur die Vermieterin der Lagerhalle, die
B.________ AG, ein Interesse für das Inventar bekundet hat und keine andere
Offerte hierfür eingereicht worden ist, kann entgegen der Behauptung des
Beschwerdeführers nicht auf eine "Gläubigerbevorzugung" geschlossen werden.

2.3.2. In der Sache besteht der Beschwerdeführer darauf, dass das Inventar
unvollständig sei und zudem einen so bedeutenden Wert habe, der eine
Versteigerung erfordere. Damit blendet er den Charakter des summarischen
Verfahrens aus, das dem Konkursamt weitgehende Kompetenzen einräumt (E. 2.1).
Zudem begründet der Beschwerdeführer seine Kritik weitgehend mit Ausführungen
zum Sachverhalt. Diese Vorbringen erschöpfen sich in reinen Behauptungen und
genügen den Anforderungen an eine Willkürrüge nicht. Zudem legt der
Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die teils neu eingereichten Belege
angesichts den Novenverbotes zu berücksichtigen wären (E. 1.2). Damit ist der
Kritik am Freihandverkauf insgesamt die Grundlage entzogen. Eine Verletzung von
Bundesrecht ist nicht erkennbar.

2.4. Der Beschwerdeführer beantragt die vollständige Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides, begründet indes nicht, weshalb ihm für das
kantonale Verfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand hätte bestellt werden
müssen. Insoweit kann auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden.

3. 
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Zufolge
Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren kann dem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. November 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante

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