Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.692/2015
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_692/2015

Urteil vom 11. November 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Beda Meyer Löhrer,
Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksgericht Y.________, Abteilung Familiengericht.

Gegenstand
Fürsorgerische Unterbringung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1.
Kammer, vom 5. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 

A.a. Am 24. November 2011 erkannte das Jugendgericht Y.________ X.________
(geb. xx.xx.1990), der am xx.xx.xxxx eine Prostituierte vergewaltigt,
stranguliert und anschliessend umgebracht hatte, namentlich des Mordes (Art.
112 StGB), der sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) und der
Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) für schuldig und
verurteilte ihn zu einem Freiheitsentzug von vier Jahren. Ferner ordnete das
Gericht gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1)
eine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10
Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante
Behandlung" der bei X.________ bestehenden psychischen Störung an.

A.b. Im Hinblick auf das Ende der Strafverbüssung verfügte das Bezirksamt
Y.________ am 20. Juni 2012 über X.________ (nachfolgend: der Betroffene) eine
fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a ff. ZGB in der
Fassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1978 (AS 1980 31; BBl
1977 III 1) und ordnete seine Überweisung vom Massnahmenzentrum A1.________ in
die Justizvollzugsanstalt (JVA) Y.________, Sicherheitstrakt (SITRAK) II, sowie
die dortige Zurückbehaltung an. Die Anstaltsleitung wurde angewiesen, den
Betroffenen seiner psychischen Beeinträchtigung entsprechend zu behandeln,
resp. die bereits im Massnahmenzentrum A1.________ laufende intensive
persönlichkeitszentrierte und deliktorientierte forensische Psychotherapie
weiterzuführen. Die vom Betroffenen gegen die Anordnung der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde blieb erfolglos
(Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 6. August 2012). Mit
Urteil vom 5. September 2012 wies das Bundesgericht die vom Betroffenen gegen
das Urteil des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab (zum
Ganzen BGE 138 III 593 Sachverhalt).

A.c. Mit Eingabe vom 11. März 2013 beantragte der Betroffene beim
Bezirksgericht Y.________, Familiengericht, (Erwachsenenschutzbehörde) die
Entlassung aus der JVA Y.________. Mit Entscheid vom 18. Juni 2013 bestätigte
das angerufene Gericht die fürsorgerische Unterbringung, verlängerte diese bis
zur nächsten periodischen Überprüfung (Dezember 2013) und wies das
Entlassungsgesuch ab. Mit Urteil vom 5. Juli 2013 gab das Verwaltungsgericht
des Kantons Aargau der vom Betroffenen erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nicht statt. Mit Urteil vom 22. November 2013 hiess das Bundesgericht die
Beschwerde des Betroffenen gegen den vorgenannten Entscheid teilweise gut, hob
den Entscheid des Bezirksgerichts Y.________, Familiengericht, Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde, vom 18. Juni 2013 auf und wies das Bezirksgericht an,
innert zwei Monaten ab Zustellung des bundesgerichtlichen Urteils für eine
Ausdehnung der persönlichkeits- und deliktorientierten forensischen
Psychotherapie des Betroffenen in der JVA Y.________ auf drei wöchentliche
Sitzungen zu sorgen (5A_614/2013).

A.d. Mit Entscheid des Familiengerichts Y.________ vom 27. Januar 2014 wurde
die fürsorgerische Unterbringung vorerst provisorisch verlängert. Die
Psychiatrischen Dienste A.________ wurden angewiesen, mit dem Betroffenen
weiterhin dreimal wöchentlich eine persönlichkeits- und deliktorientierte
forensische Therapie durch die Psychologen lic. phil. B.________ und Dr. med.
C.________ anzubieten und durchzuführen. Der Gerichtspräsident I von Y.________
ersuchte zahlreiche Einrichtungen, zur Aufnahme des Betroffenen Stellung zu
nehmen. Es erfolgten ausschliesslich abschlägige Bescheide. In der Folge
ersuchte der Betroffene erneut um Entlassung. Mit Entscheid vom 10. April 2014
bestätigte das Familiengericht Y.________ die fürsorgerische Unterbringung bis
zur nächsten periodischen Überprüfung (April 2015) und wies die Psychiatrischen
Dienste A.________ an, dem Betroffenen weiterhin mindestens dreimal wöchentlich
eine persönlichkeits- und deliktorientierte forensische Therapie anzubieten und
durchzuführen. Die vom Betroffenen gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde
wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 2. Mai 2014 ab.
Das Bundesgericht wies mit Urteil vom 8. Juli 2014 die vom Betroffenen gegen
den Entscheid vom 2. Mai 2014 erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab (Urteil
5A_500/2014 vom 8. Juli 2014).

B. 

B.a. Am 30. April 2015 verlängerte das Familiengericht Y.________ die
fürsorgerische Unterbringung von X.________ bis zur nächsten periodischen
Überprüfung (April 2016) (1) und wies die JVA Y.________ an, den Betroffenen
sobald als möglich (Sommer 2015) in den Normalvollzug zu integrieren (2.1). Die
JVA Y.________ wurde darum ersucht, dem Familiengericht 5 Monate nach Eintritt
der betroffenen Person in den Normalvollzug einen Verlaufsbericht einzureichen
(2.2). Schliesslich zog das Familiengericht in seinem Entscheid in Betracht,
nach Ablauf von ca. sechs Monaten nach Aufnahme des Betroffenen in den
Normalvollzug die Frage betreffend Einholung eines Gutachtens zu prüfen (3).

B.b. Gegen diesen Entscheid erhob X.________ am 12. Mai 2015 Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit den Begehren, die Ziffern 1 und 2 des
Entscheides des Familiengerichts vom 30. April 2015 aufzuheben und den Antrag
auf Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung gutzuheissen.

B.c. Anlässlich der Verhandlung vom 5. Juni 2015 wurden insbesondere der
Betroffene, sein Rechtsbeistand, B1.________, Vollzugsangestellter im
Sicherheitstrakt (SITRAK II) sowie Dr. med. C.________, Oberarzt der Klinik
D1.________, angehört. Dr. med. C1.________, praktizierender Arzt, gab als
sachverständige Person sein mündliches Gutachten ab. Mit Urteil vom gleichen
Tag wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

C. 
X.________ hat am 8. September 2015 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen das
vorgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts Beschwerde erhoben. Er ersucht um
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und um Entlassung aus der
fürsorgerischen Unterbringung.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Angefochten ist der Endentscheid der einzigen kantonalen Beschwerdeinstanz
und damit ein letztinstanzlicher Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts
(Art. 75 Abs. 1 und 2, Art. 90 BGG). Er beschlägt eine fürsorgerische
Unterbringung und damit einen öffentlich-rechtlichen Entscheid in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Der
Beschwerdeführer erfüllt die Legitimationsvoraussetzungen von Art. 76 Abs. 1
BGG. Auf die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene Beschwerde ist
grundsätzlich einzutreten.

1.2. In der Beschwerde ist in Auseinandersetzung mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darzulegen, welche Rechte der Beschwerde führenden
Partei durch das kantonale Gericht verletzt worden sind (Art. 42 Abs. 2 BGG;
BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245), wobei eine allfällige Verletzung
verfassungsmässiger Rechte vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur
dann geprüft wird, wenn solche Rügen in der Beschwerdeschrift ausdrücklich
erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 232 E. 1.2 S.
234). Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der
Beschwerdeschrift dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung willkürlich
oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29
Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) zustande gekommen ist (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2
und 1.4.3 S. 255) und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E.
2.2.2 S. 22). Auf rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das
Bundesgericht nicht ein. Neue Tatsachen sind unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Das Familiengericht hat die fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers
im Rahmen der nach Art. 431 ZGB vorgeschriebenen periodischen Überprüfung der
Massnahme bestätigt. Bei der nunmehr strittigen periodischen Überprüfung gilt
es in erster Linie abzuklären, ob die Unterbringung des Beschwerdeführers nach
wie vor gerechtfertigt ist (vgl. Geiser/Etzensberger, Basler Kommentar,
Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 431 ZGB). Es geht mit anderen
Worten um die Frage, ob die Voraussetzungen gemäss Art. 426 Abs. 1 ZGB nach wie
vor gegeben sind. Wird ein entsprechender Beschwerdeentscheid der letzten
kantonalen Instanz beim Bundesgericht mit Beschwerde angefochten, kann sich der
Beschwerdeführer nicht damit begnügen, frühere Entscheide zu kritisieren bzw.
die Wiedererwägung des ursprünglichen Einweisungsentscheids oder des Entscheids
der letzten Überprüfung zu verlangen. Der Beschwerdeführer hat in der
Beschwerde vielmehr auszuführen, inwiefern sich die Verhältnisse seit der
Einweisung bzw. seit der letzten Überprüfung bzw. seit dem letzten Entscheid
geändert haben und inwiefern die Vorinstanz dies in Missachtung von Bundesrecht
verkannt hat. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr erneut den
Bundesgerichtsentscheid BGE 138 III 593 kritisiert und die fürsorgerische
Unterbringung infolge Anordnung wegen ausschliesslicher Fremdgefährdung als mit
Art. 426 Abs. 1 ZGB unvereinbar beanstandet, ist darauf nicht einzutreten.

3. 
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind widersprüchlich: Einerseits hat
Dr. med. C1.________ anlässlich der Verhandlung vom 5. Juni 2015 sein Gutachten
mündlich erstattet. Anderseits lehnt das Verwaltungsgericht die Einholung eines
neuen Gutachtens ab. Die aufgezeigten Widersprüche rechtfertigen es, die
bundesgerichtliche Rechtsprechung zur fürsorgerischen Unterbringung erneut
aufzuzeigen:

3.1. Nach Art. 426 Abs. 1 ZGB darf eine Person, die an einer psychischen
Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, in
einer geeigneten Einrichtung untergebracht bzw. zurückbehalten werden, wenn die
nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. Erste gesetzliche
Voraussetzung der Massnahme ist einer der drei abschliessend genannten
Schwächezustände: psychische Störung, geistige Behinderung oder schwere
Verwahrlosung. Erforderlich ist sodann eine durch den Schwächezustand
begründete Notwendigkeit der Behandlung bzw. Betreuung ("nötige Behandlung oder
Betreuung"; "l'assistance ou le traitement nécessaires" "le cure o l'assistenza
necessarie"). Weitere Voraussetzung bildet, dass der Person die nötige
Behandlung oder Betreuung nicht auf andere Weise als durch die Zurückbehaltung
in der Einrichtung gewährt werden kann. Gesetzlich verlangt ist schliesslich
eine geeignete Einrichtung. Die betroffene Person wird entlassen, sobald die
Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind (Art. 426 Abs. 3
ZGB).

3.2. Nach Art. 450e Abs. 3 ZGB muss bei psychischen Störungen gestützt auf ein
Gutachten einer sachverständigen Person entschieden werden. Das gestützt auf
Art. 450e Abs. 3 ZGB einzuholende Gutachten hat sich insbesondere über den
Gesundheitszustand der betroffenen Person, aber auch darüber zu äussern, wie
sich allfällige gesundheitliche Störungen hinsichtlich der Gefahr einer Selbst-
bzw. Drittgefährdung oder einer Verwahrlosung auswirken können und ob sich
daraus ein Handlungsbedarf ergibt (BGE 137 III 289 E. 4.5). In diesem
Zusammenhang interessiert insbesondere, ob ein Bedarf an der Behandlung einer
festgestellten psychischen Erkrankung bzw. an Betreuung der betroffenen Person
besteht. Wird ein Behandlungs- bzw. Betreuungsbedarf bejaht, ist weiter
wesentlich, mit welcher konkreten Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der
betroffenen Person bzw. von Dritten zu rechnen ist, wenn die Behandlung der
gutachterlich festgestellten Krankheit bzw. die Betreuung unterbleibt (zum
Erfordernis der konkreten Gefahr: Urteile 5A_312/2007 vom 10. Juli 2007 E. 2.3;
5A_288/2011 vom 19. Mai 2011 E. 5.3). Im Weiteren ist durch den Gutachter
Antwort darauf zu geben, ob aufgrund des festgestellten Handlungsbedarfs eine
stationäre Behandlung bzw. Betreuung unerlässlich ist. Dabei hat der Experte
auch darüber Auskunft zu geben, ob die betroffene Person über glaubwürdige
Krankheits- und Behandlungseinsicht verfügt. Schliesslich hat der Experte zu
beantworten, ob eine Anstalt zur Verfügung steht und wenn ja, warum die
vorgeschlagene Anstalt infrage kommt (BGE 140 III 105 E. 2.4 E. 106 f. mit
Hinweisen).

3.3. Der auf das Verfahren der fürsorgerischen Unterbringung vor der
Beschwerdeinstanz anwendbare Art. 450e Abs. 3 ZGB unterscheidet nicht danach,
ob es sich beim besagten Verfahren um eine Unterbringung oder eine periodische
Überprüfung oder um einen Entscheid aufgrund eines Entlassungsgesuchs der
betroffenen Person handelt. Der Verwendung von Gutachten früherer Verfahren
sind allein schon deshalb enge Grenzen gesetzt, weil sich der Gutachter zu den
Fragen des konkreten Verfahrens zu äussern hat. Ist wie hier die Fortführung
einer früher angeordneten fürsorgerischen Unterbringung zu prüfen und darüber
zu befinden, ob die betroffene Person weiter in der Einrichtung zurückbehalten
werden darf, so hat sich das nach Art. 450e Abs. 3 ZGB erforderliche Gutachten
darüber zu äussern, ob und inwiefern in den im früheren bzw. ursprünglichen
Gutachten festgestellten tatsächlichen Parametern (E. 3.2 hievor) eine Änderung
eingetreten ist. Aufgrund einer anderen Fragestellung kann somit nicht einfach
auf das in einem früheren Verfahren eingeholte Gutachten abgestellt werden (BGE
140 III 105 E. 2.7 S. 107 f. mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, das mündlich abgegebene Gutachten
oder der Gutachter entspräche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Insoweit
hat es mit Bezug auf die Frage des Gutachtens trotz der aufgezeigten
Ungereimtheiten sein Bewenden.

4. 

4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe vor dem Verwaltungsgericht die
gesetzliche Grundlage für die fürsorgerische Unterbringung als verfassungs- und
EMRK-widrig beanstandet. Das Verwaltungsgericht sei nicht darauf eingegangen
und habe damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

4.2. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid ausführlich
begründet, warum die Voraussetzungen von Art. 426 Abs. 1 ZGB im konkreten Fall
erfüllt sind. Sodann hat es die Unterbringung auch im Lichte von Art. 5 Ziff. 1
lit. e EMRK beleuchtet. Der Beschwerdeführer war in der Lage, den Entscheid
sachgerecht anzufechten. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann keine
Rede sein (zum Begriff: BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 139 IV 179 E. 2.2 S.
183).

5. 
Im nunmehr angefochtenen Urteil vom 5. Juni 2015 geht das Verwaltungsgericht
davon aus, beim Beschwerdeführer bestehe nach wie vor eine antisoziale
Persönlichkeitsstörung (als Unterform der dissozialen Persönlichkeitsstörung)
sowie ein sexueller Sadismus. Er leide somit nach wie vor an einer
schwerwiegenden psychischen Störung im Sinne des Gesetzes. Diese Einschätzung
werde vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Damit hat das
Verwaltungsgericht einen Schwächezustand gemäss Art. 426 Abs. 1 ZGB als
weiterhin gegeben erachtet. Der Beschwerdeführer stellt weder die tatsächliche
Feststellung, wonach er die Persönlichkeitsstörung nicht in Abrede gestellt
haben soll, noch die rechtliche Beurteilung infrage. Darauf ist nicht weiter
einzugehen.

6. 

6.1. Der Beschwerdeführer macht im Weiteren zusammengefasst geltend, das
Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil bestätigt, er könne aus dem
SITRAK II der JVA Y.________ in den Normalvollzug überwiesen werden. Die JVA
Y.________, der Gutachter und die Vorinstanzen verträten folglich die
Auffassung, das von ihm ausgehende Risikopotenzial sei gesunken und von ihm
gehe nicht länger ein erhebliches Risiko für Mitgefangene, Besucher und das
weibliche Personal aus. Er sei denn auch inzwischen in den "offenen Vollzug"
der JVA überwiesen worden. Das Verwaltungsgericht halte in E. 4.1 des
angefochtenen Entscheids dafür, eine Entlassung sei nur bei der Gefahr eines
sofortigen Rückfalls nicht angezeigt. Doch habe es nicht festgestellt, dass bei
ihm (dem Beschwerdeführer) eine sofortige Rückfallgefahr bestehe; es halte
lediglich dafür, nach den Feststellungen des Gutachters sei zum heutigen
Zeitpunkt von einer hohen Fremdgefährdung auszugehen. Der Beschwerdeführer
erachtet daher die Voraussetzungen für eine fürsorgerische Unterbringung als
nicht mehr gegeben.
Seine Ausführungen sind einerseits unter dem Aspekt zu prüfen, ob beim
Beschwerdeführer nach wie vor eine Notwendigkeit der Behandlung der
festgestellten psychischen Störung besteht. Anderseits gilt es aufgrund der
Vorbringen abzuklären, ob nach wie vor eine Behandlung in einer Einrichtung
nötig ist (zum Ganzen E. 6.2).

6.2. Die Vorinstanz bejaht eine weiterhin bestehende Selbstgefährdung für den
Betroffenen und eine erhebliche Fremdgefährdung, was der Beschwerdeführer nicht
rechtsgenüglich in Abrede stellt. Entgegen seiner Behauptung bedeutet die
Verlegung in den Normalvollzug keineswegs, dass die Voraussetzungen für eine
fürsorgerische Unterbringung, insbesondere die Notwendigkeit der Behandlung der
psychischen Störung und die Behandlung in einer Anstalt, nicht mehr gegeben
sind. Das Verwaltungsgericht hält dafür, aus dem Therapieverlaufsbericht vom
11. Februar 2015 erhelle, dass der Beschwerdeführer nach wie vor einer
intensiven lang dauernden Therapie bedürfe, in welcher die adäquate Sicherheit
gewährleistet werden könne. Gemäss den Ausführungen des zuständigen Psychiaters
und des Gutachters an der Verhandlung vom 5. Juni 2015 habe sich an dieser
Einschätzung nichts geändert. Zum einen sei eine intensive therapeutische
Behandlung in stationärem Rahmen nach wie vor angezeigt, zum andern müsse laut
Gutachter auch zum heutigen Zeitpunkt von einer hohen Selbstgefährdung des
Beschwerdeführers und von einer hohen Fremdgefährdung ausgegangen werden.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz klar und
deutlich eine nach wie vor gegebene Notwendigkeit der Behandlung der
psychischen Störung sowie die Notwendigkeit der Behandlung in stationärem
Rahmen bejaht. Die Ausführungen des Beschwerdeführers gehen an den massgebenden
Erwägungen des angefochtenen Urteils vorbei. Er zeigt nicht anhand dieser
Erwägungen auf, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat (Art. 42 Abs.
2 BGG; E. 1.2). Darauf ist nicht weiter einzugehen.

7. 
Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit.
e EMRK und macht zur Begründung im Wesentlichen geltend, die Zurückbehaltung
einer psychisch kranken Person in einer Strafanstalt sei mit Art. 5 Ziff. 1
lit. e EMRK nicht vereinbar. Mangels einer der EMRK entsprechenden Einrichtung
sei er aus der fürsorgerischen Unterbringung zu entlassen.

7.1. Gemäss Art. 5 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK darf
einer psychisch kranken Person die Freiheit auf die gesetzlich vorgeschriebene
Weise entzogen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte (EGMR) zu dieser Bestimmung ist der Betroffene grundsätzlich
in einem Krankenhaus oder einer entsprechenden anderen Einrichtung
unterzubringen. Ein vorübergehender Aufenthalt in einem Gefängnis ist zulässig,
solange dies erforderlich ist, um eine geeignete Einrichtung auszuwählen (z.B.
Urteil 48865/99  Morsink gegen Niederlande vom 11. Mai 2004). Der Gerichtshof
hat indes betont, allein deshalb, weil ein Betroffener nicht in einer
hinreichend geeigneten Einrichtung untergebracht sei, verstosse der
Freiheitsentzug nicht automatisch (per se) gegen Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK.
Vielmehr gelte es, eine Abwägung der auf dem Spiele stehenden Interessen
vorzunehmen, wobei der persönlichen Freiheit des Betroffenen besonderes Gewicht
beizumessen sei (Urteil 48865/99  Morsink gegen Niederlande, a.a.O., Ziffern 66
bis 68, Urteil 49902/99  Brand gegen Niederlande vom 11. Mai 2004, Ziffern 62
bis 65; Urteil 43418/09  Claes gegen Belgien vom 10. Januar 2013 Ziff. 115). In
diesem Sinne hat der Gerichtshof bei der Prüfung der Frage, ob die
Zurückbehaltung in der psychiatrischen Abteilung einer Strafanstalt mit Art. 5
Ziff. 1 lit. e EMRK vereinbar sei, die Anstrengungen des Staates bei der Suche
nach einer geeigneten Einrichtung zwecks Behandlung eines sehr gefährlichen
psychisch Kranken gewürdigt (Urteil 27428/07  De Schepper gegen Belgien vom 13.
Oktober 2009, Ziff. 48; Urteil 22831/08  L.B. gegen Belgien vom 2. Oktober
2012, Ziff. 94; siehe auch Urteil 43418/09  Claes gegen Belgien vom 10. Januar
2013, Ziff. 115-119). An dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof im Urteil
43368/08  Papillo gegen Schweiz vom 27. Januar 2015, Ziffern 43 f.
festgehalten.

7.2. Nach den bisherigen Ausführungen (E. 4 bis 6) sind die Voraussetzungen für
eine fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers (Art. 426 Abs. 1 ZGB)
weiterhin gegeben. Insbesondere bedarf er nach wie vor einer intensiven lang
dauernden Therapie, in welcher die adäquate Sicherheit gewährleistet werden
kann. Laut Gutachter muss zudem auch zum heutigen Zeitpunkt (im Fall der
sofortigen Entlassung) von einer hohen Fremdgefährdung ausgegangen werden;
zudem besteht eine Selbstgefährdung.

7.3. Gemäss den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der
Beschwerdeführer zurzeit im Sicherheitstrakt (SITRAK) II der JVA Y.________
untergebracht. Offenbar soll er inzwischen bereits in den Normalvollzug verlegt
worden sein. Nach dem Therapieverlaufsbericht vom 11. Februar 2015 haben in der
Berichtsperiode vom 5. Dezember 2013 bis 11. Februar 2015 110 Sitzungen zu 15
bis 70 Minuten beim Psychologen der JVA Y.________ sowie wöchentlich eine 60
Minuten dauernde störungsspezifische und deliktorientierte Psychotherapie
(insgesamt 50 Konsultationen) beim zuständigen Oberarzt Dr. med. C.________
stattgefunden. In der aktuellen Periode ist besonders an der Förderung der
emotionalen Selbst- und Fremdgefährdung des Beschwerdeführers gearbeitet
worden. Nebst der erwähnten deliktorientierten Psychotherapie, für die Dr.
C.________ verantwortlich zeichnet, wird dem Beschwerdeführer durch lic. phil.
B.________ eine störungsspezifische Psychotherapie angeboten. Zusammenfassend
ergibt sich somit, dass dem Beschwerdeführer in der Strafanstalt die
erforderliche Behandlung seiner psychischen Störung angeboten wird.

7.4. Im Bestreben der bundesgerichtlichen Anregung Folge zu leisten und eine
optimale Anstalt auszumachen hat das Familiengericht Y.________ im Nachgang zum
Urteil des Bundesgerichts vom 22. November 2013 (5A_614/2013) die infrage
kommenden inner- und ausserkantonalen psychiatrischen Einrichtungen gebeten,
zur Aufnahme des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen. So wurden die Klinik
F.________ der Psychiatrie G.________, die Anstalten H.________ in I.________,
das Therapiezentrum J.________ in K.________, die JVA L.________ in M.________,
die Psychiatrischen Dienste A.________, das Massnahmezentrum N.________,
O.________, die Psychiatrische Universitätsklinik P.________ in Q.________, die
Psychiatrischen Dienste R.________ in S.________, die Universitären Kliniken in
T.________, die Psychiatrischen Dienste U.________, der
Forensisch-Psychiatrische Dienst V.________ sowie die Forensisch-Psychiatrische
Station W.________ in Z.________ um eine Aufnahme des Beschwerdeführers
ersucht. Den Anfragen war kein Erfolg beschieden. Die genannten Institutionen
begründeten ihre Absage durchwegs mit der fehlenden Eignung ihrer Einrichtung
zur Behandlung des Beschwerdeführers, zum Teil auch mit dessen Rückfallgefahr
und dem damit einhergehenden Sicherheitsrisiko. Zusammenfassend waren die
Behörden des Kantons Aargau im Jahr 2014 trotz intensiver Bemühungen noch nicht
in der Lage, eine geeignete psychiatrische Einrichtung für die Behandlung des
Beschwerdeführers ausfindig zu machen. Daran hat sich seit der letzten
Überprüfung im Jahr 2014 nichts geändert.

7.5. Aufgrund der verbindlichen tatsächlichen Feststellungen, die vom
Beschwerdeführer nicht rechtsgenügend als willkürlich bzw. sonst wie gegen
Bundesrecht verstossend gerügt werden, steht zusammenfassend fest, dass vom
Beschwerdeführer aufgrund seiner psychischen Störung nach wie vor eine grosse
Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht, wenn er derzeit entlassen wird,
sodass ihm die erforderliche Behandlung nur in einer Einrichtung gewährt werden
kann. Sodann ist erstellt, dass die intensive persönlichkeits- und
deliktorientierte Psychotherapie in der JVA Y.________ nach wie vor gewährt
wird. Ferner hat das Familiengericht umfassende Abklärungen hinsichtlich einer
Umplatzierung des Beschwerdeführers in eine psychiatrische Einrichtung
vorgenommen, wobei trotz dieser ernsthaften Bemühungen zurzeit keine geeignete
psychiatrische Einrichtung zur Behandlung des psychisch kranken
Beschwerdeführers gefunden werden konnte. Werden sämtliche massgebenden
Umstände in Betracht gezogen, bildet die JVA Y.________ weiterhin die für die
Therapie des Beschwerdeführers geeignete Einrichtung im Sinn von Art. 5 Ziff. 1
lit. e EMRK. Die kantonalen Behörden werden indes ihre Suche nach einer
geeigneten psychiatrischen Einrichtung fortzusetzen haben.

8. 
Nach dem Gesagten verletzt die Zurückbehaltung des Beschwerdeführers in der JVA
Y.________ weder Art. 426 Abs. 1 ZGB noch Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK. Damit ist
die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Den Umständen
des konkreten Falles entsprechend werden keine Gerichtskosten erhoben.

9. 
Die Beschwerde hat sich nicht von Anfang an als aussichtslos erwiesen. Überdies
ist der Beschwerdeführer bedürftig. Damit ist sein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren gutzuheissen; dem
Beschwerdeführer ist ein amtlicher Rechtsbeistand zu bestellen, der aus der
Bundesgerichtskasse zu entschädigen ist (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Dem
Beschwerdeführer wird ein amtlicher Beistand in der Person von Rechtsanwalt
lic. iur. Beda Meyer Löhrer bestellt.

3. 
Es werden keine Kosten erhoben.

4. 
Rechtsanwalt Beda Meyer Löhrer wird für seine Bemühungen ein Honorar von Fr.
2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entrichtet.

5. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Y.________,
Abteilung Familiengericht, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. November 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben