Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.646/2015
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_646/2015

Urteil vom 4. Juli 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,

Betreibungsamt Schaffhausen.

Gegenstand
Rückweisung des Fortsetzungsbegehrens (Zustellung der Verfügung, mit der der
Rechtsvorschlag beseitigt wird),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen,
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, vom 10. Juli 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Zahlungsbefehl vom 7. Februar 2013 (Betreibung Nr. xxx, Betreibungsamt
Schaffhausen) betrieb die A.________ AG B.________ für Prämien der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Umfang von Fr. 2'888.95 nebst 5 %
Zins, Fr. 1'054.-- Zustellkosten und Fr. 73.-- Betreibungskosten. B.________
erhob Rechtsvorschlag.
Mit Verfügungen vom 5. März 2013 und 10. Juli 2013 beseitigte die A.________ AG
den Rechtsvorschlag. Die mit eingeschriebener Post versandten Verfügungen
wurden von B.________ nicht abgeholt, weshalb die A.________ AG sie danach
zusätzlich mit A-Post verschickte. Die gestützt auf diese Verfügungen
gestellten Fortsetzungsbegehren von 17. Juni 2013 und 7. Oktober 2013 wies das
Betreibungsamt Schaffhausen am 18. Juni 2013 und 8. Oktober 2013 ab.

B. 
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 teilte die A.________ AG B.________ mit,
dass er in den nächsten Tagen erneut eine eingeschriebene Sendung erhalten
werde. Dieses Schreiben versandte die Beschwerdeführerin mit der Versandart
A-Post Plus. Am 11. Dezember 2013 verfügte die A.________ AG nochmals die
Beseitigung des Rechtsvorschlags. B.________ holte die mit eingeschriebener
Post versandte Verfügung nicht ab. Das gestützt auf diese Verfügung gestellte
Fortsetzungsbegehren vom 10. Februar 2014 wies das Betreibungsamt mit Verfügung
vom 11. Februar 2014 ab.

C. 
Gegen die Verfügung des Betreibungsamts vom 11. Februar 2014 erhob die
A.________ AG am 24. Februar 2014 beim Obergericht des Kantons Schaffhausen
betreibungsrechtliche Beschwerde.
Mit Entscheid vom 10. Juli 2015 wies das Obergericht die Beschwerde ab.

D. 
Am 24. August 2015 hat die A.________ AG (Beschwerdeführerin) Beschwerde in
Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt, den obergerichtlichen
Entscheid vom "11.02.2014" (recte: 10. Juli 2015) aufzuheben und das
Betreibungsamt anzuweisen, die Betreibung fortzusetzen.
Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Betreibungsamt ersucht
um Abweisung der Beschwerde. B.________ (Beschwerdegegner) hat die Aufforderung
zur Vernehmlassung nicht abgeholt und sich demgemäss nicht geäussert. Die
Beschwerdeführerin hat auf Replik verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen, die sich gegen einen Entscheid der (einzigen)
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wendet, erweist sich
grundsätzlich als zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art.
75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG).
Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit die Beschwerdeführerin auf
Ausführungen in früheren Rechtsschriften verweist (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116)
und den Sachverhalt aus eigener Sicht schildert, ohne eine Sachverhaltsrüge zu
erheben (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Inhalt der Beschwerde bildet die Frage, ob dem Beschwerdegegner die
Verfügung vom 11. Dezember 2013 ordnungsgemäss zugestellt worden ist, mit der
die Beschwerdeführerin den vom Beschwerdegegner erhobenen Rechtsvorschlag
beseitigt hat. Nur wenn dies der Fall ist, kann die Beschwerdeführerin gestützt
auf Art. 79 zweiter Satz SchKG die Fortsetzung der Betreibung verlangen (Urteil
5A_552/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 2). Die Kompetenz der Beschwerdeführerin
zum Erlass jener Verfügung steht nicht in Frage (Art. 49 i.V.m. Art. 54 Abs. 2
ATSG [SR 830.1], Art. 79 SchKG; BGE 119 V 329 E. 2b S. 331 f.; 130 III 396 E.
1.2.3 S. 400; 134 III 115 E. 3 und 4 S. 118 ff.).
Nach konstanter Rechtsprechung müssen die Betreibungsbehörden die Fortsetzung
der Betreibung verweigern, wenn der Schuldner weder eine Vorladung zur
Rechtsöffnungsverhandlung noch den Rechtsöffnungsentscheid bzw. vorliegend die
materielle Verfügung, mit der zugleich der Rechtsvorschlag beseitigt wird,
erhalten hat (BGE 130III 396 E. 1.2.2 S. 398; 102 III 133 E. 3 S. 136 f.;
Urteile 5A_552/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 2.1; 5A_859/2011 vom 21. Mai 2012
E. 3.2). Der Rechtsvorschlag bleibt dann nämlich unbeseitigt und nicht nur der
nicht eröffnete Rechtsöffnungs- bzw. Rechtsvorschlagsbeseitigungsentscheid
erweist sich als nichtig, sondern auch allfällige, auf diesen Entscheid
gestützte Handlungen des Betreibungsamts (BGE 130 III 396E. 1.2.2 S. 399; 122 I
97 E. 3a/bb S. 99; 102 III 133 E. 3 S. 136 f.; Urteil 5A_755/2011 vom 17.
Januar 2012 E. 2.1). Das Betreibungsamt soll nicht Handlungen trotz eines
(noch) wirksamen Rechtsvorschlages vornehmen, welche nichtig wären (BGE 130 III
396 E. 1.2.2 S. 399, mit Hinweisen). Die Beweislast für die Zustellung des
Rechtsöffnungsentscheids oder der materiellen Verfügung, mit der zugleich der
Rechtsvorschlag beseitigt wird, liegt beim Gläubiger bzw. vorliegend bei der
Beschwerdeführerin, die die Beseitigung des Rechtsvorschlags selber verfügt hat
(vgl. BGE 122 I 97 E. 3b S. 100; 114 III 51 E. 3c S. 53).

2.2. Die Beschwerdeführerin hat ihre Verfügung vom 11. Dezember 2013 mit
eingeschriebener Post verschickt. Der Beschwerdegegner hat die Sendung jedoch
nicht abgeholt.

2.2.1. Wird der Adressat anlässlich einer versuchten Zustellung nicht
angetroffen und daher eine Abholeinladung in seinen Briefkasten oder sein
Postfach gelegt, gilt die Sendung in jenem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem
sie auf der Post abgeholt wird; geschieht das nicht innert der Abholfrist, die
sieben Tage beträgt, so gilt die Sendung als am letzten Tag dieser Frist
zugestellt, sofern der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen (sog.
Zustell- oder Zustellungsfiktion). Diese Rechtsprechung ist indessen nur dann
massgebend, wenn die Zustellung eines behördlichen Aktes mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss. Erst mit der Rechtshängigkeit entsteht
ein Prozessrechtsverhältnis, welches die Parteien verpflichtet, sich nach Treu
und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen
Entscheide, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können. Hat der
Betriebene nach Erhalt des Zahlungsbefehls Rechtsvorschlag erhoben, so muss er
nicht mit der Zustellung des Rechtsöffnungsentscheides (bzw. des Entscheides
über die Beseitigung des Rechtsvorschlages) rechnen und die Zustellfiktion gilt
insoweit nicht. Diese Praxis hat das Bundesgericht für den Fall der
Krankenversicherer entwickelt, welche den Rechtsvorschlag im
Verwaltungsverfahren beseitigen können, und seither bestätigt (BGE 130 III 396
E. 1.2.3 S. 399 f.; 138 III 225 E. 3.1 S. 227 f.; Urteile 5A_552/2011 vom 10.
Oktober 2011 E. 2.1; 5A_710/2010 vom 28. Januar 2011 E. 3.1; 5A_172/2009 vom
26. Januar 2010 E. 3.1, in: Pra 2010 Nr. 76 S. 546 und BlSchK 2010 S. 207).
Art. 38 Abs. 2bis ATSG sieht die Zustellfiktion auch für das
Sozialversicherungsrecht vor. Diese Norm ändert aber nichts daran, dass die
Zustellfiktion nur dann gilt, wenn der Adressat mit der Zustellung der Sendung
rechnen musste (BGE 134 V 49 E. 4 S. 52; Urteile 5A_552/2011 vom 10. Oktober
2011 E. 2.1; 5A_172/2009 vom 26. Januar 2010 E. 4.2, in: BlSchK 2010 S. 207).

2.2.2. Vorliegend ist zu prüfen, ob die Zustellung der Verfügung vom 11.
Dezember 2013 fingiert werden kann. Dazu müsste bereits vor der gescheiterten
Zustellung der Verfügung vom 11. Dezember 2013 ein Prozessrechtsverhältnis
bestanden haben. Das Prozessrechtsverhältnis könnte insbesondere durch das
Schreiben vom 23. Oktober 2013 begründet worden sein. In diesem Schreiben hat
die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner mitgeteilt, er werde in den
nächsten Tagen eine neue eingeschriebene Verfügung erhalten. Dieses Schreiben
hat die Beschwerdeführerin mit A-Post Plus versandt.
Das Obergericht hat dazu erwogen, mit dem Schreiben vom 23. Oktober 2013 habe
kein Prozessrechtsverhältnis hergestellt werden können, da eine rechtsgültige
Zustellung nicht mit A-Post Plus erfolgen könne. Ausserdem sei die Verfügung
vom 11. Dezember 2013 nicht wie angekündigt in den nächsten Tagen versandt
worden, sondern erst eineinhalb Monate später. Der Beschwerdegegner habe zu dem
Zeitpunkt nicht mehr mit der Beseitigung des Rechtsvorschlags rechnen müssen.

2.2.3. Entgegen der Auffassung des Obergerichts dürfen die Krankenversicherer
ihre Verfügungen - und erst recht ihre weiteren Schreiben - mit der Versandart
A-Post Plus zustellen. Das ATSG kennt keine speziellen Zustellvorschriften.
Damit ist es den Krankenversicherern freigestellt, welche Zustellart sie
verwenden (dazu ausführlich das zur Publikation vorgesehene Urteil 5A_547/2015
vom 4. Juli 2016 E. 2). Ein Prozessrechtsverhältnis kann demnach mit einem
Schreiben hergestellt werden, das mit A-Post Plus zugestellt wird. Mit dem
Schreiben vom 23. Oktober 2013 hat die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner
angekündigt, dass er in den nächsten Tagen erneut eine eingeschriebene
Verfügung erhalten werde. Aus dem Schreiben geht weiter hervor, dass mit der
angekündigten Verfügung der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx beseitigt
werden soll. Damit war dem Empfänger hinreichend klar, in welcher Betreibung er
die Beseitigung des Rechtsvorschlags zu erwarten hatte. Das Schreiben vom 23.
Oktober 2013 ist mithin geeignet, ein Prozessrechtsverhältnis herzustellen. Es
trifft zwar zu, dass die Verfügung vom 11. Dezember 2013 dieser Ankündigung
nicht unmittelbar folgte, sondern dazwischen rund eineinhalb Monate liegen.
Diese Zeitspanne ist jedoch nicht so lang, dass der Beschwerdegegner nicht mehr
mit der angekündigten Verfügung hätte rechnen müssen: Die in Aussicht gestellte
Zeitspanne ("in den nächsten Tagen") ist unbestimmt und gerade in grösseren
Organisationen können die Abläufe bekanntlich längere Zeit in Anspruch nehmen.
Angesichts der gesetzlichen Pflicht der Krankenversicherer zur Einleitung der
Betreibung bei ausgebliebener Prämienzahlung (Art. 64a Abs. 2 KVG [SR 832.10])
kann der Schuldner zudem nicht leichthin annehmen, der Krankenversicherer
verzichte auf die angekündigte Beseitigung des Rechtsvorschlags.
Wird die Begründung des Prozessrechtsverhältnisses auf das Schreiben vom 23.
Oktober 2013 abgestützt, so muss dessen Zustellung nachgewiesen sein, damit das
Prozessrechtsverhältnis tatsächlich begründet wurde. Dem angefochtenen
Entscheid lässt sich dazu nichts entnehmen. Nach allgemeinen Grundsätzen
erfolgt die Zustellung bei uneingeschriebenem Brief bereits dadurch, dass er in
den Briefkasten oder ins Postfach des Adressaten gelegt wird und damit in den
Macht- bzw. Verfügungsbereich des Empfängers gelangt. Bei einer Zustellung mit
A-Post Plus wird die Zustellung elektronisch erfasst, wenn die Sendung in das
Postfach oder in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird. Auf diese Weise
ist es möglich, mit Hilfe des von der Post zur Verfügung gestellten
elektronischen Suchsystems "Track & Trace" die Sendung bis zum Empfangsbereich
des Empfängers zu verfolgen. Der "Track & Trace"-Auszug dient demnach als Indiz
für die erfolgte Zustellung. Ein Fehler bei der Postzustellung liegt jedoch
nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Eine fehlerhafte Postzustellung ist
allerdings nicht zu vermuten, sondern nur anzunehmen, wenn sie aufgrund der
Umstände plausibel erscheint. Auf die Darstellung des Adressaten, dass eine
fehlerhafte Postzustellung vorliegt, ist daher abzustellen, wenn seine
Darlegung der Umstände nachvollziehbar ist und einer gewissen
Wahrscheinlichkeit entspricht, wobei sein guter Glaube zu vermuten ist (zur
Publikation vorgesehenes Urteil 5A_547/2015 vom 4. Juli 2016 E. 2 mit
zahlreichen Hinweisen). Das Obergericht wird anhand dieser Grundsätze zu prüfen
haben, ob die Zustellung des Schreibens vom 23. Oktober 2013 an den
Beschwerdegegner nachgewiesen ist. Da sich der Beschwerdegegner nach den
Feststellungen des Obergerichts nie hat verlauten lassen und er dies auch vor
Bundesgericht nicht getan hat, bestehen jedoch von seiner Seite her keine
Einwände gegen die Zustellung. Wenn die Zustellung nachgewiesen wurde, ist das
Prozessrechtsverhältnis hergestellt und es gilt die Zustellfiktion hinsichtlich
der Verfügung vom 11. Dezember 2013 (Art. 38 Abs. 2bis ATSG). Das Obergericht
wird sodann zu prüfen haben, ob auch im Übrigen alle Voraussetzungen erfüllt
sind, um dem Fortsetzungsbegehren stattzugeben.

2.3. Nicht abgestützt werden könnte das Prozessrechtsverhältnis hingegen auf
die vorangegangenen Verfügungen vom 5. März und 10. Juli 2013.

2.3.1. Die Beschwerdeführerin hat in diesen Verfügungen hinsichtlich desselben
Forderungsbetrags wie in der Verfügung vom 11. Dezember 2013 den
Rechtsvorschlag beseitigt. Sie hat diese beiden ersten Verfügungen zunächst mit
eingeschriebener Post versandt. Nachdem der Beschwerdegegner sie nicht abgeholt
hatte, hat sie sie nochmals mit A-Post verschickt.

2.3.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es handle sich bei den insgesamt
drei Verfügungen (vom 5. März 2013, 10. Juli 2013 und 11. Dezember 2013) nicht
um verschiedene Verfügungen, sondern bloss um eine, da einzig das
Verfügungsdatum und die von Gesetzes wegen geschuldeten Betreibungskosten
variierten.
Dieser Einwand ist unbegründet und es ist mit dem Obergericht davon auszugehen,
es handle sich um verschiedene Verfügungen. Es trifft zwar zu, dass sich alle
Verfügungen auf denselben Forderungsbetrag (Fr. 2'888.95) nebst Zins und
dieselben Zustellkosten (Fr. 1'054.--) sowie dieselbe Betreibung beziehen. Die
Beschwerdeführerin hat jedoch am 10. Juli 2013 und 11. Dezember 2013 nicht
bloss die bereits getroffene Verfügung vom 5. März 2013 erneut zuzustellen
versucht, sondern durch die jeweils neue Datierung zu erkennen gegeben, dass es
sich um eine neue Verfügung handeln soll. Sind Verfügungen ansonsten identisch,
so handelt es sich gerade dabei um ein entscheidendes Kriterium, ob vom
Vorliegen derselben oder einer neuen Verfügung auszugehen ist. Die
Beschwerdeführerin hat es darüber hinaus nicht bei der Neudatierung belassen,
sondern zusätzlich jeweils die Betreibungskosten erhöht (Fr. 73.--, Fr. 91.--,
Fr. 109.--), hinsichtlich derer sie ebenfalls den Rechtsvorschlag beseitigt
hat. Dass es sich um unterschiedliche Verfügungen handelt, ergibt sich mithin
auch aus den jeweils voneinander abweichenden Dispositiven der Verfügungen.
Das Obergericht hat zu Recht festgehalten, dass mit dem nachträglichen Versand
der Verfügungen vom 5. März und 10. Juli 2013 mit A-Post an sich ein Indiz für
die Zustellung geschaffen werden kann, wenn - wie vorliegend - die
eingeschriebenen Sendungen nicht abgeholt werden und die Zustellfiktion nicht
gilt (Urteile 5A_552/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 2.1; 5A_172/2009 vom 26.
Januar 2010 E. 5, in: BlSchK 2010 S. 207). Das Obergericht hat es jedoch nicht
als nachgewiesen erachtet, dass die A-Post-Sendungen in den Briefkasten des
Beschwerdegegners gelangt sind. Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht
bestritten, so dass es mit der obergerichtlichen Feststellung sein Bewenden
hat. Die Verfügungen vom 5. März und 10. Juli 2013 konnten somit von vornherein
kein Prozessrechtsverhältnis begründen, wobei offen bleiben kann, ob sie dies -
bei nachgewiesener Zustellung - hinsichtlich der dritten Verfügung vom 11.
Dezember 2013 überhaupt hätten tun können. Für den Fall, dass die früheren
Verfügungen rechtswirksam zugestellt worden wären, geht das Obergericht im
Übrigen davon aus, dass die Beschwerdeführerin am 11. Dezember 2013 nicht
erneut hätte den Rechtsvorschlag beseitigen dürfen. Wie es sich damit verhält,
kann offen bleiben. Es liegt nicht an den Aufsichtsbehörden, Fragen der
Rechtsbeständigkeit und Abänderbarkeit von Verfügungen der Krankenversicherer
zu beurteilen. Entsprechende Einwände wären mit den
sozialversicherungsrechtlichen Rechtsbehelfen geltend zu machen. Die Verfügung
vom 11. Dezember 2013 wäre jedenfalls nicht nichtig.

2.4. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, soweit auf sie eingetreten werden
kann. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Die Angelegenheit ist an das
Obergericht zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdegegner die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin ist nicht anwaltlich vertreten, so
dass ihr kein zu entschädigender Aufwand entstanden ist (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen, Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, vom 10. Juli 2015 wird aufgehoben. Die
Sache wird an das Obergericht zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen
zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 700.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Schaffhausen und dem
Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juli 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zingg

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben