Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.643/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_643/2015

Urteil vom 15. März 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Mattias Dolder,
Beschwerdeführer,

gegen

1. B.A.________,
2. C.A.________,
3. D.A.________,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Andreas Wiget,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Abänderung des Scheidungsurteils (Volljährigenunterhalt),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden,
Einzelrichter, vom 16. Juni 2015.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil des Kreisgerichts St. Gallen vom 8. Dezember 2005 wurde die Ehe von
A.A.________ und E.A.________ geschieden. A.A.________ wurde gestützt auf eine
Vereinbarung mit seiner Ehefrau vom 23. November 2005 verpflichtet, seinen
Töchtern B.A.________ (geb. 17. April 1989), C.A.________ (geb. 18. Mai 1990),
D.A.________ (geb. 4. November 1991) und F.A.________ (geb. 11. Februar 1995)
einen indexierten Unterhalt in der Höhe von Fr. 2'500.-- pro Monat und Kind
(zuzüglich allfälliger Kinderzulagen) bis zum ordentlichen Abschluss einer
Erstausbildung zu bezahlen.

B.

B.a. Mit Vermittlungsbegehren vom 29. Januar 2013 leitete A.A.________ beim
Kantonsgericht Appenzell Ausserrhoden gegen seine Töchter B.A.________,
C.A.________ und D.A.________ ein Verfahren auf Abänderung des
Scheidungsurteils ein. Er verlangte, den Unterhalt mit Wirkung ab 31. Januar
2013 auf höchstens Fr. 1'250.-- je Kind herabzusetzen, längstens zahlbar bis
zum ordentlichen Abschluss der Erstausbildung des jeweiligen Kindes.

B.b. Mit Entscheid vom 9. Juli 2014 wies die Einzelrichterin des
Kantonsgerichts die Abänderungsklage ab und auferlegte A.A.________ die
Verfahrens- und Parteikosten.

B.c. A.A.________ wandte sich in der Folge erfolglos an das Obergericht des
Kantons Appenzell Ausserrhoden. Mit Entscheid vom 16. Juni 2015 wies der
Einzelrichter des Obergerichts die Berufung ab (Disp. Ziff. 1). Die Kosten des
Verfahrens vor der Einzelrichterin des Kantonsgerichts wurden bestätigt (Disp.
Ziff. 3). Für das Berufungsverfahren wurde A.A.________ eine Gerichtsgebühr von
Fr. 6'000.-- auferlegt (Disp. Ziff. 4). Zudem wurde er verpflichtet, seinen
Töchtern eine Parteientschädigung von Fr. 20'586.75 zu bezahlen (Disp. Ziff.
6). Eine von den Töchtern erhobene Anschlussberufung wurde im selben Urteil
ebenfalls unter Kosten- und Entschädigungsfolge abgewiesen (Disp. Ziff. 2, 5
und 7).

C.
Bezüglich der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht volljährigen Tochter
F.A.________ strengte A.A.________ ein separates, gegen seine frühere Ehefrau
E.A.________ gerichtetes Verfahren an. Dieses mündete in einen Entscheid des
Kreisgerichts St. Gallen betreffend Abänderung des Scheidungsurteils vom 4.
November 2014. Der Unterhalt für die jüngste Tochter bildet demnach nicht
Gegenstand dieses Verfahrens.

D.

D.a. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. August 2015 wendet sich A.A.________
an das Bundesgericht. Er verlangt, Ziff. 1, 3, 4 und 6 des Entscheids des
Obergerichts aufzuheben und die von ihm geschuldeten monatlichen
Unterhaltsbeiträge mit Wirkung ab 31. Januar 2013 auf höchstens Fr. 1'250.-- je
Kind herabzusetzen, längstens zahlbar bis zum ordentlichen Abschluss der
Erstausbildung des jeweiligen Kindes. Eventualiter sei die Angelegenheit an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese nach weiteren Abklärungen neu
entscheide. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Töchter
für die vorinstanzlichen Verfahren vor dem Kantons- und dem Obergericht
Appenzell Ausserrhoden sowie für das bundesgerichtliche Verfahren.

D.b. B.A.________, C.A.________ und D.A.________ (Beschwerdegegnerinnen)
beantragen in ihrer Vernehmlassung vom 29. Februar 2016, die Beschwerde
abzuweisen. Ferner weisen sie darauf hin, dass die Belastung für den
Beschwerdeführer seit dem Sommer 2015 geringer geworden sei, nachdem er im Juli
2015 zum letzten Mal Alimente für B.A.________ und C.A.________ habe bezahlen
müssen. Im Sommer 2017 werde voraussichtlich auch D.A.________ ihr Studium
beendigen. Das Obergericht hat auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen und auf eine Vernehmlassung verzichtet (Eingabe vom 2. Februar 2016).

D.c. Der Beschwerdeführer nahm am 8. März 2016 zur Vernehmlassung der Töchter
Stellung und hielt an seinen Begehren fest. Die Eingabe wurden den
Beschwerdegegnerinnen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zugestellt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist der Endentscheid des Obergerichts, das als oberes Gericht
kantonal letztinstanzlich auf Rechtsmittel hin über eine Klage auf Abänderung
von Volljährigenunterhalt entschieden hat (Art. 90 und Art. 75 BGG). Es handelt
sich damit um eine Zivilsache in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit,
wobei die erforderliche Streitwertgrenze erreicht ist (Art. 72 Abs. 1, Art. 74
Abs. 1 Bst. b und Art. 51 Abs. 4 BGG). Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100
Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 Bst. b BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen
ist grundsätzlich zulässig.

2.
In rechtlicher Hinsicht sind im ordentlichen Beschwerdeverfahren alle Rügen
gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das Bundesgericht wendet in diesem Bereich
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an
die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem
angerufenen Grund gutheissen oder das Rechtsmittel mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249
E. 1.4.1 S. 254; 132 II 257 E. 2.5 S. 262). Dabei ist das Bundesgericht
grundsätzlich an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig vorgebracht werden, dieser sei
offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG) oder er
beruhe auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG. Hierfür wie
auch für behauptete Verfassungsverletzungen gilt das Rügeprinzip (BGE 133 II
249 E. 1.4.2 und E. 1.4.3 S. 254 f.; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sich in ihrem Entscheid
nicht dazu zu äussern, dass er im Jahr 2016 das ordentliche AHV-Rentenalter
erreichen werde. Er sieht darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29
Abs. 2 BV), insbesondere der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen
Gehörs. Der Vorwurf ist angesichts seiner formellen Natur vorab zu prüfen (BGE
135 I 187 E. 2.2 S. 190).

3.2. Die Begründungspflicht, wie sie sich aus dem verfassungsmässigen
Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) ergibt, bedeutet nicht, dass sich die
Behörde zu allen Punkten einlässlich äussern und jedes einzelne Vorbringen
widerlegen muss. Zu begründen ist das Ergebnis des Entscheids, das im
Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt und das allein die Rechtsstellung der
betroffenen Person berührt. Über dessen Tragweite - und nicht über ihm zugrunde
liegende Erwägungen - soll sich die betroffene Person Rechenschaft geben und
den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten können (vgl. zum Ganzen BGE
134 I 83 E. 4.1 S. 88; 133 III 439 E. 3.3 S. 445).

3.3. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz
nicht eigens auf die Tatsache zu sprechen kommt, dass der Beschwerdeführer im
Jahr 2016 das ordentliche Pensionsalter erreicht. Nach oben zitierter
Rechtsprechung kann sich das Gericht auf die für den Entscheid wesentlichen
Punkte beschränken. Das Erreichen des ordentlichen AHV-Alters stellt per se
aber keinen Abänderungsgrund dar; ein solcher wäre nur und erst gegeben, wenn
der Beschwerdeführer tatsächlich aufhören würde zu arbeiten. Der Vorinstanz ist
umso weniger etwas vorzuwerfen, als der Beschwerdeführer die Abänderung seiner
Unterhaltsverpflichtung gar nicht auf den Zeitpunkt der allfälligen
Pensionierung, sondern auf den 31. Januar 2013 verlangt (vgl. Sachverhalt Bst.
B.a).

4.
Nach Art. 286 Abs. 2 ZGB setzt das Gericht bei erheblicher Veränderung der
Verhältnisse den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes
neu fest oder hebt ihn auf. Eine Änderung des Unterhaltsbeitrags setzt demnach
voraus, dass sich der relevante Sachverhalt nachträglich erheblich und
dauerhaft verändert hat. Die Abänderungsklage dient nicht dazu, eine
fehlerhafte rechtskräftige Unterhaltsregelung zu korrigieren. Vielmehr kann es
nur darum gehen, die rechtskräftige Unterhaltsregelung an veränderte
Verhältnisse anzupassen. Bei der Neufestsetzung der Kinderalimente sind die
einzelnen Parameter der Unterhaltsbemessung zu aktualisieren, wobei unter
Umständen sogar unverändert gebliebene Parameter angepasst werden dürfen (BGE
137 III 604 E. 4.1.1 und 4.1.2 S. 606 mit Hinweisen; zuletzt Urteil 5A_513/2014
vom 1. Oktober 2015 E. 5.1).
Im vorliegenden Fall streiten sich die Parteien über das Vorliegen
(wesentlicher) veränderter Verhältnisse, dies namentlich in Bezug auf das
Einkommen des Beschwerdeführers (nachfolgende E. 5) und das Einkommen der
Mutter der Beschwerdegegnerinnen (E. 6).

5.

5.1. Der Beschwerdeführer ist selbständiger Zahnarzt. Die Vorinstanz rechnete
ihm aus dieser Tätigkeit ein hypothetisches Einkommen an. Sie ist dabei von
einem tatsächlichen Einkommen von Fr. 315'000.-- bei einem Arbeitspensum von 60
% ausgegangen. Werde dieses Einkommen auf eine 100 % Tätigkeit aufgerechnet,
die vom Beschwerdeführer angesichts vorhandener Kinderunterhaltspflichten
erwartet werden dürfe, ergebe sich - ohne Vermögensertrag - ein Einkommen von
Fr. 525'000.--. Wenn davon ausgegangen würde, dass der Beschwerdeführer schon
im Zeitpunkt des Scheidungsurteils nur noch 80 % gearbeitet habe, hätte er zum
damaligen Zeitpunkt mit einer Tätigkeit von 80 % ein Einkommen von Fr.
500'000.-- erreicht. Würde dem Beschwerdeführer heute wiederum eine Tätigkeit
von 80 % zugestanden, so ergäbe sich ausgehend vom tatsächlich erzielten
Einkommen ein massgebliches Einkommen von Fr. 420'000.--. Das Vermögen des
Beschwerdeführers betrage gemäss der Veranlagungsberechnung des Steueramts St.
Gallen für die Kantons- und Gemeindesteuer 2012 vom 2. April 2014 Fr.
3'233'000.--. In diesem Vermögen seien verschiedene Liegenschaften enthalten,
die zweifellos nicht mit dem Verkehrswert bewertet würden.
Die Vorinstanz erwog sodann, es sei zwar glaubhaft, dass die
Konkurrenzsituation für den Beschwerdeführer heute schwieriger sei als im Jahr
2005. Der Beschwerdeführer habe aber nicht den Nachweis dafür erbracht, dass er
"alles in seiner Hand Mögliche unternommen" habe, um dieser Entwicklung zum
Beispiel mit Werbung oder Anstellung von jungen Zahnärzten im
Anstellungsverhältnis usw. entgegenzuwirken. Seine Ex-Ehefrau zeige mit ihrer
Praxis in Schaffhausen, dass trotz eines dort sogar noch stärkeren
Konkurrenzdruckes wegen der nahen deutschen Grenze in einer Zahnarztpraxis in
der Schweiz auch noch heute hohe Einkommen erzielt werden könnten. Im Übrigen
könne an dieser Stelle ergänzend auf die den Parteien bekannten, zutreffenden
Argumentationen der Einzelrichterin des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden
und des Kreisgerichtes St. Gallen im Abänderungsprozess verwiesen werden.
Als Zwischenfazit verneinte die Vorinstanz beim Beschwerdeführer das Vorliegen
einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 286 Abs. 2 ZGB.

5.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Einkünfte betrügen heute mit
rund Fr. 250'000.-- noch etwa die Hälfte des Betrages im Scheidungszeitpunkt,
womit ein Abänderungsgrund gegeben sei. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon
aus, dass er seine Praxis wieder derart ausbauen könnte, dass sie ihm
ermöglichen würde, in einem vollen Arbeitspensum tätig zu sein und damit sein
ursprüngliches Einkommen zu erzielen. Er habe anlässlich der Verhandlung vor
dem Kreisgericht St. Gallen vom 4. November 2014, auf deren Protokoll die
Vorinstanz selber verschiedentlich verweise, den Rückgang an Patienten (und
damit auch an Umsatz) einlässlich erklärt und dargelegt. Von einer freiwilligen
Verminderung des Arbeitspensums könne keine Rede sein. Richtig sei, dass sich
das wirtschaftliche Umfeld für Zahnärzte gerade durch die erhebliche Konkurrenz
grösserer regionaler Praxen (wie jene der Ex-Ehefrau) und national tätiger
Zahnarztfirmen deutlich verschlechtert habe. Das habe ihn gezwungen, seine
Praxis an gewissen Halbtagen zu schliessen. Dies entspreche einem Gebot der
wirtschaftlichen Vernunft, um unnötige Kosten zu vermeiden. Die Vorinstanz
verletzte durch die hypothetische Erhöhung des Einkommens nicht nur Bundesrecht
(Art. 286 Abs. 2 i.V.m. Art. 134 Abs. 2 ZGB sowie Art. 285 Abs. 1 i.V.m. Art.
133 ZGB), sondern stelle auch den Sachverhalt offensichtlich unrichtig fest
(Art. 97 Abs. 1 BGG).
Im Übrigen sei es widersprüchlich und willkürlich, wie selektiv die Vorinstanz
auf seine Aussagen anlässlich der Verhandlung vor dem Kreisgericht St. Gallen
vom 4. November 2014 abstelle. Sie gehe zu Unrecht davon aus, dass er bereits
vor 2014 quasi freiwillig das Pensum reduziert habe. Sie übernehme seine
Aussagen, wonach er ab den Sommerferien 2014 zu etwa 60 % gearbeitet habe. Die
im selben Kontext gemachten Erläuterungen, dass er sich aus wirtschaftlichen
Gründen zu dieser Reduktion gezwungen gesehen habe, lasse die Vorinstanz dann
aber unberücksichtigt. Willkürlich und gleichzeitig entscheidrelevant sei auch
der vorinstanzliche Vergleich mit der offensichtlich florierenden
Zahnarztpraxis der Ex-Ehefrau. Man könne nicht aus dem Umstand, dass deren
völlig anders ausgerichtete Zahnarzt-AG in Schaffhausen wirtschaftlich sehr
erfolgreich sei, den Schluss ziehen, auch er könnte und müsste mit seiner
kleinen Einzelpraxis in St. Gallen ebenfalls entsprechend erfolgreich sein,
wenn er sich nur genügend anstrengen würde.

5.3. Nach der Rechtsprechung darf der Richter bei der Festsetzung von
Unterhaltsbeiträgen von einem hypothetischen Einkommen ausgehen, falls und
soweit der unterhaltsberechtigte oder unterhaltspflichtige Ehegatte bei ihm
zuzumutender Anstrengung mehr verdienen könnte, als er effektiv verdient. Wo
die reale Möglichkeit einer Einkommenssteigerung fehlt, muss sie aber ausser
Betracht bleiben (BGE 128 III 4 E. 4a S. 5 mit Hinweisen). Nichts anderes gilt,
wenn sich der Streit um den Kinderunterhalt dreht (zu volljährigen Kindern vgl.
Urteil 5A_184/2015 vom 22. Januar 2016 E. 3 mit Hinweisen). Die Zumutbarkeit
und die Möglichkeit, ein Einkommen zu erzielen, sind zwei Voraussetzungen, die
kumulativ erfüllt sein müssen. Welche Tätigkeit aufzunehmen als zumutbar
erscheint, ist eine Rechtsfrage. Ob die als zumutbar erkannte Tätigkeit möglich
und das angenommene Einkommen effektiv erzielbar ist, bildet hingegen eine
Tatfrage, die durch entsprechende Feststellungen oder durch die allgemeine
Lebenserfahrung beantwortet wird (BGE 137 III 118 E. 2.3 S. 121; 128 III 4 E.
4c/bb S. 7; je mit Hinweisen). Auch im letzteren Fall müssen aber die Tatsachen
als vorhanden festgestellt sein, die eine Anwendung von Erfahrungssätzen
überhaupt erst ermöglichen (BGE 128 III 4 E. 4c/bb S. 7).

5.3.1. Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass ihm die Vorinstanz
vorliegend kein hypothetisches Einkommen anrechnen durfte. Tatsächliche
Feststellungen, dass es dem Beschwerdeführer effektiv möglich gewesen wäre bzw.
nach wie vor möglich ist, das ihm von der Vorinstanz angerechnete Einkommen von
Fr. 500'000.-- oder mehr zu erzielen, fehlen (vgl. Urteil 5A_939/2014 vom 12.
August 2015 E. 4.3.3, 4.3.4, 4.4, in: FamPra.ch 2015 S. 926 zum Vorgehen, wenn
tatsächliche Feststellungen fehlen). Vielmehr anerkennt die Vorinstanz indirekt
die Behauptung des Beschwerdeführers, die Konkurrenzsituation habe sich
verschärft. Jedenfalls genügt es für die Anrechnung eines hypothetischen
Einkommens nicht, jemandem einfach vorzuwerfen, dass er sein Geschäft besser
oder wie eine andere Person führen müsse.
Vorliegend kommt hinzu, dass überdies die Aufrechnung der Vorinstanz
betragsmässig falsch ist. Das von der Vorinstanz berechnete durchschnittliche
Einkommen von Fr. 315'000.-- besteht aus Erwerbseinkommen, Vermögens- und
Mietertrag. Selbst wenn eine hypothetische Aufrechnung zulässig gewesen wäre,
hätte nur das Erwerbseinkommen, nicht aber wie dies das Obergericht tat auch
der Vermögens- und Mietertrag aufgerechnet werden dürfen.

5.3.2. So oder anders ist es nicht nötig, dem Beschwerdeführer, der effektiv
ein Erwerbseinkommen von Fr. 315'000.-- erzielt und über beträchtliche
Vermögenswerte verfügt, zur Ermittlung seiner Unterhaltsverpflichtung ein
hypothetisches Einkommen anzurechnen. Im Gegenzug muss er sich allerdings auch
damit abfinden, dass allein sein heute gegenüber dem Scheidungszeitpunkt
tieferes effektives Einkommen keinen Grund darstellt, von erheblich veränderten
Verhältnissen zu sprechen. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich in der Lage,
seinen mit dem Scheidungsurteil übernommenen Unterhaltsverpflichtungen auch bei
deutlich tieferem Einkommen nachzukommen.

6.

6.1. Zu prüfen bleibt, ob sich erheblich veränderte Verhältnisse daraus
ergeben, dass die frühere Ehefrau des Beschwerdeführers und Mutter der
Beschwerdegegnerinnen heute deutlich mehr als im Scheidungszeitpunkt verdient.
Nach den unbestrittenen Angaben im vorinstanzlichen Entscheid verdient sie
heute als Angestellte ihrer eigenen als AG geführten Zahnarztpraxis Fr.
375'000.--, während ihr im Scheidungszeitpunkt ein Jahreseinkommen von Fr.
26'436.-- angerechnet worden ist.
Die Vorinstanz erblickt darin keinen Umstand, der auf erheblich veränderte
Verhältnisse schliessen lässt und begründet dies damit, dass bereits das
Scheidungsgericht im Scheidungsurteil davon ausgegangen sei, dass die
Ex-Ehefrau in Zukunft weit mehr als die besagten Fr. 26'436.-- verdienen werde.
Dies ergebe sich daraus, dass ihr im Scheidungsurteil kein Unterhalt
zugesprochen bzw. dass dieser mit einer Kapitalleistung von Fr. 410'000.--
abgegolten worden sei.

6.2. Der Beschwerdeführer hält dafür, dass das Scheidungsgericht den Unterhalt
der Kinder auf der Grundlage gefällt habe, dass er Fr. 500'000.-- und seine
frühere Ehefrau Fr. 26'436.-- verdienen würden. Entsprechend sei von wesentlich
veränderten Verhältnissen auszugehen, wenn sich diese Annahme in der
Zwischenzeit in ihr Gegenteil verkehrt habe und seine frühere Ehefrau heute
mehr als er verdiene.

6.3. Die Beschwerdegegnerinnen schliessen sich in ihrer Vernehmlassung der
Einschätzung der Vorinstanz an. Sie machen geltend, dass der Eheschutzrichter
ihrer Mutter einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 17'000.-- zur Wahrung
des bisherigen Lebensstandards zugesprochen habe. Daraus resultiere, dass sie
mit der in der Scheidungskonvention vereinbarten Kapitalzahlung ihren Unterhalt
nur etwa zwei Jahre habe bestreiten können. Sie habe deshalb nach der
Scheidung, obwohl vier unmündige Töchter betreuend, tageweise in der Praxis
ihrer Eltern gearbeitet und diese Praxis im Sommer 2008 übernommen.
Für die Beschwerdegegnerinnen stossen die Rügen des Beschwerdeführers auch
deshalb ins Leere, weil selbst bei Annahme willkürlicher Beweiswürdigung das
Ergebnis nicht stossend wäre: Die Alimente hätten bei Klageeinleitung insgesamt
Fr. 120'000.-- ausgemacht. Die im Scheidungsurteil vereinbarte
Unterhaltsregelung sei in der Meinung erfolgt, dass die Ex-Ehefrau die
Kinderbetreuung und der Beschwerdeführer den Barunterhalt übernehmen würden.
Das Einkommen des Beschwerdeführers und seiner Ex-Ehefrau hätten dabei eine
untergeordnete Rolle gespielt; lediglich im Hinblick auf die Zukunft, nämlich
die Erwartung, dass die Beklagten studieren würden, sei der Scheidungsrichter
offensichtlich davon ausgegangen, dass die Ex-Ehefrau mindestens so viel
verdienen werde, dass sie nicht nur ihren eigenen Bedarf bestreiten könne,
sondern auch jenen der Kinder, soweit dieser mehr als Fr. 2'500.-- betrage.
Tatsächlich sei im seinerzeitigen Eheschutzverfahren für die vier Töchter, die
im Zeitpunkt der Scheidung 16, 15, 14 und 10 Jahre alt gewesen seien, ein
Unterhaltsbeitrag von insgesamt Fr. 10'060.-- eingesetzt worden. Dieser Betrag
habe keinen Wohnanteil enthalten, die Krankenkassenprämien für die Zeit des
Erwachsenenseins seien viel zu tief berechnet worden und überhaupt sei nicht
berücksichtigt worden, dass ein späteres Studium hohe Kosten mit sich bringen
werde. Ebensowenig seien Bedarfspositionen berücksichtigt worden, die zu einem
hohen Lebensstandard, wie er in der Familie A.________ gepflegt werde, gehören
würden.
Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers spiele es keine Rolle, wie hoch
der Bedarf der Beschwerdegegnerinnen genau sei; es reiche im vorliegenden Fall,
wo es um die finanzielle Belastung der Ex-Ehefrau gehe, aus, ihn ungefähr zu
konkretisieren. Es sei offensichtlich, dass der Bedarf der
Beschwerdegegnerinnen durch die Alimente des Beschwerdeführers nicht gedeckt
sei. Es sei klar, dass das Leben von Studentinnen, die auswärts studieren und
einen hohen Lebensstandard geniessen dürften, mit Beträgen von Fr. 2'500.--
nicht finanziert werden könne.

6.4. Der Vorinstanz ist zuzustimmen, dass der Scheidungsrichter wohl davon
ausgegangen ist, dass die Ex-Ehefrau innert Kürze mehr als Fr. 26'436.--
verdienen werde. Nur so lässt sich erklären, dass die Unterhaltsleistungen des
Beschwerdeführers an seine Ex-Ehefrau durch eine einmalige Zahlung von Fr.
410'000.-- abgegolten wurden. Diese Abgeltung betrifft aber bloss den Unterhalt
der Ex-Ehefrau. Sie erlaubt es nicht, auch hinsichtlich des Unterhalts der
Beschwerdegegnerinnen den Tatbestand erheblich veränderter Verhältnisse zu
verneinen. Die Argumente, die die Beschwerdegegnerinnen dagegen vortragen (vgl.
E. 6.3), verfangen nicht. Weder lässt sich dem Scheidungsurteil entnehmen, dass
mit Fr. 2'500.-- der Barunterhalt der Beschwerdegegnerinnen nicht abgedeckt
wäre noch ist dieses Urteil so zu verstehen, dass der Beschwerdeführer für den
Barunterhalt seiner Töchter auch nach ihrer Volljährigkeit losgelöst vom
Einkommen seiner Ex-Ehefrau aufkommen müsste. Nach der Rechtsprechung können
"vorhersehbare Änderungen" sodann nur dann nicht Grundlage eines
Abänderungsverfahrens sein, wenn der Richter diese auch tatsächlich
berücksichtigt hat. Vorliegend kann gerade nicht gesagt werden, der Richter
habe vorhersehbare Änderungen berücksichtigt. Die Tatsache, dass die Mutter der
Beschwerdegegnerinnen heute das 15fach höhere Einkommen als im
Scheidungszeitpunkt erzielt, zwingt daher zur Neuberechnung des auf den
Beschwerdeführer entfallenden Kindesunterhalts.

7.

7.1. Als volljährige Personen bedürfen die Beschwerdegegnerinnen nicht mehr der
Betreuung durch ihre Mutter. Die Pflicht, ihre Töchter zu unterstützen,
konzentriert sich damit auch im Fall der Mutter darauf, finanziell an den
Lebensunterhalt der Kinder beizutragen. Dazu sind beide Elternteile im Rahmen
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in gleicher Weise verpflichtet. Eine
solidarische Haftung der Eltern besteht nicht (Urteil 5A_179/2015 vom 29. Mai
2015 E. 6.1, in: FamPra.ch 2015, S. 997; vgl. CAROLINE B. MEYER,
Mündigenunterhalt in der Praxis: Verschulden des Kindes, Solidarhaftung der
Eltern?, in: Festschrift für Ingeborg Schwenzer, 2011, S. 1271 ff., S. 1275
ff., mit Hinweisen). Entsprechend können die Beschwerdegegnerinnen vom
Beschwerdeführer auch nur jenen Teil an ihren Unterhalt verlangen, der auf ihn
entfällt. Wollen sie den vollen Unterhaltsanspruch geltend machen, müssen die
Beschwerdegegnerinnen deshalb auch ihre Mutter belangen.

7.2. Bei der Beurteilung der Frage, ob es den Eltern nach den gesamten
Umständen zugemutet werden kann, für den Unterhalt ihrer volljährigen Kinder
aufzukommen, steht dem Sachgericht ein weites Ermessen zu (Art. 4 ZGB; Urteil
5A_503/2012 E. 3.3.4 mit Hinweisen; in: FamPra.ch 2013 S. 525). Über dieses
Ermessen verfügen die Gerichte nicht nur bei der Frage, ob Eltern Unterhalt
schulden, sondern auch, in welcher Höhe sie Unterhalt schulden. Das
Bundesgericht übt bei der Überprüfung solcher Entscheide Zurückhaltung und
schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung
anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat,
die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder
wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten
beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in
Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in
stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 136 III 278 E. 2.2.1 S. 279; 132 III
97 E. 1 S. 99).

7.3. Vorliegend fehlen dem Bundesgericht aber die nötigen Informationen, um den
Unterhaltsbetrag überhaupt sachgerecht prüfen zu können. In Bezug auf die
Töchter fehlen im angefochtenen Urteil Feststellungen zu deren konkreten
Unterhaltsbedarf, der entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerinnen massgebend
ist. Die Vorinstanz argumentiert diesbezüglich mit blossen Annahmen. An einer
Stelle erwägt sie, der Bedarf der Töchter belaufe sich auf "mindestens Fr.
4'000.--". Dies steht in offensichtlichem Widerspruch mit einer anderen
Erwägung, in welcher die Vorinstanz ausführt, B.A.________ beziffere ihre
Auslagen auf Fr. 1'936.--, C.A.________ auf Fr. 2'650.-- und D.A.________ auf
Fr. 1'932.--. Ausserdem erwähnt die Vorinstanz Vermögen der Töchter von je über
Fr. 40'000.--. Der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass die - von den
Beschwerdegegnerinnen explizit (vgl. E. 6.3) und von der Vorinstanz zumindest
implizit getroffene - Annahme, die Beschwerdegegnerinnen hätten auch als
volljährige und nicht mehr bei den Eltern wohnende Studentinnen ohne Weiteres
Anspruch auf den gleich hohen Lebensstandard wie die Eltern, nicht geteilt
werden kann.
In Bezug auf die Mutter der Beschwerdeführerinnen steht nur fest, dass diese
sieben Jahre jünger ist als der Beschwerdeführer und ebenfalls als Zahnärztin
arbeitet und wieviel sie ungefähr verdient. Dem vorinstanzlichen Urteil lässt
sich aber nicht entnehmen, in welchem Umfang der Bedarf der Töchter von ihrer
Mutter abgedeckt wird.

7.4. Die fehlenden Feststellungen verunmöglichen es dem Bundesgericht, einen
reformatorischen Entscheid zu fällen. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz
zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Diese hat den auf den Beschwerdeführer
entfallenden Unterhalt an seine Töchter neu festzulegen: Zu berücksichtigen
sind dabei neben dem konkreten Unterhaltsbedarf der Beschwerdegegnerinnen auch
die jeweilige Leistungsfähigkeit der Eltern.

8.
Im Ergebnis ist die Beschwerde damit gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens müssen die Beschwerdegegnerinnen für die Gerichtskosten aufkommen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Den besonderen Umständen des Falls wegen wird dem
Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Ziffern 1, 3, 4 und 6 des Urteils des
Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 16. Juni 2015 wird aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdegegnerinnen unter
solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Die Parteientschädigungen werden wettgeschlagen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden,
Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. März 2016

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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