Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.5/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_5/2015

Urteil vom 12. März 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul-Lukas Good,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Brenner,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Eheschutz (Sistierung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im
Familienrecht, vom 28. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.________ (1974) und A.________ (1968) haben am 4. Mai 2012 in Italien
geheiratet und sind die Eltern der Tochter C.________ (geb. 2012). Am 27. Juli
2013 zog die Ehefrau mit der Tochter aus der ehelichen Wohnung in U.________
aus und nahm Wohnsitz in V.________.

B. 
Am 31. Juli 2013 stellte die Ehefrau beim Kreisgericht St. Gallen ein
Eheschutzgesuch.

 Der Ehemann reichte am 12. September 2013 beim Landesgericht Bozen (Südtirol/
Italien) ein Gesuch um Ehetrennung ein.

 Am 6. März 2014 verlangte der Ehemann die Sistierung des Eheschutzverfahrens
bis zur rechtskräftigen Klärung der Zuständigkeit des Landgerichts Bozen. Das
Verfahren wurde vorerst bis zum 4. April 2014 sistiert. Am 3. April 2014
stellte der Ehemann ein neues Sistierungsgesuch, welches er am 9. Mai 2014
modifizierte. Mit Verfügung vom 15. August 2014 wurde dieses Gesuch abgewiesen.

 Dagegen erhob der Ehemann am 26. August 2014 eine Beschwerde. Am 20. November
2014 reichte die Ehefrau den Unzuständigkeitsentscheid des Landesgerichtes
Bozen vom 6. Oktober 2014 ein. Der Ehemann erklärte, dass dieser Entscheid noch
nicht rechtskräftig sei. Mit Entscheid vom 28. November 2014 wies das
Kantonsgericht St. Gallen die Beschwerde ab. Es erwog, Ehefrau und Kind würden
in der Schweiz wohnen und dieses hier die Kindertagesstätte besuchen. Es werde
nicht dargelegt, um was es sich beim italienischen Trennungsverfahren handle;
es gehe offenbar noch nicht um die Scheidung, aber das Verfahren scheine auch
nicht identisch mit dem schweizerischen Eheschutzverfahren zu sein. Die Frage
könne aber offen bleiben, weil selbst bei einem ausländischen
Scheidungsverfahren noch eine auf Art. 10 lit. b IPRG gestützte schweizerische
Zuständigkeit für das Eheschutzverfahren in Frage käme, da in Italien nicht mit
einem innert angemessener Frist ergehenden materiellen Massnahme- oder
Sachentscheid gerechnet werden könne (zwischenzeitlich sei in Italien erst ein
negativer Zuständigkeitsentscheid ergangen, der aber noch nicht einmal
rechtskräftig sei). Die Eheschutzbegehren seien dringlich: Die Ehefrau sei auf
die Regelung der Betreuung und des Unterhaltes der Tochter sowie ihres eigenen
Unterhaltes angewiesen und auch die vom Ehemann behaupteten Schwierigkeiten bei
einer allfälligen Rückforderung von Unterhaltsbeiträgen vermöchten eine
Sistierung nicht zu rechtfertigen; ferner sei angesichts des klaren
Trennungswillens des Ehemannes auch das Gesuch um Anordnung der Gütertrennung
gerechtfertigt.

C. 
Gegen diesen Entscheid hat A.________ am 2. Januar 2015 eine Beschwerde erhoben
mit den Begehren um dessen Aufhebung und Sistierung des Eheschutzverfahrens vor
dem Kreisgericht bis zur Klärung der Zuständigkeit des Landesgerichtes Bozen,
eventualiter um Rückweisung des Verfahrens zur Neubeurteilung und ergänzenden
Sachverhaltsfeststellung. Mit Präsidialverfügung vom 22. Januar 2015 wurde der
Beschwerde nach Anhörung der Gegenpartei die aufschiebende Wirkung erteilt. Mit
Schreiben vom 20. bzw. 28. Februar 2015 haben sich die Parteien zum Stand des
Rechtsmittelverfahrens in Italien geäussert.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend die Frage
der Sistierung eines Eheschutzverfahrens. Der Eheschutzentscheid gilt als 
vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5 S. 396
f.), und zwar auch mit Bezug auf die Anordnung der Gütertrennung (Urteil 5A_417
/2011 vom 20. September 2011 E. 1.3). Damit können insgesamt nur
Verfassungsverletzungen gerügt werden, wofür das strenge Rügeprinzip im Sinn
von Art. 106 Abs. 2 BGG gilt. Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und
detailliert erhobene Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen
und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE
134 II 244 E. 2.2 S. 246).

 Im Übrigen handelt es sich bei Sistierungsentscheiden nicht um End-, sondern
um  Zwischenentscheide. Beide kantonalen Gerichte haben befunden, dass
unabhängig vom Charakter des italienischen Verfahrens selbst für den Fall, dass
der negative Zuständigkeitsentscheid des Landesgerichtes Bozen zweitinstanzlich
aufgehoben und die italienische Zuständigkeit für das Trennungsverfahren bejaht
würde, eine schweizerische Zuständigkeit für das Eheschutzverfahren gegeben
wäre, weil in Italien jedenfalls nicht innert angemessener Frist mit einem
materiellen Entscheid gerechnet werden könnte; die kantonalen Gerichte haben
sich dabei auf Art. 10 IPRG als Zuständigkeitsgrundlage berufen. Angesichts
dieser Begründung steht die Ablehnung der Sistierung des Eheschutzverfahrens in
keinem Zusammenhang mit der Frage der schweizerischen Zuständigkeit, nehmen
doch die kantonalen Gerichte diese unabhängig vom Schicksal des italienischen
Verfahrens in Anspruch. Der Beschwerdeführer stellt die von den kantonalen
Gerichten angerufene Rechtsgrundlage mit keinem Wort in Frage; die Anwendung
von Art. 10 lit. b IPRG kann folglich nicht näher überprüft werden (Art. 42
Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Ist dementsprechend die Frage der
schweizerischen Zuständigkeit nicht Gegenstand der Beschwerde, so ist der
Zwischenentscheid nicht gestützt auf Art. 92 Abs. 1 BGG zu prüfen (vgl. BGE 138
III 190 E. 5 S. 192 m.w.H.) und müssen folglich die Eintretensvoraussetzungen
von Art. 93 Abs. 1 BGG gegeben sein. Dabei kommt einzig die Variante von Art.
93 Abs. 1 lit. a BGG in Frage, welche voraussetzt, dass der angefochtene
Entscheid einen  nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Dieser ist
in der Beschwerde im Einzelnen darzulegen (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.).
Der Beschwerdeführer macht keine Ausführungen, inwiefern aufgrund der nicht
gewährten Sistierung ein solcher Nachteil gegeben sein könnte, weshalb auf die
Beschwerde mangels Erfüllung der Begründungsanforderungen nicht einzutreten
ist.

 Ohnehin wäre auf die Beschwerde selbst bei tauglicher Begründung nicht
einzutreten: Massgebend für das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden
Nachteils ist, dass er auch mit einem günstigen Entscheid in Zukunft nicht
behoben werden kann. Rechtsprechungsgemäss muss es sich dabei um einen 
Nachteil rechtlicher Natur handeln, während rein tatsächliche Nachteile - wie
Verfahrensverteuerung oder die allfällige Notwendigkeit der Rückforderung zu
viel bezahlter bzw. nicht geschuldeter Beträge - ungenügend sind (BGE 138 III
390 E. 1.2.1 S. 382; 139 I 390 E. 6 S. 392). Vorliegend steht das Inkassorisiko
für allfällige Rückforderungen auf dem Spiel, welches einen tatsächlichen
Nachteil bildet. Hingegen sind keine Nachteile rechtlicher Natur ersichtlich,
wenn das Kreisgericht das Eheschutzverfahren im heutigen Zeitpunkt weiterführt.
Damit fehlt es an der für ein Eintreten auf die Beschwerde notwendigen
Voraussetzung gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.

2. 
Zufolge Nichteintretens wird der Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen,
Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. März 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli

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