Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.555/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_555/2015

Urteil vom 7. April 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG in Nachlassliquidation,
vertreten durch die Liquidatoren
Rechtsanwalt Karl Wüthrich und
Rechtsanwältin Brigitte Umbach-Spahn,
Beschwerdeführerin,

gegen

Zuger Kantonalbank,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Franco Lorandi,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Hinterlegung bei der Depositenanstalt; Negativzinsen,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zug, II.
Beschwerdeabteilung, Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom
30. Juni 2015 (BA 2015 28).

Sachverhalt:

A.

A.a. Die Liquidatoren der A.________ AG in Nachlassliquidation hinterlegten die
Vermögenswerte der Nachlassschuldnerin bei der Zuger Kantonalbank als
kantonaler Depositenanstalt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 teilte die Zuger
Kantonalbank den Liquidatoren mit, dass für die Guthaben der A.________ AG in
Nachlassliquidation auf dem Kontokorrent ab dem 1. Juni 2015 ein Negativzins
von 0.75 % p.a. eingeführt werde.

A.b. Hiergegen reichten die Liquidatoren, handelnd für die A.________ AG in
Nachlassliquidation sowie in eigenem Namen, betreibungsrechtliche Beschwerde
bei der kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs ein. Sie
beantragten, es sei die Verfügung der Zuger Kantonalbank vom 19. Mai 2015
aufzuheben.

B.
Das Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, ist mit Beschluss vom 30. Juni 2015 auf die
Beschwerde nicht eingetreten.

C.
Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 ist die A.________ AG in Nachlassliquidation an
das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin verlangt die Aufhebung des
obergerichtlichen Beschlusses vom 30. Juni 2015 und der Verfügung der Zuger
Kantonalbank (Beschwerdegegnerin) vom 19. Mai 2015. Eventuell sei die Sache zur
neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die kantonale
Aufsichtsbehörde schliesst (unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Beschluss) auf die Abweisung der Beschwerde.
Es sind die kantonalen Akten eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG
unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m.
Art. 19 SchKG).

1.2. Die vorliegende Beschwerde ist unabhängig von einer gesetzlichen
Streitwertgrenze gegeben (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerdeführerin,
die sich gegen die Verfügung eines Vollstreckungsorganes wehren will, deren
Vorliegen von der Vorinstanz indes verneint wurde, ist zur Beschwerde in
Zivilsachen legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde gegen den
letztinstanzlichen Entscheid ist fristgemäss erhoben worden (Art. 75 Abs. 1,
Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) und grundsätzlich zulässig.

1.3. Mit vorliegender Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der
Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei
das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Die Verletzung kantonaler
Gesetze kann das Bundesgericht nur insoweit prüfen, als in der Beschwerde
entsprechende Verfassungsrügen erhoben werden (vgl. Art. 95 BGG).

2.

2.1. Die Aufsichtsbehörde hat erwogen, dass die Zuger Kantonalbank als
kantonale Depositenanstalt ein Hilfsorgan der Zwangsvollstreckungsorgane sei.
Indes stelle die Deponierung des Verwertungserlöses auf einem Kontokorrent bei
der Depositenanstalt ein privatrechtliches Rechtsverhältnis dar. Die Mitteilung
der Beschwerdegegnerin über die Zinskondition vom 19. Mai 2015 stelle
rechtsgeschäftliches Handeln dar, welches nicht mit Beschwerde gemäss Art. 17
SchKG angefochten werden könne. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin nicht
verpflichtet sei, die Vermögenswerte bei der Beschwerdegegnerin zu hinterlegen
bzw. mit dieser zu kontrahieren, sondern die Wahl habe, da alle im Kanton
niedergelassenen, dem Bankengesetz unterstellten Institute als
Depositenanstalten bezeichnet seien. Die Beschwerdegegnerin unterstehe nicht
der Aufsicht gemäss Art. 13 SchKG, weshalb die Aufsichtsbehörde die
Hinterlegungszinsen nicht festlegen könne. Mangels Anfechtungsobjekt könne auf
die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Hinterlegung sei - mit Blick auf
die Pflicht zur Entgegennahme von Vermögenswerten seitens der Depositenanstalt
und der kantonalen Haftung - öffentlichrechtlicher Natur und Teil des
Zwangsvollstreckungsverfahrens. Das gelte auch für den Zins für die
Hinterlegung bei der Depositenanstalt, weshalb die Festsetzung des Zinssatzes
mit betreibungsrechtlicher Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG anfechtbar sei. Für
die Kosten der Hinterlegung sei zudem analog die GebV SchKG massgebend, welche
Gebühren für Verwahrungskosten bzw. nicht tarifierte amtliche Verrichtungen
regelt. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz im Wesentlichen vor, sie
habe mit ihrem Nichteintretensentscheid ihre Kompetenz als Rechtsmittelinstanz
verkannt.

3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Festsetzung des
Kontokorrent-Zinssatzes durch die Beschwerdegegnerin als kantonaler
Depositenanstalt, bei welcher die Liquidatoren Vermögenswerte der
Nachlassschuldnerin hinterlegt haben. Die Vorinstanz hat im Vorgehen der
Depositenanstalt keine Verfügung eines Zwangsvollstreckungsorganes erblickt und
ist daher auf die betreibungsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten.
Streitpunkt ist im Wesentlichen, wie die Hinterlegung von Vermögenswerten durch
Zwangsvollstreckungsorgane bei der kantonalen Depositenanstalt mit Blick auf
die Anfechtung des Zinssatzes durch betreibungsrechtliche Beschwerde
einzuordnen ist.

3.1. Zu Recht steht nicht in Frage, dass die Betreibungs- und Konkursämter Geld
oder Wertsachen, über welche nicht binnen drei Tagen nach dem Eingang verfügt
wird, der Depositenanstalt zu übergeben haben (Art. 9 SchKG). Die Pflicht gilt
auch für Nachlassliquidatoren (Art. 320 Abs. 3 SchKG), für deren Handlungen
bzw. Unterlassungen der Kanton haftet (Art. 5 SchKG; vgl. MÖCKLI, in:
Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 1, 2 zu Art. 9 SchKG).

3.2. Der Kanton Zug hat die Zuger Kantonalbank und die übrigen dem Bankengesetz
(Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen; SR 952.0)
unterstellten und im Kanton niedergelassenen Institute als Depositenanstalten
bezeichnet (Art. 24 SchKG; § 20 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs vom 30. Januar 1997). Die Depositenanstalt ist ein
Hilfsorgan in der Zwangsvollstreckung, weil sie in den gesetzlich vorgesehenen
Fällen Depositen von den Zwangsvollstreckungsorganen anzunehmen hat (Art. 24
SchKG; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, 1911,
S. 122/123; FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl. 1974, S. 85/86; KREN
KOSTKIEWICZ, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 2. Aufl. 2014, Rz. 121 f.).

3.3. Unbestritten ist sodann, dass Anfechtungsobjekt der betreibungsrechtlichen
Beschwerde gemäss Art. 17 f. SchKG nur Verfügungen eines Vollstreckungsorgans
sein können. Darunter ist eine bestimmte behördliche Handlung in einem
konkreten zwangsvollstreckungsrechtlichen Verfahren zu verstehen, die in
Ausübung amtlicher Funktion ergeht und die fragliche Zwangsvollstreckung in
rechtlicher Hinsicht beeinflusst; sie wirkt nach aussen und bezweckt, das
Zwangsvollstreckungsverfahren voranzutreiben oder abzuschliessen (BGE 129 III
400 E. 1.1 S. 401; 128 III 156 E. 1c S. 157 f.; 116 III 91 E. 1 S. 93, mit
Hinweisen).

3.4. Die Rechtsprechung hat sich verschiedentlich mit der Anfechtbarkeit von
Handlungen von Hilfsorganen befasst, welche zur Zwangsvollstreckung beigezogen
werden. So beruht die Zustellung des Zahlungsbefehls durch die Post (Art. 72
Abs. 1 SchKG) auf einer Delegation der Kompetenz des Betreibungsamtes, weshalb
die postalische Zustellung - durch ein Hilfsorgan - ohne weiteres der
Beschwerde nach Art. 17 SchKG unterliegt (BGE 40 III 429 S. 430; 119 III 8 E.
2b S. 10). Nichts anderes gilt, wenn das Betreibungs- oder Konkursamt die
Polizei als Hilfsorgan in Anspruch nimmt: Die Anordnung der bzw. Überprüfung
der Rechtmässigkeit der Massnahme (z.B. die polizeiliche Vorführung des
Schuldners) liegt seit jeher im Zuständigkeitsbereich der
Zwangsvollstreckungsorgane bzw. der Aufsichtsbehörden (BGE 22 S. 994 E. 2 S.
997; 87 III 87 E. 4 S. 96; Urteil 7B.72/2004 vom 29. April 2003 E. 2.2).
Hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung handelt die Polizei aber
selbständig und auf eigene Verantwortung gemäss den die polizeiliche Tätigkeit
beherrschenden Grundsätzen (BGE 87 III 87 E. 4 S. 96/97). Hilfsorgan ist auch
der Dritte, dem das Betreibungsamt die Verwaltung und Bewirtschaftung einer
gepfändeten Liegenschaft überträgt (Art. 16 Abs. 2 VZG). Der betreffende
Auftrag ist inhaltlich präzise durch das Zwangsvollstreckungsrecht mittels
Verwaltungshandlungen (Art. 17 f. VZG) - welche als Verfügungen anfechtbar sind
- geregelt; die Entschädigung wird im Streitfall nicht vom Richter, sondern von
der kantonalen Aufsichtsbehörde festgesetzt (Art. 20 Abs. 2 VZG), weshalb dem
Dritten als Hilfsperson sogar die Beschwerdelegitimation gegen den Widerruf des
Auftrags zugestanden wird (BGE 129 III 400 E. 1.2 S. 401, E. 1.3 S. 403).

3.5. Vorliegend gibt nicht der Entscheid der Nachlassliquidatoren zur
Hinterlegung von Vermögenswerten bei der Depositenanstalt Anlass zur
Beschwerde, sondern die Mitteilung der Depositenanstalt über die
Zinskonditionen für die auf dem Kontokorrent deponierten Gelder
(Verwertungserlös). Mit Bezug auf die Hinterlegung von Vermögenswerten durch
die Zwangsvollstreckungsorgane bei der kantonalen Depositenanstalt hat das
Bundesgericht - soweit ersichtlich - zur Anfechtbarkeit des Zinssatzes durch
betreibungsrechtliche Beschwerde noch nicht Stellung genommen, weshalb die
Frage zu prüfen ist.

3.5.1. Die Pflicht zur Übergabe von Vermögenswerten an die Depositenanstalt
gemäss Art. 9 SchKG hat zum Zweck, einerseits die Zwangsvollstreckungsorgane
vor Versuchungen zu behüten, die durch längeren Besitz von fremden Geldern
entstehen könnten (Botschaft betreffend den [...] definitiven Entwurf des
Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 7. Dezember 1888, BBl 1888
IV 1137 S. 1144; BGE 53 III 10 S. 11), sowie den Schutz der Vermögenswerte vor
Diebstahl und Brandschaden zu gewährleisten (Richtlinien der Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer für das konkursamtliche Rechnungswesen vom 30. August 1972
Ziff. 2, BGE 98 III 1 ff.; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la
poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 7 zu Art. 9 SchKG).
Andererseits sollen Geldbeträge z.B. der Konkursmasse ohne langes Zuwarten an
die Depositenanstalt hinterlegt werden, damit das Geld gegebenenfalls verzinst
werden kann (BGE 55 III 92 E. 3 S. 94/95).

3.5.2. Art. 9 SchKG sieht keine Zinspflicht vor (PETER, in: Basler Kommentar,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 9 zu Art. 9
SchKG); es sind diejenigen Zinsen, welche tatsächlich erzielt werden, zur
hinterlegten Summe hinzuzuschlagen (PETER, a.a.O.; bereits BLUMENSTEIN, a.a.O.,
S. 48; vgl. BGE 127 III 182 E. 2b S. 185; 118 I 1 E. 2b S. 3, sowie Richtlinien
der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, a.a.O., Ziff. 2). Die Festlegung des
Zinses liegt in der Hand der Kantone, weil ihnen obliegt, als Depositenanstalt
das Institut bzw. mehrere Institute zu bezeichnen (Art. 24 SchKG), welche für
die Hinterlegung eine angemessene Vergütung anbieten (GILLIÉRON, a.a.O., N. 15
zu Art. 9 SchKG). Sieht das Gesetz aber keine Regelung über den Depotzins vor
und ist die angemessene Vergütung für die Hinterlegung durch die
kantonalrechtliche Bezeichnung der Depositenanstalt geregelt, besteht aus
zwangsvollstreckungsrechtlicher Hinsicht keine Grundlage, dass die
Aufsichtsbehörde über die Höhe des Zinses entscheidet. Nicht ausschlaggebend
ist daher, ob auf dem Kontokorrent-Guthaben bei der Depositenanstalt Zinsen als
Vergütung (BGE 115 II 349 E. 3 S. 355) geleistet werden, oder negative Zinsen
als entsprechende Kosten anfallen. Die Beschwerdeführerin behauptet selber zu
Recht nicht, dass für die Festlegung des Zinssatzes eine besondere Bestimmung
(wie Art. 20 Abs. 2 VZG: Zuständigkeit zum Entscheid über die Entschädigung des
Hilfsorganes bei Liegenschaftenverwaltung) bestehe, oder die
Hinterlegungskonditionen durch das Zwangsvollstreckungsrecht im Einzelnen
geregelt seien.

3.5.3. Wenn die Beschwerdeführerin sich gegen die Unangemessenheit des
tatsächlich erzielten bzw. erzielbaren Zinses auf dem Kontokorrent bei der
kantonalen Depositenanstalt wendet, läuft dies auf die Kritik am kantonalen
Recht hinaus, welches die Zuger Kantonalbank als eine der Depositenanstalten
bezeichnet hat. Eine Verfügung gemäss Art. 17 SchKG kann indes nur vorliegen,
wenn die Kompetenz zu einer (allfälligen) behördlichen Handlung durch das SchKG
oder ein Neben- oder Vollzugserlass eingeräumt wird (bereits BGE 31 I 764 E. 3
S. 770 und JAEGER, Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, 1911,
N. 3 a.E. zu Art. 17 SchKG; u.a. COMETTA/MÖCKLI, in: Basler Kommentar,
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 18 zu Art. 17 SchKG; STOFFEL/
CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, Rz. 66). Diese Voraussetzung ist für
das Schreiben der Beschwerdegegnerin betreffend Zinskonditionen nicht erfüllt,
weshalb keine Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG vorliegt.

3.6. Was die Beschwerdeführerin im Übrigen vorbringt, vermag am Ergebnis nichts
zu ändern.

3.6.1. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Auffassung der Vorinstanz, wonach
es sich bei der Hinterlegung von Vermögenswerten bei der Beschwerdegegnerin um
ein privatrechtliches Verhältnis handle. Wohl hält sie zu Recht fest, dass die
Funktion einer Bank als gesetzliche Depositenanstalt öffentliche
Zweckverfolgung darstellt (Urteil 2A.254/2000 vom 2. April 2001 E. 3a, ASA 70
S. 299). Daraus lässt sich nicht schliessen, dass die Gewährung bzw. Erhebung
des Zinses zwingend zwangsvollstreckungsrechtlicher Natur ist. Selbst die
Annahme, dass die Beschwerdegegnerin durch die Festlegung des Zinses vom
öffentlichen (kantonalen) Recht eingeräumte Hoheitsbefugnisse wahrgenommen hat,
würde - wie betreffend die Art und Weise der polizeilichen Hilfestellung (E.
3.4) - nichts daran ändern, dass keine Verfügung vorliegt, welche auf
Zwangsvollstreckungsrecht beruht (u.a. BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 75).

3.6.2. Die Beschwerdeführerin leitet aus Art. 24 SchKG bzw. dem Umstand, dass
die Kantone für die bei den Depositenanstalten verwahrten Vermögenswerte
haften, ein "öffentlichrechtliches Verhältnis" zwischen der Depositenanstalt
und dem hinterlegenden Zwangsvollstreckungsorgan ab. Es ist nicht ersichtlich,
inwiefern aus der Haftungsnorm - eine Art "bundesrechtliche Staatsgarantie der
Kantone" (GASSER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 5 SchKG) - mit Bezug auf die Festlegung
des Kontokorrentzinses auf das Vorliegen einer Verfügung im Sinne von Art. 17
SchKG zu schliessen ist.

3.6.3. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin lässt sich die Regelung
des Kontokorrentzinses bei der Depositenanstalt nicht auf die GebV SchKG
stützen. Darin wird einzig bestimmt, dass die Einzahlungen des Amtes bzw.
Zwangsvollstreckungsorganes auf ein Depot sowie Abhebungen gebührenfrei sind
(Art. 19 Abs. 2 GebV SchKG; BOESCH, in: Kommentar GebV SchKG, 2008, N. 4 zu
Art. 19 GebV SchKG). Es gibt sodann keinen Grund, für die Regelung des Zinses
der Depositenanstalt Art. 26 Abs. 1 GebV SchKG in analoger Weise anzuwenden.
Nach dieser Bestimmung wird für die Verwahrung beweglicher Sachen wie
gepfändeten oder verarrestierten Wertschriften monatlich 0.3 Promille vom Kurs-
bzw. Schätzungswert, höchstens Fr. 500.-- erhoben. Die Gebühr - d.h. das
Entgelt für die besondere Inanspruchnahme amtlicher Tätigkeit (BGE 136 III 155
E. 3.3 S. 157) - liegt u.a. darin begründet, dass die Überwachung des Depots
(auch bei der Depositenanstalt) einen gewissen Aufwand verursacht, weil es
kontrolliert und u.a. die allfälligen Zinsen geltend gemacht werden können
(BOESCH, a.a.O., N. 2, 4 zu Art. 26 GebV SchKG). Dass die Zinsen durch Gebühr
gemäss GebV SchKG geregelt oder als solche zu verstehen sind, lässt sich daraus
nicht ableiten. Schliesslich kann weder von einer nicht tarifierten Verrichtung
im Sinne von Art. 1 Abs. 2 GebV SchKG, noch von einer Lücke gesprochen werden,
denn andere als die in der GebV SchKG vorgesehenen Gebühren und Entschädigungen
dürfen nicht erhoben werden (BGE 136 III 155 E. 3.3 S. 157)

3.7. Nach dem Dargelegten ist nicht zu beanstanden, wenn die Aufsichtsbehörde
mangels eines Anfechtungsobjekts auf die Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG nicht
eingetreten ist.

4. 
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Verfahrensausgang wird
die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1,
Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 3'000.-- zu
entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Zug, II. Beschwerdeabteilung, Aufsichtsbehörde über Schuld-betreibung und
Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. April 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Levante

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