Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.49/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_49/2015

Urteil vom 4. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter,
Beschwerdeführerin,

gegen

Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer,

Bezirksgericht Aarau, Familiengericht, Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege (persönlicher Verkehr),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, vom 8. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ und B.________ sind die Eltern von C.A.________ (geb. 2012). Am
13. Juni 2014 reichte A.A.________ bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
(Bezirksgericht Aarau, Familiengericht) ein Gesuch um Kindesschutzmassnahmen
ein. Sie verlangte, dem Vater im gerichtsüblichen Umfang ein begleitetes
Besuchsrecht in einem Besuchstreffpunkt zu gewähren (Ziff. 1). Zudem sei eine
Beistandschaft im Sinn von Art. 308 Abs. 2 [ZGB] einzurichten, mit den
Aufgaben, den persönlichen Verkehr und die Regelung von Über- und Rückgabe des
Kindes zu überwachen sowie für das Inkasso der Kinderunterhaltsbeiträge besorgt
zu sein (Ziff. 2). Gleichzeitig ersuchte die Gesuchstellerin um unentgeltliche
Rechtspflege und um Beiordnung des unterzeichneten Rechtsanwalts als
unentgeltlichen Rechtsvertreter (Ziff. 3). Mit Eingabe vom 16. Juni 2014 wandte
sich B.________ an das Familiengericht und ersuchte diese Behörde um eine (wenn
nötig gerichtliche) "Regelung des Unterhaltsvertrags ab Auflösung der
Hausgemeinschaft".

B.

B.a. In der Folge strebten die Eltern zunächst eine gütliche Einigung an. Auf
ihr Betreiben hin sistierte der Gerichtspräsident am Familiengericht das
Verfahren mit Verfügung vom 22. Juli 2014 bis zum 31. August 2014. Mit
Schreiben vom 19. und 22. September 2014 ersuchten die Eltern das Gericht, das
Verfahren wieder aufzunehmen (A.A.________) bzw. zur "notwendigen
Gerichtsverhandlung" vorzuladen (B.________). Hierauf hob der Gerichtspräsident
die Sistierung auf und setzte den Eltern eine Frist von vierzehn Tagen, um zu
ihren jeweiligen Eingaben vom 13. bzw. 16. Juni 2014 (s. Bst. A) Stellung zu
nehmen (Verfügung vom 24. September 2014). Am 30. Oktober 2014 stellte der
Gerichtspräsident den Parteien die Stellungnahmen ihres jeweiligen Gegners "zur
Kenntnis" zu.

B.b. Mit Verfügung vom 6. November 2014 gewährte der Gerichtspräsident am
Familiengericht Aarau A.A.________ und B.________ je die unentgeltliche
Rechtspflege für die Gerichtskosten (Ziff. 1.1. und 1.2.). Ihre jeweiligen
Anträge um unentgeltliche Rechtsverbeiständung wies er hingegen ab (Ziff. 2.1.
und 2.2.). Gerichtskosten wurde keine erhoben (Ziff. 3), und es wurden auch
keine Parteientschädigungen zugesprochen (Ziff. 4).

C.

C.a. Gegen die Verfügung vom 6. November 2014 erhob A.A.________ am 12.
November 2014 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Sie verlangte,
diese Verfügung aufzuheben und ihr für das Verfahren vor dem Familiengericht
die vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Zudem ersuchte sie
auch für das Beschwerdeverfahren um unentgeltliche Rechtspflege und beantragte,
ihr den unterzeichneten Rechtsanwalt als unentgeltlichen Rechtsvertreter
beizuordnen.

C.b. Mit Entscheid vom 8. Dezember 2014 beschloss das Obergericht, das
Armenrechtsgesuch für das Beschwerdeverfahren abzuweisen. Auch die Beschwerde
gegen die Verfügung des Familiengerichts wies das Obergericht ab. Es auferlegte
A.A.________ die obergerichtliche Entscheidgebühr von Fr. 200.--. Die
obergerichtlichen Parteikosten wurden nicht übernommen.

D. 
A.A.________ (Beschwerdeführerin) wendet sich mit Beschwerde in Zivilsachen
bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 19. Januar 2015 an das
Bundesgericht. Sie verlangt, den Entscheid der Vorinstanz vom 8. Dezember 2014
vollumfänglich aufzuheben (Ziff. 2). Eventualiter verlangt sie, den Entscheid
der Vorinstanz vollumfänglich aufzuheben und zur Neubegründung an die
Vorinstanz zurückzuweisen (Ziff. 3). Subeventualiter verlangt sie, den
vorinstanzlichen Entscheid teilweise aufzuheben und ihr für das vorinstanzliche
Verfahren die vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Ziff.
4). Für das Verfahren vor dem Bundesgericht beantragt die Beschwerdeführerin
die unentgeltliche Rechtspflege und die Beiordnung des unterzeichneten
Rechtsanwalts als unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 29.
Januar 2015 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Ziff. 1) und
verfügt, dass die Kosten des Zwischenverfahrens zur Hauptsache geschlagen
werden (Ziff. 2).

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1
BGG) über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
In Bezug auf die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung für das
Verfahren vor dem Familiengericht hat das Obergericht als Rechtsmittelinstanz
geurteilt. Auch soweit das Obergericht das Armenrechtsgesuch der
Beschwerdeführerin für das kantonale Rechtsmittelverfahren abwies, ist die
Beschwerde unter dem Blickwinkel von Art. 75 Abs. 2 BGG zulässig (BGE 137 III
424 E. 2.2 S. 426 f. mit Hinweisen).

1.2. Das Familiengericht hatte das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung
mittels einer selbständigen, vorab eröffneten Verfügung abgewiesen. In dieser
Hinsicht betrifft der angefochtene Entscheid also einen Zwischenentscheid, der
nach der Rechtsprechung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG bewirken kann (Urteile 5A_765/2014 vom 5. Dezember
2014 E. 1 und 5D_158/2013 vom 24. September 2013 E. 1). Bei Zwischenentscheiden
folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647
f.). Dort dreht sich der Streit um Massnahmen auf dem Gebiet des
Kindesschutzes. Das ist eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, die in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und der Beschwerde in
Zivilsache unterliegt (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff. 6 BGG). Das gleiche
Rechtsmittel ist daher gegen den angefochtenen Zwischenentscheid zulässig.
Unter denselben Voraussetzungen steht die Beschwerde im Übrigen auch gegen den
Entscheid offen, welcher der Beschwerdeführerin für das kantonale
Rechtsmittelverfahren die "vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege"
versagt. Denn das Obergericht hat diesen Entscheid nicht unabhängig vom
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gefällt.

1.3. Die Beschwerdeführerin ist ohne Weiteres legitimiert, die Verweigerung der
von ihr beantragten unentgeltlichen Rechtspflege anzufechten (Art. 76 BGG). Die
Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 Bst. c
BGG). Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist einzutreten. Die gleichzeitig
eingereichte subsidiäre Verfassungsbeschwerde erweist sich damit als
gegenstandslos (Art. 113 BGG).

2. 
Im Bereich des Kindesschutzes sind die Bestimmungen über das Verfahren vor der
Erwachsenenschutzbehörde sinngemäss anwendbar (Art. 314 Abs. 1 ZGB). Diese
verwiesenen Normen regeln indessen nicht, unter welchen Voraussetzungen jemand
in einem Verfahren des Erwachsenenschutzes Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege hat. Nach Art. 450f i.V.m. Art. 440 Abs. 3 ZGB sind in diesem Fall
die Bestimmungen der ZPO (Art. 117-123 ZPO) sinngemäss anwendbar, soweit die
Kantone nichts anderes bestimmen. § 65b des aargauischen Einführungsgesetzes
zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 28. März 1911 (SAR 210.100) verweist
für die unentgeltliche Rechtspflege im Kindesschutzverfahren auf die
Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung. Mit Blick auf das
Verfahren der Beschwerde in Zivilsachen gelten diese Bestimmungen als
ergänzendes kantonales Recht (Urteil 5A_765/2014 vom 5. Dezember 2014 E. 2).
Soweit aber allein die Anwendung des kantonalen Rechts in Frage steht, kann die
Beschwerdeführerin nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, namentlich
des Willkürverbots geltend machen (s. BGE 139 III 225 E. 2.3 S. 231). Für diese
Vorbringen gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2; E. 2). Das Bundesgericht
prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Vorwürfe.
Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Was
den Sachverhalt angeht, ist das Bundesgericht grundsätzlich an die
Feststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich
kann die Beschwerdeführerin einzig vorbringen, die vorinstanzliche Feststellung
des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auch dafür gilt
das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S.
246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

3. 
Umstritten ist zum einen, ob das Familiengericht Aarau der Beschwerdeführerin
zu Recht die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters für das
erstinstanzliche Verfahren verweigert hat.

3.1. Die Vorinstanz macht geltend, dass in Kinderbelangen die uneingeschränkte
Untersuchungsmaxime gelte und das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen
erforsche (Art. 296 Abs. 1 ZPO). Die Parteien seien deshalb zwar nicht von
ihrer Mitwirkungspflicht befreit, doch müsse das Gericht auch ohne
entsprechende Parteianträge von sich aus tätig werden und alle notwendigen
Abklärungen treffen. Für das Sammeln des Prozessstoffs sei unter diesen
Umständen die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands nicht
erforderlich. Da das Gericht das Recht von Amtes wegen anwende (Art. 57 ZPO),
sei auch nicht notwendig, dass die Beschwerdeführerin das schweizerische Recht
kenne. Schliesslich gelte die Offizialmaxime, unter deren Geltung das Gericht
ohne Bindung an die Parteianträge entscheide (Art. 296 Abs. 3 ZPO). Deshalb sei
an die Voraussetzungen, unter denen eine Verbeiständung durch einen
Rechtsanwalt sachlich geboten sei, ein strenger Massstab anzulegen. Ferner habe
das Gericht in familienrechtlichen Angelegenheiten vornehmlich die Interessen
des Kindes und nicht diejenigen der Eltern zu wahren. Allfällige elterliche
Interessen müssten gegenüber dem Kindeswohl zurückstehen. Im Vordergrund stünde
das Kindeswohl, sodass das Verfahren nicht oder zumindest nicht besonders stark
in die Rechtsposition der Beschwerdeführerin einzugreifen drohe.

3.2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, bei der Beurteilung des
Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege nicht alle Argumente zu prüfen.
Insbesondere berücksichtige die Vorinstanz die an ihr verübte häusliche Gewalt
nicht. Angesichts der Drohungen des Kindsvaters habe sie sich aufgrund ihrer
psychischen Verfassung nicht alleine vor Gericht gegen den Kindsvater und
dessen Anwalt zur Wehr setzen können. Im Weiteren lege die Vorinstanz nicht
dar, welche Behauptungen neu und daher unbeachtlich seien. Damit verletze das
Obergericht ihren Anspruch auf einen begründeten Entscheid (Art. 29 Abs. 2 BV;
Art. 112 Abs. 1 Bst. b BGG). Sie sei den Angriffen des Vaters des Kindes
momentan nicht gewachsen. Die Schlüsse der Vorinstanz seien damit willkürlich
(Art. 9 BV). Die Vorinstanz verstosse gegen gefestigte bundesgerichtliche
Rechtsprechung, weil sie bei Kindesschutzverfahren generell keine
unentgeltliche Rechtsverbeiständung zulassen wolle. Dies verletze Art. 117 ZPO
und Art. 29 Abs. 3 BV und sei im Ergebnis krass ungerecht und damit
willkürlich. Es müsse im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen für
die unentgeltliche Rechtspflege gegeben seien. Die Tatsache, dass gegen den
Kindsvater in derselben Sache gestützt auf Art. 28b ZGB und Art. 265 ZPO eine
superprovisorische und eine vorsorgliche Fernhaltemassnahme angeordnet worden
sei, belege, dass ihre Interessen als Mutter besonders stark betroffen seien.
Willkürlich sei es auch, wenn die Vorinstanz die tatsächlichen und rechtlichen
Schwierigkeiten des Verfahrens verneine. Das Obergericht gehe selbst davon aus,
dass sie, die Beschwerdeführerin, die massgeblichen Rechtsinstitutionen nicht
kenne. In subjektiver Hinsicht lasse das Obergericht damit erneut ausser Acht,
dass sie Opfer von häuslicher Gewalt geworden sei und über keinerlei
Rechtskenntnisse verfüge. Damit verletze die Vorinstanz Art. 117 ZPO und Art.
29 Abs. 3 BV und wende diese willkürlich an (Art. 9 BV). Der Kindsvater habe
ihr gedroht, er werde sie fertigmachen, bis sie freiwillig gegen eine Mauer
fahre. Dies führe auf subjektiver Seite zu einer erheblichen Belastung, wenn es
zu einer Konfrontation vor Gericht komme. Sie könnte sich anlässlich einer
Verhandlung wegen ihrer Emotionen nicht hinreichend äussern. Sie sei immer noch
geschockt und tief verunsichert über die Wutausbrüche des Kindsvaters.
Weiter habe das Familiengericht verspätet über das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung entschieden und hätte es in diesem Moment nicht mehr ablehnen
dürfen. Die Problematik liege dabei darin, dass die KESB bei ihrem Entscheid
über die unentgeltliche Rechtspflege nicht mehr vom Sachverhalt ausgegangen
sei, wie er zu Beginn des Verfahrens bestanden habe. Dies verletze Art. 117
ZPO, wonach der Entscheid sofort zu fällen sei und nicht erst nach Durchführung
eines doppelten Schriftenwechsels. Dies habe der KESB die Arbeit wesentlich
erleichtert. Dass ihr, der Beschwerdeführerin, damit erhebliche Kosten
erwachsen seien, die sie nicht zu bezahlen vermöge, werde nicht berücksichtigt.
Schliesslich verletze der vorinstanzliche Entscheid auch den Grundsatz der
Waffengleichheit als Bestandteil des Fairnessgebots (Art. 6 Ziff. 1 EMRK und
Art. 29 Abs. 1 BV). Die Beschwerdeführerin habe sich nie abfällig über die
Familie des Kindsvaters geäussert und ihm auch nie gedroht. Die Ausgangslage
der beiden Parteien sei also von vorneherein ungleich. Unter diesen Umständen
habe sie einen wesentlichen Nachteil gegenüber ihrem Ehemann, der sich sehr
wohl alleine zu verteidigen wisse und zudem anwaltlich vertreten sei.

3.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht ein Anspruch auf
unentgeltliche Verbeiständung, wenn die Interessen der bedürftigen Partei in
schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines
Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren
besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist
die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten,
sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche
oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich
alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 S. 182). Der
vorinstanzliche Entscheid ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
Anders als die Beschwerdeführerin behauptet, stellt sich die Vorinstanz nicht
auf den Standpunkt, dass eine unentgeltliche Verbeiständung in Verfahren des
Kindesschutzes nie in Frage kommt. Das Obergericht ist bloss der Meinung, dass
dabei ein "strenger Massstab" anzulegen ist. Inwiefern sich ein solcher
Massstab mit ihren verfassungsmässigen Rechten nicht verträgt, vermag die
Beschwerdeführerin nicht zu erklären. Auch von einer mangelhaften Begründung
des Entscheids kann nicht die Rede sein. Der Entscheid der Vorinstanz ist
ausführlich begründet. Dabei ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz bei der
Würdigung des Sachverhalts wesentliche Punkte übersähe. Inwiefern sich die
Vorinstanz darüber hinwegsetzen würde, dass die Beschwerdeführerin Opfer von
häuslicher Gewalt geworden ist, tut die Beschwerdeführerin nicht dar. Vor allem
aber zeigt sie auch nicht auf, weshalb dieser Umstand für die Frage, ob sie im
hängigen Kindesschutzverfahren auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand
angewiesen ist, von ausschlaggebender Bedeutung sein soll. Das Gleiche gilt für
den Hinweis der Beschwerdeführerin, dass es ihr schwerer als dem Kindesvater
falle, sich zu wehren, und sich Letzterer erst noch einen Rechtsvertreter
leisten könne. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Vorinstanz die
beantragten Kindesschutzmassnahmen, namentlich das begleitete Besuchsrecht,
nicht als schwerwiegenden Eingriff in die Elternrechte bewertet hat. Dass
solche Ermessensentscheide immer auch anders ausfallen können, begründet noch
keine Bundesrechtsverletzung.
An der Sache vorbei geht schliesslich der Vorwurf, das Familiengericht habe
über das Armenrechtsgesuch erst nach Durchführung eines "doppelten
Schriftenwechsels" entschieden. Denn bei genauem Hinsehen lud das Obergericht
die Beschwerdeführerin lediglich dazu ein, sich ein erstes Mal zur Eingabe von
B.________ vom 16. Juni 2014 zu äussern. Entgegen dem, was die
Beschwerdeführerin glauben machen will, führte das Obergericht keinen zweiten
schriftlichen Meinungsaustausch im Sinne von Replik und Duplik durch. Dass
dieser (einzige) Schriftenwechsel erst im Herbst 2014 stattfand, haben sich die
Streitparteien selbst zuzuschreiben. Denn sie haben durch ihre jeweiligen
Anwälte die Sistierung des Kindesschutzverfahrens veranlasst, die sich bis Ende
September 2014 hinzog (s. Sachverhalt Bst. B.a). Wollte die Beschwerdeführerin
schon die besagte erste Stellungnahme zum gegnerischen Schriftsatz nicht ohne
Zusage der unentgeltlichen Verbeiständung erstellen lassen, wäre es an ihr
gewesen, das Familiengericht um einen sofortigen Entscheid über das
Armenrechtsgesuch bzw. um Abnahme der entsprechenden Frist bis zur Erledigung
des Gesuchsverfahrens zu bitten. Dass sie dies getan hätte und mit einem
solchen Ansinnen nicht gehört worden wäre, behauptet die Beschwerdeführerin
nicht und ergibt sich auch nicht aus den Akten.

4.

4.1. Alsdann wehrt sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass ihr das
Obergericht das Armenrecht für das kantonale Rechtsmittelverfahren insgesamt
versagt. Das Obergericht weist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für
das kantonale Beschwerdeverfahren ab. Es begründet diesen Entscheid mit
folgendem Satz: "Sie [die Beschwerde] hat sich als aussichtslos erwiesen,
sodass auch das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
Beschwerdeverfahren abzuweisen ist (Art. 117 lit. b ZPO; BGE 139 III 475 Erw.
2.2)." Die Beschwerdeführerin bestreitet die vorinstanzliche Beurteilung der
Erfolgsaussichten ihrer kantonalen Beschwerde.

4.2. Aussichtslos im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV sind nach der Rechtsprechung
Prozessbegehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als
die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden
können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich
Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur
wenig geringer sind als diese. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten
bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung
der Verhältnisse zur Zeit, in der das Armenrechtsgesuch gestellt wurde (BGE 133
III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen). Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten
eines Rechtsmittels kommt es darauf an, ob das Rechtsmittel prozessual
unzulässig oder aussichtslos ist. Mithin ist zu berücksichtigen, dass ein
erstinstanzlicher Entscheid vorliegt, der mit den gestellten Rechtsbegehren
verglichen werden kann (Urteil 5A_765/2014 vom 5. Dezember 2014 E. 3 mit
Hinweisen).

4.3. Allein aus der Tatsache, dass das Familiengericht der Beschwerdeführerin
die unentgeltliche Verbeiständung im Ergebnis zu Recht verweigert hat (vgl. E.
3.3), folgt nach dem Gesagten nicht, dass das Rechtsmittel gegen den Entscheid
des Familiengerichts aussichtslos ist. Immerhin benötigte das Obergericht
beinahe sechs Textseiten, um der Beschwerdeführerin zu erklären, weshalb ihr
das Familiengericht die unentgeltliche Verbeiständung zu Recht verweigerte.
Angesichts dessen kann nicht gesagt werden, dass die Gewinnaussichten der
Beschwerdeführerin von Anfang an beträchtlich geringer waren als die Gefahr, im
kantonalen Beschwerdeverfahren zu unterliegen. Insofern erweist sich die
Beschwerde als begründet. Das Obergericht wird in einem neuen Entscheid prüfen
müssen, ob die Beschwerdeführerin auch nicht über die Mittel verfügt, um ihren
Prozess selbst finanzieren zu können. Bei diesem Ergebnis erübrigen sich
Erörterungen zur weiteren Rüge, dass der angefochtene Entscheid den
verfassungsmässigen Anforderungen an eine gehörige Begründung (Art. 29 Abs. 2
BV) nicht genüge.

5.
Bei diesem Ausgang des Beschwerdeführers obsiegt die Beschwerdeführerin
teilweise. Im Umfang ihres Unterliegens hat sie für die Gerichtskosten
aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Kanton Aargau sind keine Gerichtskosten
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Er hat die Beschwerdeführerin aber im Umfang
ihres Obsiegens im Verfahren vor dem Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche
Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist
(Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin wird auf die
Rückerstattungspflicht hingewiesen (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Beschluss und die Ziffern 2 und
3 des Entscheids des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer,
werden aufgehoben. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung
an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird der
Beschwerdeführerin Rechtsanwalt Julian Burkhalter als Rechtsbeistand
beigegeben.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt,
vorläufig aber auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

5. 
Rechtsanwalt Julian Burkhalter wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr.
1'000.-- entschädigt.

6. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, und dem Bezirksgericht Aarau, Familiengericht,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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