Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.450/2015
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_450/2015

Urteil vom 11. März 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
nebenamtlicher Bundesrichter Th. Geiser,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Brenner,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Denise Dornier-Zingg,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nebenfolgen der Scheidung (Wegzug des Kindes),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer,
vom 29. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1966, französischer Staatsangehöriger) und B.________ (geb.
1973, österreichische Staatsangehörige) heirateten am 14. Januar 2011. Sie
haben die gemeinsamen Kinder C.________ (geb. 2010) und D.________ (geb. 2011).
Über die Jahreswende 2011/2012 trennten sich die Ehegatten. Auf ein
Eheschutzbegehren der Ehefrau hin genehmigte die Familienrichterin des
Kreisgerichts St. Gallen eine Vereinbarung der Ehegatten über die Kinderbelange
und den Unterhalt.

B. 
Am 18. September 2013 verlangten die Eheleute gemeinsam die Scheidung und am
25. April 2014 stellte die Ehefrau ein Gesuch um Erlass vorsorglicher
Massnahmen. Mit Urteil vom 7. Juli 2014 schied das Kreisgericht St. Gallen die
Ehe zwischen den Parteien. Es beliess den Eltern das gemeinsame Sorgerecht,
teilte aber die Kinder insofern der Mutter zu, als es sie unter deren alleinige
Obhut stellte und auch bestimmte, dass sie bei ihr wohnen. Dem Vater wurde ein
Besuchsrecht für jedes zweite Wochenende von Samstag, 9.00 Uhr, bis Sonntag,
18.00 Uhr, sowie ein Ferienrecht von zwei Wochen pro Jahr eingeräumt. Im
Weiteren erteilte das Gericht der Mutter die Erlaubnis, den Aufenthaltsort der
Kinder nach Graz zu verlegen. Für die Zeit ab dem Umzug wurde dem Vater das
Recht eingeräumt, die Kinder jedes erste Wochenende im Monat von Freitag, 8.00
Uhr, bis Sonntag, 18.00 Uhr, in Graz zu besuchen, wobei er jeweils zwei Wochen
vorher mitzuteilen habe, ob er das Besuchsrecht wahrnehme; die Mutter wurde
verpflichtet, die Kinder alle drei Monate (Februar, Mai, August, November)
jeweils am dritten Wochenende des Monats nach U.________ zu bringen, so dass
der Vater mit den Kindern die Zeit von Freitag, 9.30 Uhr, bis Sonntag, 14.00
Uhr, verbringen könne. Das Ferienrecht wurde für die Zeit nach dem Umzug nach
Graz unverändert auf zwei Wochen pro Jahr festgesetzt. Ferner ordnete das
Kreisgericht eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB an. Zudem
regelte es den Unterhalt für die Ehefrau und die Kinder, und zwar separat für
die Zeit in der Schweiz und für die Zeit ab dem Umzug nach Graz. Gleichzeitig
traf das Gericht für die Zeit bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils als
Massnahme die gleiche Regelung wie im Scheidungsurteil.
Dagegen erhob A.________ Berufung. Mit Entscheid vom 29. April 2015 bestätigte
das Kantonsgericht St. Gallen die erstinstanzliche Regelung, insbesondere die
Kinderzuteilung und die Erlaubnis, den Wohnsitz der Kinder nach Graz zu
verlegen.

C. 
Gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 1. Juni 2015 eine
Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er verlangt die Abweisung des Begehrens um
Erlaubnis zur Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder, ein ausgedehnteres
Besuchsrecht (jedes zweite Wochenende bereits ab Freitagabend statt
Samstagmorgen sowie alternierend an Ostern, Auffahrt, Pfingsten und
Weihnachten) und die Neuverteilung der Prozesskosten, eventualiter die
Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht zur neuen Entscheidung in den
betreffenden Punkten. Ferner verlangt der Beschwerdeführer die unentgeltliche
Rechtspflege. Mit Präsidialverfügung vom 9. Juli 2015 wurde die aufschiebende
Wirkung erteilt. Mit Schreiben vom 13. November 2015 beantragt das
Kantonsgericht die Abweisung der Beschwerde. Mit Vernehmlassung vom 3. Dezember
2015 beantragt die Mutter ebenfalls die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei; ferner verlangt auch sie die unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid in einer Zivilsache
über nicht vermögensrechtliche Streitpunkte; die Beschwerde in Zivilsachen
steht offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).
Zulässig sind rechtliche Vorbringen im Sinn von Art. 95 f. BGG. Hingegen ist
die obergerichtliche Sachverhaltsfeststellung für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Wird eine
Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der Beschwerdeschrift mit klar
und detailliert erhobenen und soweit möglich belegten Rügen (BGE 134 II 244 E.
2.2 S. 246) dargetan werden, inwiefern diese Feststellung offensichtlich
unrichtig und damit willkürlich ist und inwiefern die Behebung des Mangels für
den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.; 137 III 226 E. 4.2 S. 234).

2. 
Umstritten ist in erster Linie, ob der Mutter zu erlauben ist, den
Aufenthaltsort der Kinder nach Graz zu verlegen. Dies richtet sich nach Art.
301a Abs. 2 lit. a ZGB, welcher auf den 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist.

2.1. Die kantonalen Gerichte sind von der Tatsache ausgegangen, dass die Kinder
hauptsächlich von der Mutter betreut werden, und haben erwogen, dass diesfalls
die Verlegung des Aufenthaltsortes nur in Ausnahmefällen zu verweigern sei.
Zwar könne das Besuchsrecht des Vaters durch die langen Reisewege weniger oft
ausgeübt werden und würden spontane Besuche unmöglich. Auf der anderen Seite
habe die Mutter ihren Umzugswunsch gut begründet. Sie wolle nach der Trennung
zu ihren Wurzeln und in ihr Heimatland zurückkehren, zumal sie sich in der
Schweiz nicht integriert fühle. Es sei nachvollziehbar, dass sie in Graz punkto
Arbeitsbedingungen (Gastgewerbe), subjektives Wohlbefinden und
Kinderfremdbetreuung bessere Perspektiven sehe. Im Übrigen seien dort ähnliche
Lebensbedingungen zu erwarten und für die Kinder seien keine Gefahren
ersichtlich, zumal sie österreichische Staatsbürger seien und es um das gleiche
sprachliche Umfeld gehe. Was den Vater anbelange, zeige sich auch in den
neusten Eingaben kein besonders inniges und vertrautes Verhältnis mit den
Kindern. Die gelebte Betreuungssituation würde sich mit einem Wegzug nicht
verändern; er verlange denn auch weiterhin "bloss" ein übliches Besuchsrecht
und wolle keine namhaften Betreuungsanteile übernehmen. Es wäre deshalb
unangemessen, der Mutter den Wegzug zu verbieten; vielmehr sei das Besuchsrecht
des Vaters an die beabsichtigte neue Situation anzupassen.

2.2. Der Vater macht beschwerdeweise geltend, die Kinder hätten das Recht auf
Betreuung durch beide Elternteile und der Kontakt dürfe nicht durch einen Umzug
faktisch vereitelt werden. Die Mutter habe den Umzug nicht sorgfältig geplant
und überlegt; insbesondere könne sie für Graz weder eine Arbeit noch eine
Wohnung nachweisen. Es sei völlig willkürlich, wenn das Kantonsgericht
festgehalten habe, sie könne dies aufgrund der eingelegten Rechtsmittel nicht.
Es sei im Übrigen zynisch zu sagen, Graz biete gute Arbeits-, Sozial- und
Wohnverhältnisse; das Kindeswohl stehe bereits dann in Frage, wenn die
Arbeits-, Wohn- und Betreuungssituation am neuen Ort nicht vollständig klar
sei, zumal die Mutter in U.________ erwiesenermassen über eine Arbeit und eine
Wohnung verfüge. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb sie sich trotz
ihres langjährigen Aufenthaltes in der Schweiz nicht integriert fühle, er
selbst sei ja auch Ausländer, sogar mit anderer Muttersprache, und habe sich
problemlos integrieren können. Die Mutter verfüge in Graz nicht mehr über viele
soziale Kontakte und es sei fraglich, ob sie sich dort ein Netz aufbauen könne.
Sodann verfüge sie nicht über die nötige Bindungstoleranz; die gegenteiligen
Feststellungen beruhten auf willkürlicher Beweiswürdigung. Im Übrigen werde
sein Besuchsrecht mit einer Bewilligung des Umzuges in unzulässiger Weise
beschnitten. Auch die Tatsache einer binationalen Ehe mache den Umzug nicht
zulässig. Das Kantonsgericht missachte das Kindeswohl, wenn es den Umzug
bewillige, zumal zweifelsfrei feststehen müsste, dass der Umzug wohl überlegt
und nicht rechtsmissbräuchlich sei.
Die Mutter bringt vernehmlassungsweise vor, der Umzug in ihre Heimat sei wohl
überlegt. Sie könne aber keinen Arbeits- und Mietvertrag unterzeichnen oder die
Kinder in der Schule anmelden, solange aufgrund der väterlicherseits
eingereichten Rechtsmittel nicht feststehe, wann sie ausreisen könne. Der Vater
verlange deshalb Beweise, welche objektiv nicht erbracht werden könnten. Es
gehe nicht um ein entlegenes, exotisches oder gefährliches Land, weshalb die
Befürchtungen des Vaters unbegründet seien; die Kinder wären in Graz ebenso gut
versorgt, beschult und betreut. Im Übrigen seien für sie die Arbeitsbedingungen
in Graz besser; sie verliere ihre Arbeitsstelle in der Schweiz und werde ab
2016 zur Sozialhilfebezügerin, soweit sie nichts Neues finde.

2.3. Mit Bundesgesetz vom 21. Juni 2013, in Kraft getreten auf 1. Juli 2014 (AS
2014 357), wurde die elterliche Sorge und in diesem Zusammenhang auch das
Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die Kinder einer Revision unterzogen.
Das neue Recht statuiert als allgemeinen Grundsatz die gemeinsame elterliche
Sorge, auch für geschiedene oder nicht miteinander verheiratete Eltern (zu den
Ausnahmen vgl. BGE 141 III 472). Während unter altem Recht das
Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Obhutsrechtes aufzufassen war (vgl.
BGE 136 III 353), bestimmt die Gesetzesnovelle, dass die elterliche Sorge das
Recht einschliesst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs.
1 ZGB). Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein
Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der
Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts bzw. der
Kindesschutzbehörde, wenn der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt oder der
Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der
elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat
(Art. 301 Abs. 2 ZGB).
Grundgedanke dieser Norm ist, dass die Beziehung zu den Elternteilen vom
Aufenthaltsort des Kindes abhängt und deshalb keiner alleine diesen verlegen
können soll, wenn dadurch die Ausübung der Elternrechte des andern erheblich
betroffen werden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 16. November 2011, BBl
2011 9107 f.). Für die transnationale Verlegung des Aufenthaltsortes war zudem
die Überlegung wesentlich, dass damit ein Wechsel der Jurisdiktion in Bezug auf
die Kinderbelange verbunden ist (vgl. Art. 5 des Haager
Kindesschutzübereinkommens, HKsÜ, SR 0.211.231.011, und Art. 5 Abs. 2 lit. a
und c des Lugano-Übereinkommens, LugÜ, SR 0.275.12), weshalb unabhängig von der
Distanz des neuen Aufenthaltsortes und dem konkreten Einfluss auf die Ausübung
der elterlichen Sorge die Zustimmung des anderen Elternteils bzw. des Gerichtes
oder der Kindesschutzbehörde erforderlich sein soll (Botschaft, BBl 2011 9108).
Die materielle Regelungszuständigkeit für die Fragen der elterlichen Sorge, der
Obhut bzw. der Betreuung, des persönlichen Verkehrs und des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes obliegt bislang ausschliesslich dem nationalen
Gesetzgeber. Zwar gibt es in diesem Sachbereich auf internationaler Ebene
verschiedene Übereinkommen; diese betreffen aber einzig die Zuständigkeiten,
das anwendbare Recht und die Urteilsanerkennung bzw. -vollstreckung. Sodann
bestehen Rechtshilfeabkommen bei internationalen Kindesentführungen, namentlich
das Haager Entführungsübereinkommen (HKÜ, SR 0.211.230.02). Dieses regelt die
Folgen der Verletzung einer dem anderen Elternteil ausschliesslich oder
gemeinsam zustehenden Sorgerechtsposition (Art. 3 HKÜ) bzw. des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes über das Kind (Art. 5 HKÜ). Wem in materieller
Hinsicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, so dass es zu einer
widerrechtlichen Verletzung im Sinn von Art. 3 und 5 HKÜ und somit zu einer
Entführung im Sinn des HKÜ kommen kann, ist jedoch zwangsläufig nicht im
Übereinkommen normiert; vielmehr bemisst sich dies nach dem Recht, welches
gemäss dem internationalen Privatrecht im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes
des Kindes vor dem widerrechtlichen Verbringen Anwendung findet (vgl. Urteil
5A_764/2009 vom 11. Januar 2010 E. 3.1).
Was die materiellen Aspekte anbelangt, gibt es auf internationaler Ebene im
Zusammenhang mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht und dem Wegzug von Kindern
(sog. Relocation) erst verschiedene Bemühungen für eine mögliche künftige
Vereinheitlichung, welche indes für den nationalen Gesetzgeber bislang in
keiner Hinsicht verbindlich sind. Zu nennen ist die sog. Washingtoner Erklärung
(Washington Declaration on International Family Relocation), welche von der
internationalen Richterkonferenz (International Judicial Conference) im März
2010 verabschiedet wurde. Darin wird ein Katalog von Entscheidungskriterien
aufgeführt, wenn sich die Eltern nicht über den Aufenthaltsort des Kindes im
Wegzugsfall einigen können. Unter anderem werden die Möglichkeit der
Aufrechterhaltung einer Beziehung zu beiden Elternteilen, die Wünsche des
Kindes, die Vorschläge der Eltern, die Gründe für den Wegzug, die
Erziehungskontinuität, die vorbestehende Sorge- und Umgangsrechtsregelung, die
Vollstreckbarkeit der Vereinbarung und die Mobilität der Familienmitglieder als
mögliche Kriterien genannt, wobei zwischen diesen ausdrücklich keine Hierarchie
bestehen soll. Zu erwähnen ist weiter die Empfehlung des Europarates vom Mai
2011 betreffend Kinderrechte (Recommendation on the Rights and Legal Status of
Children and Parental Responsibilities), deren "Principle 31" sich der
"Residence and Relocation" widmet. Die darin enthaltenen Empfehlungen gehen
dahin, dass die Staaten geeignete Mechanismen wie die Mediation fördern und im
Streitfall die zuständige Behörde entscheiden soll, soweit das nationale Recht
nichts anderes vorsieht; dabei sollte in erster Linie auf das Kindeswohl
abgestellt, im Übrigen aber auch alle weiteren relevanten Faktoren gebührend
berücksichtigt werden. Schliesslich sind auf der Haager Ebene Arbeiten im Gang,
Grundlagen im Bereich der Relocation zu schaffen. Im Januar 2012
veröffentlichte das Ständige Büro (Permanent Bureau) der Haager Konferenz einen
Vorbericht (Preliminary Note on International Family Relocation), in welchem es
empfahl, dass die Spezialkommission (Special Commission) weitere Untersuchungen
zum Thema anstellt (Preliminary Note, Rz. 83). Diese hielt im Januar 2012 fest,
dass die Washingtoner Erklärung eine taugliche Basis für kommende Arbeiten
bilde und weitere Grundlagenarbeit zu erbringen sei (Conclusions and
Recommendations, Rz. 83 f.). Der erwähnte Vorbericht des Ständigen Büros hebt
hervor, dass sich die jüngere sozio-psychologische Forschung keineswegs einig
sei, ob dem Kindeswohl mit umfangreichem Kontakt zu beiden Elternteilen (was
die Erlaubnis des Wegzuges tendenziell ausschliesst) am besten Rechnung
getragen sei oder ob in erster Linie die Qualität des Kontaktes zum
hauptbetreuenden Elternteil (was den Wegzug tendenziell erlaubt) für das
Gedeihen des Kindes verantwortlich sei (Preliminary Note, Rz. 32). Weiter hält
der Vorbericht fest, dass nur wenige Staaten die Relocation konkret geregelt
und spezifische Verfahrensnormen aufgestellt hätten (Preliminary Note, Rz. 44
f.). Etliche Staaten gingen das Problem unter dem Aspekt des Sorge- bzw.
Obhutsrechts und dessen Abänderung an (Preliminary Note, Rz. 46). Der
Vorbericht weist ferner darauf hin, dass für den Ausgang des Wegzugsverfahrens
entscheidend sein könne, ob bestimmte Vermutungen oder Beweislastregeln gälten
oder die Beweise frei zu würdigen seien oder sogar die Offizialmaxime gelte
(Preliminary Note, Rz. 48 ff.).
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der nationale Gesetzgeber dazu aufgerufen,
aber inhaltlich frei ist, das Aufenthaltsbestimmungsrecht in Bezug auf die
Kinder, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage des Wegzuges, zu regeln. Wie
die mit der Gesetzesnovelle vom 21. Juni 2013 erfolgte Normierung aussieht, ist
nachfolgend darzustellen.

2.4. Im Entwurf des Bundesrates war Art. 301a Abs. 2 ZGB dahingehend
formuliert, dass der Wegzug des anderen Elternteiles und des Kindes
zustimmungsbedürftig sei ("Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus
und will ein Elternteil seinen Aufenthaltsort oder jenen des Kindes wechseln,
so bedarf dies der Zustimmung..."). Die Botschaft des Bundesrates vom 16.
November 2011 betonte diesbezüglich, dass auch ein Ortswechsel nur des
Elternteiles allein (insbesondere auch der Ortswechsel des nicht
hauptbetreuenden Elternteils) des elterlichen Konsenses bedürfe (BBl 2011
9107).
Dass der Umzug einer erwachsenen Person aufgrund der Tatsache eines gemeinsamen
Kindes von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein sollte, stiess in
der Vernehmlassung auf Kritik und führte in der parlamentarischen Beratung zu
Kontroversen (vgl. die nationalrätliche Debatte, AB 2012 N 1652 ff., und die
ständerätliche Debatte, AB 2013 S 12 ff.), weil damit eine Anzahl von
verfassungsmässigen Rechten (insbesondere die Niederlassungsfreiheit, Art. 24
BV, aber auch die persönliche Freiheit und die Gewerbefreiheit, vgl. TUOR/
SCHNYDER/JUNGO, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl. 2015, S. 514),
beeinträchtigt worden wären.
Die vorberatende Kommission des Ständerates bzw. der Ständerat trug der
geäusserten Kritik dahingehend Rechnung (vgl. AB 2013 S 13 ff.), dass in Abs. 2
die Zustimmungsbedürftigkeit auf die Veränderung des Aufenthaltsortes des
Kindes beschränkt und Art. 301a ZGB im Übrigen um die Absätze 3-5 ergänzt wurde
(Informationspflicht bei alleinigem Sorgerecht; Informationspflicht in Bezug
auf den eigenen Wohnsitzwechsel; Verständigung bzw. Entscheid über die
Anpassung der Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltes).
Der Nationalrat stimmte dieser Fassung von Art. 301a ZGB zu (AB 2013 N 704).
Bundesrätin Sommaruga nahm im Ständerat zur Kritik an der ursprünglichen
Fassung des Entwurfes wie folgt Stellung: Der Zweck der Norm bestehe in der Tat
nicht darin, den Umzug eines Elternteils zu verhindern, sondern die Eltern dazu
zu bewegen, vor einem Umzug dessen Auswirkungen auf die Ausübung der
gemeinsamen elterlichen Sorge zu prüfen und wenn nötig die bestehende Regelung
über die Kinderbelange anzupassen. Die ständerätliche Kommission habe sich
wirklich bemüht, eine Lösung zu finden, die dieses Anliegen etwas besser zum
Ausdruck bringe, und sie [Bundesrätin Sommaruga] dürfe heute sagen, dass dies
der Kommission sehr gut gelungen sei (AB 2013 S 14).

2.5. Was die Auslegung von Art. 301a ZGB und dabei insbesondere die für die
Wegzugsfrage relevanten Kriterien anbelangt, bildet der mit der verabschiedeten
Fassung von Abs. 2 bewusst getroffene Entscheid des Gesetzgebers, dass die
Niederlassungs- bzw. die Bewegungsfreiheit der Elternteile zu respektieren ist,
den Ausgangspunkt.
Diese gesetzgeberische Wertung ist nicht nur im Zusammenhang mit den
verfassungsmässigen Rechten der Eltern (Niederlassungsfreiheit, persönliche
Freiheit, Gewerbefreiheit), sondern ebenso im Kontext mit dem Grundsatz der
Familienautonomie, welcher das Zivilgesetzbuch prägt, zu lesen. Es besteht ein
allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, dass der Staat grundsätzlich nicht in
die Lebensplanung der Eltern eingreifen soll. Dies gilt auch für die
Aufenthaltsfrage der Kinder. Familien können beliebig herumziehen oder
auswandern; es bestehen keinerlei Genehmigungspflichten, und der Staat enthält
sich selbst dann einer Intervention, wenn die damit einhergehende Relocation
des Kindes seinem Wohl abträglich ist oder gegen dessen ausdrücklichen Willen
geschieht. Die Respektierung der privatautonomen elterlichen Entscheidung durch
den Staat beruht letztlich auf der Annahme, dass die Eltern ihre Verantwortung
wahrnehmen und am besten dazu berufen sind, die Maxime des Kindeswohles mit
Inhalt zu füllen (vgl. sinngemäss COESTER-WALTJEN, Relocation - from Theory to
Practice, in: iFamZ 2012, S. 312). Es wäre wenig einsichtig, weshalb für den
Fall des elterlichen Dissenses in Bezug auf die Relocation des Kindes die
Elternautonomie aufgehoben sein (COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 313) und es zu
einer Diskussion über die Motive für den Wegzug und damit zu einer staatlichen
"Gesinnungsschnüffelei" (vgl. FASSBIND, Inhalt des gemeinsamen Sorgerechts, der
Obhut und des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Lichte des neuen gemeinsamen
Sorgerechts als Regelfall, in: AJP 2014 S. 699) durch den Richter oder die
Kindesschutzbehörde kommen sollte.
Im Zusammenhang mit der Grundrechtsausübung ist schliesslich zu bemerken, dass
es keineswegs nur um die Niederlassungsfreiheit, sondern ebenso sehr um die
persönliche Freiheit bzw. die Freiheit der Lebensgestaltung an sich geht.
Freilich können Betreuungspflichten zu einer Einschränkung dieser Rechte, aber
insbesondere auch zu faktischen Schwierigkeiten bei der Ausübung dieser
Freiheiten führen; dies ist bei zusammenlebenden Paaren nicht anders als bei
alleinerziehenden Eltern. Die Tatsache, dass gemeinsame Kinder vorhanden sind,
ist aber kein Grund, die Ausübung von Freiheitsrechten über das Konzept des
Gesetzgebers hinaus zu beschneiden. Dies ergibt sich insbesondere auch aus
einer Parallelwertung mit anderen familienrechtlichen Instituten, welche auf
der Ausübung von Grundfreiheiten beruhen und die Lebensplanung betreffen.
Beispielsweise hat der Gesetzgeber die Scheidungsfreiheit nicht beschränkt, nur
weil aus der Ehe gemeinsame Kinder hervorgegangen sind; dem Scheidungsbegehren
eines Elternteils ist selbst dann stattzugeben, wenn der andere Teil
scheidungsunwillig ist oder es der grösste Wunsch der Kinder wäre, dass die
Eltern zusammen bleiben. Es wird mit anderen Worten von der sich aus
einseitiger Willensausübung ergebenden Scheidungstatsache ausgegangen und als
Folge werden die Kinderbelange neu geregelt, wobei das Kindeswohl hierfür die
Leitmaxime bildet (Art. 133 Abs. 2 ZGB). Ebenso wenig ist ein Elternteil daran
gehindert, durch das Eingehen einer (neuen) Ehe von seiner Ehefreiheit Gebrauch
zu machen, selbst wenn der frühere Partner damit nicht einverstanden ist oder
sich die Kinder aus der früheren Beziehung dagegen auflehnen und eine
Beeinträchtigung des Kindeswohls zur Debatte steht. Auch hier wird von der sich
aus dem Heiratswillen des einen Elternteils ergebenden Tatsache der (Neu-)
Verheiratung ausgegangen und sind als Folge gegebenenfalls die Belange der aus
der früheren Beziehung stammenden Kinder anzupassen, wiederum unter Beachtung
des Kindeswohl als oberster Maxime.
Aus dem gleichen Wertungsgedanken heraus hat der Gesetzgeber, was die
Niederlassungsfreiheit der Elternteile anbelangt, den gegenüber dem
Gesetzesentwurf geäusserten Bedenken durch eine bewusste Modifikation von Art.
301a Abs. 2 ZGB Rechnung getragen und dafür gesorgt, dass die Schweiz nicht
aufgrund einer "faktischen Residenzpflicht" (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S.
359) zu einem "Müttergefängnis" (vgl. Entscheid des Obergerichtes des Kantons
Bern vom 26. Mai 2014, in: FamPra.ch 2015, S. 252) wird. Das bedeutet, dass die
- ohnehin kaum justiziablen - Motive des wegziehenden Elternteils grundsätzlich
nicht zur Debatte stehen können. Vielmehr ist von der Hypothese auszugehen,
dass der eine Elternteil wegzieht (so auch COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 314),
und es ist als Folge die Eltern-Kind-Beziehung soweit nötig anzupassen (Art.
301a Abs. 5 ZGB). Insofern entspricht die vom Gesetzgeber verabschiedete
Gesetzesfassung dem, was der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) für die
internationale Relocation durch richterliche Rechtsfindung festgehalten hat:
In Deutschland finden sich im Gesetz keine die Wegzugsfrage direkt regelnde
Normen. Anwendbar sind § 1631 Abs. 1 BGB, wonach die Personensorge das
Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind umfasst, in Verbindung mit § 1671 Abs.
1 BGB, wonach der getrennt lebende Elternteil beantragen kann, dass ihm das
Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil davon allein überträgt. Im
Sinne einer Leitentscheidung hat der BGH im Beschluss XII ZB 81/09 vom 28.
April 2010 - betreffend einen Wegzug nach Mexiko - festgehalten, dass das
Kindeswohl der Massstab sei (Rz. 17). Die verfassungsrechtlich in Art. 2 des
Grundgesetzes garantierte allgemeine Handlungsfreiheit des
auswanderungswilligen Elternteils bestimme die tatsächliche Ausgangslage, denn
für die Beurteilung des Kindeswohls sei nicht davon auszugehen, dass der
hauptsächlich betreuende Elternteil mit dem Kind im Inland verbleibe, selbst
wenn dies mit dem Kindeswohl am besten zu vereinbaren wäre, sondern dass er
seinen Auswanderungswunsch in die Tat umsetze (Rz. 22). Die Motive für den
Auswanderungsentschluss stünden nicht zur Überprüfung durch das Gericht;
insoweit komme es nicht darauf an, ob der Elternteil triftige Gründe anführen
könne (Rz. 23). Die Befugnisse des Gerichtes hätten sich darauf zu
konzentrieren, wie sich die Auswanderung auf das Kindeswohl auswirke; verfolge
der Elternteil mit der Übersiedlung den Zweck, den Kontakt zum anderen
Elternteil zu vereiteln, stehe die Bindungstoleranz und somit die
Erziehungseignung in Frage; bei schädlichen Auswirkungen der Auswanderung für
das Kind sei die Erziehungseignung in Zweifel zu ziehen und könne sogar ein
Entzug des Sorgerechts angebracht sein; bei einem ersichtlich unvernünftigen
Vorhaben würden sich für die Kontinuität und die Qualität der Bindung zum
Obhutselternteil nachteilige Folgen ergeben und sei das Sorgerecht bei
bestehender Erziehungseignung gegebenenfalls dem anderen Elternteil zu
übertragen (Rz. 24). Einer Auswanderung stehe nicht ohne weiteres entgegen,
dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen
gehöre; auch wenn durch die Auswanderung der Umgang mit dem anderen Elternteil
wesentlich erschwert werde, ergebe sich daraus allein weder eine generelle noch
eine vermutete Kindeswohlschädlichkeit (Rz. 25). Die Entscheidung des Gerichtes
sei nicht durch tatsächliche oder rechtliche Vermutungen eingeengt; zu fragen
sei, ob die Auswanderung mit dem hauptbetreuenden Elternteil oder der Verbleib
des Kindes beim weiter im Inland ansässigen Elternteil die für das Kindeswohl
bessere Lösung sei (Rz. 28). Analog zu den vorstehenden Erwägungen hat der
Bundesgerichtshof auch im Entscheid XII ZB 407/10 vom 16. März 2011
argumentiert.

2.6. Ähnliche Überlegungen müssen, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, für die
Auslegung und Anwendung von Art. 301a ZGB gelten. Wie gesagt ist von der
Prämisse auszugehen, dass der eine Elternteil in Ausübung seiner
Freiheitsrechte wegziehen will. Es ist mithin nicht ein Vorzustand zu
perpetuieren, sondern eine neue Situation zu regeln (vgl. FASSBIND, a.a.O., S.
697). Die hierbei aufkommende Frage, wo sich im Rahmen der neuen Begebenheiten
der Aufenthaltsort des Kindes befinden soll, ist ausgerichtet am Kindeswohl zu
beantworten (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB; Botschaft, BBl 2011 9108). Dieser
Grundsatz geniesst Verfassungsrang (Art. 11 BV) und bildet für sämtliche
Kindesbelange die oberste Richtschnur (BGE 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255; 141 III
312 E. 4.2.4 S. 319; 141 III 328 E. 5.4 S. 340). Entsprechend liess sich die
Rechtsprechung in Bezug auf die Relocation eines Kindes bereits unter dem alten
Recht von der Maxime des Kindeswohls leiten (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 358
im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Wegzug nach Tschechien). Sie bildet
auch in den umliegenden Ländern die Richtschnur für die Ausgestaltung der
Eltern-Kind-Beziehung und die Frage des Aufenthaltsortes, dessen Verlegung bei
Uneinigkeit der Eltern der richterlichen Entscheidung bedarf (Deutschland: vgl.
in E. 2.5 zitierte Rechtsprechung; Frankreich: Art. 373-2 Abs. 3 CCfr,
Entscheid der Cour de cassation Nr. 06-17869 vom 13. März 2007; Italien:
Regelung in Art. 337ter und 337sexies CCit, insb. Art. 337ter Abs. 2 CCit;
Österreich: Regelung in § 162 ABGB, insb. § 162 Abs. 3 ABGB).
Die vom Gericht oder der Kindesschutzbehörde zu beantwortende Frage lautet
folglich nicht, ob es für das Kind vorteilhafter wäre, wenn beide Elternteile
im Inland verbleiben würden. Die entscheidende Fragestellung ist vielmehr, ob
sein Wohl besser gewahrt ist, wenn es mit dem auswanderungswilligen Elternteil
wegzieht oder wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält (vgl.
COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 314), wobei diese Frage unter Berücksichtigung der
auf Art. 301a Abs. 5 ZGB gestützten Anpassung der Kinderbelange (Betreuung,
persönlicher Verkehr, Unterhalt) an die bevorstehende Situation zu beantworten
ist. Zwischen der Anpassung der Kinderbelange und der unter dem Aspekt des
Kindeswohls zu beantwortenden Frage, ob die Verlegung des Aufenthaltsortes zu
bewilligen ist, besteht nämlich eine enge Interdependenz (dazu E. 2.8).

2.7. Zu untersuchen ist im Folgenden, anhand welcher Kriterien die Frage des
Kindeswohls zu prüfen ist.
Unter altem Recht hat das Bundesgericht diesbezüglich an die Rechtsprechung
betreffend die Zuteilungskriterien im Trennungs- oder Scheidungsfall angeknüpft
und - im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Wegzug der Mutter auf die
Philippinen und einem angekündigten Stellenantritt des Vaters in Singapur -
erwogen, dass für die Neuregelung der Eltern-Kind-Verhältnisse die Interessen
der Eltern in den Hintergrund zu treten hätten; abzustellen sei auf die
persönlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, auf ihre erzieherischen
Fähigkeiten und die Bereitschaft, die Kinder in eigener Obhut zu haben und sie
weitgehend persönlich zu betreuen und zu pflegen, sowie auf das Bedürfnis der
Kinder nach der für eine harmonische Entfaltung in körperlicher, seelischer und
geistiger Hinsicht notwendigen Stabilität der Verhältnisse, welches bei
gleicher Erziehungs- und Betreuungsfähigkeit besonderes Gewicht erhalte (Urteil
5A_375/2008 vom 11. August 2008 E. 2).
Diese Kriterien können auf die Anwendung von Art. 301a ZGB übertragen werden.
Weil es in der Regel um eine Anpassung der bestehenden Regelung an die neue
Situation geht (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB), wird das bisher gelebte
Betreuungsmodell faktisch den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Sind die
Kinder bislang von beiden Elternteilen weitgehend zu gleichen Teilen betreut
worden (geteilte bzw. alternierende Obhut) und sind beide Teile weiterhin
willens und in der Lage, persönlich oder im Rahmen eines im Kindeswohl
liegenden Betreuungskonzeptes für das Wohl der Kinder zu sorgen, so ist die
Ausgangslage gewissermassen neutral. Diesfalls ist anhand weiterer Kriterien
(wie familiäres und wirtschaftliches Umfeld, Stabilität der Verhältnisse,
Sprache und Beschulung, gesundheitliche Bedürfnisse, Meinungsäusserung älterer
Kind) zu eruieren, welche Lösung im besten Interesse des Kindes liegt.
War hingegen der wegzugswillige Elternteil nach dem bisher tatsächlich gelebten
Betreuungskonzept ganz oder überwiegend die Bezugsperson (namentlich beim
klassischen Besuchsrechtsmodell), wird es tendenziell zum besseren Wohl der
Kinder sein, wenn sie bei diesem verbleiben und folglich mit ihm wegziehen. Die
für einen Verbleib der Kinder in der Schweiz notwendige Umteilung an den
anderen Elternteil - welche ohnehin voraussetzt, dass dieser fähig und bereit
ist, die Kinder bei sich aufzunehmen und für eine angemessene Betreuung zu
sorgen - bedarf jedenfalls der sorgfältigen Prüfung, ob sie tatsächlich dem
Kindeswohl entspricht.
Dabei kommt es wiederum auf die Umstände des Einzelfalles an. Sind die Kinder
noch klein und dementsprechend mehr personen- denn umgebungsbezogen, ist eine
Umteilung an den zurückbleibenden Elternteil angesichts des Grundsatzes der
Betreuungs- und Erziehungskontinuität nicht leichthin vorzunehmen. Hingegen
werden bei älteren Kindern zunehmend die Wohn- und Schulumgebung sowie der sich
ausbildende Freundeskreis wichtig und vielleicht haben sie schon eine
Lehrstelle in Aussicht; hier könnte der Verbleib in der Schweiz, soweit eine
Umplatzierung zum anderen Elternteil möglich ist, dem Kindeswohl unter
Umständen besser dienen.
Zu beachten sind auch alle weiteren Facetten der konkreten Situation.
Beispielsweise ist es für ein Kind nicht dasselbe, ob es bereits bislang
zweisprachig aufgewachsen ist oder ob es neu in einer ihm fremden Sprache
beschult würde, und es ist mit Blick auf die Stabilität der Verhältnisse auch
nicht dasselbe, ob beispielsweise der auswanderungswillige Elternteil in sein
Heimatland bzw. in den angestammten Familienkreis (dem Kind bereits vertraute
Grosseltern, Onkeln und Tanten etc.) zurückkehrt bzw. zu einem neuen Partner in
ein wirtschaftlich und sozial abgesichertes Umfeld zieht oder ob es
beispielsweise um Gewinnung von Abstand bzw. um Abenteuerlust und eine
Lebensführung mit weitgehend offener Perspektive geht. Schliesslich wird bei
älteren Kindern massgeblich auch auf die bei ihrer Anhörung geäusserten Wünsche
und Vorstellungen abzustellen sein, soweit sich diese mit den konkreten
Begebenheiten (tatsächliche Aufnahme- und Betreuungsmöglichkeiten des
betreffenden Elternteils) vereinbaren lassen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass für die Beurteilung des Kindeswohls immer die
konkreten Umstände des Einzelfalles massgeblich sind, indes dem wegzugswilligen
Elternteil, welcher die Kinder bislang überwiegend betreut hat und dies auch in
Zukunft tun wird, die Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder ins Ausland in
der Regel zu bewilligen sein wird, wovon übereinstimmend auch die Lehre ausgeht
(vgl. BUCHER, Elterliche Sorge, in: Familien in Zeiten grenzüberschreitender
Beziehungen, Freiburg 2013, S. 63; CANTIENI/BIDERBOST, Reform der elterlichen
Sorge aus Sicht der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) - erste
Erfahrungen und Klippen, in: FamPra.ch 2015, S. 792; BÜCHLER/MARANTA, Das neue
Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter vom 11. August 2014, Rz. 84 f.;
FASSBIND, a.a.O., S. 697; wohl gl.M. SCHWENZER/COTTIER, in: Basler Kommentar,
N. 14 f. zu Art. 301a ZGB).
In der Praxis wird der zurückbleibende Elternteil oft den Einwand erheben, dass
der andere Teil mit dem Auswanderungswunsch das Ziel verfolge, ihm die Kinder
zu entziehen und insofern ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliege,
welches nicht geschützt werden dürfe. Solche Fälle können vorkommen, sie
dürften aber selten sein (vgl. BUCHER, a.a.O., S. 63 unten). Es ist
nachvollziehbar, dass dies dem zurückbleibenden Elternteil subjektiv anders
vorkommen mag, denn die Aufrechterhaltung des Kontaktes zum Kind wird
schwieriger und oftmals ist der geplante Wegzug die Folge der elterlichen
Trennung, welche ihrerseits die Folge von Spannungen und Schwierigkeiten auf
der Elternebene ist. Indes entspricht es keiner verbreiteten Realität, dass ein
Elternteil ins Nichts wegzieht. Vielmehr ist im Zielland in der Regel eine
ökonomische Basis oder Aussicht vorhanden und gibt es handfeste Gründe für den
Wegzug wie beispielsweise die Rückkehr ins Heimatland oder den eigenen
Familienkreis, das Zusammenziehen mit einem neuen Partner oder ein
karriereförderndes Stellenangebot.
Sind aber tatsächlich keine plausiblen Gründe ersichtlich und zieht ein
Elternteil offensichtlich nur weg, um das Kind dem anderen Elternteil zu
entfremden, ist die Bindungstoleranz und damit Erziehungsfähigkeit des
betreffenden Elternteils in Frage gestellt mit der Folge, dass die Umteilung
des Kindes in Erwägung zu ziehen ist (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 359;
Urteil 5A_923/2014 vom 27. August 2015 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 141 III 472;
vgl. sodann Urteil 5A_202/2015 vom 26. November 2015 E. 3.4 a.E., zur Publ.
bestimmt; siehe auch den vorstehend zitierten BGH-Entscheid XII ZB 81/09 vom
28. April 2010). Insofern können die Auswanderungsmotive beschränkt auf
Einzelfälle indirekt doch eine Rolle spielen. Auch in solchen Konstellationen
setzt freilich die Umteilung der Kinder an den anderen Elternteil voraus, dass
dieser erziehungsfähig ist und er die Kinder tatsächlich bei sich aufnehmen und
betreuen kann.

2.8. Aus dem gesetzlichen Konzept ergibt sich, dass das Gericht bzw. die
Kindesschutzbehörde - mit Wirkung ab dem tatsächlichen Wegzug des auswandernden
Elternteils - soweit nötig die Betreuungs-, Besuchsrechts- und
Unterhaltsregelung anzupassen hat (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB), und zwar
gegebenenfalls auch für den Fall eines negativen Entscheides, d.h. wenn das
Kind in der Schweiz verbleibt und der auswandernde Elternteil alleine wegzieht.
Materiell bildet die Regelung im Sinn von Art. 301a Abs. 5 ZGB einen
notwendigen Bestandteil des Entscheides über den Wegzug, weil nach dem Gesagten
die konkrete Ausgestaltung der Betreuung und des persönlichen Verkehrs die
Frage beeinflusst, welchen Aufenthaltsort das Kind in seinem besten Interesse
haben soll. Im internationalen Verhältnis lassen sich diese Fragen auch aus
prozessualen Gründen schlecht abspalten, weil mit dem Wegzug des Kindes in der
Regel die schweizerische Entscheidzuständigkeit in Bezug auf die Ausgestaltung
der Eltern-Kind-Beziehung verloren geht (vgl. Art. 5 Abs. 2 HKsÜ und ferner
Art. 5 Ziff. 2 lit. a und c LugÜ). In der Botschaft wurde die
Zustimmungsbedürftigkeit für den Wegzug des Kindes ins Ausland gerade mit dem
Wechsel der Jurisdiktion begründet (BBl 2011 9108). Die legislatorischen Motive
würden unterlaufen, wenn ausschliesslich über die Frage des Wegzuges des Kindes
befunden und dem zurückbleibenden Elternteil zugemutet würde, notwendige
Anpassungen in Bezug auf die Eltern-Kind-Beziehung im Ausland einzuklagen.
Was die konkrete Regelung der Kinderbetreuung und Ausgestaltung des
persönlichen Verkehrs anbelangt, ist vorauszuschicken, dass oft kein
Idealzustand zu erreichen sein wird, und zwar unabhängig davon, ob das Kind
wegzieht oder ob es in der Schweiz verbleibt. Gerade bei grösseren Distanzen
sind Modelle mit geteilter Betreuung unmöglich und wird auch die Frequenz und
Intensität von Besuchen zwangsläufig nicht in gleichem Umfang aufrecht erhalten
werden können. Angesichts des zeitlichen und finanziellen Aufwandes für die
Ausübung des persönlichen Verkehrs sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse
der Kinder wird die Neuregelung bei grösseren Distanzen meist darauf
hinauslaufen, dass eine kleinere Kadenz von Wochenendbesuchen durch längere
einzelne Wochenendeinheiten und/oder längere Ferienaufenthalte (teil-)
kompensiert wird (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 359). Indes wären bei
Kleinkindern - bei welchen sich der physische Kontakt auch nicht hinreichend
mit anderen Kommunikationskanälen wie Skype substituieren lässt - eigentlich
häufige und kurze Besuchsintervalle ohne Übernachtungen ideal (GLOOR/SIMONI,
Wohnortswechsel mit Kinder nach Trennung und Scheidung, Siebte Schweizer
Familienrecht§Tage 2014, S. 251).
In dieser Situation sind die Gerichte gehalten, eine der neuen Situation
angepasste Betreuungs- und Kontaktregelung zu treffen, welche verbindlich und
durchsetzbar ist und mit welcher der konventionsrechtlichen Vorgabe von Art. 9
Abs. 3 der UN-Kinderrechtskonvention (KRK, SR 0.107) nachgelebt wird. Diese
sieht vor, dass ein jeder Vertragsstaat das Recht des von einem oder beiden
Elternteilen getrennten Kindes achtet, regelmässige persönliche Beziehungen und
unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen. Es entspricht sodann
kinderpsychologischer Erkenntnis, dass aufgrund des schicksalhaften
Eltern-Kind-Verhältnisses die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen
wichtig ist und bei dessen Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielen
kann (BGE 130 III 585 E. 2.2.2 S. 590; 131 III 209 E. 4 S. 211 f.). Deshalb
haben im Übrigen beide Elternteile mit Blick auf das Wohl des Kindes die
Pflicht, eine gute Beziehung zum jeweils anderen Elternteil zu fördern;
namentlich hat der hauptbetreuende Elternteil das Kind positiv auf Besuche, auf
Skype-Kontakte, etc. beim oder mit dem anderen Elternteil vorzubereiten (Urteil
5A_202/2015 vom 26. November 2015 E. 3.4, zur Publ. bestimmt; Urteil 5A_505/
2013 vom 20. August 2013 E. 6.3).
Weil der behördliche Entscheid über die Aufenthaltsverlegung und die Anpassung
der Eltern-Kind-Beziehung eine Einheit bilden, ist auch klar, dass es nicht
abstrakt um einen Wegzug aus der Schweiz, sondern immer konkret um eine
Übersiedelung in eine bestimmte Gegend und in ein bestimmtes Umfeld geht. Es
ist für die Frage des Kindeswohls und die Neugestaltung des persönlichen
Verkehrs nicht einerlei, ob ein Wegzug in einen benachbarten oder in einen
entlegenen Staat geplant ist. Es ist aber auch nicht einerlei, ob ein Wegzug
von Basel nach Lörrach oder nach Berlin zur Debatte steht. Im einen Fall könnte
sogar das Modell einer geteilten Obhut aufrecht erhalten oder eingerichtet
werden, während im anderen Fall ganz andere Lösungen gefragt sind. Selbstredend
können vom auswanderungswilligen Elternteil nicht Details wie genaue Wohn- und
Schuladresse etc. verlangt werden, weil dieser für die Umsetzung seiner Pläne
oft auf den bewilligenden Behördenentscheid angewiesen sein wird. Indes müssen
die Konturen des Wegzuges feststehen, weil die Zustimmung des anderen
Elternteils bzw. der behördliche Entscheid, mit welchem die Zustimmung des
anderen Elternteils substituiert werden soll, auf konkreten Grundlagen fussen
muss. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass der auswandernde
Elternteil, welchem die Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder bewilligt
wird, nur dann vor einem Rückführungsverfahren sicher sein kann, wenn sich der
bewilligende Entscheid auf einen konkreten Umzug bezieht.

2.9. Im vorliegenden Fall stellt der Beschwerdeführer fast ausschliesslich die
Motive der Mutter für den von ihr beabsichtigten Wegzug in Frage. Nach dem
Gesagten unterliegen diese aber nicht der gerichtlichen Überprüfung. Insofern
geht auch das Eventualbegehren um Rückweisung an das Kantonsgericht zu näheren
diesbezüglichen Abklärungen fehl.
Was die Frage des Kindeswohles anbelangt, kann das sinngemässe Vorbringen, dass
den Kindern in Graz Gefahren drohen, nicht ernsthaft sein. Die Lebensqualität
in Graz ist vergleichbar mit derjenigen in U.________, die Kinder werden in der
gleichen Sprache beschult und sie sind in einem Alter, in welchem sie sich am
neuen Ort umgehend einleben werden. Sie können in Graz ebenso glücklich
aufwachsen wie in der Schweiz.
Dass der persönliche Verkehr weniger häufig wird stattfinden können und für
alle Beteiligten mit erhöhtem Aufwand verbunden ist, trifft zu. Dies ist aber
für sich genommen kein Grund, den Wegzug der Kinder zu verbieten. Unzutreffend
ist sodann die Behauptung, mit dem Wegzug werde das Kontaktrecht verunmöglicht
(Beschwerde, S. 15 unten) und komme es zu einer sofortigen Entfremdung der
Kinder (Beschwerde, S. 18), erlaubt doch die kantonale Besuchsrechtsregelung
monatliche Kontakte und damit das Aufrechterhalten einer tragfähigen Beziehung.
All diese Elemente sind vorliegend ohnehin wenig entscheidtragend insofern, als
der Vater auch für die Zukunft ausdrücklich ausschliesst, die Kinder selbst zu
betreuen (angefochtenes Urteil, S. 12; Beschwerde, S. 15), und er sich darauf
beschränkt, ein umfangreicheres Besuchsrecht zu verlangen (dazu im Einzelnen E.
3). Damit ist die Sachverhaltsbehauptung, es sei völlig unbelegt, dass er die
Erziehung und Alltagsbetreuung seit jeher der Mutter überlassen hätte
(Beschwerde, S. 14), mit Blick auf den zutreffenden Entscheid ebenso
unerheblich wie die Beanstandung in Bezug auf die Beweiswürdigung zum
Vater-Kinder-Verhältnis (Beschwerde, S. 15). In rechtlicher Hinsicht ist der
Entscheid, wo sich der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder befinden soll,
imperativ präjudiziert, wenn nur ein Elternteil bereit ist, die Betreuung der
Kinder zu übernehmen, denn eine nähere Diskussion des Kindeswohls läuft bei
dieser Ausgangslage letztlich ins Leere (vgl. E. 2.7).
Angesichts der Tatsache, dass nur die Mutter bereit ist, die Kinder überwiegend
zu betreuen, und im Übrigen die kantonalen Gerichte eine situationsadäquate
Lösung in Bezug auf die Neugestaltung des persönlichen Verkehrs für die Zeit ab
dem Wegzug nach Graz gefunden haben (dazu E. 3), ist die Erlaubnis, den
Aufenthaltsort der Kinder dorthin zu verlegen, bundesrechtskonform.

3. 
Strittig ist ferner die Ausgestaltung des Rechtes auf persönlichen Verkehr
zwischen Vater und Kindern. Es geht dabei um die Anwendung von Art. 273 Abs. 1
ZGB und für die Zeit ab dem Wegzug nach Graz um die Anwendung von Art. 273 Abs.
1 i.V.m. Art. 301a Abs. 5 ZGB.

3.1. Das Kantonsgericht hat in diesem Zusammenhang festgehalten, dass die
Ausübung des Besuchsrechts nach anfänglichen Schwierigkeiten mittlerweile gut
klappe und auf Seiten der Mutter auch die nötige Bindungstoleranz vorhanden
sei. Angesichts des Alters der Kinder wären häufige und kurze Besuche ideal,
was sich aber bei einem Wegzug nach Graz angesichts der Distanz so nicht mehr
umsetzen lasse. Die erstinstanzliche Regelung, wonach der Vater nebst zwei
Wochen Ferien einmal pro Monat für ein Wochenende nach Graz fahre und die
Mutter die Kinder viermal pro Jahr für ein Wochenende nach U.________ bringe,
sei angemessen. Der Wunsch des Vaters nach mehr persönlichem Umgang sei
achtenswert; seine Vorstellungen, wie solche Kontakte auszusehen hätten
(namentlich sämtliche Feiertage bei ihm und insgesamt sieben Wochen Ferien),
zeugten aber von wenig Gespür für die Bedürfnisse der Kinder. Diese möchten
Feiertage auch mit der Mutter verbringen und es werde ihnen angesichts des
Alters mit der quartalsweisen Reise in die Schweiz (zuzüglich Reisen im
Zusammenhang mit den Ferien) bereits genug zugemutet. Wenn die Kinder grösser
seien, könnte eine Ausdehnung insbesondere des Ferienrechts angezeigt sein,
aber das lasse sich heute noch nicht mit genügender Klarheit voraussagen.

3.2. Was den Sachverhalt anbelangt, macht der Beschwerdeführer geltend, es sei
nicht belegt, dass das Besuchsrecht gut funktioniere (Beschwerde, S. 11), um
gleichzeitig auszuführen, die Ausübung des Besuchsrechts funktioniere
inzwischen und die Kinder würden bei ihm auch übernachten (Beschwerde, S. 17
unten). Unbekümmert um die Widersprüchlichkeit der Aussagen handelt es sich
ohnehin um appellatorische Ausführungen; mangels tauglicher Willkürrügen ist
die kantonale Sachverhaltsfeststellung, dass der persönliche Verkehr gut
klappe, für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1).

3.3. In rechtlicher Hinsicht gilt der Grundsatz, dass für die Ausgestaltung des
persönlichen Verkehrs das Kindeswohl im Vordergrund steht und allfällige
Interessen der Eltern zurückzutreten haben (vorstehend E. 2.7; sodann BGE 123
III 445 E. 3b S. 451; 130 III 585 E. 2.1 S. 587 f.; Urteile 5A_381/2010 vom 21.
Juli 2010 E. 5.3.2; 5A_79/2014 vom 5. März 2015 E. 4.1). Welche Ordnung des
persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern angemessen ist, lässt sich
nicht objektiv und abstrakt umschreiben, sondern entscheidet sich im konkreten
Einzelfall nach gerichtlichem Ermessen (Urteile 5A_72/2011 vom 22. Juni 2011 E.
4.1; 5A_432/2011 vom 20. September 2011 E. 2.5). Immerhin hat der persönliche
Verkehr in den vergangenen Jahren eine zunehmende Ausdehnung erfahren (vgl. BGE
130 III 585 E. 2.1 S. 587; 139 I 315 E. 2.3 S. 320; Urteil 5A_79/2014 vom 5.
März 2015 E. 4.2), wobei innerschweizerisch ein gewisses Gefälle dahingehend
auszumachen ist, dass die Besuchsrechtsregelungen von Osten gegen Westen
grosszügiger werden (vgl. BGE 139 I 315 E. 2.3 S. 320). Die allgemeine Tendenz
zur Ausweitung des Besuchsrechtes fusst auf der Erkenntnis, dass der Kontakt
zum getrennt lebenden Elternteil für das Kind von grosser Bedeutung ist (BGE
130 III 585 E. 2.2.2 S. 590; 131 III 209 E. 4 S. 211 f.) und dadurch namentlich
auch die Scheidungsverarbeitung erleichtert und langfristig die
Persönlichkeitsentwicklung des Kindes gefördert wird (BGE 139 I 315 E. 2.3 S.
320).
In prozessualer Hinsicht ist zu beachten, dass es um Ermessensentscheide geht,
bei deren Überprüfung das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung übt (BGE 131
III 209 E. 3 S. 210; Urteile 5A_694/2014 vom 24. März 2015 E. 4; 5A_79/2014 vom
5. März 2015 E. 4.3). Allerdings darf das kantonale Gericht zur Begründung
einer bestimmten Regelung nicht einfach pauschal auf eine standardisierte
Praxis verweisen (vgl. BGE 123 III 445 E. 3b S. 451; 130 III 585 E. 2.1 S. 587
f.; Urteil 5A_79/2014 vom 5. März 2015 E. 4.3).

3.4. Für die Zeit des Aufenthaltes in der Schweiz verlangt der
Beschwerdeführer, dass die Besuchswochenenden bereits am Freitagabend und nicht
erst am Samstagmorgen beginnen. Selbst bzw. gerade für den Fall, dass der
Wegzug nach Graz bewilligt würde, erachtet er dies als wichtig, weil dann die
Besuchsrechtswochenenden jeweils auch länger wären und die Kinder bereits
darauf vorbereitet werden könnten.
In Bezug auf den Beginn der Besuchswochenenden kann schweizweit ebenfalls ein
klarer Trend zur Ausdehnung auf Freitagabend festgestellt werden. Zumal die
Kinder noch recht klein sind, ist aber für die Zeit, während der sie sich in
U.________ aufhalten, eine Ausdehnung auf Freitagabend nicht zwingend
erforderlich, weil die Besuche hier 14-täglich und somit in grösserer Frequenz
als beim Wegzug nach Graz erfolgen; jedenfalls lässt sich nicht geradezu sagen,
die kantonalen Gerichte hätten das ihnen zustehende Ermessen überschritten.

3.5. Nicht klar ist, ob der Beschwerdeführer für den Fall des Wegzuges nach
Graz in der Beschwerdebegründung ebenfalls eine Ausdehnung des Besuchsrechtes
verlangt; er scheint dies für gegenstandslos zu halten, weil ohnehin keine
Erlaubnis zu erteilen sei (Beschwerde, S. 18). Jedenfalls ist das von ihm
gestellte Rechtsbegehren Ziff. 3, mit welchem er ein Besuchsrecht an jedem
zweiten Wochenende verlangt, offensichtlich auf den Fall ausgerichtet, dass die
Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in U.________ haben. Der Beschwerdeführer
müsste ein spezifisches Rechtsbegehren für den Wegzugsfall stellen und dieses
auch konkret begründen. Indem er dies nicht tut, ist auf die Beschwerde
insoweit nicht einzutreten.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass einem allfälligen Vorbringen um
Ausdehnung ohnehin kein Erfolg beschieden sein könnte. Die kantonalen Instanzen
haben für die Zeit, ab der sich die Kinder in Graz aufhalten werden, eine
angesichts der Distanz, der konkreten Reiseverbindungen und des Alters der
Kinder vernünftige und tragfähige Lösung gefunden, auch was die Verteilung der
Reiselasten für die Elternteile und die Kinder anbelangt.

3.6. Unabhängig von der Frage des Aufenthaltsortes der Kinder kritisiert der
Beschwerdeführer schliesslich den Entscheid in Bezug auf die Regelung für die
Feiertage. Es sei willkürlich, wenn das Kantonsgericht einerseits eine
alternierende Regelung für die Feiertage als üblich bezeichne, ihm aber
schliesslich an den Feiertagen überhaupt keinen persönlichen Verkehr zugestehe.
Das Kantonsgericht hat ein zusätzliches Besuchsrecht nicht ohne Begründung,
sondern damit abgelehnt, dass insgesamt die langen Reisewege für die Kinder
eine Belastung darstellten und es damit ein Bewenden haben müsse, dass sie die
Reise jeden dritten Monat auf sich nehmen müssten, zumal auch noch das
Ferienrecht hinzukomme (angefochtener Entscheid, S. 16).
Diese Begründung hat ihre Berechtigung. Andererseits ist es auch wichtig, dass
der zurückbleibende Elternteil nicht vollständig davon ausgeschlossen ist, mit
seinen Kindern hohe Feiertage zu verbringen. Dies trifft insbesondere auf
Weihnachten zu, wo ein Familienerlebnis und das Zelebrieren von Ritualen wie
der persönliche Austausch von Geschenken ermöglicht werden sollte, soweit nicht
zwingende Gründe entgegen stehen. In diesem Sinn scheint es angebracht, in
teilweiser Gutheissung des betreffenden Begehrens und Ergänzung der kantonalen
Regelung ein verlängertes Wochenende alternierend an Ostern und Auffahrt
(angesichts der Distanzen nicht aber zusätzlich an Pfingsten) sowie einen
Besuch alternierend am Heiligabend und am Weihnachtsabend (je mit Folgetag)
festzusetzen, wobei nach dem Weggang der persönliche Verkehr an Weihnachten
stets in Graz stattzufinden hat; es wäre den Kindern nicht zuzumuten, die
Weihnachtstage anteilsmässig an zwei entfernten Orten zu verbringen.

4. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde im soeben genannten Umfang
gutzuheissen, im Übrigen aber abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden
kann. Ferner ist beiden Parteien die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren,
je unter Beigabe der sie vertretenden Rechtsanwältinnen (Art. 64 Abs. 1 und 2
BGG). Angesichts des Ausgangs des Verfahrens rechtfertigt es sich, die
Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu 7/10 dem Beschwerdeführer
und zu 3/10 der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), je unter
Vorbehalt der unentgeltlichen Rechtspflege, aber die Kostenverteilung für das
kantonale Verfahren unverändert zu belassen. Ferner sind für das
bundesgerichtliche Verfahren beide Anwältinnen aus der Bundesgerichtskasse zu
entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde und entsprechender Modifikation von
Ziff. 2 des Entscheides des Kantonsgerichtes St. Gallen vom 29. April 2015 wird
der Entscheid des Kreisgerichtes St. Gallen vom 7. Juli 2014 im Sinn einer
zusätzlichen Dispositivziffer 4c um folgende Anordnung ergänzt:
Dem Vater einerseits und den Kindern C.________ und D.________ andererseits
steht das Recht zu, folgende Zeiten miteinander zu verbringen: in den ungeraden
Jahren an Ostern (jeweils von Donnerstagabend, 18.00 Uhr, bis Montagabend,
18.00 Uhr) und Weihnachten (jeweils vom 24. Dezember, 14.00 Uhr, bis 25.
Dezember, 18.00 Uhr) sowie in den geraden Jahren am Auffahrtswochenende
(jeweils von Mittwochabend, 18.00 Uhr, bis Sonntagabend, 18.00 Uhr) und an
Weihnachten (jeweils vom 25. Dezember, 14.00 Uhr, bis 26. Dezember, 19.00 Uhr).
Halten sich die Kinder gewöhnlich in Graz auf, ist das Besuchsrecht an
Weihnachten in Graz auszuüben.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2. 
Beiden Parteien wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, je unter
Beiordnung der sie vertretenden Rechtsanwälte.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden zu 7/10 dem Beschwerdeführer und zu
3/10 der Beschwerdegegnerin auferlegt, jedoch einstweilen auf die
Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Die Rechtsanwältinnen Dr. iur. Monika Brenner und Denise Dornier-Zingg werden
für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse je mit Fr.
3'000.-- entschädigt.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben