Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.427/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_427/2015

Urteil vom 27. Oktober 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Bovey,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
1. A.D.________,
2. A.F.________,
beide vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Andreas Baumann,
Beschwerdeführer,

gegen

1. A.G.________,
2. A.L.________,
3. A.H.________,
alle drei vertreten durch
Rechtsanwalt Jean-François Alabor,
Beschwerdegegnerinnen,

A.I.________,
A.J.________,
A.K.________.

Gegenstand
Erbteilung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, 1.
Zivilkammer, vom 24. März 2015.

Sachverhalt:

A.
Die am 10. Dezember 1991 (Erblasser) und am 2. Juni 1995 (Erblasserin)
verstorbenen Eheleute A.________ hinterliessen als gesetzliche Erben die sieben
Kinder
- A.B.________ (nachverstorben am 14. November 2005) mit den gesetzlichen
Erbinnen A.I.________ (Ehefrau) und A.J.________ (Tochter),
- A.G.________,
- A.C.________ (nachverstorben am 23. Juli 2011) mit der gesetzlichen Erbin
A.L.________ (Ehefrau),
- A.D.________,
- A.E.________ (nachverstorben am 27. Januar 2001) mit den eingesetzten Erben
A.F.________ (Bruder) und A.K.________ (Neffe),
- A.H.________,
- A.F.________.
Vier der Söhne - A.D.________, A.F.________, A.B.________ und A.E.________ -
arbeiteten zu Lebzeiten des Vaters im 1960 gegründeten Unternehmen "A.________
& Söhne Baugeschäft" als Maurer mit. Nach dem Rückzug des Vaters aus dem
Erwerbsleben im Oktober 1974 gründeten sie die Kollektivgesellschaft
"A.________ & Cie Baugeschäft".
Die Söhne A.D.________, A.F.________ und A.E.________ wohnten bis zum Tod des
Vaters im elterlichen Haus an der Haldenstrasse zzz. Seit dessen Tod bewohnen
A.D.________ und A.E.________ die Parterrewohnung und A.E.________ mit seiner
Familie die Dachwohnung.

B.
Gestützt auf eine Erbteilungsklage vom 24. März 2009 stellte das Bezirksgericht
Bremgarten mit Urteil vom 13. Dezember 2012 einen Nachlass von Fr. 2'076'184.20
und einen Erbanteil von je 1/7 der sieben Kinder bzw. deren Erben an diesem
Betrag sowie am Nettoerlös aus dem Verkauf der Liegenschaften X.________strasse
yyy und zzz sowie der Wegparzelle fest. Sodann bestimmte es die Zuweisung der
vorhandenen Aktiven und die Höhe der Ausgleichszahlungen.
Gegen dieses Urteil wurde von zwei Seiten Berufung erhoben. Mit Entscheid vom
24. März 2015 wies das Obergericht des Kantons Aargau die von A.D.________ und
A.F.________ erhobene Berufung ab. Diejenige von A.G.________, A.L.________ und
A.H.________ hiess es teilweise gut; dabei modifizierte es folgende Ziffern des
erstinstanzlichen Urteils:

- Festsetzung des massgeblichen Nachlasses auf Fr. 2'168'400.--, zzgl.
Liegenschaft X.________strasse yyy (Schätzwert Fr. 873'000.--, Hypothek Fr.
120'000.--, Investitionen Fr. 19'231.50), Wegparzelle (Schätzwert Fr.
21'000.--) und Liegenschaft X.________strasse zzz (Schätzwert Fr. 940'000.--,
Hypothek Fr. 100'000.--) (Ziff. 2.1);
- Berücksichtigung von Ersatzansprüchen des Nachlasses zu Lasten des Erbanteils
von A.D.________ von Fr. 370'360.--, zu Lasten des Erbanteils von A.F.________
von Fr. 463'335.--, zu Lasten des Erbanteils von A.B.________ sel. von Fr.
23'000.-- und zu Lasten des Erbanteils von A.E.________ sel. von Fr. 85'000.--
(Ziff. 5);
- Aufteilung des Raiffeisenkontos CH18 8074 9000 0020 6417 4 im Gesamtbetrag
von Fr. 888'323'80 wie folgt: Fr. 47'621.44 an A.G.________, Fr. 225'668.03 an
A.H.________, Fr. 177'253.19 an A.C.________ sel., Fr. 251'969.37 an
A.B.________ sel. und Fr. 185'811.77 an A.E.________ sel. (Ziff. 7.3);
- Verpflichtung von A.D.________ zu diversen Beträgen an die übrigen Erben
(ohne A.F.________) und Verpflichtung von A.F.________ zu diversen Beträgen an
die übrigen Erben (ohne A.D.________) (Ziff. 8);
- Anordnung der öffentlichen Versteigerung der Liegenschaften X.________strasse
yyy und zzz und der Wegparzelle sowie Zuweisung des Steigerungserlöses an die
Erbanteile zu je 1/7 (Ziff. 9).

C.
Gegen diesen Entscheid haben A.D.________ und A.F.________ am 19. Mai 2015 eine
Beschwerde eingereicht mit den Begehren, es sei festzustellen, dass der
Nachlass Fr. 776'112.-- beträgt, zzgl. der Liegenschaft X.________strasse zzz
mit Schätzwert von Fr. 940'000.-- und darauf lastender Hypothek von Fr.
100'000.-- (Ziff. 2.1), dass Ersatzansprüche des Nachlasses zu Lasten des
Erbanteils von A.D.________ von Fr. 327'048.--, zu Lasten des Erbanteils von
A.F.________ von Fr. 412'980.--, zu Lasten des Erbanteils von A.B.________ sel.
von Fr. 23'000.-- und zu Lasten des Erbanteils von A.E.________ sel. von Fr.
85'000.-- zu berücksichtigen seien (Ziff. 5), dass das Raiffeisenkonto CH18
8074 9000 0020 6417 4 mit einem Totalbetrag von Fr. 888'323.80 mit je Fr.
177'664.-- auf die Gesellschafter bzw. deren Nachlässe aufzuteilen sei (Ziff.
7.3), dass Ziff. 8 vollumfänglich aufzuheben und Ziff. 9 neu dahingehend zu
fassen sei, dass der Steigerungserlös der Liegenschaft X.________strasse zzz
nach Abzug der Schulden und Kosten den Erbanteilen zu je 1/7 und der
Steigerungserlös der Liegenschaft X.________strasse yyy nach Abzug der Schulden
und Kosten je zu 1/5 den Gesellschaftern bzw. deren Nachlässen zuzuweisen sei.
Es wurden keine Vernehmlassungen, aber die kantonalen Akten eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid in einer Zivilsache
mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen
steht offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90
BGG). Auf die einzelnen Eintretensvoraussetzungen wird im Sachzusammenhang
einzugehen sein.

2.
Im obergerichtlichen Verfahren stellten die Beschwerdeführer die neue
Behauptung auf, der Vater habe das Baugeschäft von 1960 bis 1974 gar nicht als
Einzelfirma betrieben; vielmehr habe zusammen mit den vier mitarbeitenden
Söhnen eine einfache Gesellschaft bestanden, wobei die Söhne stille
Gesellschafter gewesen seien. Bevor die Erbteilung erfolgen könne, müsse die
einfache Gesellschaft aufgelöst werden; dabei habe jeder Gesellschafter einen
internen Liquidationsanteil von Fr. 248'204.-- zugute. Das Obergericht erwog,
damit werde das Klagefundament geändert, denn vor erster Instanz seien für die
betreffende Zeit Lidlöhne gefordert worden; die oberinstanzlich erfolgte
Klageänderung werde ausschliesslich mit unechten Noven begründet, welche
angesichts von Art. 317 Abs. 1 ZPO unzulässig seien. Mithin könne in diesem
Punkt auf die Berufung nicht eingetreten werden.
Im Eventualstandpunkt machten die Beschwerdeführer vor Obergericht Lidlöhne von
Fr. 295'200.-- bzw. Fr. 110'400.-- geltend; ihre Arbeitsleistungen in den
Jahren 1960 bis 1974 seien angemessen nach marktüblichen Löhnen und nicht nur
symbolisch abzugelten. Das Obergericht hat befunden, vor erster Instanz habe
der Beschwerdeführer 1 erst ab dem Jahr 1965 einen Lidlohn gefordert; soweit er
dies nun bereits für die Jahre ab 1960 tue, werde zur Begründung einzig
ausgeführt, die vier Brüder hätten während 14 Jahren im Baugeschäft
mitgearbeitet, ohne dass begründet werde, wieso ein Lidlohn schon für die Zeit
als Lehrling beansprucht werden könnte. Mithin liege auch diesbezüglich eine
unzulässige Klageänderung vor. In Bezug auf die Höhe des Lidlohnes hat das
Obergericht sodann ausgeführt, dass kein Marktlohn, sondern eine angemessene
Entschädigung geschuldet sei. Der Lidlohn sei die Differenz zwischen dem Wert
der vom Kind erbrachten Leistungen und dem Umfang der von den Eltern
aufgebrachten Mitteln. Es sei unbestritten geblieben, dass die Söhne im
Haushalt der Eltern gelebt und dort freie Kost und Logis, sämtliche Artikel des
täglichen Bedarfs und ein Taschengeld erhalten hätten und dass ihnen die Wäsche
besorgt und sämtliche Steuern sowie Versicherungsprämien bezahlt worden seien.
Das Vorgehen des Bezirksgerichts, von den Lidlohnansätzen gemäss Bauernverband
auszugehen und diese um 20 % zu erhöhen, sowie die Begründung, diese Beträge
hätte der maximal möglichen Ersparnisbildung bei einer Anstellung in einer
Drittfirma unter Tragung sämtlicher anfallender Kosten entsprochen, erscheine
angemessen.
Bereits vor erster Instanz hatten die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den
Forderungen des Nachlasses für unentgeltliches Wohnen verrechnungsweise
behauptet, umfangreiche Arbeiten erbracht zu haben. Das Bezirksgericht hielt
diese für nicht genügend belegt. Vor Obergericht brachten sie vor, bei der
Liegenschaft X.________strasse zzz ab dem Jahr 1982 während 30 Jahren Maler-,
Holz-, Gipser-, Sanitär-, Heizungs-, Dach- und Umgebungsarbeiten im Wert von
mindestens Fr. 200'000.-- erbracht zu haben. Sodann habe der Beschwerdeführer 2
während 22 Jahren 3'256 Stunden Hauswartsleistungen für das Gebäude
X.________strasse yyy und 2'112 Stunden für die X.________strasse zzz erbracht.
Das Obergericht stellte hierzu fest, in der Klageantwort seien die behaupteten
Leistungen nicht spezifiziert worden. In der Duplik sei auf die Duplikbeilagen
8 und 9 verwiesen und im Übrigen die Nachreichung eines Ordners mit "Belegen
Unterhalt X.________strasse yyy, zzz (...) auf Verlangen" offeriert worden. Mit
Eingabe vom 29. Juni 2012, d.h. nach Abschluss des Behauptungsverfahrens, habe
der Beschwerdeführer 2 ein Dossier mit "Abrechnungen für die Häuser
X.________strasse yyy und zzz" zu den Akten gereicht, das ungeordnete
Rechnungen und Abrechnungen zu Handen der Steuerbehörden enthalten habe.
Inwiefern diese Unterlagen, auf welche sich die Beschwerdeführer in der
Berufung mit dem Verweis "Ordner von A.F.________ an Vorinstanz übergeben"
mutmasslich bezögen, einen Bezug zu den behaupteten Unterhaltsarbeiten
aufwiesen, werde nicht dargetan. Es genüge nicht, pauschal auf Eingaben oder
Beilagen zu verweisen; vielmehr seien konkrete Behauptungen aufzustellen,
welche - rechtzeitig im Rahmen des Behauptungsverfahrens eingereichten (§ 167
ZPO/AG) - Urkunden zugeordnet werden könnten. Der in der Berufung erhobene
Vorwurf der ungenügenden Würdigung dieser Vorlagen durch das Bezirksgericht sei
deshalb verfehlt. Ebenso gehe der Hinweis auf die richterliche Fürsorgepflicht
fehl, weil die Beschwerdeführer an der ersten Beweisverhandlung, die explizit
den Unterhalt der Liegenschaft X.________strasse zzz zum Gegenstand gehabt
habe, anwaltlich vertreten gewesen seien. Sodann werde die Feststellung des
Bezirksgerichts, wonach die Duplikbeilagen 8 und 9 blosse Parteibehauptungen
seien, im Berufungsverfahren nicht beanstandet. Aufgrund der pauschalen, kaum
substanziierten und in sich widersprüchlichen Angaben sei schliesslich nicht
davon auszugehen, dass eine ergänzende Befragung der Beschwerdeführer, wie sie
in der Berufung beantragt worden sei, den Sachverhalt erhellen und beim Gericht
die Überzeugung von Bestand und Höhe der behaupteten Aufwendungen schaffen
könnte.

3.
Die Beschwerdeführer erheben zunächst Kritik im Zusammenhang mit dem Nachweis
der behaupteten Arbeiten und machen geltend, an der zweiten Hauptverhandlung
vor Bezirksgericht seien sie nicht mehr anwaltlich vertreten gewesen. Sowohl
das Bezirksgericht als auch das Obergericht hätten es versäumt, sie zum
vorgelegten Ordner mit den Belegen zu befragen bzw. die Belege zu prüfen und zu
berücksichtigen.

3.1. Soweit die Beschwerdeführer direkt das Bezirksgericht kritisieren, kann
auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, weil einzig der oberinstanzliche
Entscheid Anfechtungsobjekt sein kann (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführer müssten diesbezüglich darlegen, inwiefern das Obergericht den
erstinstanzlichen Entscheid bzw. das prozessuale Vorgehen des Bezirksgerichts
zu Unrecht geschützt hat.

3.2. Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit dem Obergericht
eine Verletzung von Normen der aargauischen Zivilprozessordnung vorgeworfen
wird (Beschwerde S. 5: Das Obergericht habe § 184 ZPO/AG verletzt, indem es die
Befragung nicht nachgeholt habe). Zwar lief das Verfahren vor Bezirksgericht
noch nach dieser Verfahrensordnung ab. Gemäss den Übergangsbestimmung von Art.
405 Abs. 1 ZPO galt für das Rechtsmittelverfahren bereits die schweizerische
Zivilprozessordnung. Dies hielt das Obergericht übrigens korrekt fest
(angefochtener Entscheid S. 16 f.).

3.3. Wenn die Beschwerdeführer geltend machen, das Obergericht habe die Art.
152, 155 und 157 ZPO nicht korrekt angewandt und gegen die Beweisabnahmepflicht
verstossen (Beschwerde S. 6), so rügen sie die Verletzung von ZPO-Normen. Indes
beziehen sich diese nicht auf das Verfahren vor Obergericht; für die dortige
Beweisabnahme gilt Art. 316 Abs. 3 ZPO.
Ohnehin wäre aber auch keine Verletzung von Art. 316 Abs. 3 ZPO zu sehen. Zwar
bezieht sich diese Norm nicht nur auf die Abklärung zulässiger Noven im Sinn
von Art. 317 Abs. 1 ZPO; vielmehr kann die obere Instanz auch die bisherige
Beweisgrundlage ergänzen, wenn sie zum Schluss kommt, dass die erste Instanz
form- und fristgerecht beantragte erhebliche Beweise nicht abgenommen hat,
jedoch eine Rückweisung nicht tunlich ist (vgl. STERCHI, in: Berner Kommentar,
N. 19 f. zu Art. 316 ZPO). In diesem Rahmen konnten sich die Beschwerdeführer
aber nicht darauf beschränken, pauschal auf die erstinstanzlich eingereichten
Akten zu verweisen und den erstinstanzlichen Entscheid in genereller Hinsicht
zu kritisieren; vielmehr wäre im Zusammenhang mit dem Berufungsgrund von Art.
310 lit. a ZPO vorzubringen gewesen, inwiefern das Bezirksgericht für die
Beweisabnahme topische Bestimmungen der ZPO/AG verletzt habe, oder im
Zusammenhang mit dem Berufungsgrund von Art. 310 lit. b ZPO, inwiefern das
Bezirksgericht den Sachverhalt unrichtig festgestellt habe (vgl. BGE 138 III
374 E. 4.3.1 S. 375 f.). Die Erwägungen des Obergerichts gingen aber genau
dahin, dass die Beschwerdeführer ohne substanziierten Bezug zu den behaupteten
Leistungen auf einen erstinstanzlich eingereichten Ordner verwiesen hätten. Die
Beschwerdeführer müssten vorliegend dartun, inwiefern sich diese Erwägungen
nicht halten lassen. Eine entsprechende Rüge erfolgt nicht; mit der
Pauschalaussage, als juristische Laien sei ihnen eine Substanziierung nicht
möglich gewesen, lässt sich jedenfalls keine Verletzung der anwendbaren
prozessualen Normen dartun.

3.4. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 52 ZPO geltend machen
(Beschwerde S. 7), ist die blosse Behauptung, das Obergericht hätte sie zum
Ordner, welcher am 21. Juni 2012 eingereicht worden sei, befragen müssen, nicht
geeignet, ein treuwidriges Handeln aufzuzeigen. Das Verfahren unterlag vor
beiden Instanzen der Verhandlungs- und Dispositionsmaxime und im
Rechtsmittelverfahren galt zusätzlich die Begründungspflicht gemäss Art. 310
ZPO. Inwiefern die Beschwerdeführer vor Obergericht aufgezeigt hätten, ihren
Verfahrenspflichten vor erster Instanz nachzukommen zu sein, oder gestützt auf
welche Norm das Obergericht gehalten gewesen wäre, von sich aus in einem Ordner
mit unsortierten Belegen nach den richtigen zu suchen und durch geeignete
Fragen einen Bezug zur pauschalen Behauptung herzustellen, es seien in grossem
Umfang diverse bauliche Arbeitsleistungen erbracht worden, wird in der
vorliegenden Beschwerde nicht dargetan.

3.5. Auch die Rüge, das Obergericht habe mit seinem pflichtwidrigen Verhalten
gegen das von Art. 53 ZPO und Art. 29 Abs. 2 BV garantierte rechtliche Gehör
verstossen (Beschwerde S. 7), bleibt unsubstanziiert. Insbesondere bedeutet es
keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn das Sachgericht in antizipierter
Beweiswürdigung (vgl. BGE 131 I 153 E. 3 S. 157) zum Schluss gekommen ist, die
Abnahme von Beweisen würde am Ergebnis voraussichtlich nichts ändern. Vielmehr
wäre diesbezüglich eine willkürliche antizipierte Beweiswürdigung zu rügen (BGE
138 III 374 E. 4.3.2 S. 376), was die Beschwerdeführer nicht tun.

3.6. Eine willkürliche Beweiswürdigung rügen die Beschwerdeführer einzig
dahingehend, dass das Obergericht auf S. 30 des angefochtenen Entscheides die
Mithilfe in Haushalt und Garten mit den baulichen Unterhaltsarbeiten
verwechselt habe. Dort geht es indes um eine Zusammenfassung des
erstinstanzlichen Urteils, in welcher die Kategorien im Übrigen nicht
verwechselt, sondern vielmehr auseinander gehalten worden sind.

4.
Im Zusammenhang mit der Festsetzung der Lidlohnansprüche machen die
Beschwerdeführer geltend, Art. 334 ZGB sei geltungszeitlich zu handhaben, nicht
wie in den vergangenen 100 Jahren unter ausschliesslicher Bezugnahme auf
landwirtschaftliche Verhältnisse; der moderne Mensch sei bestrebt, für seine
eigene wirtschaftliche Zukunft selbst zu sorgen. Es sei deshalb
bundesrechtswidrig, landwirtschaftliche Ansätze zur Anwendung zu bringen und
diese um 20 % zu erhöhen. Die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft sei notorisch
drei bis vier Mal höher als in der Landwirtschaft. In der Baubranche habe der
durchschnittliche Lohn ab 1960 pro Monat Fr. 1'300.-- und ab 1970 pro Monat Fr.
2'400.-- betragen.

4.1. Beim Lidlohn geht es um die angemessene Entschädigung für Arbeit, welche
volljährige Kinder ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt zugewendet haben. Der
Richter ist dabei auf sein Ermessen verwiesen (Art. 4 ZGB) und hat alle
wesentlichen Besonderheiten des konkreten Falles zu beachten (BGE 109 II 389 E.
3 S. 391). Ein Anspruch auf Lidlohn entsteht nur, wenn die geleistete Arbeit
den Wert der aus der Hausgemeinschaft bezogenen Vorteile übertrifft (BGE 85 II
382). Maximal darf jener Betrag zugesprochen werden, den der Berechtigte mit
der gleichen Arbeit in fremdem Dienst hätte ersparen können (Regeste von BGE
100 II 435), d.h. maximal der Betrag, der nach üblichen Lohnansätzen den
Netto-Gegenwert der geleisteten Arbeit darstellt (BGE 100 II 435 E. 2 S. 438;
109 II 389 E. 3 S. 392).

4.2. Von den soeben genannten Grundsätzen ist auch das Obergericht ausgegangen
(vgl. angefochtener Entscheid S. 29). Sodann hat es in tatsächlicher Hinsicht
festgestellt, dass die Beschwerdeführer nicht nur freie Kost und Logis im
gemeinsamen Haushalt mit den Eltern hatten, sondern diese auch für sämtliche
Artikel des täglichen Bedarfs, die Steuern und Versicherungen aufgekommen sind,
ein Taschengeld ausgerichtet und die Wäsche besorgt haben.
Soweit die Beschwerdeführer behaupten, es sei nicht zutreffend, dass die Eltern
nebst Kost und Logis weitere Lebenshaltungskosten übernommen hätten, wenden sie
sich gegen die für das Bundesgericht verbindliche (Art. 105 Abs. 1 BGG)
Sachverhaltsfeststellung des Obergerichts, dass dies unbestritten blieb. Diese
Feststellung könnte höchstens mit qualifizierten Willkürrügen angefochten
werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 140 III 264 E. 2.3
S. 266), welche nicht erfolgen. Von vornherein nicht zulässig wäre sodann eine
neue Sachbehauptung, weil im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich ein
Novenverbot gilt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

4.3. Entgegen ihrer Begründungspflicht im Sinn von Art. 42 Abs. 2 BGG setzen
sich die Beschwerdeführer mit den obergerichtlichen Ausführungen in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht auseinander, sondern
multiplizieren erneut die Monatslöhne von Fr. 1'300.-- bzw. Fr. 2'400.-- pro
Monat, wie sie damals marktüblich gewesen sein mögen, mit der Anzahl der Monate
und errechnen so Gesamtansprüche von Fr. 110'400.-- bzw. Fr. 217'000.--. Dies
genügt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht, denn
eingeklagt sind nicht obligationenrechtliche Ansprüche aus Arbeitsvertrag,
sondern auf Art. 334 ZGB gestützte familienrechtliche Ansprüche aus Zuwendungen
im gemeinsamen Haushalt, welche nach den in E. 4.1 erwähnten Grundsätzen zu
berechnen sind. Die Beschwerdeführer beschränken sich im Wesentlichen auf zwei
Aussagen, welche beide an der Sache vorbeigehen: Nichts ableiten lässt sich aus
der (unbelegten) Behauptung der um ein mehrfaches grösseren Wertschöpfung der
Baubranche gegenüber der Landwirtschaft, weil nicht die Wertschöpfung, sondern
die bei einer Drittfirma erzielbaren Löhne für vergleichbare Tätigkeiten,
vermindert um sämtliche Gegenleistungen, massgeblich sind. Inwiefern vor diesem
Hintergrund eine unhaltbare Ermessensausübung vorliegen soll, wenn das
Obergericht von den landwirtschaftlichen Ansätzen ausgegangen ist und diese um
20 % erhöht hat, müssten die Beschwerdeführer anhand einer konkreten
Vergleichsrechnung im Einzelnen aufzeigen. Allein mit der Behauptung, das
Abstellen auf landwirtschaftliche Verhältnisse sei sachfremd, lässt sich keine
unrichtige Ermessensausübung darzutun, wurden doch die betreffenden Ansätze
erhöht und damit dem Umstand, dass es nicht um Löhne für landwirtschaftliche
Arbeiten geht, Rechnung getragen. Ins Leere stösst auch das zweite Vorbringen,
Art. 334 ZGB müsse geltungszeitlich ausgelegt werden, hat dies doch nichts mit
der Tatsache zu tun, dass die Eltern vollumfänglich für die Kosten der
Lebenshaltung der Söhne aufgekommen sind (Verpflegung, Unterkunft, Steuern,
Versicherungen, Wäsche, Taschengeld); die Beschwerdeführer müssten anhand einer
konkreten Vergleichsrechnung aufzeigen, dass sie bei der Anstellung in einer
Drittfirma und Tragung aller Kosten ungleich grössere Sparerträge hätten
erwirtschaften können, so dass die Lidlohnansprüche, welche diese potentiellen
Ersparnisse nicht übersteigen dürfen, als unangemessen tief zu bezeichnen
wären.

5.
Schliesslich machen die Beschwerdeführer eine willkürliche Beweiswürdigung,
eine Verletzung von Art. 530 ff. ZGB (gemeint: Art. 530 ff. OR) sowie eine
Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 152 ZPO und § 198 ZPO/AG betreffend
Beweisabnahmepflicht geltend (Beschwerde S. 10 ff. sowie S. 14), indem das
Obergericht es pflichtwidrig unterlassen hatte, das "A.________ & Söhne
Baugeschäft" als einfache Gesellschaft bzw. als Innengesellschaft zu würdigen
und aufzulösen; das Gesellschaftsverhältnis ergebe sich aus den
Klageantwortbeilagen 29-31, welche vom Obergericht nicht beachtet worden seien.
Das Obergericht hat eine entsprechende Würdigung nicht vorgenommen, weil es in
Bezug auf die Behauptung, es habe für die Jahre 1960 bis 1974 ein
Gesellschaftsverhältnis bestanden, von einer unzulässigen Klageänderung
ausgegangen ist. Indem die Beschwerdeführer dies unbeanstandet lassen, fehlt es
an der Grundlage für die Behauptung, das Obergericht habe in der Sache keine
Würdigung vorgenommen.

6.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist den weiteren Ausführungen in der
Beschwerde, wie die Erbteile richtig zu berechnen wären, der Boden entzogen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie
eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein
entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie A.I.________, A.J.________, A.K.________
und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Oktober 2015

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli

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