Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.388/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_388/2015

Urteil vom 7. September 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Innerschwyz,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Vertretungsbeistandschaft,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz,
Kammer III,
vom 25. März 2015.

Sachverhalt:

A.
 Mit dem Inkrafttreten des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts am 1.
Januar 2013 wurde die für A.________ (geb. 1950) errichtete Vormundschaft in
eine umfassende Beistandschaft nach Art. 398 ZGB umgewandelt. Der frühere
Vormund, B.________, amtete von nun an als Beistand des Betroffenen.

B.
Mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 hob die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde Innerschwyz (KESB) diese Massnahme ersatzlos auf und
regelte die Modalitäten der Aufhebung (Ziffer 2-4). Gegen diesen Beschluss
erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz. Mit
Entscheid vom 25. März 2015 hob die angerufene Instanz die Ziffern 2-4 des
angefochtenen Beschlusses auf und wies die Sache zu neuem Entscheid im Sinn der
Erwägungen an die KESB zurück.

C.
Die KESB (Beschwerdeführerin) hat am 11. Mai 2015 (Postaufgabe) gegen den
vorgenannten Entscheid des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde
erhoben. Sie beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und
ihren Beschluss vom 16. Dezember 2014 zu bestätigen. Es sind keine
Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 

1.1. Angefochten ist der Rückweisungsentscheid einer oberen kantonalen Instanz,
die als Rechtsmittelinstanz in einer Angelegenheit des Erwachsenenschutzes
entschieden hat (Art. 75 Abs. 2, Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die
Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich gegeben.

1.2. Mit dem angefochtenen Entscheid hob die Vorinstanz die Ziffern 2-4 des
Beschlusses der KESB auf und wies die Sache zu neuem Entscheid im Sinn der
Erwägungen an sie zurück. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob es sich
beim angefochtenen Entscheid um einen Zwischenentscheid mit nicht wieder
gutzumachendem Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder um einen Endentscheid
(Art. 90 BGG) handelt; auf die Beschwerde ist ohnehin nicht einzutreten.

2.
Im vorliegenden Fall hat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde als
verfügende Behörde die mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 gegenüber A.________
bestehenden Massnahmen des Erwachsenenschutzes aufgehoben. Damit stellt sich
die Frage, ob sie in dieser Eigenschaft zur Beschwerde in Zivilsachen
berechtigt ist.

3.
 Nach Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen legitimiert, wer vor
der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass
besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder
Änderung hat (lit. b). Unmittelbar gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BGG
beschwerdebefugt sind die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder,
soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn
der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen
kann. Absatz 2 wird zu Recht nicht angerufen.

4. 

4.1. Unter Berufung auf Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG macht die Beschwerdeführerin
geltend, nach der Botschaft komme ihr nur grundsätzlich keine Parteistellung
zu. Eine Ausnahme sei namentlich dann gerechtfertigt, wenn - wie hier - im
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nur eine Partei auftrete. Nur mit ihrer
Zulassung als Partei könne dem Verfahrensgrundsatz nachgelebt werden, wonach
jeder Entscheid einem zweistufigen Beschwerdeverfahren zugänglich sein müsse.
Da sie den Schutz und die Wahrung der Interessen von schutzbedürftigen Menschen
verfolge und ihre Entscheide regelmässig Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte
der Betroffenen darstellten, sei es elementar, dass diese Entscheide einem
zweistufigen Instanzenzug offen stünden.

4.2. Im Rubrum der Vorinstanz wird die Beschwerdeführerin unter der Rubrik
"Parteien" als "Vorinstanz" bezeichnet. Die Beschwerdeführerin ist in Art. 450
Abs. 2 ZGB, der die Beschwerdeberechtigung im kantonalen Verfahren vor der
gerichtlichen Beschwerdeinstanz regelt, weder ausdrücklich als Partei
aufgeführt, noch lässt sich diese Eigenschaft aus den Materialien ableiten. Aus
der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des ZGB (Erwachsenenschutz,
Personenrecht und Kindesrecht; BBl 2006 7001 ff., S. 7086 zu Art. 450d) ergibt
sich vielmehr, dass sie grundsätzlich am Verfahren nicht teilnimmt (vgl. BGE
140 III 385 E. 4.2 S. 389). Nach der Lehre kommt der KESB im Verfahren vor der
gerichtlichen Beschwerdeinstanz grundsätzlich keine Parteistellung zu ( DANIEL
STECK, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, N. 31c zu Art. 450
ZGB). Die Tatsache, dass eine Behörde im Beschwerdeverfahren zur Vernehmlassung
eingeladen wird, begründet keine Parteistellung im Sinn von Art. 450 Abs. 2 ZGB
(vgl. Urteil 5A_979/2013 vom 28. März 2014 E. 6 in: FamPra.ch 2014 S. 767/773
f.). Das Bundesgericht betrachtet die verfügende Behörde im Verfahren der
Beschwerde in Zivilsachen mit öffentlich-rechtlichem Einschlag (insbesondere
Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG) nicht als Partei, sondern führt sie im
Rubrum unter der Rubrik "Verfahrensbeteiligte" auf, ohne sie als
Beschwerdegegnerin zu bezeichnen. Eine entsprechende Verfassung des Rubrums im
kantonalen Verfahren wäre angebracht gewesen. Als Ausnahme vom genannten
Grundsatz erachtet der zitierte Autor die Fälle, in denen die mit der Sache
befasste Erwachsenenschutzbehörde die Frage ihrer Zuständigkeit der
gerichtlichen Beschwerdeinstanz unterbreitet, wenn im Meinungsaustausch keine
Einigung erzielt werden kann (Art. 444 Abs. 4 ZGB). Ein solcher Ausnahmefall
liegt hier indes nicht vor und es kann somit offen bleiben, ob dieser
Lehrmeinung gefolgt werden kann.

4.3. Zwar ist der Beschwerdeführerin darin beizupflichten, dass sie die Wahrung
der Interessen der schutzbedürftigen Personen verfolgt und ihr Entscheid in die
Rechtsstellung der Betroffenen eingreifen kann. Diese Argumentation ändert aber
nichts an der Tatsache, dass sie im konkreten Fall als verfügende Behörde
amtete. Der Umstand, dass im angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts im
Ergebnis nur eine Partei, nämlich die betroffene Person, aufgeführt ist, vermag
aber eine Parteistellung der Beschwerdeführerin mangels ausdrücklicher
Gesetzesvorschrift nicht zu begründen. Im Übrigen verfügt die betroffene Person
über einen Instanzenzug bis ans Bundesgericht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6
BGG). Im Lichte von Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerdeführerin somit
nicht zur Beschwerde legitimiert.

5. 

5.1. Nicht anders verhält es sich unter dem Blickwinkel von Art. 76 Abs. 1 lit.
b BGG. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin zusammengefasst
geltend, die korrekte Rechtsanwendung gehöre zu ihrer im Gesetz vorgesehenen
Aufgabe. Sie verfüge deshalb über ein schützenswertes Interesse an der
Beschwerdeführung. Zudem gehöre sie nicht zum Gemeinwesen.

5.2. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine kantonale Behörde (§ 5
Abs. 1 des kantonalen Einführungsgesetzes vom 14. September 1978 zum
schweizerischen Zivilgesetzbuch [kant. Gesetzessammlung SRSZ 210.100]). Die
Beschwerdeberechtigung gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG entspricht Art. 89 Abs.
1 BGG, weshalb die Rechtsprechung zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beigezogen werden kann (BGE 141 II 161 E. 2.1; 140 I 90 E. 1 S.
92; 140 III 644 E. 3.2 S. 648; Urteil 2C_115/2015 vom 6. Februar 2015 E. 3.2).
Wie Art. 89 Abs. 1 BGG ist Art. 76 Abs. 1 BGG in erster Linie auf Personen des
Privatrechts zugeschnitten. Doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf berufen,
falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein
Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung
einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid
präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die
Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche
Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das Interesse an der
richtigen Rechtsanwendung verschafft keine Beschwerdeberechtigung im Rahmen der
Beschwerdelegitimation gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG. Gestützt auf die
allgemeine Legitimationsklausel sind Gemeinwesen nur restriktiv zur
Beschwerdeführung zuzulassen. Insbesondere ist die verfügende Behörde, deren
Entscheid im Rechtsmittelverfahren ganz oder teilweise abgeändert wurde, nicht
berechtigt, den Rechtsmittelentscheid an das Bundesgericht zu ziehen (BGE 140 V
321 E. 2.1.1 S. 323). Entgegen ihren Ausführungen ist die Beschwerdeführerin
mithin als verfügende Behörde weder durch den angefochtenen Entscheid besonders
berührt, noch kommt ihr ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder
Änderung zu.

6.
Nach dem Gesagten erfüllt die Beschwerdeführerin keine der Voraussetzungen von
Art. 76 Abs. 1 BGG. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. Der
Beschwerdeführerin, die in ihrer amtlichen Eigenschaft Beschwerde erhoben hat,
sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der
Beschwerdegegner ist nicht zur Vernehmlassung angehalten worden, sodass sich
die Frage einer Parteientschädigung von vornherein nicht stellt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz,
Kammer III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. September 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden

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