Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.351/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_351/2015

Urteil vom 1. Dezember 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Keller,
Kläger und Beschwerdeführer,

gegen

E.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Lämmli,
Beklagten und Beschwerdegegner.

Gegenstand
Gewinnanteilsrecht der Miterben (Sühneverfahren),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 17.
März 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. F.________, Jahrgang 1905, starb 1987. Ihre Erben sind die Nachkommen
zweier vorverstorbener Brüder, nämlich einerseits A.________, B.________,
C.________ und D.________ sowie andererseits G.________.

A.b. Gemäss Inventur und Teilung der Erbschaftsbehörde U.________ vom 29. April
1987 vereinbarten die Erben, dass die zum Nachlass gehörenden
landwirtschaftlichen Grundstücke den Landwirten D.________ und G.________ zum
Ertragswert zugewiesen werden, zugunsten der Miterben aber das
Gewinnanteilsrecht besteht. G.________ erhielt das Grundstück GB U.________ Nr.
xxx.

A.c. G.________ und seine Ehefrau verkauften ihrem Sohn E.________ am 17.
Oktober 2005 das Grundstück GB U.________ Nr. xxx zum Ertragswert.

A.d. E.________ schloss am 10. September 2009 mit einem Kiesabbauunternehmen
einen Dienstbarkeitsvertrag über das Recht zur Kiesausbeutung auf dem
Grundstück GB U.________ Nr. xxx.

A.e. A.________, B.________, C.________ und D.________ (Kläger 1-4) machten
gegenüber E.________ (Beklagten) das Gewinnanteilsrecht der Miterben geltend.

B.

B.a. Der Kläger 4 ersuchte am 25. November 2010 H.________ um Aussprache
zwischen den Parteien. H.________, der bis Ende 2010 als Friedensrichter der
Gemeinde U.________ amtete, lud am 30. November 2010 zur Sühneverhandlung auf
den 15. Dezember 2010 vor. Die Verhandlung fand statt. Es wurde weder ein
Protokoll erstellt noch eine Weisung weitergeleitet.

B.b. Für sich und im Auftrag seiner Geschwister reichte der Kläger 4 beim
Kantonsgericht Schaffhausen am 16. März 2011 eine Feststellungsklage betreffend
Gewinnanteilsrecht ein.

B.c. Auf telefonische Anfrage hin teilte H.________ dem Kantonsgericht mit,
dass es sich bei der Verhandlung zwischen den Parteien vom 15. Dezember 2010
nicht um eine formelle Friedensrichterverhandlung gehandelt habe, sondern um
ein Gespräch, zu dem er sich zur Verfügung gestellt habe. Deshalb habe er kein
Protokoll erstellt und keine Weisung ausgestellt. Er habe lediglich eine
formelle Vorladung gewählt, damit alle auch erscheinen würden. Er habe dem
Beklagten eine Frist bis Ende Januar 2011 gesetzt, um zu überlegen, was er tun
wolle. Auf schriftliches Ersuchen des Kantonsgerichts hin stellte H.________
als "Friedensrichter a.D." am 24. März 2011 die Weisung aus und bestätigte
darauf, dass kein Protokoll aus dieser Besprechung existiert, da es sich
lediglich um eine Aussprache gehandelt hatte. Er stellte fest, dass es zu
keiner Einigung kam.

B.d. Die verbesserte Klageschrift der nunmehr anwaltlich vertretenen Kläger
lautet auf Gewinnbeteiligung und Auskunftserteilung zwecks Bezifferung der
Forderung. Nach Eingang der Klageantwort mit dem Antrag auf Abweisung der Klage
beschränkte das Kantonsgericht den Schriftenwechsel auf die Passivlegitimation.
Auf weitere Eingaben betreffend Herausgabe von Unterlagen verzichteten die
Parteien.

B.e. Das Kantonsgericht verpflichtete den Beklagten, den zwischen ihm und einem
Kiesabbauunternehmen am 10. September 2009 abgeschlossenen
Dienstbarkeitsvertrag, die seither und bis heute erfolgten Abrechnungen über
den Kiesabbau sowie die Belege über den vorher aus dem Grundstück GB U.________
Nr. xxx erzielten landwirtschaftlichen Ertrag herauszugeben. Die Kläger wurden
aufgefordert, das Kantonsgericht über den Erhalt der verlangten Unterlagen zu
informieren. Alsdann werde ihnen Frist zur Bezifferung ihrer Forderung
angesetzt (Teilurteil vom 26. September 2013).

C. 
Der Beklagte legte gegen das Teilurteil Berufung ein und machte insbesondere
geltend, auf die Klage hätte nicht eingetreten werden dürfen, weil kein
Sühneverfahren durchgeführt und die Weisung durch eine Person ausgestellt
worden sei, die keine amtliche Funktion mehr gehabt habe. Die Kläger schlossen
auf Abweisung der Berufung. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hiess die
Berufung gut und trat auf die Klage nicht ein mit der Begründung, dass der
obligatorische Schlichtungsversuch nicht stattgefunden hat und die nachträglich
ausgestellte Weisung nichtig ist (Urteil vom 17. März 2015).

D. 
Mit Eingabe vom 30. April 2015 beantragen die Kläger dem Bundesgericht, das
obergerichtliche Urteil aufzuheben. Eventuell seien die Kosten der
vorinstanzlichen Verfahren (Kantonsgericht und Obergericht) dem Beklagten
aufzuerlegen oder nach richterlichem Ermessen neu zu verteilen, und es sei auf
die Zusprechung einer Prozessentschädigung an den Beklagten zu verzichten,
vielmehr sei dieser zu verpflichten, die Kläger für die vorinstanzlichen
Verfahren in der Höhe ihrer berechtigten Verfahrenskosten prozessual zu
entschädigen. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 
Das angefochtene Urteil betrifft das Gewinnanteilsrecht der Erben und damit
eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen
Angelegenheit. Da mit der Klage vorweg Auskunftserteilung zwecks Bezifferung
der Gewinnbeteiligung beantragt wird, kann auf die genaue Angabe des
Streitwerts praxisgemäss verzichtet werden (BGE 127 III 396 E. 1b/cc S. 398).
Das Vermögensinteresse, das das Kantonsgericht (E. 2.2 S. 8) und die Kläger (S.
2 Ziff. I/1) auf Fr. 100'000.-- geschätzt haben, übersteigt den gesetzlichen
Mindestbetrag (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das angefochtene Urteil, auf die
Klage nicht einzutreten, lautet zum Nachteil der Kläger (Art. 76 Abs. 1 BGG)
und beendet das Verfahren (Art. 90 BGG). Da ein Nichteintretensentscheid
angefochten wird, genügt der Hauptantrag auf Aufhebung des angefochtenen
Urteils den formellen Anforderungen (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 48). Auf die
fristgerecht (Art. 46 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene
Beschwerde kann im Grundsatz eingetreten werden.

2. 
Streitig ist unter den Parteien, ob am 15. Dezember 2010 eine Sühneverhandlung
vor dem zuständigen Friedensrichter stattgefunden hat. Vorweg zu prüfen ist,
nach welcher Zivilprozessordnung die Streitfrage zu beantworten ist.

2.1. Das Obergericht hat die Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen
vom 3. September 1951 (ZPO/SH) und die am 1. Januar 2011 in Kraft getretene
Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO; SR 272) zunächst
gleichzeitig angewendet (E. 2a S. 6 f. und E. 2b S. 7), dann aber im
Zusammenhang mit der Pflicht zum persönlichen Erscheinen an der
Sühneverhandlung nur mehr auf Art. 149 ZPO/SH hingewiesen (E. 2c/bb S. 10 des
angefochtenen Urteils). Die Kläger sind der Ansicht, für die Beurteilung der
Streitfrage sei die kantonale Zivilprozessordnung massgebend (S. 9 Ziff. 6 der
Beschwerdeschrift).

2.2. Für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig sind,
gilt gemäss Art. 404 Abs. 1 ZPO das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss
vor der betroffenen Instanz. Der Begriff "rechtshängig" definiert sich nach
Art. 62 ZPO und wird bereits mit Einreichung des Schlichtungsgesuches begründet
(BGE 140 II 298 E. 5.2 S. 301). Auf ein Verfahren, das mit einem vor dem 1.
Januar 2011 gestellten Sühnebegehren eingeleitet wurde, bleibt somit bis zum
Abschluss des Verfahrens vor der betroffenen Instanz das bisherige kantonale
Prozessrecht anwendbar.

2.3. Die Streitfrage beurteilt sich nach dem kantonalen Prozessrecht. Denn
unstreitig hat die Person, die bis Ende 2010 als Friedensrichter amtete, auf
Gesuch der Kläger am 30. November 2010 zur Sühneverhandlung vorgeladen und am
15. Dezember 2010 eine Verhandlung abgehalten (Bst. B.a). Da sich alles vor dem
1. Januar 2011 abgespielt hat, ist die Streitfrage, ob die Verhandlung vom 15.
Dezember 2010 als Sühneverhandlung im Gesetzessinne gelten kann,
ausschliesslich anhand der kantonalen Zivilprozessordnung zu entscheiden, und
zwar ungeachtet dessen, dass für das kantonale Rechtsmittel mit Rücksicht auf
die Eröffnung des kantonsgerichtlichen Teilurteils die Schweizerische
Zivilprozessordnung anwendbar ist (Art. 405 Abs. 1 ZPO; BGE 138 III 512 E. 2.1
S. 513). Geht es um kantonales Prozessrecht kann - von hier nicht zutreffenden
Ausnahmen abgesehen (Art. 95 lit. c-e BGG) - nur Willkür (Art. 9 BV) gerügt
werden. Dabei ist die kantonale Bestimmung, die qualifiziert unrichtig
angewendet bzw. nicht angewendet worden sein soll, zu bezeichnen und anhand der
angefochtenen Subsumtion im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem und
offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 1 E. 2.1 S.
3 mit Hinweis auf BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3).

3. 
Willkür erblicken die Kläger darin, dass das Obergericht die Umstände des
Sühneverfahrens ausser Acht gelassen (S. 5 ff. Ziff. 4-5) und die Weisung des
Friedensrichters für nichtig erklärt habe (S. 10 f. Ziff. 7 der
Beschwerdeschrift).

3.1. Die Kläger schildern die Umstände des Sühneverfahrens zutreffend. Der
Kläger 4 ist an den Friedensrichter mit einem Gesuch um Aussprache gelangt,
worauf der Friedensrichter formell zur Sühneverhandlung vorgeladen und am 15.
Dezember 2010 eine Verhandlung abgehalten hat (Bst. B.a). Die Kläger
bestätigen, dass der Friedensrichter dem Beklagten an der Verhandlung eine
Bedenkfrist eingeräumt hat (Bst. B.c). Sie weisen auf die vom Kläger 4
persönlich verfasste Eingabe vom 16. März 2011 hin, in der es heisst, die
Besprechung sei "vorbehältlich" ergebnislos verlaufen. Die Wendung
"vorbehältlich" bezieht sich auf die dem Beklagten eingeräumte Bedenkfrist (S.
5 f. Ziff. 4 der Beschwerdeschrift).

3.2. Entgegen den Vorwürfen der Kläger, der Friedensrichter sei unerfahren und
habe so ziemlich alles falsch gemacht (S. 7 Ziff. 4 der Beschwerdeschrift),
kann das Vorgehen des Friedensrichters nicht beanstandet, geschweige denn als
willkürlich bezeichnet werden.

3.2.1. Nach der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen sind alle
Klagebegehren beim Friedensrichteramte schriftlich oder mündlich anzuheben
(Art. 147), soweit das Gesetz keine Ausnahmen vorsieht (Art. 148). Der
Friedensrichter ordnet einen Sühnevorstand an, zu welchem die Parteien
persönlich zu erscheinen haben (Art. 149). Er versucht in einem mündlichen und
formlosen Verfahren, eine gütliche Ausgleichung zu erzielen (Art. 150). Kommt
ein Vergleich nicht zustande und kann das Verfahren auch nicht durch
Klageanerkennung oder -rückzug abgeschlossen werden, so vermerkt dies der
Friedensrichter im Protokoll und leitet die Weisung innert zehn Tagen seit der
Sühneverhandlung an das zuständige Gericht weiter (Art. 154 ZPO/SH). Die
Zivilprozessordnung kennt somit keine Bestimmung über das Offenhalten des
Protokolls, die es gestattete, die Weisung nicht sofort nach der Verhandlung,
sondern erst nach Ablauf einer Bedenkfrist auszustellen (z.B. § 194 ZPO/LU; §
72 ZPO/GR; Art. 126 ZPO/AR). Gleichwohl kann die Sühneverhandlung praxisgemäss
abgebrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden, wenn die
Verhältnisse es erfordern. Im Einverständnis mit den Parteien kann der
Friedensrichter mit der Ausstellung der Weisung auch zuwarten, um ihnen eine
Bedenkfrist für einen Vergleichsvorschlag oder die Möglichkeit zu
Vergleichsverhandlungen einzuräumen. Der Friedensrichter kann die Parteien auch
nach oder ausserhalb des Sühnevorstandes beraten (ANNETTE DOLGE, Der
Zivilprozess im Kanton Schaffhausen im erstinstanzlichen ordentlichen
Verfahren, 2001, S. 68).

3.2.2. Mit Blick auf die Rechtslage können die Umstände des Sühneverfahrens
willkürfrei dahin gehend gewürdigt werden, dass die Verhandlung vom 15.
Dezember 2010 entweder tatsächlich eine blosse Aussprache ausserhalb des
Sühnevorstandes war, wie es der Friedensrichter selber dargelegt hat (Bst.
B.c), oder rechtlich als Sühneverhandlung gelten muss, die das Sühneverfahren
nicht abgeschlossen hat und nach Ablauf der Bedenkfrist hätte fortgesetzt
werden müssen. Die denkbare (dritte) Variante, dass der Friedensrichter
lediglich die Ausstellung der Weisung bis zum Ablauf der Bedenkfrist hat
aufschieben wollen, scheidet aus, da eine entsprechende Ankündigung oder eine
derartige Absichtserklärung des Friedensrichters nicht aktenkundig ist und das
zu diesem Verfahren erforderliche Einverständnis der Parteien nicht erstellt
und nicht einmal behauptet worden ist.

3.2.3. Nach der einen wie nach der anderen Betrachtungsweise ist das Ergebnis
der Verhandlung vom 15. Dezember 2010 offen geblieben. An der Verhandlung
konnte der Friedensrichter deshalb weder das Zustandekommen eines Vergleichs
protokollieren noch eine Nichteinigung der Parteien feststellen. Der Ablauf der
Bedenkfrist musste abgewartet werden. Erst danach hätten die Parteien entweder
das Sühneverfahren formell einleiten oder die unterbrochene Sühneverhandlung
wieder aufnehmen können. Die Verhandlung vom 15. Dezember 2010 war somit keine
Sühneverhandlung, die den Friedensrichter hätte verpflichten können, im Sinne
von Art. 154 ZPO/SH die Weisung innert zehn Tagen an das zuständige Gericht
weiterzuleiten. Die obergerichtliche Annahme, der obligatorische
Schlichtungsversuch habe nicht stattgefunden (E. 2c/bb S. 8 ff. des
angefochtenen Urteils), erweist sich als willkürfrei.

3.3. Die von den Klägern geschilderten Umstände des Sühneverfahrens belegen
weiter, dass auch die obergerichtliche Annahme, die am 24. März 2011 vom
Friedensrichter ausgestellte Weisung sei nichtig (E. 2c/cc S. 10 f. des
angefochtenen Urteils), nicht als willkürlich beanstandet werden kann.

3.3.1. Der Friedensrichter hat dem Beklagten gemäss eigenen und unbestrittenen
Angaben eine Bedenkfrist bis Ende Januar 2011 gesetzt, um zu überlegen, was er
tun wolle (Bst. B.c). Aufgrund der tatsächlichen Ausgangslage trifft die
Behauptung der Kläger nicht zu, der Friedensrichter habe in der Weisung vom 24.
März 2011 eine Tatsache beurkundet, die sich zu einer Zeit zugetragen hätte,
als er noch im Amt gewesen sei (S. 10 Ziff. 7 der Beschwerdeschrift). Vielmehr
hat der Friedensrichter am 24. März 2011 amtlich feststellen müssen, dass nach
Ablauf der Bedenkfrist Ende Januar 2011 eine Einigung der Parteien nicht
zustande gekommen ist. In diesem Zeitpunkt war er nicht mehr im Amt. Zutreffend
hat er die Weisung auch nur als "Friedensrichter a.D." unterzeichnet und darauf
vermerkt, dass kein Protokoll aus dieser Besprechung existiert, da es sich
lediglich um eine Aussprache gehandelt hatte (Bst. B.c).

3.3.2. Die Weisung stellt eine Urkunde über die erfolglose Durchführung des
Sühneverfahrens dar, die der Friedensrichter nur ausstellen darf, wenn
tatsächlich ein Sühnevorstand durchgeführt wurde (DOLGE, a.a.O., S. 70 f.). Sie
ist nach allgemeinen Grundsätzen ausnahmsweise dann nichtig, d.h. absolut
unwirksam, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er
offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die
Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet
wird (BGE 132 II 21 E. 3.1 S. 27; 138 III 49 E. 4.4.3 S. 56; 139 II 243 E. 11.2
S. 260). Die Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (BGE 99 Ia 126 E. 4a
S. 135; vgl. für das kantonale Recht: DOLGE, a.a.O., S. 359).

3.3.3. Es mag zutreffen, wie die Kläger hervorheben, dass nicht schon
Nichtigkeit vorliegen muss, wenn ein Friedensrichter nach Ablauf seiner
Amtszeit als Friedensrichter noch eine Weisung unterschreibt (vgl. BGE 83 I 1
E. 3 S. 5 f.). Dieser Fall ist hier indessen nicht gegeben. Der Friedensrichter
hat durch die Angabe "a.D." deutlich gemacht, dass er nicht mehr im Amt und
auch nicht mehr zuständig ist. Hinzu kommt sein Vermerk, dass es sich bei der
Besprechung mit den Parteien "lediglich um eine Aussprache gehandelt hatte",
d.h. - im Zusammenhang mit dem aktenkundigen Telefongespräch zwischen dem
Friedensrichter und dem Kantonsgericht - gar keine Sühneverhandlung
stattgefunden hatte. Die "Weisung" vom 24. März 2011, die der Friedensrichter
auf Geheiss des Kantonsgerichts hat ausstellen müssen, ist ein Widerspruch in
sich und belegt nicht, was eine Weisung eigentlich beurkunden soll. Sie ist
schwer mangelhaft und durfte für nichtig erklärt werden, zumal dadurch auch
nicht irgendwie die Rechtssicherheit gefährdet wird (z.B. für die Nichtigkeit
einer gerichtlichen Kraftloserklärung: BGE 83 II 445 E. 3 S. 453).

4. 
Die Kläger rügen, der Beklagte berufe sich wider Treu und Glauben und
rechtsmissbräuchlich erstmals vor Obergericht auf eine fehlende
Prozessvoraussetzung. Er habe sich auf das Verfahren eingelassen (S. 9 f. Ziff.
6) und hätte seine Rügen betreffend Sühneverfahren bereits vor Kantonsgericht
erheben können und müssen (S. 4 f. Ziff. 2 und 3 und S. 10 f. Ziff. 7). Mit
ihrem Einwand, die Rügen des Beklagten seien verspätet, habe sich das
Obergericht nicht auseinandergesetzt (S. 11 Ziff. 8). Dass es die Rügen
zugelassen und beurteilt habe, bedeute einen Verstoss gegen das Novenverbot im
Berufungsverfahren (S. 11 f. Ziff. 9 der Beschwerdeschrift).

4.1. Die Kläger machen eine sog. Prorogation geltend, die gemäss Art. 147 ZPO/
SH zulässig und darin zu sehen sei, dass der Beklagte sich vorbehaltlos auf das
Verfahren eingelassen und stillschweigend einer Klageanhebung ohne vorgängiges
Sühneverfahren zugestimmt habe (S. 9 f. Ziff. 6 der Beschwerdeschrift). Die
Kläger verschweigen dem Bundesgericht zum einen, dass eine Klage gemäss Art.
147 ZPO/SH zwar im Einverständnis beider Parteien unmittelbar beim zuständigen
Gericht und damit ohne Sühneverfahren schriftlich eingeleitet werden kann, dass
das vorausgesetzte Einverständnis beider Parteien aber schriftlich in einer
sog. Prorogationserklärung zum Ausdruck gebracht werden muss (DOLGE, a.a.O., S.
87), die hier fehlt oder nicht vorgelegt wird. Die Kläger widersprechen zum
anderen der Feststellung des Obergerichts, wonach die Parteien die Klage nicht
einverständlich im Sinne von Art. 147 ZPO/SH unmittelbar beim zuständigen
Gericht schriftlich eingeleitet hätten (E. 2b S. 7 des angefochtenen Urteils).
Gegenüber dieser Feststellung zum Prozesssachverhalt begründen und belegen die
Kläger keine ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen (Art. 105 Abs. 1 i.V.m.
Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.).

4.2. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von
Amtes wegen zu beachten; sie kann auch im Rechtsmittelweg festgestellt werden (
BGE 137 III 217 E. 2.4.3 S. 226; für das kantonale Recht: DOLGE, a.a.O., S.
360). Entgegen der Ansicht der Kläger, kann sich der Beklagte auch jederzeit
auf die Nichtigkeit berufen und ist ein Zuwarten noch nicht als
rechtsmissbräuchlich zu werten. Anders wäre allenfalls nur zu entscheiden, wenn
trotz Kenntnis des Mangels mehrere Jahre ungenützt verstrichen wären und das
Vertrauen gutgläubiger Dritter in einen lange unangefochten gebliebenen Zustand
geschützt werden müsste (BGE 129 I 361 E. 2.3 S. 365). Eine derartige Ausnahme
liegt hier nicht vor. Darauf hat das Obergericht ausdrücklich Bezug genommen
(E. 2c/cc bei/in Anm. 11 S. 10 f. des angefochtenen Urteils), so dass die Rüge
der Verweigerung des rechtlichen Gehörs sich als unbegründet erweist (Art. 29
Abs. 2 BV; BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88).

4.3. Auch der Einwand, die Prüfung der Nichtigkeit verletze das im
Berufungsverfahren geltende Novenverbot, ist unbegründet. Nichtigkeit, die von
Amtes wegen geprüft wird, betrifft eine Rechtsfrage und wird als (neues)
rechtliches Vorbringen vom Novenverbot im Berufungsverfahren nicht erfasst
(Urteil 4A_519/2011 vom 28. November 2011 E. 2.1, in: SZZP 2012 S. 128). Das
abweichende Verständnis der Kläger kann nicht geteilt werden. Die Nichtigkeit
konnte das Obergericht hier unstreitig gestützt auf die bestehende
Tatsachengrundlage beurteilen, so dass ein Vorbringen neuer Tatsachen und
Beweismittel im Sinne von Art. 317 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich war und die
Frage offen bleiben kann, ob Nichtigkeit auch in tatsächlicher Hinsicht von
Amtes wegen geprüft wird (vgl. dazu SÉBASTIEN MORET, Zum Verhältnis zwischen
Nichtigkeit und Novenrecht in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, ZZZ 2014
/2015 S. 29 ff.).

5. 
Die Durchführung des obligatorischen Sühneverfahrens ist eine
Prozessvoraussetzung und von Amtes wegen zur prüfen (Art. 147 i.V.m. Art. 143
ZPO/SH). Wurde das Sühneverfahren nicht durchgeführt oder krankt die Weisung an
schwerwiegenden Mängeln, tritt das Gericht auf das Verfahren nicht ein (DOLGE,
a.a.O., S. 79 und S. 166 f. sowie S. 171 bei/in Anm. 145). Es ergeht ein
formeller Nichteintretensentscheid, wenn Prozessvoraussetzungen im Zeitpunkt
der Urteilsfällung nicht erfüllt sind (BGE 140 III 159 E. 4.2.4 S. 165). Der
Einwand der Kläger dagegen, das Nichteintreten auf ihre Klage wäre nichts als
ein einziger Leerlauf (S. 13 Ziff. 11 der Beschwerdeschrift), ist unbehelflich.
Ist eine Klagebewilligung aus welchen Gründen auch immer ungültig, tritt selbst
das Bundesgericht in Gutheissung von Beschwerden auf Klagen nicht ein (BGE 140
III 70 E. 5 S. 74; 139 III 273 E. 2.3 S. 277). Das obergerichtliche Urteil, auf
die Klage nicht einzutreten, kann deshalb nicht beanstandet werden.

6. 
Im Eventualstandpunkt machen die Kläger geltend, nach Art. 67 BGG habe das
Bundesgericht die Möglichkeit, vorinstanzliche Kosten neu aufzuerlegen, und
nach Art. 66 Abs. 3 BGG seien unnötige Kosten dem Verursacher und damit dem
Beklagten aufzuerlegen (S. 13 f. Ziff. 12 der Beschwerdeschrift). Gemäss Art.
67 BGG kann das Bundesgericht die Kosten des vorangegangenen Verfahrens anders
verteilen, wenn der angefochtene Entscheid geändert wird, und gemäss Art. 68
Abs. 5 BGG wird der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung vom
Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder
geändert. Die Regelung entspricht praktisch wörtlich den bisherigen Art. 157
und Art. 159 Abs. 6 des Bundesrechtspflegegesetzes von 1943 (OG; BS 3 531).
Obschon sie mit Bezug auf die kantonale Parteientschädigung etwas
missverständlich formuliert ist, kommt eine neue Festsetzung und Verlegung der
kantonalen Kosten und Parteientschädigungen nach ständiger Rechtsprechung nicht
in Frage, wenn das Bundesgericht - wie hier - die Beschwerde abweist und den
angefochtenen kantonalen Entscheid nicht abändert (BGE 81 II 534 E. 7 S. 543;
99 Ib 211 E. 5 S. 215; 126 II 54 E. 8 S. 61; CORBOZ, Commentaire de la LTF, 2.
Aufl. 2014, N. 7 zu Art. 67 und N. 48 zu Art. 68 BGG; DOLGE,
Bundesgerichtsgesetz Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 67 und N. 23
zu Art. 68 BGG). Was den Hinweis der Kläger auf den Verursacher von
Prozesskosten angeht, kann auf hiervor Gesagtes (E. 4.2) verwiesen werden.

7. 
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
Die Kläger werden damit kosten-, nicht hingegen entschädigungspflichtig, zumal
keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Klägern und Beschwerdeführern
unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Dezember 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: von Roten

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