Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.330/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_330/2015

Urteil vom 6. April 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksgericht Horgen.

Gegenstand
Ehescheidung (Rechtsverzögerung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 19. März 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.A.________ und B.A.________ haben am 6. August 1997 geheiratet. Sie sind
die Eltern von C.A.________ (geb. 1997). Die Eheleute leben seit dem Jahr 2003
getrennt. Am 19. September 2011 hatte die Ehefrau beim Bezirksgericht Horgen
die Scheidung eingereicht. Mit Verfügung vom 11. Februar 2015 wurden die
Parteien vom Bezirksgericht Horgen zur Hauptverhandlung auf den 8. Mai 2015
vorgeladen.

A.b. Am 2. März 2015 wandte sich A.A.________ an das Obergericht des Kantons
Zürich. Er stellte die folgenden Anträge:

"1. Zu entscheiden über den Inhalt meiner Gefährdungsmeldung an die KESB, mit
dem Ziel zu ermöglichen, dass das Jugendamt eine Beratung ohne Zustimmung der
Mutter durchführt.
2. Zu entscheiden, dass eine geeignete Begutachtung meines Sohnes umgehend
durchgeführt wird.
3. Zu entscheiden, dass das Scheidungsverfahren umgehend an einem anderen
Gericht verhandelt wird.
4. Zu entscheiden, dass diese Anträge nicht vom Bezirksgericht Horgen
entschieden werden."
Das Obergericht nahm die Eingabe von A.A.________ als
Rechtsverzögerungsbeschwerde wie auch als Beschwerde gegen die Verfügung vom
11. Februar 2015entgegen und wies das Rechtsmittel ab, soweit es darauf
eintrat.

B. 
Mit Eingabe vom 26. April 2015 wendet sich A.A.________ (Beschwerdeführer) an
das Bundesgericht. Er hält sinngemäss an den Begehren fest, die er vor
Obergericht gestellt hatte (Bst. A.b), und wirft der Vorinstanz unter anderem
vor, seine Absicht auf Erlass einer superprovisorischen Verfügung zu verkennen
und in diesem Zusammenhang wahrheitswidrige und verleumderische Behauptungen
aufzustellen. Für das Verfahren vor dem Bundesgericht verlangt er die
unentgeltliche Prozessführung. Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen
Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der ihm unterbreiteten Rechtsmittel
frei und von Amtes wegen (BGE 141 II 113 E. 1 S. 116).

2.
Soweit der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren die Verfügung vom 11.
Februar 2015 betreffend Vorladung zur Hauptverhandlung anfocht, ist die
Vorinstanz auf das kantonale Rechtsmittel nicht eingetreten. Dagegen setzt sich
der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht zur Wehr. Hingegen ficht er den
obergerichtlichen Entscheid insofern an, als die Vorinstanz seine
Rechtsverzögerungsbeschwerde abweist. Ist vor Bundesgericht einzig die
Verneinung des Rechtsverzögerungsvorwurfs durch die Vorinstanz Prozessthema, so
stellt der diesbezügliche kantonale Entscheid einen Zwischenentscheid dar, der
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1Bst. a
BGG bewirken kann. Denn die geltend gemachte Rechtsverzögerung und damit eine
allfällige Verletzung des Anspruchs auf Beurteilung binnen angemessener Frist
(Art. 29 Abs. 1 BV) würde selbst mit einem für den Beschwerdeführer günstigen
Endentscheid nicht behoben (Urteile 5A_499/2014 vom 18. November 2014 E. 1.1,
5A_208/2014 vom 30. Juli 2014 E. 1 und 5A_383/2014 vom 25. Juli 2014 E. 1).
Allein von daher wäre die Beschwerde in Zivilsachen an sich gegeben, zumal das
Obergericht als kantonale Rechtsmittelbehörde und oberes Gericht (Art. 75 BGG)
entschieden hat und die Beschwerde an das Bundesgericht beizeiten (Art. 100
Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 Bst. a BGG) eingereicht wurde.

3. 
Zur Beschwerde in Zivilsachen ist nur berechtigt, wer ein schutzwürdiges
Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat. Die
Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der
Gutheissung der Beschwerde voraus, das auch im Zeitpunkt der Fällung des
bundesgerichtlichen Urteils noch vorhanden sein muss (vgl. BGE 131 I 153 E. 1.2
S. 157). Am Erfordernis des praktischen Interesses fehlt es insbesondere dann,
wenn der Rechtsstreit gegenstandslos geworden ist. Liegt das praktische
Interesse im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vor, fällt es aber nachträglich
weg, ist der Rechtsstreit gemäss Art. 72 BZP (SR 273) in Verbindung mit Art. 71
BGG als gegenstandslos geworden abzuschreiben. Im vorliegenden Fall fällt auf,
dass der Sohn C.A.________, dessen Begutachtung der Scheidungsrichter in
verfassungswidriger Weise verzögert haben soll (vgl. Sachverhalt Bst. A.b), am
1. September 2015, also während des vor Bundesgericht hängigen Verfahrens
volljährig geworden ist. Mithin wird das Bezirksgericht Horgen im hängigen
Scheidungsverfahren grundsätzlich keine Kinderbelange mehr zu beurteilen haben.
Unter diesen Umständen kann nicht als sicher gelten, dass der Beschwerdeführer
überhaupt noch ein schutzwürdiges Interesse an der Prüfung der Frage hat, ob
die Vorinstanz eine verfassungswidrige Verzögerung des Antrags um Begutachtung
des Sohnes C.A.________ zu Recht verneint. Die Frage kann jedoch offenbleiben.
Das zeigen die nachfolgenden Erwägungen.

4.
Auch im ordentlichen Beschwerdeverfahren befasst sich das Bundesgericht nur mit
formell ausreichend begründeten Rügen (BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.; s.
auch Urteil 5A_92/2008 vom 25. Juni 2008 E. 2.3). Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist
in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt
Recht verletzt. Die Begründung muss in der Beschwerde selbst enthalten sein;
blosse Verweise auf die den Vorinstanzen eingereichten Rechtsschriften genügen
den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht (Urteil 5A_512/2007 vom 17.
April 2008 E. 1.5 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 134 III 433). Der
Beschwerdeführer muss auf den angefochtenen Entscheid eingehen und im Einzelnen
aufzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt; er soll im Schriftsatz
mit seiner Kritik an den Erwägungen der Vorinstanz ansetzen, die er als
rechtsfehlerhaft erachtet (vgl. BGE 121 III 397 E. 2a S. 400; Urteil 4A_22/2008
vom 10. April 2008 E. 1). Allgemein gehaltene Einwände, die er ohne
aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen
vorbringt, genügen nicht (BGE 116 II 745 E. 3 S. 749).

5.

5.1. Dem angefochtenen Entscheid zufolge liegt eine Rechtsverzögerung im Sinne
von Art. 319 Bst. c ZPO vor, wenn ein anfechtbarer Entscheid vom dazu berufenen
Gericht nicht gefällt wird, obwohl er gefällt werden könnte. Dabei ist, wie das
Obergericht erklärt, der Gestaltungsspielraum des Gerichts zu berücksichtigen,
dem die Verfahrensleitung zusteht. Eine eigentliche Pflichtverletzung und damit
eine Rechtsverzögerung sollte deshalb nur in klaren Fällen angenommen werden.
Was den konkreten Fall angeht, kommt die Vorinstanz zunächst zum Schluss, der
Beschwerdeführer habe sich widersprüchlich verhalten. Er habe sich damit
einverstanden erklärt, dass mit einem Gutachten abgeklärt werden soll, ob sein
Sohn computersüchtig sei; von weiteren Themen sei nicht die Rede gewesen. Als
die Vorinstanz ein Gutachten habe einholen wollen, habe er dagegen protestiert
und verlangt, dass dieses zurückgestellt werde, bis über das Ausstandsbegehren
entschieden worden sei, bzw. gefordert, seine Einwände betreffend Notwendigkeit
einer Ausweitung des Gutachtens zu berücksichtigen. Das Obergericht hält ein
solches Verhalten nicht für schützenswert. Ausserdem verweist es auf den
Untersuchungsgrundsatz. Dieser verpflichte das Gericht, den Sachverhalt von
Amtes wegen zu erforschen. Im Hinblick auf die Einholung eines Gutachtens sei
es meist sinnvoll, dass das Gericht die betroffene Person persönlich anhört.
Das Bezirksgericht habe C.A.________s Anhörung auf den 17. April 2014
vereinbart, der Beschwerdeführer habe diese Anhörung aber verhindert. Bei
dieser Sachlage könne dem Bezirksgericht nicht vorgeworfen werden, kein oder
noch kein Gutachten eingeholt zu haben, so die Folgerung des Obergerichts. Mit
Bezug auf den Vorwurf, dass das Scheidungsverfahren inzwischen wesentlich
länger dauere als in Zürich üblich, vermag das Obergericht unter Hinweis auf
die Prozessgeschichte keine relevanten Lücken oder Perioden unmotivierter
Untätigkeit zu erkennen. Der Beschwerdeführer lege nicht konkret dar, wann bzw.
in welchen Zeiträumen das Bezirksgericht untätig gewesen sein soll. Auch in
dieser Hinsicht erweise sich die Beschwerde als unbegründet.

5.2. Was der Beschwerdeführer dem Bundesgericht in weitschweifigen, wenig
kohärenten Ausführungen vorträgt, vermag den geschilderten
Begründungsanforderungen (E. 4) nicht zu genügen. Der Beschwerdeführer gibt
sich damit zufrieden, den Sachverhalt oder die Rechtslage aus eigener Sicht zu
schildern oder blosse Behauptungen aufzustellen, ohne sich näher mit dem
angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen. Im Zusammenhang mit den
angeblichen Computerspielexzessen seines Sohnes und der Befürchtung einer
depressiven Entwicklung besteht er darauf, dass sich das Bezirksgericht weder
zu seiner Gefährdungsmeldung an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB)
des Bezirks Horgen noch zu seinem Beweisantrag betreffend C.A.________s
Begutachtung geäussert habe. Der Beschwerdeführer empört sich darüber, dass das
Obergericht diese angeblichen Versäumnisse schütze bzw. gar keine Stellung dazu
nehme und ihm stattdessen widersprüchliches und schuldhaftes Verhalten
vorwerfe. Bei alledem übersieht er aber, dass das in Art. 29 Abs. 1 BV
garantierte Recht auf einen verzögerungsfreien Ablauf des Verfahrens
voraussetzt, dass der Rechtsunterworfene im konkreten Fall auch einen
Rechtsanspruch auf den Entscheid hat (LORENZ MEYER, Das Verzögerungsverbot nach
Art. 4 BV, 1985, S. 28 f.; vgl. BGE 104 Ib 239 E. 2 S. 241 f.). Um sein
Rechtsmittel an das Bundesgericht hinreichend zu begründen, müsste der
Beschwerdeführer deshalb darlegen, welche Bestimmungen der Zivilprozessordnung
ihm einen Rechtsanspruch darauf verschaffen, dass sich das Bezirksgericht
bereits vorab, das heisst im Laufe des Verfahrens eigens zu seiner
Gefährdungsmeldung an die KESB Bezirk Horgen und/oder zu seinem Beweisantrag
äussert und zu diesem Zweck eine separate (prozessleitende) Verfügung erlässt.
Dies aber tut der Beschwerdeführer in keiner Weise. Was die vorinstanzliche
Beurteilung der bisherigen Dauer des Scheidungsprozesses bzw. des
diesbezüglichen Verzögerungsvorwurfs anbelangt, begnügt sich der
Beschwerdeführer mit dem Vorwurf, das Obergericht unterschlage die zwei
erfolgreichen Ausstandsverfahren und übersehe damit, dass "die Richter auch die
Verantwortung für diesen Teil der langen Prozessdauer" treffe. Allein damit
vermag er gegen die vorinstanzliche Feststellung, dass die Prozessgeschichte
keine Perioden der unmotivierten Untätigkeit erkennen lasse, nicht aufzukommen.

6. 
Aufgrund des Gesagten kann das Bundesgericht auf die Beschwerde insgesamt nicht
eintreten. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche
Verfahren kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde als von Anfang an
aussichtslos zu gelten hat (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Kanton Zürich ist keine
Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Horgen und dem
Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. April 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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