Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.307/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_307/2015

Urteil vom 20. Juli 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________ AG,
2. Aktiengesellschaft A.F.________,
3. Aktiengesellschaft A.G.________,
4. A.H.________ AG,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

1. B.________,
2. C.________,
3. D.________,
4. E.________,
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Markus Joos,
Beschwerdegegner,

Betreibungsamt Rüti.

Gegenstand
Steigerungsbedingungen,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs, vom 19. März 2015 (PS140269-O/U).

Sachverhalt:

A.

A.a. Gegen die A.________ AG laufen die Betreibungen auf Grundpfandverwertung
Nr. www und xxx. Seit Anfang 2011 wehrte sich die A.________ AG in einer Reihe
von Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden und dem Bundesgericht gegen
die Schätzung der beiden Grundstücke in U.________ Kat. Nr. yyy GB Blatt uuu
(Wohn- und Gasthaus) und Kat. Nr. zzz GB Blatt vvv (Hangar), welche nunmehr
rechtskräftig geworden ist. Am 26. September 2014 machte das Betreibungsamt
Rüti die Versteigerung der Grundstücke öffentlich bekannt. Zudem wurde den
Beteiligten eine Spezialanzeige zugestellt. Die Versteigerung wurde auf den 9.
Dezember 2014 angesetzt.

A.b. Gegen die Steigerungsanzeigen gelangte die A.________ AG an das
Bezirksgericht Hinwil als untere kantonale Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Dieser Beschwerde wie auch derjenigen an
das Obergericht des Kantons Zürich als obere Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs war kein Erfolg beschieden. Das Bundesgericht trat
am 15. März 2015 auf die Beschwerde der A.________ AG nicht ein (Urteil 5A_971/
2014).

B.

 Das Betreibungsamt versandte am 6. November 2014 die Steigerungsbedingungen
und legte sie vom 11. bis 20. November 2014 öffentlich auf. Dagegen reichten
die A.________ AG, die Aktiengesellschaft A.F.________, die Aktiengesellschaft
A.G.________ und die A.H.________ AG Beschwerde ein, welche das Bezirksgericht
als untere Aufsichtsbehörde am 27. November 2014 abwies, soweit es darauf
eintrat. Das Obergericht als obere Aufsichtsbehörde trat am 19. März 2015 auf
die Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil nicht ein.

C.

 Mit Eingabe vom 15. April 2015 sind die A.________ AG, die Aktiengesellschaft
A.F.________, die Aktiengesellschaft A.G.________ und die A.H.________ AG an
das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerinnen beantragen die Aufhebung
des obergerichtlichen Beschlusses. Im Ergebnis verlangen sie die Überarbeitung
und Neuauflage der Steigerungsbedingungen durch das Betreibungsamt.

 Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende
Wirkung verzichtet, das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen und die
Gläubiger B.________, C.________, D.________ und E.________ haben sich dem
Gesuch widersetzt.

 Mit Präsidialverfügung vom 1. Juni 2015 ist der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zuerkannt worden.

 Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen in der Sache
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Eingabe ist
daher als Beschwerde in Zivilsachen entgegenzunehmen, womit die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entfällt (Art. 113 BGG). Den Beschwerdeführerinnen steht
grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des
vorinstanzlichen Urteils zu (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).

1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem
Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist an die Begründung der Parteien nicht gebunden und kann die
Beschwerde aus anderem Überlegungen als die geltend gemachten Vorbringen
gutheissen oder den angefochtenen Entscheid schützen (BGE 132 II 257 E. 2.5 S.
262; 136 III 247 E. 4 S. 252). In der Beschwerde ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG;
BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist
ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (
BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue
Tatsachen und Beweismittel sind nicht zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.

 Anlass zur vorliegenden Beschwerde geben die vom Betreibungsamt aufgestellten
Steigerungsbedingungen für die zwei zur Verwertung anstehenden Grundstücke.

2.1. Die Steigerungsbedingungen bilden (zusammen mit dem Lastenverzeichnis) die
Grundlage jeder Versteigerung. Sie sind vom Betreibungsamt in der ortsüblichen
Weise aufzustellen und so einzurichten, dass sich ein möglichst günstiges
Ergebnis erwarten lässt. Zwar kommt dem Betreibungsamt hier ein gewisses
Ermessen zu, indes hat es sich ausschliesslich an die
zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorgaben des Bundesrechts zu halten (Art. 134
Abs. 1 SchKG; BGE 120 III 138 E. 2c S. 140; 128 I 206 E. 5.2.2 S. 211). Konkret
enthalten die Steigerungsbedingungen neben allgemeinen Informationen über die
Person des Schuldners und des Gläubigers, der die Verwertung verlangt hat, die
Angaben zum Ort und Zeitpunkt der Versteigerung sowie eine Beschreibung des
Grundstücks und seiner Zugehör. Ferner bestimmen sie die Art und Weise der
Steigerung, namentlich die Modalitäten des Zuschlags (Art. 135 SchKG, Art. 45
ff. VZG; BGE 128 III 339 E. 4a S. 340). Diese Anforderungen gelten auch im
Verfahren der Betreibung auf Grundpfandverwertung. Davon abweichend bestimmen
die Steigerungsbedingungen, dass der betreibende Pfandgläubiger, soweit nicht
anders von den Beteiligten vereinbart, für seinen Anteil in Geld bezahlt wird.
Ferner ordnen sie an, dass die zu Gunsten des Betreibenden bestehende Last im
Grundbuch gelöscht wird (Art. 156 Abs. 1 SchKG).

2.2. Die Vorinstanz hat die Streitsache als spruchreif erachtet und die Akten
der unteren Aufsichtsbehörde beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen zu den
Beschwerden gegen die Steigerungsbedingungen eingeholt. Dagegen bringen die
Beschwerdeführerinnen vor, Art. 6 EMRK und Art. 9 BV seien durch die fehlende
Information und Anhörung der Beschwerdegegner sowie des Betreibungsamtes
verletzt worden. Vorerst ist festzuhalten, dass entgegen der Darstellung der
Beschwerdeführerinnen ihre Eingabe den Parteien und dem Betreibungsamt
zugestellt worden sind. Alsdann sind die Beschwerdeführerinnen darauf
hinzuweisen, dass sie ihren Standpunkt im kantonalen Verfahren darlegen konnten
und durch den Verzicht auf Einholung von Beschwerdeantworten nicht besonders
berührt sind und daher kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses haben (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Zudem regelt der
von den Beschwerdeführerinnen angerufene Art. 111 BGG ausschliesslich das
Erfordernis der Teilnahme am kantonalen Verfahren und nicht die
Beschwerdeberechtigung vor Bundesgericht. Die Behauptung der
Beschwerdeführerinnen, sie seien vom kantonalen Verfahren ausgeschlossen
gewesen, ist nicht nachvollziehbar. Inwieweit die Beschwerdegegner sich an das
Bundesgericht hätten wenden können, ist deren Sache, nicht diejenige der
Beschwerdeführerinnen.

2.3. Nach Auffassung der Vorinstanz waren nicht nur die Beschwerdeführerinnen 1
und 4, sondern auch die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 vor der unteren
Aufsichtsbehörde zur Beschwerde berechtigt. In diesem Sinne hat sie den Einwand
der Beschwerdeführerinnen als für zutreffend bezeichnet. Daraus folgern diese
nun vor Bundesgericht, dass die obere Aufsichtsbehörde die Sache zwingend zur
Beurteilung an die untere Aufsichtsbehörde hätte zurückweisen müssen. Gemäss
bundesgerichtlicher Praxis verlangt das Bundesrecht indes nicht, dass in
Kantonen, die zwei Instanzen kennen, eine konkrete Frage von beiden geprüft
werde. Daher durfte sich die obere Aufsichtsbehörde ohne weiteres mit der Sache
befassen, obwohl die untere Aufsichtsbehörde auf die bei ihr erhobenen
Beschwerden nicht eingetreten war (BGE 127 III 171 E. 2b S. 172 mit Hinw. auf
BGE 50 III 189 ff.).

2.4. In der Sache begründete die Vorinstanz ihren Nichteintretensentscheid mit
der ungenügenden und zudem verspäteten Begründung der Anträge. Die vier
Beschwerdeführerinnen hatten sich in einem einzigen Schriftstück am 7. Dezember
2014 an die obere Aufsichtsbehörde gewandt und darin eine Beschwerde
angemeldet. Zudem haben sie darin den Wortlaut ihrer Eingabe an die untere
Aufsichtsbehörde unverändert übernommen und auf eine fristgerechte Ergänzung
hingewiesen. Die erstinstanzlichen Urteile wurden den Beschwerdeführerinnen am
28. bzw. 29. November 2014 zur Abholung avisiert. Zwei von ihnen wurden am 5.
Dezember 2014 entgegengenommen, womit die ursprüngliche Beschwerde rechtzeitig,
die Ergänzung vom 18. Dezember 2014 aber verspätet eingereicht wurde. Die
weiteren zwei wurden am 8. Dezember 2014 empfangen und die Beschwerde am 18.
Dezember 2014 und damit an sich rechtzeitig eingereicht. Nach Auffassung der
Vorinstanz hat sich der Vertreter der Beschwerdeführerinnen missbräuchlich
verhalten, da er bloss zwei der insgesamt vier identischen Sendungen abgeholt
hatte und dadurch die gesetzliche Beschwerdefrist für die zwei weiteren von 10
Tagen auf faktisch 17 Tage verlängert hatte. Damit erweisen sich die
Ergänzungen vom 18. Dezember 2014 nach Ansicht der Vorinstanz für sämtliche
Beschwerdeführerinnen als verspätet.

2.5. Inwieweit diese Sichtweise der Vorinstanz im konkreten Fall vertretbar
ist, braucht nicht entschieden zu werden. Selbst wenn die Ergänzung vom 18.
Dezember 2014 seitens der zwei letzten Beschwerdeführerinnen als rechtzeitig
gelten würde, genügten die dort gemachten Vorbringen den Anforderungen an eine
Beschwerde immer noch nicht. Sie besteht nämlich aus einer erweiterten
Darstellung ihrer Kritik an den Steigerungsbedingungen, ohne auf die
Argumentation der Erstinstanz wirklich einzugehen. Daran ändern die Darlegungen
der Beschwerdeführerinnen im vorliegenden Verfahren nichts; sie führen im
Wesentlichen die Vielzahl der von ihnen innert Kürze zu erhebenden Beschwerden
und die damit verbundene Überlastung an, welcher Umstand eine gewisse
Vereinfachung nötig gemacht habe. Damit bleibt es dabei, dass der
Nichteintretensentscheid der Vorinstanz - und zwar wegen ungenügender
Begründung - im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (E. 1.2). Die von den
Beschwerdeführerinnen verlangte Prüfung der Abholungsmodalitäten bei der Post
erübrigt sich.

2.6. Zwar trat die Vorinstanz auf die Beschwerden nicht ein, wies indes darauf
hin, dass eine nachträgliche Abänderung der Steigerungsbedingungen nicht
rundweg ausgeschlossen sei. Diesfalls müssten sie neu aufgelegt, publiziert und
den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden, womit eine neue
Beschwerdemöglichkeit eröffnet werde. Zudem wies die Vorinstanz darauf hin,
dass es dem Betreibungsamt frei stehe, die Zweckmässigkeit der
Steigerungsbedingungen nochmals in Betracht zu ziehen. Es gehe gemäss Art. 134
Abs. 2 SchKG darum, mit der Ausgestaltung der Bedingungen ein möglichst
günstiges Ergebnis zu erzielen. In diesem Sinne werde das Betreibungsamt
eingeladen, die Frage der gesamthaften Versteigerung nochmals zu prüfen.

2.7. Soweit die Beschwerdeführerinnen diesen vorinstanzlichen Hinweis zum
Anlass nehmen, einen Widerruf bzw. eine Neufassung der Steigerungsbedingungen
in der von ihnen gewünschten Weise zu verlangen, kann ihnen nicht gefolgt
werden. Gegenstand der vorliegenden Beschwerde kann einzig der
Nichteintretensbeschluss der Vorinstanz sein. Hingegen hat sich das
Bundesgericht über die allfälligen Mängel der Steigerungsbedingungen und
mögliche Anpassungen nicht zu äussern und insbesondere dem Betreibungsamt keine
diesbezüglichen Anweisungen zu erteilen. Beschwerdefähig ist eine allenfalls
auf die Hinweise ergangene Verfügung des Betreibungsamtes (vgl. JAEGER/WALDER/
KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl.1997,
Bd. I, N. 2 a.E. zu Art. 13).

3.

 Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden.
Ausgangsgemäss tragen die Beschwerdeführerinnen die Verfahrenskosten zu
gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr.1'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen zu gleichen
Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Rüti und dem Obergericht
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juli 2015

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante

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