Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.274/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_274/2015

Urteil vom 25. August 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Balz Rust,
Beschwerdeführer,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Schwander,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Abänderung vorsorglicher Massnahmen (Unterhalt),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz, 2. Zivilkammer, vom
3. März 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.A.________ (Beschwerdeführer) und B.A.________ (Beschwerdegegnerin)
heirateten am 9. Januar 1981. Sie haben zwei gemeinsame Kinder (geb. 1984 und
1995).

A.b. Mit Eheschutzentscheid des Bezirksgerichts Schwyz vom 3. Februar 2009
wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, der Beschwerdegegnerin rückwirkend per
4. Juli 2007 monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 9'000.-- (an die Ehefrau
persönlich) und Fr. 4'000.-- (für die jüngere Tochter inkl. Schulgeld u.a.) zu
bezahlen. Der Ehemann wurde berechtigt, die seither an den Unterhalt von Frau
und Kind geleisteten Zahlungen von den geschuldeten Unterhaltsbeiträgen in
Abzug zu bringen.

B.

B.a. Am 26. November 2009 klagte die Beschwerdegegnerin auf Scheidung.

B.b. Der Beschwerdeführer ersuchte am 19. Januar 2010 um Abänderung der im
Scheidungsverfahren als vorsorgliche Massnahmen weitergeltenden
Eheschutzmassnahmen. Das Bezirksgericht Schwyz wies das Gesuch mit Entscheid
vom 2. Juli 2010 ab.

B.c. Am 10. November 2010 reichte der Beschwerdeführer ein weiteres Gesuch um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen ein. Mit Schreiben vom 14. Juli 2011
zog er sein Gesuch indes zurück, worauf das Bezirksgericht Schwyz das
Abänderungsverfahren mit Verfügung vom 18. Juli 2011 "infolge Rückzug des
Begehrens als gegenstandslos" abschrieb.

C.

C.a. Mit Eingabe vom 25. Juni 2013 ersuchte der Beschwerdeführer erneut um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen gemäss der Verfügung des
Bezirksgerichts Schwyz vom 3. Februar 2009. Er beantragte, seine
Unterhaltspflicht sei rückwirkend auf den 10. November 2010 angemessen
herabzusetzen. Eventualiter sei die Unterhaltspflicht rückwirkend ab
Gesuchseinreichung, subeventualiter "umgehend" herabzusetzen.

C.b. Die Beschwerdegegnerin beantragte am 2. Oktober 2013 die Abweisung des
Gesuchs.

C.c. Am 17. Januar 2014 fand die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Schwyz
statt. Während der Beschwerdeführer an seinen Anträgen festhielt, beantragte
die Beschwerdegegnerin ein Nichteintreten. Anschliessend wurde das Verfahren
zwecks Führung aussergerichtlicher Vergleichsgespräche einstweilen sistiert.

C.d. Mit Entscheid vom 3. Juli 2014 wies das Bezirksgericht das Änderungsgesuch
ab und auferlegte dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten und eine
Parteientschädigung zugunsten der Beschwerdegegnerin.

D.

D.a. Gegen diesen Entscheid führte der Beschwerdeführer am 16. Juli 2014
Berufung an das Kantonsgericht Schwyz. Er verlangte, der angefochtene Entscheid
sei aufzuheben und zur materiellen Entscheidung seines Gesuchs vom 25. Juni
2013 an das Bezirksgericht zurückzuweisen. Eventualiter habe das Kantonsgericht
selbst gemäss seiner Anträge vom 25. Juni 2013 zu entscheiden.

D.b. Die Beschwerdegegnerin ersuchte mit Berufungsantwort vom 11. August 2014
um Nichteintreten, eventualiter Abweisung der Berufung. Beide Parteien
äusserten sich ein weiteres Mal.

D.c. Mit Entscheid vom 3. März 2015 wies das Kantonsgericht die Berufung ab,
soweit darauf einzutreten sei. Weiter bestätigte es ausdrücklich den Entscheid
des Bezirksgerichts vom 3. Juli 2014. Der Beschwerdeführer wurde zu den
Gerichtskosten und zur Leistung einer Parteientschädigung an die
Beschwerdegegnerin verpflichtet.

E.

E.a. Hiergegen gelangt der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 2. April 2015 an
das Bundesgericht. Er beantragt, "Es sei der angefochtene Beschluss des
Kantonsgerichtes Schwyz vom 3. März 2015 vollumfänglich aufzuheben und die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.".

E.b. Das Bundesgericht hat die Akten der Vorinstanzen, aber keine
Vernehmlassungen eingeholt. Mit Schreiben vom 4. April 2015 (Postaufgabe: 7.
April 2015, Eingang beim Gericht: 14. April 2015) äusserte sich der
Beschwerdeführer unaufgefordert ein zweites Mal.

Erwägungen:

1.

1.1. Die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde richtet sich
gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art.
75 BGG) betreffend vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens.
Diese zivilrechtliche Streitigkeit (Art. 72 Abs. 1 BGG) hat den ehelichen
Unterhalt zum Gegenstand. Sie ist vermögensrechtlicher Natur (BGE 133 III 393
E. 2 S. 395). Die gesetzliche Streitwertgrenze (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist
erreicht.

1.2. Die Beschwerde muss ein Rechtsbegehren enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da
die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art.
107 Abs. 2 BGG), muss auch das Rechtsbegehren grundsätzlich reformatorisch
gestellt werden; ein blosser Antrag auf Rückweisung ist nicht zulässig, ausser
wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 136
V 131 E. 1.2 S. 135; 134 III 379 E. 1.3 S. 383). Dies ist vorliegend der Fall,
weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.

1.3. Nicht zu berücksichtigen ist die Eingabe vom 4. April 2015, welche nach
Fristablauf und damit verspätet einging.

1.4. Im angefochtenen Urteil geht es um vorsorgliche Massnahmen im Sinne von
Art. 98 BGG, so dass nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend
gemacht werden kann. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Dabei genügt es
nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar
erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis
verfassungswidrig ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 319; 135 V
2 E. 1.3 S. 5).

 Das Bundesgericht ist an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt
gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der
Sachverhaltsfeststellungen kommt im Anwendungsbereich von Art. 98 BGG nur dann
in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (
BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Es gilt wiederum das strenge Rügeprinzip (Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255); auf ungenügend begründete
Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht
ein (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 134 I 83 E. 3.2 S. 88).

2. 
Die Vorinstanz befand vorab, auf die Berufung des Beschwerdeführers sei nicht
einzutreten. Die Berufungsschrift (Rechtsbegehren Ziff. 2 betreffend
Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge) vermöge den Anforderungen von Art. 311 ZPO
nicht zu genügen.

2.1. Das Kantonsgericht führte aus, es fehle an einer konkreten Bezifferung,
wobei eine solche selbst unter Einbezug der Berufungsbegründung nicht
hergeleitet werden könne. Der blosse Rückweisungsantrag (Rechtsbegehren Ziff.
1) sei sodann nicht zulässig gewesen. Schon das Bezirksgericht hätte nicht auf
das Rechtsbegehren betreffend Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge eintreten
dürfen, sei doch bereits das Abänderungsgesuch vom 25. Juni 2013 unbeziffert
geblieben. Zwar habe der Beschwerdeführer anlässlich der Hauptverhandlung vom
17. Januar 2014 vorgebracht, dass ein Unterhaltsbeitrag von höchstens Fr.
4'000.-- als tragbar erscheine. Der Betrag habe sich aber damals auf den
gesamten Unterhalt für Beschwerdegegnerin und Tochter bezogen, weshalb sich
daraus nicht ergebe, welcher Betrag der Beschwerdegegnerin zukommen solle. Dass
ihm eine Bezifferung unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bringe er nicht
vor.

2.2. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, die Vorinstanz habe sich auf
bundesgerichtliche Rechtsprechung bezogen, welche sich nur zur Bezifferung von
Berufungsanträgen äussere - und nur für den Fall, dass eine Rückweisung an die
erste Instanz ausser Betracht falle. Vorliegend sei eine Rückweisung aber
gerade geboten, habe die erste Instanz das Änderungsgesuch doch nicht materiell
entschieden. Zudem erwähne die Vorinstanz selbst die Fr. 4'000.--, welche er an
der erstinstanzlichen Hauptverhandlung genannt habe. Der Unterhaltsbeitrag der
Tochter sei dabei nicht zur Diskussion gestanden, da sie längst volljährig sei
und ihre Ansprüche durch einen eigenen Anwalt geltend mache. Damit sei
ersichtlich gewesen, in welcher Höhe sein Begehren zu beziffern sei. Ein
Nichteintreten komme überspitztem Formalismus gleich.

2.3. Sowohl die Berufungseingabe gemäss Art. 311 ZPO als auch die Eingabe an
die erste Instanz muss Rechtsbegehren enthalten (BGE 137 III 617 E. 4.2.2 S.
618 f.; mit Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen: für das
Schlichtungsverfahren Art. 202 Abs. 2 ZPO; für das ordentliche Verfahren Art.
221 Abs. 1 lit. b ZPO; für das vereinfachte Verfahren Art. 244 Abs. 1 lit. b
ZPO; für das summarische Verfahren Art. 252 i.V.m. Art. 219 und Art. 221 Abs. 1
lit. b ZPO; für die Scheidungsklage Art. 290 lit. b - lit. d ZPO). Ein
Rechtsbegehren muss dabei so bestimmt sein, dass es im Falle der Gutheissung
der Klage unverändert zum Urteil erhoben werden kann. Auf Geldzahlung
gerichtete Anträge sind daher zu beziffern (BGE 137 III 617 E. 4.3, E. 4.4 S.
619 f.; mit weiteren Hinweisen). Auch für den Kinderunterhalt sind bezifferte
Anträge erforderlich (BGE 137 III 617 E. 4.5.4 S. 621).

 Vorliegend war der Beschwerdeführer gemäss Eheschutzentscheid vom 3. Februar
2009 zur Bezahlung von Unterhalt sowohl an die Ehefrau als auch an die jüngere
Tochter verpflichtet. Der Beschwerdeführer hätte somit in der Berufung und
selbstredend auch bereits im Abänderungsgesuch an das Bezirksgericht
präzisieren müssen, ob sich das Abänderungsgesuch auf beide
Unterhaltsverpflichtungen oder nur auf den Frauenunterhalt bezog. Dabei hätten
Ausführungen zur Situation betreffend Tochter durchaus im Interesse des
Beschwerdeführers gelegen, hat die Höhe des Kindesunterhalts doch, selbst falls
Letzterer nicht Gegenstand des Verfahrens bildet, zumindest einen Einfluss auf
die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers. Vor Bundesgericht kann der
Beschwerdeführer keine Ergänzungen hierzu anfügen (Art. 99 Abs. 1 BGG).

 Ob die erste Instanz hätte eintreten dürfen, kann offen bleiben. Das
Bundesgericht hat nur den Entscheid der Vorinstanz zu beurteilen (Art. 75 Abs.
1 BGG). Mit dieser ist festzustellen, dass sich der Berufung vom 16. Juli 2014
- weder den Rechtsbegehren noch der Begründung - eine genügend bestimmte oder
bestimmbare Zahl entnehmen lässt. Mithin war die vorinstanzliche Einschätzung,
auf die Berufung könne nicht eingetreten werden, keinesfalls willkürlich. Dass
das strittige Rechtsbegehren nur als Eventualantrag (subsidiär zum Antrag auf
Rückweisung) gestellt worden war, vermag an dieser Einschätzung nichts zu
ändern.

3. 
Faktisch trat das Kantonsgericht nichtsdestotrotz auf die Berufung ein und wies
diese ab, weil einer Abänderung der Unterhaltsbeiträge eine res iudicata in
Form des Abschreibungsentscheids vom 18. Juli 2011 entgegenstehe.

3.1. Das Kantonsgericht erwog im Einzelnen, ursprünglich habe der
Beschwerdeführer durch seine Zahnarztpraxis in U.________ ein monatliches
Einkommen von Fr. 34'400.-- bzw. mindestens Fr. 28'000.-- erzielt, später sei
er in angestelltem Verhältnis in V.________ tätig gewesen. Im Abänderungsgesuch
vom 20. November 2010 habe er geltend gemacht, dass er ab 1. Januar 2011 als
Zahnarzt in Deutschland angestellt sei. Er verdiene fortan monatlich brutto
2'300 Euro zuzüglich Einnahmen aus Bruttomietzinsen von Fr. 3'750.-- und
Abzahlungsleistungen von Fr. 1'527.80 durch den Praxisnachfolger. Das
Abänderungsgesuch vom 25. Juni 2013 habe er in gleicher Weise begründet (mit
folgenden Abweichungen: zusätzliche Berücksichtigung von 17 Euro für Einkünfte
aus selbständiger Arbeitstätigkeit sowie Fr. 325.-- an Zinsen auf dem
Restkaufpreis der Praxisräumlichkeiten, Abzug von Fr. 285.-- auf den
Mietzinseinnahmen von Fr. 3'750.-- für Heiz- und Nebenkosten). Damit lägen den
beiden Gesuchen im Wesentlichen die gleichen Einkommensverhältnisse des
Beschwerdeführers zugrunde.

 Bei vorsorglichen Massnahmen im Scheidungsverfahren über vermögensrechtliche
Angelegenheiten gelte die Dispositionsmaxime, entsprechend müsse auch der
Rückzug eines Gesuchs möglich sein, der, wenn wie hier vorbehaltlos erfolgt,
materielle Rechtskraftwirkung entfalte. Da der Beschwerdeführer das erste
Abänderungsgesuch zurückgezogen habe, könne er daher nicht bei unveränderten
Verhältnissen dasselbe Gesuch um Abänderung von vorsorglichen Massnahmen erneut
stellen. Gründe, welche bei unveränderten Verhältnissen zu einer erneuten
Einreichung des Abänderungsbegehrens berechtigen würden, bringe der
Beschwerdeführer keine vor. Er behaupte auch nicht, dass die Verhältnisse,
welche dem Eheschutzentscheid vom 3. Februar 2009 sowie der
Abschreibungsverfügung vom 18. Juli 2011 zugrunde gelegen hätten, nicht den
damaligen tatsächlich vorliegenden Verhältnissen entsprochen hätten.

3.2. Auch in diesem Punkt wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz eine
Rechtsverweigerung vor und rügt sinngemäss Willkür. Er kritisiert, Entscheiden
über vorsorgliche Massnahmen komme nicht dieselbe materielle Rechtskraft zu wie
im ordentlichen Verfahren ergangenen Entscheiden. Dies ergebe sich bereits
daraus, dass sie nur auf Glaubhaftmachung basierten, vereinfacht abgeändert
werden könnten und schliesslich mit dem Entscheid in der Hauptsache dahinfallen
würden. Dies müsse umso mehr gelten, wenn wie hier der Anspruch gar nicht
geprüft, sondern ein Verfahren durch Rückzug erledigt worden sei. Die Massnahme
bzw. die Höhe der Unterhaltsbeiträge erweise sich als nachträglich
ungerechtfertigt, basiere doch die geltende Unterhaltsverpflichtung auf dem
monatlichen Einkommen des Beschwerdeführers im Jahr 2009 von Fr. 37'800.--
resp. im Jahr 2010 von Fr. 28'000.--. Heute verdiene er aber 2'300 Euro, also
zehn Mal weniger. Sodann habe er damals, nicht anwaltlich vertreten, sein
Gesuch aus Verärgerung und Frustration über die lange Verfahrensdauer von über
neun Monaten zurückgezogen. Dass er sich der möglichen Folgen eines solchen
Entscheids nicht bewusst gewesen sei und sein Gesuch nicht
"angebrachtermassen", aber immerhin "unter Protest", wie die
Abschreibungsverfügung ausdrücklich festhalte, zurückgezogen habe, könne ihm
nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die Vorinstanz mache sich einer
Rechtsverweigerung schuldig. Es bedeute, dass eine Anpassung an die
tatsächlichen finanziellen Verhältnisse während der gesamten Dauer des bereits
über fünf Jahre dauernden Scheidungsverfahrens gar nicht mehr möglich sei.

 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber nicht geltend, dass er sein Gesuch
unter Vorbehalt einer späteren Neueinreichung zurückgezogen habe.

3.3. Im Scheidungsverfahren trifft das Gericht die nötigen vorsorglichen
Massnahmen, wobei die Bestimmungen über die Massnahmen zum Schutz der ehelichen
Gemeinschaft sinngemäss anwendbar sind (Art. 276 Abs. 1 ZPO). Massnahmen, die
das Eheschutzgericht angeordnet hat, dauern weiter (Art. 276 Abs. 2 Satz 1
ZPO).

3.3.1. Eine Abänderung vorsorglicher Massnahmen im Scheidungsverfahren setzt
eine Veränderung der Verhältnisse voraus (Art. 276 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 179
Abs. 1 ZGB). Verlangt ist dabei eine wesentliche und dauernde Veränderung. Eine
Abänderung ist ferner angebracht, wenn die tatsächlichen Umstände, die dem
Massnahmeentscheid zu Grunde lagen, sich nachträglich als unrichtig erwiesen
haben, oder wenn sich der Entscheid nachträglich im Ergebnis als nicht
gerechtfertigt herausstellt, weil dem Massnahmegericht die Tatsachen nicht
zuverlässig bekannt waren. Andernfalls steht die formelle Rechtskraft des
Eheschutz- bzw. des Präliminarentscheids einer Abänderung entgegen. Eine
Abänderung ist ferner ausgeschlossen, wenn die Sachlage durch eigenmächtiges,
widerrechtliches, mithin rechtsmissbräuchliches Verhalten herbeigeführt worden
ist (Urteile 5A_117/2010 vom 5. März 2010 E. 3.3 in: FamPra.ch 2010 S. 705;
5P.473/2006 vom 19. Dezember 2006 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen, in: FamPra.ch
2007 S. 373). Veränderungen, die bereits zum Zeitpunkt des zu Grunde liegenden
Urteils voraussehbar waren und zum Voraus bei der Festsetzung des abzuändernden
Unterhaltsbeitrages berücksichtigt worden sind, können keinen Abänderungsgrund
bilden (vgl. zum nachehelichen Unterhalt BGE 138 III 289 E. 11.1.1 S. 292; 131
III 189 E. 2.7.4 S. 199; zur Abänderung von vorsorglichen Massnahmen im
Scheidungsverfahren Urteil 5A_597/2013 vom 4. März 2014 E. 3.4, in: FamPra.ch
2014 S. 725).

 Vorliegend bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er im jetzigen
Verfahren dieselbe Veränderung gelten machen will, wie bereits im Gesuch vom
10. November 2010. Anders als die Vorinstanz ist er aber der Ansicht, dass der
Rückzug des ersten Gesuchs einer Überprüfung heute nicht entgegen stehe.

3.3.2. Der ZPO lässt sich keine Regelung entnehmen, welche sich explizit zu den
Rechtsfolgen des Rückzugs eines Gesuchs um vorsorgliche Massnahmen äussert.

 Wer eine Klage beim zum Entscheid zuständigen Gericht zurückzieht, kann gegen
die gleiche Partei über den gleichen Streitgegenstand keinen zweiten Prozess
mehr führen, sofern das Gericht die Klage der beklagten Partei bereits
zugestellt hat und diese dem Rückzug nicht zustimmt (Art. 65 ZPO). Mit
Zustellung der Klageschrift an den Beklagten tritt demnach die sog.
Fortführungslast als prozessuale Obliegenheit ein, d.h. der Kläger ist an
seinen Prozess gebunden. Zieht er die Klage nach diesem Zeitpunkt zurück, geht
er seines materiell-rechtlichen Anspruches endgültig verlustig (Botschaft zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7221 ff., S.
7278; Thomas Sutter-Somm/Martin Hedinger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/
Leuenberger, Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2013, N. 6 und N. 13 zu Art. 65 ZPO;
Isabelle Berger-Steiner, Berner Kommentar zur ZPO, Band I, 2012, N. 3 f. zu
Art. 65 ZPO). Die Bestimmung zu den Folgen des Klagerückzugs steht in den
Allgemeinen Bestimmungen der ZPO. Sie ist demnach gemäss Art. 1 lit. a und b
ZPO grundsätzlich auf sämtliche streitigen Zivilsachen sowie auf die
gerichtlichen Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar, mithin
auch im Summarverfahren (Andreas Güngerich, in: Berner Kommentar, Band II,
2012, N. 16 Vorbemerkungen zu Art. 248-270 ZPO; Stephan Mazan, in: Basler
Kommentar, 2. Aufl. 2013, N. 4 Vorbemerkungen zu Art. 248-256 ZPO).

 Allerdings spricht der Gesetzestext von "Klage", nicht von "Gesuch". In der
Lehre besteht daher Uneinigkeit, ob Art. 65 ZPO auch auf Gesuchsverfahren, wie
sie vorsorgliche Massnahmen darstellen, anwendbar ist. Eine Mehrheit der
Autoren spricht sich für eine gewisse Ausweitung auf Nicht-Klageverfahren aus.
Isabelle Berger-Steiner führt aus, die Fortsetzungslast beschlage auch das
durch Gesuch eingeleitete Summarverfahren, soweit es zu einem materiell
rechtskräftigen Entscheid führe (a.a.O., N. 3 zu Art. 65 ZPO). Ähnlich äussert
sich Stephen V. Berti, der festhält, einer Anwendung von Art. 65 ZPO auf das
Gesuch im summarischen Verfahren stehe nichts entgegen, wo einem
Sachendentscheid materielle Rechtskraft zukomme (in: Oberhammer/Domej/Haas,
Kurzkommentar ZPO, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 65 ZPO). Roger Morf wendet Art.
65 ZGB auf Gesuche an, soweit sie eine Streitsache betreffen (im Gegensatz zur
freiwilligen Gerichtsbarkeit), das Gericht auf die Sache eintreten kann und das
Summarverfahren - ohne Rückzug - zu einem rechtskräftigen Sachentscheid führen
würde (in: Gehri/Kramer, ZPO Kommentar Orell Füssli, Zürich 2010, N. 3 zu Art.
65 ZPO e contrario). Prisca Schleiffer Maraiserkennt eine allgemeine Geltung
für Gesuche i.S.v. Art. 252 Abs. 2 ZPO und verweist betreffend Fortführungslast
im summarischen Verfahren auch auf Art. 256 ZPO (in: Baker & McKenzie,
Stämpflis Handkommentar zur ZPO, 2010, N. 4 zu Art. 65 ZPO). Ebenso äussert
sich François Bohnet dahingehend, dass nicht nur beim einseitigen Rückzug einer
Klage ("demande"), sondern auch beim Gesuch ("requête en justice") ein
Rücktritt stattfinde (in: Bohnet/ Haldy/Jeandin/Schweizer/Tappy, CPC commenté,
2011, N. 4 zu Art. 65 ZPO). Thomas Sutter-Somm/Martin Hedinger vertreten
demgegenüber die Meinung, im Zusammenhang mit Gesuchen an ein Gericht sei Art.
65 ZPO nicht einschlägig (a.a.O., N. 9 zu Art. 65 ZPO).

3.3.3. Im selben Zusammenhang zu berücksichtigen ist Art. 241 Abs. 2 ZPO. Die
zum ordentlichen Verfahren gehörige Bestimmung hält unter dem Titel "Beendigung
des Verfahrens ohne Entscheid" fest, dass ein Klagerückzug die Wirkung eines
rechtskräftigen Entscheids hat. Auch hier ist nur von "Klage" die Rede. Gemäss
Art. 219 ZPO gelten die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens sinngemäss für
sämtliche anderen Verfahren, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Damit
stellt sich die Frage, ob Art. 241 Abs. 2 ZPO mangels anderer Vorschrift in den
Bestimmungen zum summarischen Verfahren, sinngemäss auch für dieses gilt.
Soweit ersichtlich äussert sich nur Laurent Killiasexplizit hierzu. Er vertritt
die Ansicht, die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens betreffend Beendigung
des Verfahrens ohne Entscheid (Art. 241 f. ZPO) seien im summarischen Verfahren
analog anwendbar (in: Berner Kommentar zur ZPO, Band II, 2012, N. 37 zu Art.
219ZPO). Im Rahmen des Dispositionsgrundsatzes könnten die Parteien im
vereinfachten und im summarischen Verfahren die Handlungen gemäss Art. 241 ZPO
vornehmen ( Laurent Killias, a.a.O., N. 4 zu Art. 241 ZPO). Diverse Autoren
äussern sich - abgesehen vom vorliegend nicht massgebenden Sonderfall des
Schlichtungsgesuchs - nicht zur Möglichkeit und den Rechtsfolgen eines Rückzugs
von Gesuchen des summarischen Verfahrens. Die Frage braucht vorliegend nicht
abschliessend beantwortet zu werden.

3.3.4. Allgemein gilt im Zivilprozess der Grundsatz, wonach Summarentscheide
grundsätzlich den ordentlichen Entscheiden hinsichtlich Rechtskraft
gleichgestellt sind, d.h. dass sie mit Ablauf der Rechtsmittelfrist formell
rechtskräftig und damit - unter Vorbehalt einer Revision nach Art. 328 ff. ZPO
- unwiderrufbar werden (BGE 141 III 43 E. 2.5.2 S. 46 mit Hinweisen). Für
Summarentscheide betreffend freiwillige Gerichtsbarkeit (Art. 256 Abs. 2 ZPO)
und vorsorgliche Massnahmen (Art. 268 Abs. 1 ZPO) sieht die ZPO allerdings die
Möglichkeit einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung vor (BGE 141 III 43
E. 2.5.2 S. 46). Dennoch kommt auch Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen
eine beschränkte Rechtskraft zu. Sie können zwar für die Zukunft abgeändert
werden, eine rückwirkende Abänderung oder Aufhebung bedarf aber gemäss älterer
bundesgerichtlicher Rechtsprechung - bei gegebenen Voraussetzungen - einer
Aufhebung der (materiellen) Rechtskraft durch ein Revisionsverfahren. Davon
abgesehen werden vorsorgliche Unterhaltsbeiträge zur Regelung der ehelichen
Rechte und Pflichten während des Scheidungsverfahrens definitiv zugesprochen
und können weder durch ein weiteres Massnahmeverfahren noch durch das
Scheidungsurteil selbst rückwirkend aufgehoben werden (BGE 127 III 496 E. 3b/bb
S. 502; vgl. hierzu auch den Kommentar von Christoph Leuenberger, in: ZBJV 138/
2002 S. 557 ff., S. 567). Die neuere Rechtsprechung spricht explizit nur noch
von formeller, aber nicht materieller Rechtskraft (BGE 138 III 382 E. 3.2.1 S.
385 betreffend Arrestentscheid als vorsorgliche Massnahme; BGE 133 II 393 E.
5.1 S. 396 betreffend Eheschutz). Auch hier wird indes festgehalten, dass einem
neuen Gesuch der Einwand der res iudicata entgegensteht, wenn es auf dem völlig
gleichen Sachverhalt beruht wie ein früheres Begehren (BGE 138 III 382 E. 3.2.2
S. 385 mit Hinweisen; vgl. sodann auch BGE 139 III 126 E. 3.1 ff. S. 128 ff.
zur negativen und positiven Wirkung der materiellen Rechtskraft und der
Identität von Streitgegenständen).

3.4. Zusammengefasst und angewendet auf vorsorgliche Massnahmen im
Scheidungsverfahren gilt was folgt: Dem Entscheid betreffend vorsorgliche
Massnahmen im Scheidungsverfahren kommt nicht dieselbe Rechtskraftwirkung zu
wie einem im ordentlichen (Klage-) Verfahren ergangenen Urteil. Dies findet
namentlich darin Niederschlag, dass der Massnahmeentscheid erstens im Falle
einer Veränderung der Verhältnisse einer Anpassung zugänglich ist und dass
dieser zweitens das Scheidungsverfahren, in welchem die Massnahmen angeordnet
wurden, resp. das Endurteil nicht präjudiziert. In diesen Schranken kommt einem
Entscheid über vorsorgliche Massnahmen indes Bindungswirkung zu und muss ein
Rückzug eines Abänderungsgesuchs einer Abweisung gleichgestellt werden. Ein
neues Abänderungsgesuch ist bei dieser Ausgangslage nur unter der Voraussetzung
veränderter Verhältnisse zulässig. Der Beschwerdeführer kann mithin nicht heute
darauf zurückkommen, wenn er 2011 mittels vorbehaltlosem Rückzug und ohne
Zustimmung der Gegenpartei auf eine Prüfung der veränderten Verhältnisse
verzichtete. Der angefochtene Entscheid hält vor der Verfassung stand.

 Ergänzend sei angemerkt, dass die geltend gemachten Veränderungen mangels
präjudizierender Wirkung des Massnahmeentscheids auf das Endurteil im
Hauptverfahren ohne weiteres im Rahmen des Scheidungsurteils (für die Zukunft)
berücksichtigt werden können.

3.5. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Prüfung der vom Beschwerdeführer
beantragten Rückwirkung. Der Vollständigkeit halber sei er auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Der Abänderungsentscheid wirkt
grundsätzlich nur für die Zukunft, d.h. ab Eintritt seiner formellen
Rechtskraft, doch kann die Änderung auf den Zeitpunkt der Einreichung des
entsprechenden Gesuches zurückbezogen werden. Eine weitergehende Rückwirkung
ist nur aus ganz besonderen Gründen möglich (vgl. BGE 111 II 103 E. 4 S. 107
f.; Urteil 5A_597/2013 vom 14. März 2014 E. 3.1, in: FamPra.ch 2014 S. 725).

4. 
Die Beschwerde muss abgewiesen werden. Der Beschwerdeführer wird damit
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein
entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden, da keine Vernehmlassung eingeholt
wurde (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, 2. Zivilkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. August 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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