Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.25/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_25/2015

Urteil vom 5. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans W. Stössel,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Abänderung Eheschutzmassnahmen (Unterhalt),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Schwyz, 2. Zivilkammer, vom
29. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ (geb. 1977) und B.A.________ (1969) heirateten im Jahr 2003 und
wurden Eltern der Kinder C.A.________ (2003), D.A.________ (2005) und
E.A.________ (2007). Das Bezirksgericht Schwyz bewilligte den Eheleuten am 6.
Juli 2012 das Getrenntleben. Gleichentags schlossen sie eine gerichtlich
genehmigte Vereinbarung ab, in welcher sie unter anderem die Kindesbelange und
den Unterhalt regelten. Nachdem die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
Innerschwyz die elterliche Obhut über Sohn C.A.________ vorsorglich von der
Mutter an den Vater übertragen hatte (Beschluss vom 22. Oktober 2013),
unterstellte das Bezirksgericht C.A.________ der Obhut des Vaters, D.A.________
und E.A.________ hingegen weiterhin der Obhut der Mutter. Es verpflichtete
B.A.________ zu monatlichen Unterhaltszahlungen für die Kinder D.A.________ und
E.A.________ von je Fr. 1'150.- (einschliesslich Kinderzulagen) und für die
Ehefrau von Fr. 1'580.- (Verfügung vom 26. Juni 2014).

B. 
Mit kantonaler Berufung focht A.A.________ diesen Entscheid im Unterhaltspunkt
an. Sie beantragte, B.A.________ sei zu verpflichten, ihr monatlich und im
Voraus für sich und die beiden Kinder einen gemeinsamen monatlichen Betrag von
Fr. 4'714.35 (entsprechend der Summe der Existenzminima) zu bezahlen, wovon an
die beiden Kinder je Fr. 1'200.- (inkl. Kinderzulagen) und für sie persönlich
Fr. 2'314.35 zu entrichten sei; soweit das Einkommen von B.A.________ nicht
ausreiche, habe er die Differenz aus seinem Vermögen zu bezahlen. Das
Kantonsgericht wies die Berufung ab (Urteil vom 29. Dezember 2014).

C. 

C.a. Mit Eingabe vom 9. Januar 2015 erneuert A.A.________ die vorinstanzlich
gestellten Anträge vor Bundesgericht; der Beschwerdegegner habe mit der
Leistung monatlicher Unterhaltszahlungen in Höhe von gesamthaft Fr. 4'714.35
ihr monatliches Manko von Fr. 837.15 zu decken. Eventualiter beantragt sie eine
andere Aufteilung des geltend gemachten Betrages (für den Unterhalt der Kinder
je Fr. 1'150.-, für den Ehegattenunterhalt Fr. 2'414.35). Ausserdem ersucht die
Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und
Rechtsverbeiständung) bis zu einem rechtskräftigen Entscheid über die
Verpflichtung des Ehemannes, ihr einen Prozesskostenvorschuss zu leisten.

C.b. Nachdem das Bezirksgericht Schwyz den Beschwerdegegner zur Leistung eines
Prozesskostenvorschusses von Fr. 5'000.- verpflichtet hatte (Verfügung vom 2.
Februar 2015), zog die Beschwerdeführerin das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren am 26. Februar 2015 zurück.

Erwägungen:

1. 
Der angefochtene Entscheid betrifft den Unterhaltsbeitrag an Frau und Kinder
als gerichtliche Massnahme zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff.
ZGB). Es handelt sich um den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Sache unterliegt der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 393). Dem Streitgegenstand nach
ist die Angelegenheit vermögensrechtlicher Natur (Urteil 5A_705/2013 vom 29.
Juli 2014 E. 1.1). Die gesetzliche Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 51 Abs.
1 lit. a und Abs. 4; Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Insoweit ist auf die
rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde einzutreten.

2. 
Eheschutzentscheide über den Unterhalt sind vorsorgliche Massnahmen im Sinne
von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1 und 5.2 S. 396 f.). Mit der Beschwerde
kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (BGE 133 III
585 E. 4.1 S. 588). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und,
soweit möglich, belegte Rügen prüft. Auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 133
II 396 E. 3.2 S. 399). Wird die Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es
daher nicht aus, wenn die beschwerdeführende Person die Sach- oder Rechtslage
aus ihrer Sicht darlegt und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als
willkürlich bezeichnet. Sie muss im Einzelnen dartun, inwiefern das kantonale
Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid
deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leide (BGE 134 II
244 E. 2.2 S. 246). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur dann als
willkürlich auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im
Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18; 134 II
124 E. 4.1 S. 133).

3. 

3.1. Die Vorinstanz erwog, strittig sei allein, ob dem Ehemann zugemutet werden
könne, nicht nur mit seinem laufenden Einkommen (einschliesslich
Vermögenserträgen; vgl. BGE 134 III 581 E. 3.3 S. 583), sondern auch mit
Vermögenssubstanz zur Deckung des Unterhaltsbedarfs von Frau und Kindern
beizutragen und so das monatliche Manko von Fr. 837.15 auszugleichen. Der
Ehefrau könne nicht zugemutet werden, eine (Teil-) Erwerbstätigkeit
aufzunehmen, weil sie zwei unter zehnjährige Kinder in ihrer Obhut habe (vgl.
BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109; 115 II 6 E. 3c S. 10; zur Anwendbarkeit
dieses scheidungsrechtlichen Grundsatzes im Zusammenhang mit dem Eheschutz:
Urteil 5A_319/2013 vom 17. Oktober 2013 E. 2). Der Ehemann verfüge über
Wertschriften und Guthaben von rund Fr. 144'000.- sowie über eine Liegenschaft
mit einem Steuerwert von Fr. 1'001'407.- (bzw. einem Verkehrswert von gegen 1,5
Mio. Franken), die mit einer Hypothek von Fr. 442'000.- belastet sei (Stand
Ende März 2014). Ein Verkauf der im Alleineigentum des Ehemannes stehenden
Liegenschaft sei diesem unbestrittenermassen nicht zuzumuten; eine Erhöhung der
Hypothek hätte zur Folge, dass sein Notbedarf um entsprechend höhere Wohnkosten
heraufgesetzt werden müsste. In Anbetracht der Umstände sei dem Ehemann auch
nicht zuzumuten, den Mankobetrag der Ehefrau von monatlich Fr. 837.15 aus
seinem liquiden Vermögen (von Fr. 119'000.-, nach Abzug des Freibetrages von
Fr. 25'000.-) zu decken. Mit der ersten Instanz müsse nämlich berücksichtigt
werden, dass der Ehemann nicht nur das gesamte Familieneinkommen allein
erwirtschafte, sondern auch für die Pflege und Erziehung von C.A.________
aufkomme und damit in grösserem Umfang für den gebührenden Unterhalt der
Familie sorge. Nach Würdigung dieser Umstände schloss die Vorinstanz, der
gesamte Unterhaltsbeitrag sei bei der erstinstanzlich verfügten Summe von Fr.
3'880.- zu belassen.

3.2. Anhand sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist, ob
und in welchem Umfang es als zumutbar erscheint, Vermögen für den laufenden
Unterhalt einzusetzen, wenn das Einkommen nicht ausreicht und sich dieses auch
nicht ohne Weiteres steigern lässt. Von Bedeutung sind insbesondere der
bisherige Lebensstandard, der allenfalls zusätzlich eingeschränkt werden kann
und muss, die Grösse des Vermögens und die Dauer, für die ein Rückgriff auf das
Vermögen nötig sein wird (zum zuletzt genannten Aspekt: Urteil 5A_706/2007 vom
14. März 2008 E. 4.4). Von Ehegatten im vorgerückten Alter darf in einer
Mangelsituation verlangt werden, dass - wie im Recht der Ergänzungsleistungen
zur AHV/IV - jährlich ein Zehntel des Reinvermögens, das eine Freigrenze
übersteigt, verbraucht wird (Urteil 5P.472/2006 vom 15. Januar 2007 E. 3.2;
vgl. auch BGE 134 III 581 E. 3.3 S. 583).

3.3. Die Beschwerdeführerin wendet ein, mit Blick auf diese Kriterien halte die
Ablehnung eines Vermögensverzehrs dem Willkürverbot nicht stand. So müsse auch
die finanzielle Substanz der Liegenschaft in die Zumutbarkeitsprüfung
einfliessen. Der Beschwerdegegner könne den ehemals hohen Lebensstandard der
Eheleute weiterführen; dagegen verhalte der angefochtene Entscheid sie, mit
zwei Söhnen unter dem Existenzminimum zu leben. Weder die Grösse des Vermögens
noch die voraussichtliche Dauer stünden dem anbegehrten Vermögensverzehr
entgegen.
Mit diesen Ausführungen setzt die Beschwerdeführerin dem angefochtenen
Entscheid ihre eigene Gewichtung der massgebenden Umstände entgegen. Damit ist
aber nicht dargetan, weshalb die Vorinstanz in Willkür verfallen sein sollte.
Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (Art. 42 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.4. Soweit die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Zumutbarkeitsbeurteilung
darüber hinaus unter spezifischen Gesichtspunkten beanstandet, bleibt darauf im
Rahmen der Kognition nach Art. 98 BGG einzugehen.

3.4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die vorinstanzlichen Überlegungen
betreffend die beiderseitigen Anteile am Familienunterhalt (vgl. oben E. 3.1
a.E.) seien für die Frage des zumutbaren Vermögensverzehrs nicht von Belang.
Die Argumentation des Kantonsgerichts werfe alle Grundregeln für die Bemessung
von Unterhaltsbeiträgen über den Haufen; sie erweise sich daher als
willkürlich. Das trifft jedenfalls im Ergebnis nicht zu: Der Unterhaltsbedarf
wird aufgrund einer Bewertung der jeweiligen wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit festgelegt. Verbleibt ein Manko, so ist dieses nach der
ständigen Rechtsprechung als Ganzes von den Unterhaltsberechtigten zu tragen (
BGE 140 III 337 E. 4.3 S. 339 mit Hinweisen). Das Vorbringen der
Beschwerdeführerin zielt letztlich auf eine andere Verteilung des Mankos ab.
Die Zuweisung des Fehlbetrags darf nicht unterlaufen werden, indem die unter
anderem nach den einschlägigen Voraussetzungen betreffend Vermögensverzehr
(oben E. 3.2) bestimmte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Unterhaltspflichtigen erneut in Frage gestellt wird.

3.4.2. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin geht der angefochtene Entscheid
auch insofern fehl, als er mit dem - noch nicht vorgerückten (vgl. oben E. 3.2)
- Alter des Beschwerdegegners von 45 Jahren begründet werde. Die einseitige
Gewichtung dieses Umstandes sei willkürlich, wenn der Wert der Liegenschaft des
Beschwerdegegners berücksichtigt werde sowie der Umstand, dass er als
Vollzeiterwerbstätiger Anspruch auf eine ordentliche Rente aus beruflicher
Vorsorge haben werde und ihm zudem eine Lebens- und Rentenversicherung von über
50'000 Franken zustehe. Damit verfüge er über eine genügende Absicherung für
das Alter. Ohnehin sei der Vermögensverzehr (von weniger als einem Zehntel
jährlich) während des Trennungs- und Scheidungsverfahrens lediglich von
beschränkter Dauer.
Je nach Funktion und Zusammensetzung des Vermögens der Ehegatten kann vom
Unterhaltsschuldner und vom Unterhaltsgläubiger erwartet werden, dass sie das
Vermögen angreifen. Insbesondere wenn dieses als Vorsorge für das Alter
geäufnet wurde, spricht nichts dagegen, es für die Sicherstellung des
Unterhalts der Eheleute nach der Pensionierung einzusetzen (vgl. Urteil 5A_279/
2013 vom 10. Juli 2013 E. 2.1 [zum nachehelichen Unterhalt nach Art. 125 ZGB]).
Die Vorinstanz lehnte die Heranziehung des Wertschriftenvermögens zum
Ehegatten- und Kindesunterhalt jedoch ab, auch weil sie davon ausging, unter
dem Vorsorgeaspekt könne von dem 1969 geborenen Beschwerdegegner selbst in
einer Mangelsituation kein Vermögensverzehr verlangt werden. Die
vorinstanzliche Handhabung der dafür massgebenden Kriterien (vgl. auch oben E.
3.2) fällt nicht nur mit Bezug auf die einzelnen Beurteilungselemente (Grösse,
Funktion und Zusammensetzung des Vermögens; Dauer, für die ein Rückgriff auf
das Vermögen nötig sein wird) nicht aus dem Rahmen, sondern auch in einer
Gesamtbetrachtung dieser Elemente. Die vorinstanzlichen Überlegungen zur
Verteilung der Unterhaltslasten (vgl. Art. 163 ZGB) führen gerade deswegen
nicht zu einem sachfremden oder stossenden Ergebnis, weil die
Unterhaltsregelung im Eheschutzverfahren zeitlich (wohl) nur beschränkt wirksam
sein wird. Bei einer späteren Scheidung wird der von der Beschwerdeführerin
angestrebte Ausgleich der Vorsorgemittel über eine Teilung der
Austrittsleistungen verwirklicht (vgl. Art. 122 ZGB). Der angefochtene
Entscheid ist somit auch unter diesem Aspekt nicht willkürlich; eine
weitergehende Überprüfungsbefugnis steht dem Bundesgericht nicht zu (oben E.
2).

3.5. Nach dem Gesagten ist die vorinstanzliche Unterhaltsberechnung nicht
verfassungswidrig. Offen bleiben muss, ob das von der Beschwerdeführerin
Beantragte ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen
könnte.

4. 
Insgesamt ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Die Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig, nicht hingegen
entschädigungspflichtig, zumal keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Schwyz, 2. Zivilkammer, und
dem Bezirksgericht Schwyz, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Traub

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