Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.257/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_257/2015

Urteil vom 23. April 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern.

Gegenstand
Fürsorgerische Unterbringung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 25.
Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Jahrgang 1965) wurde wiederholt im Rahmen ärztlicher
fürsorgerischer Unterbringung in die Klinik B.________ eingewiesen. Mit
Entscheid vom 4. Februar 2015 ordnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
deren Unterbringung im Pflegeheim C.________ an.

B. 
Dagegen beschwerte sich die Betroffene beim Obergericht des Kantons Bern,
Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, und ersuchte sinngemäss
um Verlegung in eine andere Einrichtung. Mit Entscheid vom 25. Februar 2015
wies die angerufene Instanz die Beschwerde ab. Das Gericht stellte gestützt auf
den Austrittsbericht der Klinik B.________ vom 21. Januar 2015 sowie deren
Ergänzungsgutachten vom 17. November 2014 insbesondere fest, die
Beschwerdeführerin leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit
abhängigen und histrionischen Anteilen sowie an Hepatitis A und B mit positivem
Hepatitis-C-Screening und sei HIV-positiv. Zu erwähnen sei ferner eine
diagnostizierte Minderintelligenz. Die Beschwerdeführerin lehne sämtliche Hilfe
ab, auf welche sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation angewiesen sei.
Eine Unterbringung in einer Einrichtung sei notwendig, um die erforderliche
Einnahme der HIV-Medikation und der Psychopharmaka sicherzustellen. Ferner sah
das Gericht das Pflegeheim C.________ als geeignete Einrichtung an und
erachtete zusammengefasst sämtliche Voraussetzungen für eine Anordnung der
fürsorgerischen Unterbringung als gegeben.

C. 
A.________ hat am 24. März 2015 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen den
vorgenannten Entscheid Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie verlangt auch vor
Bundesgericht ausschliesslich eine Verlegung in eine andere Anstalt. Es wurde
keine Vernehmlassung eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Nach Art. 426 Abs. 1 ZGB darf eine Person, die an einer psychischen Störung
oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, in einer
geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder
Betreuung nicht anders erfolgen kann. Erste gesetzliche Voraussetzung für eine
Anordnung der Massnahme ist einer der drei abschliessend genannten
Schwächezustände: psychische Störung, geistige Behinderung oder schwere
Verwahrlosung. Erforderlich ist sodann eine durch den Schwächezustand
begründete Notwendigkeit der Behandlung bzw. Betreuung ("nötige Behandlung oder
Betreuung"; "l'assistance ou le traitement nécessaires" "le cure o l'assistenza
necessarie"). Weitere Voraussetzung bildet, dass der Person die nötige
Behandlung oder Betreuung nicht auf andere Weise als durch eine Einweisung in
eine Einrichtung bzw. die dortige Zurückbehaltung gewährt werden kann.
Gesetzlich verlangt ist schliesslich eine geeignete Einrichtung. Bei der
Beurteilung der Voraussetzungen sind die Belastung und der Schutz von
Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Die
betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die
Unterbringung nicht mehr erfüllt sind (Art. 426 Abs. 3 ZGB). Bei psychischen
Störungen ist ein Gutachten einer sachverständigen Person einzuholen (Art. 450e
Abs. 3 ZGB; zum Inhalt des Gutachtens: BGE 140 III 105 E. 2.4).

2. 
Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, haben
insbesondere die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art zu
enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Mit Bezug auf Entscheide betreffend
fürsorgerische Unterbringung bedeutet dies, dass im angefochtenen Urteil die
berücksichtigten Tatsachen aufzuführen sind, aufgrund welcher das Gericht auf
einen der Schwächezustände gemäss Art. 426 Abs. 1 ZGB geschlossen hat.
Bezüglich des Fürsorgebedarfs hat der Entscheid in tatsächlicher Hinsicht die
durch Gutachten ermittelte konkrete Gefahr für die Gesundheit oder das Leben
der betroffenen Person bzw. von Dritten zu nennen, die besteht, wenn die
Behandlung der psychischen Störung bzw. die Betreuung unterbleibt (zum
Erfordernis der konkreten Gefahr: Urteile 5A_312/2007 vom 10. Juli 2007 E. 2.3;
5A_288/2011 vom 19. Mai 2011 E. 5.3). Anhand dieser tatsächlichen Angaben ist
in rechtlicher Hinsicht zu beurteilen und im Urteil auszuführen, ob und wenn ja
warum eine Behandlung einer festgestellten geistigen Störung bzw. eine
Betreuung "nötig" ist. Ferner sind die Tatsachen anzugeben, aufgrund derer das
Gericht zum (rechtlichen) Schluss gelangt, die Einweisung oder Zurückbehaltung
in der Anstalt sei verhältnismässig. In diesem Zusammenhang gilt es
auszuführen, aus welchen tatsächlichen Gründen eine ambulante Behandlung oder
die erforderliche Betreuung ausserhalb einer Einrichtung nach Ansicht der
Beschwerdeinstanz nicht infrage kommt (z.B. fehlende Krankheits- und
Behandlungseinsicht; Unmöglichkeit der Betreuung durch Familienangehörige;
andere Gründe). Schliesslich sind gegebenenfalls die Tatsachen aufzuführen,
aufgrund derer das Gericht die vorgeschlagene Einrichtung als geeignet erachtet
(Rechtsfrage) (zum Ganzen BGE 140 III 101 E. 6.2.3 S. 103 f. mit Hinweisen).

3. 
Die Beschwerdeführerin beanstandet einzig die Unterbringung im Pflegeheim
C.________. Sie sieht darin keine ihrem Alter entsprechende und deshalb im
Ergebnis ungeeignete Einrichtung.

3.1. Der geltenden Bestimmung des Art. 426 ZGB lässt sich keine Interpretation
des unbestimmten Rechtsbegriffs der "geeigneten Einrichtung" entnehmen. Aus dem
Zweck dieser Bestimmung, der eingewiesenen Person die nötige Behandlung bzw.
Betreuung zu erbringen, ergibt sich aber, dass es sich um eine Institution
handeln muss, die mit den ihr zur Verfügung stehenden organisatorischen und
personellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der
eingewiesenen Person bezüglich Behandlung und Betreuung zu befriedigen (vgl.
dazu für das alte Recht: BGE 112 II 486 E. 4c S. 490; 114 II 213 E. 7 S. 218;
138 III 593 E. 8 S. 599 f.; zum neuen Recht: Urteil 5A_500/2014 vom 8. Juli
2014 E. 4.1).

3.2. Nach dem Ergänzungsgutachten der Klinik B.________ vom 17. November 2014,
auf welches sich die Vorinstanz stützt, erweist sich die Einweisung der
Beschwerdeführerin in eine nicht ärztlich geführte Institution als sachgerecht.
Damit soll namentlich eine regelmässige Abgabe der erforderlichen
HIV-Medikation und der Psychopharmaka sichergestellt werden. Diesen
Anforderungen wird die von den kantonalen Instanzen gewählte Institution
gerecht. Eine andere steht derzeit nicht zur Verfügung, nachdem zahlreiche
bisherige Platzierungen in anderen Einrichtungen aufgrund des Verhaltens der
Beschwerdeführerin gescheitert sind. An diesem Ergebnis vermag das von der
Beschwerdeführerin Vorgebrachte nichts zu ändern. Das gilt insbesondere für den
Hinweis, sie sei nur von alten Leuten umgeben und sie werde bei einem weiteren
Verbleib in dieser Einrichtung psychisch krank. Die Vorinstanz hat sich
hinsichtlich der Rechtsfrage der Geeignetheit der Einrichtung zum heutigen
Zeitpunkt von den wesentlichen Gesichtspunkten leiten lassen und hat sie somit
zu Recht bejaht.

3.3. Jedoch ist nicht ein für allemal festgelegt, dass die Beschwerdeführerin
in einem Pflegeheim bleiben soll. Die KESB wird nicht zuletzt im Hinblick auf
die periodische Überprüfung der fürsorgerischen Unterbringung (Art. 431 ZGB)
nach einer besser geeigneten, d.h. dem Alter der Beschwerdeführerin
entsprechenden Einrichtung, Ausschau halten müssen.

4. 
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Den
Umständen des konkreten Falles entsprechend werden keine Kosten erhoben.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern und dem Obergericht des Kantons Bern,
Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. April 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden

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