Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.243/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_243/2015

Urteil vom 12. August 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey,
Gerichtsschreiber Buss.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________ AG,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Marcolli,
Beschwerdeführer,

gegen

D.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Krüger,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
definitive Nachlassstundung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, vom 18. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.

 Der zuständige Gerichtspräsident des Regionalgerichts Oberland bewilligte der
D.________ AG am 16 Juli 2014 für die Dauer von sechs Monaten die definitive
Nachlassstundung. Als Sachwalterin bestätigte er die bereits vorher
provisorisch eingesetzte E.________ AG.

B. 
Gegen diesen Entscheid gelangten A.________, B.________ und die C.________ AG
am 8. September 2014 an das Obergericht des Kantons Bern, welches die Anträge
auf Akteneinsicht und Nachbegründung der Beschwerde guthiess (Zwischenentscheid
vom 10. November 2014), die (nachbegründete) Beschwerde mit den Anträgen auf
Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Konkurseröffnung über die D.________
AG jedoch abwies (Entscheid vom 18. Februar 2015).

C. 
A.________, B.________ und die C.________ AG (Beschwerdeführer) ziehen diesen
Entscheid mit Beschwerde in Zivilsachen vom 25. März 2015 an das Bundesgericht
weiter und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die
Verweigerung der definitiven Nachlassstundung.

 Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt
worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen
Instanz, die als oberes Gericht über eine definitive Nachlassstundung
entschieden hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 75 Abs. 1 BGG). Der
angefochtene Entscheid schliesst das Stundungsverfahren prozessual ab und
stellt daher einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG dar. Die Beschwerde
gegen den Entscheid des Nachlassgerichts ist an keinen Streitwert gebunden
(Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG). Die Beschwerdeführer sind als Gläubiger zur
Beschwerdeerhebung befugt (Art. 76 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdefrist ist
eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten
werden.

1.2. Entscheide über die Bewilligung der Nachlassstundung fallen unter die
vorsorglichen Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 135 III 430 E. 1.3 S.
432), weshalb einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden
kann. Das Bundesgericht wendet dabei das Recht nicht von Amtes wegen an,
sondern prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte
Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 571 E. 1.5 S. 576).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder
Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen kommt im Anwendungsbereich von Art. 98
BGG nur dann in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte
verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Der Beschwerdeführer hat das
Vorliegen einer Verfassungsverletzung mit einer den vorstehend genannten
Anforderungen (s. E. 1.2) genügenden Begründung geltend zu machen (BGE 136 I
332 E. 2.2 S. 334; 133 III 439 E. 3.2 S. 445). Soweit der Beschwerdeführer den
Sachverhalt ergänzen will, hat er zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass er
entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei
den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90 mit
Hinweisen). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1
BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S.
226; 133 III 393 E. 3 S. 395). Auf eine Kritik an den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht
einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).

 Die Beschwerdeführer stellen ihren rechtlichen Vorbringen auf den Seiten 5-8
der Beschwerdeschrift eine ausführliche eigene Sachverhaltsdarstellung voran
("Sachverhalt und Prozessgeschichte"). Sie weichen darin - wie auch in ihrer
weiteren Beschwerdebegründung - in zahlreichen Punkten von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz ab oder erweitern diese. Soweit sie dazu keine
Ausnahme vom Grundsatz der Sachverhaltsbindung im vorstehend umschriebenen
Umfang substanziieren, haben ihre Vorbringen unbeachtet zu bleiben.

2. 
Anlass zur Beschwerde gibt die definitive Bewilligung der Nachlassstundung bis
am 16. Januar 2015, welche zwischenzeitlich verlängert worden ist. Gemäss Art.
294 Abs. 1 SchKG in der revidierten Fassung vom 21. Juni 2013 (in Kraft seit 1.
Januar 2014) bewilligt das Nachlassgericht die Stundung definitiv für weitere
vier bis sechs Monate, wenn sich während der provisorischen Stundung ergibt,
dass Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nachlassvertrages besteht.
Das Obergericht hat erwogen, als Grundlage für die richterliche Gewährung der
Nachlassstundung genüge das Vorhandensein einer positiven Prognose für das
Zustandekommen eines Nachlassvertrags, welche die Sachwalterin darzulegen habe.
Auf den Bericht der Sachwalterin dürfe der Nachlassrichter grundsätzlich
abstellen, zumal die Sachwalterin Sachverständige sei. Die E.________ AG habe
vorliegend am 11. Juli 2014 ihren ergänzten Bericht eingereicht und empfohlen,
die definitive Nachlassstundung für sechs Monate zu gewähren, weil die bisher
getroffenen Vorkehren und eingeleiteten Sanierungsmassnahmen die Aussichten auf
eine nachhaltige Sanierung verbessert hätten. Der Vertreter der Sachwalterin
habe anlässlich der Fortsetzungsverhandlung ausgeführt, dass er sich bei den
wichtigsten Gläubigern erkundigt habe, worauf diese ihm die Zustimmung zur
geschätzten Dividende von 15 % signalisiert hätten. Sodann habe er bestätigt,
dass die F.________ SA (Muttergesellschaft der Beschwerdegegnerin) einen
Vorschlag zur Finanzierung der Dividende gemacht habe. Daraus könne geschlossen
werden, dass zumindest eine mündliche Finanzierungszusage vorgelegen habe.
Schliesslich habe die Sachwalterin für das 2. Semester 2014 kaum mehr neue
Verluste prognostiziert. Insgesamt sei der Sachwalterbericht nachvollziehbar,
weshalb er seine Funktion als Fundament für die richterliche Prognose
uneingeschränkt wahrnehmen könne. Da der Vorinstanz im Zusammenhang mit der
Würdigung der Arbeit der Sachwalterin (Bericht und Aussagen) weder eine
offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts noch eine falsche
Rechtsanwendung vorzuwerfen sei, sei der Entscheid des Regionalgerichts zu
bestätigen.

3. 
Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, lässt den angefochtenen Entscheid
nicht als verfassungswidrig erscheinen:

3.1. Soweit die Beschwerdeführer in Bezug auf die Feststellung des Vorliegens
einer Finanzierungszusage eine unzulässige Sachverhaltsergänzung bzw. eine
Verletzung von Art. 320 lit. b ZPO durch das Obergericht geltend machen,
erheben und begründen sie keine Verfassungsrügen (s. E. 1.2).

3.2. Sodann liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29
Abs. 2 BV) darin, dass das Obergericht die Beschwerdeführer nicht in Bezug auf
die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Feststellung, es liege eine
mündliche Zusage der F.________ SA vor, die Nachlassdividende zu finanzieren,
vorgängig zur Stellungnahme aufgefordert hat. Eine Partei hat grundsätzlich
keinen Anspruch, zur rechtlichen Würdigung von (ihr bekannten) Tatsachen, oder
ganz allgemein zur juristischen Begründung des Entscheides angehört zu werden (
BGE 116 V 182 E. 1a S. 185). Mit der Relevanz der fraglichen Aussagen des
Vertreters der Sachwalterin mussten die Beschwerdeführer rechnen; die Frage des
Vorliegens einer Finanzierungszusage warfen sie denn auch in der
vorinstanzlichen Beschwerde selbst auf.

3.3. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die darauf beruhende Feststellung,
dass zumindest eine mündliche Zusage der Muttergesellschaft vorgelegen habe,
die Dividende zu finanzieren, sind auch nicht willkürlich. Eine entsprechende
Zusage lässt sich willkürfrei auf die Aussagen des Vertreters der Sachwalterin
stützen, der bestätigt hat, dass die F.________ SA vorgeschlagen hat, die
angestrebte Dividende zu finanzieren. Gestützt auf die Aussagen des genannten
Zeugen durfte die Vorinstanz die Chancen, dass die Dividende aus Mitteln der
F.________ SA finanziert werden kann, schliesslich ohne Willkür als intakt
erachten. Die diesbezügliche vorinstanzliche Würdigung des Sachverhalts bleibt
daher für das Bundesgericht verbindlich (s. E. 1.3).

3.4. Weitere Gründe, weshalb die Vorinstanz den Bericht und die
Schlussfolgerungen der Sachwalterin willkürlich gewürdigt haben soll, legen die
Beschwerdeführer nicht dar. Unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel ist daher
nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht das Bestehen einer
Sanierungsaussicht bejaht hat und dem Antrag der Sachwalterin, die definitive
Nachlassstundung zu gewähren, gefolgt ist. Die Beschwerde ist somit abzuweisen,
soweit auf sie eingetreten werden kann.

4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer unter
solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

 Eine Parteientschädigung ist nicht zu bezahlen, da Vernehmlassungen in der
Sache nicht eingeholt worden sind und der Beschwerdegegnerin kein
ersatzpflichtiger Aufwand entstanden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Bern,
Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, und dem Regionalgericht Oberland,
Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. August 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Buss

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