Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.226/2015
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_226/2015

Urteil vom 5. August 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Burges,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kantonsgericht von Graubünden,

I. Zivilkammer,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unentgeltliche Rechtsverbeiständung (Fürsorgerische Unterbringung),

Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts von Graubünden, I.
Zivilkammer, vom 12. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (Beschwerdeführerin) wurde am 24. Januar 2015 auf Anordnung
eines Arztes in Anwendung von Art. 426 und Art. 429 f. ZGB in die
Psychiatrische Klinik B.________ in U.________ eingewiesen. Am 26. Januar 2015
verlangte sie die Entlassung. Am 27. Januar 2015 erhob der Verein C.________ im
Namen der Beschwerdeführerin beim Kantonsgericht Graubünden Beschwerde. Das
Kantonsgericht ersuchte die Klinik B.________ um eine Stellungnahme, welche am
30. Januar 2015 erstattet wurde. Noch am 30. Januar 2015 bestimmte das
Kantonsgericht Dr. med. D.________ als Gutachterin. Die psychiatrische
Begutachtung erfolgte am selben Tag. Das Kurzgutachten datiert vom 1. Februar
2015 und ging am 2. Februar 2015 beim Kantonsgericht ein. Die Gutachterin
sprach sich gegen eine Entlassung aus. Mit Verfügung vom 3. Februar 2015 lud
das Kantonsgericht die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung vor,
welche am 9. Februar 2015 stattfinden sollte. Die Verfügung wurde sowohl der
Beschwerdeführerin selbst als auch Rechtsanwalt Roger Burges vom Verein
C.________ zugestellt.

A.b. Mit E-Mail vom 5. Februar 2015 an Rechtsanwalt Roger Burges und Schreiben
vom selben Datum an die Beschwerdeführerin und ihren Anwalt teilte das
Kantonsgericht mit, dass die Verhandlung vom 9. Februar 2015 abgesagt werde, da
die Beschwerdeführerin die Klinik am 6. oder 7. Februar 2015 werde verlassen
können.

A.c. Am 6. Februar 2015 (Entscheid der Klinik B.________ vom 5. Februar 2015)
wurde die Beschwerdeführerin aus der Klinik entlassen. Die Begründung lautete
wie folgt:

 " (...) fürsorgerische Unterbringung gültig für 14 d [wohl gemeint: Tage],

 Ablauf der Frist am 6.2.2015,
keine behördliche Unterbringung durch KESB Glarus (...) ".

A.d. Am 7. Februar 2015 reichte Rechtsanwalt Roger Burges beim Kantonsgericht
Graubünden seine Kostennote ein.

B.

 Mit Verfügung vom 12. Februar 2015 schrieb das Kantonsgericht die Beschwerde
gegen die fürsorgerische Unterbringung als gegenstandslos geworden ab. Die
Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden auf den Kanton genommen. Sodann wies das
Kantonsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Der
Beschwerdeführerin und ihrem Anwalt sprach es keine Parteientschädigung zu.

C.

 Gegen diesen Entscheid gelangt die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht.
Sie verlangt, ihrem Anwalt sei infolge Obsiegens eine Entschädigung von Fr.
1'217.92 zu bezahlen. Eventualiter sei diesem unter Gewährung der
unentgeltlichen Rechtsverbeiständung eine Entschädigung von Fr. 980.32 zu
zahlen. Sodann sei ihr auch vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung durch Rechtsanwalt Roger Burges zu gewähren. Allfällige
Entschädigungen seien direkt an den Anwalt auszuzahlen.

D.

 Das Bundesgericht hat die Akten der Vorinstanz, aber in der Sache keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist der Abschreibungsentscheid einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG) betreffend fürsorgerische Unterbringung
und damit ein öffentlich-rechtlicher Entscheid in unmittelbarem Zusammenhang
mit dem Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die angefochtene
Entschädigungsregelung bzw. die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche
Rechtspflege sind Teil dieses Entscheids und können somit ungeachtet ihres
Streitwertes mit dem gleichen Rechtsmittel wie der Sachentscheid angefochten
werden (Urteil 5A_826/2012 vom 5. Dezember 2012 E. 1.1 mit Hinweis auf den
allgemeinen BGE 137 III 47 E. 1.2 S. 47 f.).

1.2. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
(Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Ihr wurde die unentgeltliche Rechtspflege
verweigert. Diesbezüglich verfügt sie trotz erfolgter Entlassung über ein
aktuelles schützenswertes Interesse an der Behandlung der Beschwerde (Art. 76
Abs. 1 lit. b BGG). Daran ändert nichts, dass die Vorinstanz zumindest darauf
verzichtet hat, ihr Gerichtskosten aufzuerlegen. Es verbleibt die Frage der
Anwaltskosten, an deren Klärung die Beschwerdeführerin ein Interesse hat. Die
Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht (Art. 100 Abs. 1 BGG).

1.3. Die fürsorgerische Unterbringung der Beschwerdeführerin fiel am 6. Februar
2015 wegen Ablaufs der vom Arzt festgelegten Höchstdauer der Massnahme dahin
(Art. 429 Abs. 2 ZGB). Die von der Beschwerdeführerin gegen die Unterbringung
eingereichte Beschwerde wurde damit gegenstandslos. Das Kantonsgericht hat in
seinem Entscheid vom 12. Februar 2015 zu Recht das betreffende Verfahren
abgeschrieben (vgl. Urteil 5A_675/2013 vom 25. Oktober 2013 E. 3.1 und E. 3.2;
zu den allgemeinen Kriterien für eine Abschreibung wegen Gegenstandslosigkeit
vgl. BGE 137 I 23 E. 1.3.1 S. 24; 116 II 351 E. 3a und E. 3c S. 354 f.). I
nfolge der Entlassung der Beschwerdeführerin aus der fürsorgerischen
Unterbringung ist die Beschwerde mithin auf die Kosten- und
Entschädigungsregelung und die unentgeltliche Rechtspflege beschränkt.

1.4. Ob die Beschwerdeführerin vor dem Kantonsgericht Anspruch auf
unentgeltliche Rechtspflege oder eine Parteientschädigung hatte, entscheidet
sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht resp. der als kantonales Recht zur
Anwendung kommenden ZPO (vgl. Art. 439 Abs. 3 i.V.m. Art. 450f ZGB; Urteil
5A_254/2014 vom 5. September 2014 E. 2.1 mit Hinweisen). So bezog sich die
Vorinstanz für den Verzicht auf die Erhebung von Verfahrenskosten auf Art. 63
Abs. 3 EG ZGB und für die unentgeltliche Rechtspflege auf Art. 60 Abs. 2 EG ZGB
i.V.m. Art. 117 ff. ZPO. Betreffend Parteientschädigung ist ebenfalls Art. 60
Abs. 2 EG ZGB zu beachten. Soweit die ZPO als kantonales Recht zur Anwendung
gelangt, können nur verfassungsmässige Rechte (namentlich das Willkürverbot)
als verletzt gerügt werden (BGE 139 III 225 E. 2.2 f. S. 230 f. mit Hinweisen;
in Bezug auf die Parteientschädigung: Urteile 5A_379/2014 vom 4. Juli 2014 E.
1; 5A_826/2012 vom 5. Dezember 2012 E. 2; zum Willkürbegr iff: BGE 138 I 49 E.
7.1 S. 51; 137 I 1 E. 2.4 S. 5). Verfassungsverletzungen und die Verletzung
kantonalen Rechts werden in höchster Instanz nur geprüft, wenn sie in der
Beschwerde an das Bundesgericht gerügt und gehörig begründet werden (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 134 I 83 E. 3.2. S. 88; 133 IV 286 E. 1.4 S. 287; je mit
Hinweisen).

 In der Besc hwerde wird jedoch weder eine willkürliche Anwendung kantonalen
Rechts noch die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts geltend gemacht.
Entsprechend kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.

 Aufgrund der besonderen Umstände im konkreten Fall wird auf die Erhebung von
Kosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um
unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist
abzuweisen, da sich die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos erwiesen hat
(Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren wird
abgewiesen.

3. 
Es werden keine Kosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Kantonsgericht von Graubünden
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. August 2015

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben