Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.203/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_203/2015

Urteil vom 20. November 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Lukas Bopp,
Beschwerdeführerin,

gegen

Bank B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Kriesi,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Definitive Rechtsöffnung (vollstreckbare öffentliche Urkunde,
Lugano-Übereinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom
29. Januar 2015 (2C 13 37).

Sachverhalt:

A.

A.a. Die Bank B.________, mit Sitz in U.________/D, leitete mit Zahlungsbefehl
Nr. xxx (Betreibungsamt Hochdorf) vom 15. Oktober 2012 für Fr. 121'100.-- die
Betreibung gegen A.________ ein. Die Schuldnerin erhob Rechtsvorschlag.

A.b. Mit Entscheid vom 2. Mai 2013 erklärte die Einzelrichterin des
Bezirksgerichts Hochdorf die am 14. September 1999 durch Notar C.________ in
V.________/D zu Gunsten der Bank B.________ ausgestellte öffentliche
"Grundbuchbestellungsurkunde" [sic] (UR Nr. yyy) in der Betreibung Nr. xxx für
vollstreckbar und erteilte für den Betrag von Fr. 121'000.-- die definitive
Rechtsöffnung.

B.

B.a. Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ mit Beschwerde vom 16. Mai 2013
an das Kantonsgericht des Kantons Luzern und beantragte im Wesentlichen die
Abweisung der Rechtsöffnung.

B.b. Das Kantonsgericht hob am 13. August 2014 die am 7. November 2013
angeordnete Sistierung des Beschwerdeverfahrens auf, nachdem die Bank
B.________ über die Erledigung des vor dem Landgericht W.________/D (Urteil vom
22. Juli 2014) eingeleiteten Klageverfahrens informierte. Am 9. Dezember 2014
wurde dem Kantonsgericht das mit Rechtskraftvermerk versehene Urteil des
Landgerichts W.________ übermittelt.

B.c. Mit Entscheid vom 29. Januar 2015 wies das Kantonsgericht die Beschwerde
ab.

C. 
Mit Eingabe vom 6. März 2015 hat A.________ Beschwerde in Zivilsachen beim
Bundesgericht erhoben. Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei der
kantonsgerichtliche Entscheid aufzuheben und das Begehren der Bank B.________
(Beschwerdegegnerin) um definitive Rechtsöffnung abzuweisen; eventuell sei die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht die
Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung.
Mit Präsidialverfügung vom 27. März 2015 ist der Beschwerde aufschiebende
Wirkung zuerkannt worden.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Sache die Abweisung der Beschwerde. Das
Kantonsgericht schliesst in seiner Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsöffnungsentscheid,
mithin eine Zwangsvollstreckungssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die
gesetzliche Streitwertgrenze wird erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die
Beschwerde in Zivilsachen ist daher gegeben.

1.2. Mit vorliegender Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt
werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen
(Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S.
591).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Zulässig ist einzig die Rüge, dass
eine Tatsachenfeststellung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhe oder eine Tatsache offensichtlich unrichtig festgestellt worden sei
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Das Kantonsgericht hat festgehalten, dass die in Deutschland in notariell
errichtete Grundschuldbestellungsurkunde vom 14. September 1999 eine
vollstreckbare öffentliche Urkunde gemäss dem massgebenden Lugano-Übereinkommen
von 1988 sei. Das Bezirksgericht habe die Vollstreckbarkeit nur vorfrageweise
geprüft und den Rechtsöffnungstitel in der konkreten Betreibung für
vollstreckbar erklärt. Das Kantonsgericht hat geprüft, ob die in England
zugunsten der Beschwerdegegnerin erteilte Rechtsschuldbefreiung in Deutschland
mit der Wirkung anerkannt wird, dass die dort erstellte öffentliche Urkunde
nicht mehr vollstreckbar sei. Die behauptete Wohnsitzverlegung nach England sei
indes vorgetäuscht worden, weshalb die dort ausgesprochene Restschuldbefreiung
infolge Rechtsmissbrauch ("Insolvenztourismus") in Deutschland nicht
anerkennbar sei. Folglich stehe der öffentlichen Urkunde in Deutschland kein
Vollstreckungshindernis entgegen bzw. sei die Vollstreckbarkeit gegeben. Das
Kantonsgericht hat die Rechtsöffnung bestätigt.

3. 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das definitive Rechtsöffnungsverfahren
(Art. 80 SchKG), in welchem die Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels
überprüft wurde.

3.1. Vollstreckbar und ein Titel für die definitive Rechtsöffnung können gemäss
Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 auch die im Ausstellungsstaat
vollstreckbaren öffentlichen Urkunden sein (Art. 57 rev LugÜ; u.a. STAEHELIN,
in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl.
2010, N. 67 zu Art. 80). Das Gleiche galt unter der Herrschaft des
Lugano-Übereinkommens in der Fassung vom 16. September 1988 (LugÜ 1988), wonach
öffentliche Urkunden, die in einem Vertragsstaat aufgenommen und vollstreckbar
sind, in einem anderen Vertragsstaat wie eine gerichtliche Entscheidung für
vollstreckbar erklärt werden können (Art. 50 LugÜ 1988; BGE 137 III 87 E. 2 und
3 S. 88 ff.). Unter die betreffenden Urkunden fällt auch die deutsche
Grundschuldbestellungsurkunde (BGE 137 III 87 E. 2 S. 88). Unbestritten ist,
dass die von der Beschwerdegegnerin als Rechtsöffnungstitel vorgelegte
Grundschuldbestellungsurkunde vom 14. September 1999 eine öffentliche Urkunde
ist, deren Vollstreckbarkeitserklärung sich nach dem LugÜ 1988 richtet (Art. 63
Abs. 1 rev LugÜ).

3.2. Gegen die im Rechtsöffnungsverfahren geprüfte und vom Kantonsgericht
bestätigte Vollstreckbarerklärung erhebt die Beschwerdeführerin eine Reihe von
Rügen, welche die Verletzung von Konventions-, Verfassungs- und
Gesetzesbestimmungen zum Gegenstand haben. Unter anderem macht sie - was vorab
zu prüfen ist - einen Verstoss gegen ihren Anspruch auf das rechtliche Gehör
(Art. 29 Abs. 2 BV) geltend, weil das Kantonsgericht ihre Rüge, die vorgelegte
öffentliche Urkunde sei mangels rechtskonformer Zustellung nicht vollstreckbar,
nicht beurteilt habe. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV)
verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des Betroffenen tatsächlich hört,
sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Die
Behörde darf sich in ihrem Entscheid auf die wesentlichen Gesichtspunkte und
Leitlinien beschränken und braucht sich nicht mit jedem sachverhaltlichen oder
rechtlichen Einwand auseinanderzusetzen (vgl. BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 135
III 670 S. 3.3.1 S. 677).

3.2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie vor dem Kantonsgericht
eine Verletzung von Art. 50 LugÜ 1988 und des Haager Übereinkommens über die
Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in
Zivil- und Handelssachen von 1965 gerügt habe. Sie habe erklärt, dass die
Auffassung des Bezirksgerichts, wonach sich eine förmliche Zustellung der
öffentlichen Urkunde zur Erlangung der Vollstreckbarkeit in Deutschland
erübrige, nur weil die Niederschrift von der Beschwerdeführerin eigenhändig
unterzeichnet sei, unzutreffend sei. Sie habe im Einzelnen aufgezeigt, dass es
bei einer deutschen öffentlichen Urkunde nach § 750 dt. ZPO sowie Haager
Übereinkommen der förmlichen, d.h. international nicht bloss der postalischen
Zustellung der Urkunde einschliesslich der Vollstreckungsklausel bedarf, damit
Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 50 Abs. 1 erster Satz LugÜ 1988 vorliege.

3.2.2. Das Kantonsgericht hat erwogen, nach Prüfung der formellen Erfordernisse
sowie der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung habe das Bezirksgericht
"zutreffend und unbestritten" festgehalten, dass die in Deutschland errichtete
Urkunde vom 14. September 1999 zur definitiven Rechtsöffnung berechtigte und
die Zwangsvollstreckung dieser Urkunde nicht gegen den schweizerischen Ordre
public verstosse. Dabei hat es auf die Erwägungen Ziff. 8/9 des
bezirksgerichtlichen Entscheides verwiesen.

3.2.3. Die Beschwerdeführerin hat sich in der Beschwerde an das Kantonsgericht
auf das Erfordernis der förmlichen Zustellung (unter Berücksichtigung von § 750
dt. ZPO und des Haager Zustellungsübereinkommens) der mit der
Vollstreckungsklausel versehenen Urkunde als Voraussetzung dafür berufen, dass
Vollstreckbarkeit der deutschen öffentlichen Urkunde und damit
Vollstreckbarkeit gemäss Art. 50 LugÜ 1988 vorliege. Die Beschwerdeführerin hat
damit die Auffassung der Erstinstanz vor Kantonsgericht gerügt, was auch die
Beschwerdegegnerin bestätigt. Wenn das Kantonsgericht die erstinstanzliche
Auffassung als "unbestritten" bezeichnet hat, ist das unzutreffend.

3.2.4. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin und der Vorinstanz genügt die
Verweisung auf die "zutreffende" Auffassung des Bezirksgerichts, um den
Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin zu wahren. Nach der Praxis des
Bundesgerichts zu Art. 4a BV und Art. 29 Abs. 2 BV ist es nicht ausgeschlossen,
dass eine Rechtsmittelinstanz ihr Urteil durch blosse Verweisung auf die
Urteilsmotive der Vorinstanz begründet. Dies ist verfassungsrechtlich nur dann
unbedenklich, wenn mit dem Rechtsmittel keine erheblichen Einwände vorgebracht
wurden, mit denen sich das erstinstanzliche Urteil nicht bereits
auseinandersetzte und die geeignet wären, es in Frage zu stellen (vgl. BGE 123
I 31 E. 2c S. 34; 103 Ia 407 E. 3a S. 409; Urteil 1P.69/2004 vom 7. April 2004
E. 1.1.4, ZBl 2005 S. 262).
In der Erwägung Ziff. 9.1 hält das Bezirksgericht fest, dass sich die förmliche
Zustellung der mit Vollstreckungsklausel versehenen
Grundschuldbestellungsurkunde "erübrige ", weil die Beschwerdeführerin "die
notarielle Niederschrift eigenhändig unterzeichnet und genehmigt hat"; zudem
liege - so das Bezirksgericht weiter - die Zustellungsurkunde des
Obergerichtsvollziehers beim Amtsgericht V.________/D vor. Diese Überlegung hat
das Kantonsgericht durch die Bezeichnung "zutreffend" zur eigenen Erwägung
gemacht. Für eine zulässige Verweisung fehlt es indes bereits an der
notwendigen Voraussetzung: Das Kantonsgericht hat die im Rechtsmittel
vorgebrachten Einwände sowie deren Relevanz offensichtlich nicht untersucht,
wenn es die Konformität der Zustellung (durch Versehen oder unrichtige
Wahrnehmung) als unbestritten erachtet, d.h. - zu Unrecht (E. 3.2.3) - gar
keine Einwände erblickt hat. Im Übrigen lässt auch der erstinstanzliche
Entscheid nicht erkennen, dass die Vorbringen der Beschwerdeführerin - d.h.
Massgeblichkeit des Verfahrens der Urteilsvollstreckung betreffend
vollstreckbare öffentliche Urkunden (§ 795 i.V.m. § 750 dt. ZPO) und
Erfordernis der förmlichen Zustellung unter Berücksichtigung des Haager
Zustellungsübereinkommens - in die Prüfung eingeflossen wären. Unter diesen
Umständen ist das Vorgehen des Kantonsgerichts mit dem Anspruch der
Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) nicht vereinbar.

3.3. An diesem Ergebnis vermögen die Vorbringen der Beschwerdegegnerin nichts
zu ändern.

3.3.1. Die Beschwerdegegnerin führt aus, dass die Erwägung des Bezirksgerichts
(auf welche das Kantonsgericht verwiesen hat) richtig seien. Unter anderem habe
die Beschwerdeführerin - wie aus der Urkunde ersichtlich sei - selber den
Antrag gestellt, eine Abschrift zu erhalten. Sie habe also genügende "Kenntnis
von der Urkunde und deren Inhalts sowie von der Vollstreckungsklausel" gehabt,
weshalb zudem rechtsmissbräuchlich sei, eine förmliche Zustellung zu verlangen.
Die Zustellung der Urkunde in die Schweiz auf dem Postweg am 30. März 2005 sei
rechtens. Im Übrigen sei bereits in einem (in den kantonalen Akten liegenden)
Rechtsöffnungsentscheid aus dem Jahre 2006 die Vollstreckbarkeit der
öffentlichen Urkunde " (rechtskräftig) beurteilt" worden.

3.3.2. Soweit die Beschwerdegegnerin geltend machen will, das Kantonsgericht
habe sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin mangels Relevanz nicht
auseinandersetzen müssen, ist ihr Einwand unbehelflich. Die Vorbringen der
Beschwerdeführerin sind geeignet, unter die wesentlichen Gesichtspunkte des
Entscheides zu fallen:
Nach der Lehre ist der Nachweis der Zustellung der öffentliche Urkunde (vgl.
Art. 47 Ziff. 1 LugÜ 1988) notwendig, wenn die Zustellung nach dem
Herkunftsstaat Voraussetzung für die Vollstreckbarkeit ist ( MEIER, Besondere
Vollstreckungstitel [...], in: Schwander [Hrsg.], Das Lugano-Übereinkommen,
1990, S. 193). Für Deutschland wird unter Hinweis auf § 750 (i.V.m. § 795)  dt.
 ZPO festgehalten, dass die Zustellung der mit der Vollstreckungsklausel
versehenen öffentlichen Urkunde an den Schuldner Voraussetzung für die
Zwangsvollstreckung ist (, Die vollstreckbare öffentliche Urkunde, in: BN 1993,
S. 46; VISINONI-MEYER, Die vollstreckbare öffentliche Urkunde im
internationalen und nationalen Bereich, 2004, S. 8, 26/27; WITSCHI, Die
vollstreckbare öffentliche Urkunde nach Art. 50 Lugano-Übereinkommen in der
Schweiz, 2000, S. 32, 95); die Voraussetzung gemäss § 750 dt. ZPO wird in der
kantonalen Rechtsprechung geprüft (ZR 2003 Nr. 24 S. 129, Ziff. 3a S. 131). Die
Frage der förmlichen Zustellung von Deutschland in die Schweiz nach dem Haager
Übereinkommen erscheint nicht ohne Relevanz. Im angefochtenen Entscheid findet
sich ferner kein Anhaltspunkt, dass die Vorinstanz Rechtsmissbrauch der
Beschwerdegegnerin betreffend Zustellung der Urkunde angenommen habe. Es bleibt
dabei, dass die Vorbringen der Beschwerdeführerin - d.h. das Erfordernis der
Zustellung (unter Berücksichtigung von § 750 dt. ZPO und des Haager
Zustellungsübereinkommens) der mit Vollstreckungsklausel versehenen Urkunde als
Voraussetzung für die Vollstreckbarkeit gemäss Art. 50 LugÜ 1988 - nicht ohne
weiteres übergangen werden können, sondern sorgfältig und ernsthaft zu prüfen
sind.Jametti Greiner

3.4. Nach dem Dargelegten fehlen im angefochtenen Entscheid an entscheidender
Stelle die Prüfung und Berücksichtigung von Vorbringen der Beschwerdeführerin,
um die Vollstreckbarerklärung zu bejahen. Die Rüge einer Verletzung von Art. 29
Abs. 2 BV ist begründet und die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem
Ergebnis sind - mit Blick auf die formelle Natur des Anspruchs (BGE 137 I 195
E. 2.2 S. 197) - die weiteren Rügen nicht weiter zu erörtern; das Gleiche gilt
für den Einwand der Beschwerdegegnerin, wonach angeblich durch ein früheres,
selbständiges Exequatur über die Vollstreckbarerklärung verbindlich entschieden
worden sei.

4. 
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Luzern
vom 29. Januar 2015 ist aufgehoben. Die Sache ist an die Vorinstanz
zurückzuweisen, welche im Sinne der Erwägungen in der Sache neu zu entscheiden
hat.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdegegnerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1.
Abteilung, vom 29. Januar 2015 wird aufgehoben und die Sache wird an die
Vorinstanz zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin mit Fr. 3'000.-- zu
entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. November 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Levante

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