Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.177/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_177/2015

Urteil vom 25. Juni 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Buss.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Dominik Gasser,
Beschwerdeführer,

gegen

Versicherung B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter-René Wyder,
Beschwerdegegnerin,

Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland.

Gegenstand
Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 24. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (Beschwerdeführer) wurde von der Versicherung B.________
(Beschwerdegegnerin) für eine Forderung von Fr. 775'000.-- nebst Zins zu 5 %
seit 30. Januar 2014 betrieben. Der entsprechende Zahlungsbefehl in der
Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Bern-Mittelland wurde am 17. November
2014 dem Sohn des Beschwerdeführers zugestellt.

A.b. Der Beschwerdeführer erhielt gemäss eigenen Angaben am 30. November 2014
vom Zahlungsbefehl Kenntnis und stellte den Zahlungsbefehl dem Betreibungsamt
daraufhin umgehend mit dem Vermerk "Rechtsvorschlag" zu.

A.c. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 wollte das Betreibungsamt dem
Beschwerdeführer mitteilen, dass der Rechtsvorschlag verspätet erfolgt sei. Das
Schreiben konnte aber an die - auch im Zahlungsbefehl - benutzte Adresse nicht
zugestellt werden und wurde von der Post retourniert. Daher erliess das
Betreibungsamt am 17. Dezember 2014 ein weiteres Schreiben an die neue Adresse.

B.

B.a. Daraufhin wandte sich der Beschwerdeführer am 22. Dezember 2014 an das
Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen und ersuchte um Wiederherstellung der versäumten
Rechtsvorschlagsfrist für die genannte Betreibung.

B.b. Mit Entscheid vom 24. Februar 2015 trat die Aufsichtsbehörde auf das
Wiederherstellungsgesuch nicht ein.

C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 5. März 2015 zieht der Beschwerdeführer die
Sache an das Bundesgericht weiter. Er beantragt sinngemäss, die Frist zur
Erhebung des Rechtsvorschlags sei wiederherzustellen und ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege. Mit ergänzender Eingabe vom 27. März 2015 des
nunmehr mandatierten Rechtsvertreters ersucht der Beschwerdeführer zudem um
aufschiebende Wirkung, da ihm ansonsten die Konkurseröffnung drohe.

 Während das Betreibungsamt sich hinsichtlich der Frage der aufschiebenden
Wirkung nicht hat vernehmen lassen und die Aufsichtsbehörde ausdrücklich auf
eine Stellungnahme verzichtet hat, hat die Beschwerdegegnerin beantragt, auf
das Gesuch nicht einzutreten, eventuell dieses abzuweisen. Mit Verfügung der
Instruktionsrichterin vom 27. April 2015 ist der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung gewährt worden. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen unterliegen unabhängig vom Streitwert der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerde
vom 5. März 2015 ist fristgerecht erhoben worden (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG)
und grundsätzlich zulässig. Hingegen kann die erst nach Ablauf der
Beschwerdefrist vom nunmehr mandatierten Anwalt verfasste Eingabe vom 27. März
2015 nicht mehr berücksichtigt werden.

1.2. In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Beruht der angefochtene
Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen, so hat sich der
Beschwerdeführer mit jeder einzelnen auseinanderzusetzen, andernfalls auf die
Beschwerde nicht einzutreten ist (BGE 133 IV 119 E. 6 S. 120 f.). Mit der
Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit.
a BGG).

1.3. Das Bundesgericht ist an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt
gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Zulässig ist einzig die Rüge, dass eine
Tatsachenfeststellung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhe oder eine Tatsache offensichtlich unrichtig festgestellt worden sei
(Art. 97 Abs. 1 BGG), wobei "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich"
gleichzusetzen ist (BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398 mit Hinweisen). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht
werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1
BGG).

2. 
Anlass zur Beschwerde geben die Voraussetzungen unter denen eine verpasste
Rechtsvorschlagsfrist im Sinne von Art. 33 Abs. 4 SchKG wiederhergestellt
werden kann.

2.1. Die Vorinstanz hat erwogen, gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG könne, wer durch
ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden sei, innert Frist zu
handeln, die Aufsichtsbehörde um Wiederherstellung der Frist ersuchen. Er
müsse, vom Wegfall des Hindernisses an, in der gleichen Frist wie der
versäumten ein begründetes Gesuch einreichen und die versäumte Rechtshandlung
bei der zuständigen Behörde nachholen. Zur Wiederherstellung bedürfe es eines
schriftlichen Gesuches, welches die Gründe des Begehrens und die entsprechenden
Beweismittel enthalten müsse. Der Beschwerdeführer habe geltend gemacht,
aufgrund seiner Auslandabwesenheit erst nach Ablauf der Rechtsvorschlagsfrist
vom Zahlungsbefehl Kenntnis erhalten zu haben. Für dieses Vorbringen habe er
jedoch keine Beweismittel, wie z.B. eine Flugbestätigung, Hotelquittungen, etc.
eingereicht. Das Fristwiederherstellungsgesuch sei somit unsubstanziiert
erfolgt, weshalb auf dieses nicht eingetreten werden könne.

 Im Übrigen erscheine das Gesuch auch als verspätet. Hätte nämlich tatsächlich
ein Hindernis bestanden, das den Beschwerdeführer von der rechtzeitigen
Erhebung des Rechtsvorschlags abgehalten hätte, so wäre dieses jedenfalls
spätestens am 30. November 2014 weggefallen, hat der Beschwerdeführer doch
gemäss eigenen Angaben an diesem Datum vom Zahlungsbefehl Kenntnis erhalten.
Der Beschwerdeführer hätte sein Gesuch um Wiederherstellung der
Rechtsvorschlagsfrist innert zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses
einreichen müssen, so dass die Frist am 10. Dezember 2014 abgelaufen sei. Die
rechtzeitige Zustellung des Schreibens des Betreibungsamts vom 1. Dezember 2014
mit der Mitteilung des verspäteten Rechtsvorschlags und dem Hinweis auf die
Möglichkeit des Wiederherstellungsgesuchs wäre für den Beschwerdeführer sehr
hilfreich gewesen. Er sei aber von Gesetzes wegen verpflichtet gewesen, die
Fristen einzuhalten. Eine rechtzeitige Mitteilung durch das Betreibungsamt sei
dafür nicht Voraussetzung sondern stelle vielmehr eine Dienstleistung dar.

2.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen bloss vor, die Aufsichtsbehörde habe
den Beweis für seine Auslandabwesenheit ganz einfach in einer Bemerkung als
Mangel anbringen und einfordern können. Der zweiten selbständigen Begründung
der Vorinstanz hält er entgegen, die Dame am Schalter des Betreibungsamtes habe
ihm am 1. Dezember 2014 unmissverständlich erklärt, dass er auf schriftliche
Ablehnung des Rechtsvorschlags ein Wiederherstellungsgesuch stellen könne. Dass
die Ablehnung des Rechtsvorschlags anschliessend erst am 18. Dezember 2014 bei
ihm eingetroffen sei, sei einzig auf das Verschulden des Betreibungsamtes und
der Post bzw. des Anwaltes der Beschwerdegegnerin zurückzuführen, der wohl eine
falsche Adresse angegeben habe.

2.3. Mit diesen Vorbringen genügt der Beschwerdeführer seiner
Begründungspflicht in keiner Weise. Er betont, dass er als Laie ohne
anwaltliche Vertretung an die Aufsichtsbehörde gelangt sei, ohne allerdings
darzulegen, weshalb die - im Wesentlichen bereits aus dem Wortlaut von Art. 33
Abs. 4 SchKG hervorgehenden - prozessualen Erfordernisse hinsichtlich Frist und
Begründung (vgl. dazu das von der Vorinstanz zitierte Urteil 7B.221/2005 vom
12. Januar 2006) in einem solchen Fall nicht gelten sollen. Im Übrigen kann die
erstmals vor Bundesgericht eingereichte Kopie des Reisepasses mit
thailändischem Ein- und Ausreisestempel nicht mehr berücksichtigt werden, da es
sich dabei um ein unzulässiges Novum handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Aus dem
gleichen Grund unzulässig ist auch die neue Behauptung des Beschwerdeführers,
das Betreibungsamt habe ihm die Auskunft erteilt, er könne die schriftliche
Ablehnung des Rechtsvorschlags abwarten und erst anschliessend ein
Wiederherstellungsgesuch stellen.

3. 
Auf die keine hinreichende Begründung enthaltende Beschwerde ist folglich nicht
einzutreten. Damit wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig.
Angesichts der konkreten Umstände rechtfertigt es sich indes, ausnahmsweise auf
die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die
vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die Beschwerde als von Anfang an
aussichtslos betrachtet werden. Damit mangelt es an einer materiellen
Voraussetzung für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs.
1 BGG). Das entsprechende Gesuch ist abzuweisen, soweit es sich mangels
Erhebung von Gerichtskosten nicht als gegenstandslos erweist.

 Die Beschwerdegegnerin ist mit ihrem Antrag auf Abweisung des Gesuchs um
aufschiebende Wirkung unterlegen. Eine Parteientschädigung ist ihr daher nicht
zuzusprechen, zumal ihr im weiteren bundesgerichtlichen Verfahren keine
ersatzpflichtigen Kosten entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Bern-Mittelland,
Dienststelle Mittelland, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde
in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Buss

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