Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.157/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_157/2015

Urteil vom 12. November 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksgericht Bülach,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsvertreters (Ehescheidung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 15. Januar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Rechtsanwalt A.________ war im Scheidungsverfahren der Eheleute B.B.________
und C.B.________ vor dem Bezirksgericht Bülach unentgeltlicher Rechtsbeistand
von C.B.________. Das Scheidungsurteil vom 29. Juli 2014, in welchem die
Gerichtskosten den Parteien je zur Hälfte auferlegt und die
Parteientschädigungen wettgeschlagen wurden, blieb unangefochten. Am 21. August
2014 stellte Rechtsanwalt A.________ dem Bezirksgericht die Schlussabrechnung
zu. Er beantragte eine Entschädigung von Fr. 38'499.90 (einschliesslich
Mehrwertsteuer) bei einem Aufwand von 174,5 Stunden zu Fr. 200.-- und
Barauslagen von Fr. 729.45. Das Bezirksgericht sprach ihm eine Entschädigung
von Fr. 24'547.85 zu, bestehend aus einem Honorar von Fr. 22'000.-- sowie den
Barauslagen von Fr. 729.45 und Fr. 1'818.35 Mehrwertsteuer (Verfügung vom 17.
November 2014).

B. 
Rechtsanwalt A.________ führte Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich
und beantragte, er sei gemäss der Schlussabrechnung zu entschädigen. Das
Obergericht wies die Beschwerde ab (Urteil vom 15. Januar 2015).

C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen, eventuell subsidiärer Verfassungsbeschwerde,
verlangt A.________ (Beschwerdeführer), das angefochtene Urteil vom 15. Januar
2015 und die Verfügung des Bezirksgerichts vom 17. November 2014 seien
aufzuheben. Seine Entschädigung für unentgeltliche Rechtsverbeiständung in der
Scheidungssache C.B.________ sei auf mindestens Fr. 33'187.80, maximal auf Fr.
38'499.90 (Barauslagen und Mehrwertsteuer eingeschlossen) festzusetzen.
Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Ober- oder Bezirksgericht
zurückzuweisen; bei Obsiegen seien Kosten und Entschädigungen neu zu verlegen.
Es sind die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 

1.1. Bei der Verfügung, welche die amtliche Entschädigung des im Zivilverfahren
eingesetzten unentgeltlichen Rechtsvertreters festsetzt, handelt es sich um
einen unmittelbar mit Zivilrecht zusammenhängenden Entscheid
öffentlich-rechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG). Vor Obergericht ging
es einzig um die Festsetzung dieser Entschädigung; angesichts des strittigen
Betrags ist der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert
nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 lit. a
BGG; Urteil 5A_495/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 1.1).

1.2. Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, so ist die
Beschwerde dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Dieser Ausnahmegrund ist
vorliegend indessen irrelevant: Die bundesrechtliche Auflage einer
"angemessenen" Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsvertreters (Art. 122
Abs. 1 lit. a ZPO; unten E. 3.1) belässt den Kantonen einen erheblichen
Regelungsspielraum. Bundesrecht ist dann verletzt, wenn die kantonale Regelung
als solche Entschädigungen vorsieht, die aus dem weiten Rahmen dessen fallen,
was als angemessen bezeichnet werden kann; alsdann ist Willkür (Art. 9 BV)
gegeben. Die Anwendung des kantonalen Rechts ist letztinstanzlich ebenfalls nur
unter dem Gesichtswinkel der Willkür oder eines andern verfassungsmässigen
Rechtes zu beurteilen (BGE 138 I 143 E. 2 S. 149; Urteil 5A_130/2014 vom 20.
März 2014 E. 2.2; vgl. Art. 95 BGG). Damit kommt auch eine Berichtigung oder
Ergänzung von Sachverhaltsfeststellungen nur in Frage, soweit die kantonale
Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (vgl. BGE 133 III 585 E. 4.1 S.
588). Somit gälten im Falle einer Anhandnahme als Beschwerde in Zivilsachen
(Art. 72 ff. BGG) die gleichen prozessualen Vorgaben wie für die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde, mit welcher ausschliesslich die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden kann (Art. 113 ff., insbesondere Art.
116 und 118 BGG). Im Rahmen beider Beschwerdearten prüft das Bundesgericht die
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten zudem nur insofern, als eine solche
Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (strenges
Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 134 I 83
E. 3.2 S. 88). Wenn die Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts im Rahmen der
Beschwerde in Zivilsachen somit nicht weiter reicht als im Rahmen der
subsidiären Verfassungsbeschwerde, so besteht auch kein Raum für
Grundsatzfragen, die nur im ordentlichen Beschwerdeverfahren beantwortet werden
könnten (BGE 134 I 184 E. 1.3.3 S. 188; in BGE 140 III 167 nicht publizierte E.
1.2 des Urteils 5A_39/2014 vom 12. Mai 2014).

1.3. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde erweist sich demnach als das
zulässige Rechtsmittel. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen, insbesondere
die Beschwerdelegitimation des in eigenem Namen Beschwerde führenden
Rechtsbeistandes (Art. 115 BGG; Urteil 5D_145/2007 vom 5. Februar 2008 E. 1.3),
sind ebenfalls erfüllt, weshalb unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung
(Art. 106 Abs. 2 BGG) auf die Beschwerde einzutreten ist (Urteil 4D_102/2011
vom 12. März 2012 E. 1 mit Hinweisen).

2. 

2.1. 

2.1.1. Das Bezirksgericht hatte auf die Verordnung des Obergerichts über die
Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV) abgestellt. Nach diesem
Regelwerk wird die Gebühr für den unentgeltlichen Rechtsbeistand im
Scheidungsverfahren nach dessen Verantwortung, dem notwendigen Zeitaufwand und
der Schwierigkeit des Falls festgesetzt. Sie beträgt in der Regel Fr. 1'400.--
bis Fr. 16'000.-- (§ 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und § 23 Abs. 1
AnwGebV). Unter Berücksichtigung der Merkmale des konkreten Prozesses hatte das
Bezirksgericht die Grundentschädigung auf Fr. 11'000.-- festgelegt und diese
aufgrund des hohen Prozessaufwandes durch Anwendung des grösstmöglichen
Pauschalzuschlages verdoppelt (vgl. § 11 Abs. 2 und 3 AnwGebV).

2.1.2. Das Obergericht erwog, die Entschädigung sei einzelfallbezogen anhand
der drei Kriterien Verantwortung, notwendiger Zeitaufwand und Schwierigkeit
ermessensweise festzusetzen. Der notwendige Zeitaufwand stelle nur eines von
mehreren gleichwertigen Bemessungskriterien dar. Die in einer Aufstellung über
den Zeitaufwand (§ 23 Abs. 2 AnwGebV) aufgeführten Positionen müssten denn auch
nicht schon deswegen zu einem bestimmten Stundenansatz vergütet werden, weil
sie nicht als überflüssig oder nicht notwendig qualifiziert worden seien. Im
kantonalen System der Pauschalentschädigung sei das Gericht nicht verpflichtet,
den Aufwand im Einzelnen zu überprüfen und gegebenenfalls zu begründen, weshalb
er gekürzt werde. Die Aufstellung über den Zeitaufwand diene lediglich als
Hilfe zur Einordnung des Prozesses innerhalb des Tarifrahmens sowie zur
Bemessung allfälliger Zuschläge. Daher verbiete sich ein direkter Rückschluss
vom tatsächlichen Zeitaufwand auf den vergüteten Stundenansatz. Für die
Beurteilung massgebend sei allein, ob die Entschädigung von Fr. 22'000.-- im
Lichte der genannten Bemessungskriterien insgesamt angemessen erscheine (E. 5a
und b des angefochtenen Urteils).

2.1.3. Das Obergericht beanstandete die zugesprochene Entschädigung nicht. In
den Gebührenrahmen mit Grundansätzen zwischen Fr. 1'400.-- und Fr. 16'000.--,
der nur ausnahmsweise überschritten werden dürfe, fielen auch sehr aufwendige
Verfahren. Zwar habe der Beschwerdeführer im Scheidungsverfahren, bei welchem
vor allem Kindesbelange hochstrittig gewesen seien, eine grosse Verantwortung
getragen; diese habe sich nach Bestellung einer Kindesvertretung allerdings
relativiert. Der rechtliche Schwierigkeitsgrad habe das übliche Mass nicht
übertroffen. Der mehr als zwei Jahre dauernde Prozess sei zwar
überdurchschnittlich aufwendig und anspruchsvoll gewesen, jedoch habe es sich
im Quervergleich "keineswegs um ein atypisches Verfahren mit Ausnahmecharakter
qualitativer oder quantitativer Art" gehandelt, "das den gängigen Umfang eines
strittig und mit 'unüblicher Härte und Inflexibilität' geführten sowie mit
erhöhtem Beratungsaufwand verbundenen Scheidungsprozesses gesprengt hätte". Im
Zusammenhang mit den übrigen (unterhalts- oder güterrechtlichen)
Scheidungsnebenfolgen hätten sich keine weiteren komplexen Fragen gestellt.
Wenn selbst Verfahren, bei welchen auch dies zutreffe, noch als Regelfall im
Sinne von § 5 Abs. 1 AnwGebV zu betrachten seien, so wäre es vorliegend
unangemessen, die Grundgebühr am oberen Rand des Rahmens oder gar darüber
anzusetzen. Jedenfalls verletze die bezirksgerichtlich festgesetzte Vergütung
den Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV)
nicht; ebensowenig führe sie zu einer Rechtsverweigerung oder zu einer
Verletzung des Gehörsanspruchs (E. 5c des angefochtenen Urteils).

2.2. Der Beschwerdeführer wendet rechtsgenüglich substantiiert (vgl. oben E.
1.3) ein, das vorinstanzlich bestätigte Honorar bedeute eine Kürzung des
Aufwands von 174,5 auf 110 Stunden, somit um rund 36 Prozent, wenn man von dem
im Kanton Zürich üblichen Stundenansatz von Fr. 200.-- ausgehe. Das Obergericht
begründe dies nur pauschal. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem in der
Honorarnote detailliert beschriebenen Zeitaufwand erfolge nicht. Das sei
offensichtlich unhaltbar; es liege eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9
BV) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) vor. Die
Honorarkürzung verletze indirekt auch Art. 29 Abs. 3 BV, welcher bedürftigen
Rechtsuchenden gleich lange Spiesse im Prozess verschaffen solle. Der
Rechtsvertreter dürfe nicht wegen einer zu knappen, nicht mehr angemessenen
Entschädigung davon abgehalten werden, das Mandat lege artis und wirksam zu
führen. Hier sei eine angemessene Vergütung nur gegeben, wenn - bei effektiv
erbrachten 174,5 Stunden - mindestens 150 Arbeitsstunden zum Ansatz von etwa
Fr. 180.-- entschädigt würden.

3. 

3.1. Der unentgeltliche Rechtsvertreter erfüllt eine staatliche Aufgabe, welche
durch das kantonale öffentliche Recht geregelt wird. Mit seiner Einsetzung
entsteht zwischen ihm und dem Staat ein besonderes Rechtsverhältnis. Gestützt
darauf hat der Anwalt eine öffentlich-rechtliche Forderung gegen den Staat auf
Entschädigung im Rahmen der kantonalen Bestimmungen. Der unentgeltliche
Rechtsvertreter kann aus Art. 29 Abs. 3 BV einen Anspruch auf Entschädigung und
Rückerstattung seiner Auslagen herleiten. Dieser umfasst aber nicht alles, was
für die Wahrnehmung der Interessen des Mandanten von Bedeutung ist. Ein
verfassungsrechtlicher Anspruch besteht nur, soweit der Aufwand zur Wahrung der
Rechte notwendig ist (BGE 141 I 124 E. 3.1 S. 126), somit nicht schon, soweit
er bloss vertretbar erscheint. Der Bundesgesetzgeber hat für den
Anwendungsbereich der ZPO bewusst darauf verzichtet, eine volle Entschädigung
vorzuschreiben (BGE 137 III 185 E. 5.2 S. 188 mit Hinweis auf die Materialien).
Art. 122 Abs. 1 lit. a ZPO verpflichtet nur zu einer "angemessenen"
Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsvertreters.

3.2. Den Kantonen steht bei der Bemessung des Honorars des amtlichen Anwalts
somit ein weites Ermessen zu (vgl. Art. 96 ZPO). Dieses erstreckt sich sowohl
auf die Festlegung des im Einzelfall zu entschädigenden Aufwandes wie auch auf
den Entschädigungsansatz.

3.2.1. Aufwandseitig greift das Bundesgericht nur ein, wenn die Festsetzung des
Honorars ausserhalb jeden vernünftigen Verhältnisses zu den vom Anwalt
geleisteten Diensten steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl
verstösst. Ausserdem übt es grosse Zurückhaltung, wenn das kantonale
Sachgericht den Aufwand als übersetzt bezeichnet und entsprechend kürzt. Es ist
Sache der kantonalen Behörden, die Angemessenheit anwaltlicher Bemühungen zu
beurteilen (BGE 141 I 124 E. 3.2 S. 126 mit Hinweisen). Das Honorar muss
allerdings so festgesetzt werden, dass die unentgeltliche Rechtsvertretung über
den Handlungsspielraum verfügt, den sie zur wirksamen Ausübung des Mandates
benötigt (zur Frage der Entschädigung einer amtlichen Verteidigung im
Strafprozess: BGE 141 I 124 E. 3.1 S. 126 mit Hinweisen).

3.2.2. Die Kantone haben auch hinsichtlich der Ansätze für die unentgeltliche
Rechtsvertretung eine gewisse Gestaltungsfreiheit. So ist es zulässig, das
Honorar für amtliche Mandate im Vergleich zu jenem der freien Mandate tiefer
anzusetzen (BGE 137 III 185 E. 5.2 S. 188; kritisch: Stefan Meichssner, Das
Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [Art. 29 Abs. 3 BV], 2008, S. 209
f.; vgl. aber auch, mit Hinweis auf die Situation de lege lata, Denis Tappy,
in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 8 zu Art. 122 ZPO). Eine
Verletzung des Willkürverbots liegt aber dann vor, wenn die zugesprochene
Entschädigung nur die Selbstkosten abgilt und damit nicht einmal einen zwar
bescheidenen, aber mehr als bloss symbolischen Verdienst zu gewährleisten
vermag. Im Sinne einer Faustregel hat das Bundesgericht festgehalten, dass sich
die Entschädigung für einen amtlichen Anwalt im schweizerischen Durchschnitt in
der Grössenordnung von 180 Franken pro Stunde (zuzüglich Mehrwertsteuer)
bewegen muss, um vor der Verfassung standzuhalten (BGE 141 I 124 E. 3.2 S. 127;
137 III 185 E. 5.4 a.E. S. 191; 132 I 201 E. 8.6 und 8.7 S. 217; Viktor Rüegg,
in: Basler Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2013, N. 6 zu Art. 122 ZPO).

3.3. 

3.3.1. Trotz des weiten Tarifrahmens (von Fr. 1'400.-- bis Fr. 16'000.--; vgl.
oben E. 2.1.1) handelt es sich hier um eine pauschalisierende Art der
Bemessung, weil der tatsächlich geleistete Aufwand zunächst nur sehr bedingt
massgebend ist (oben E. 2.1.2). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist
es zulässig, für das Honorar des unentgeltlichen Rechtsvertreters Pauschalen
vorzusehen. Ein solches Vorgehen dient der gleichmässigen Behandlung und
begünstigt eine effiziente Mandatsführung. Pauschalen nach Rahmentarifen wirken
sich aber verfassungswidrig aus, soweit bei ihrer Anwendung auf die konkreten
Verhältnisse in keiner Weise Rücksicht genommen wird und die Entschädigung im
Einzelfall ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den vom Rechtsanwalt
geleisteten Diensten steht (vgl. BGE 141 I 124 E. 4.3 S. 128). Das
Bundesgericht hat pauschalisierende Regelungen mitunter auch nur unter der
Bedingung zugelassen, dass im Einzelfall eine Prüfung vorgenommen wird, ob der
Pauschaltarif die effektiv entstandenen und notwendigen Aufwendungen deckt
(vgl. Urteil 9C_622/2013 vom 29. Januar 2014 E. 4.3). Wie im Folgenden zu
zeigen sein wird, darf indessen - dem Charakter einer Pauschale entsprechend -
eine Auseinandersetzung mit den konkreten Aufwandpositionen unter bestimmten
Voraussetzungen unterbleiben.

3.3.2. Eine auf allgemeinen Merkmalen wie Verantwortung des Vertreters,
Schwierigkeit der Streitsache, Anzahl der Verfahrensschritte, Verhalten der
Prozessbeteiligten etc. beruhende Bemessung innerhalb des tarifarischen
Entschädigungsrahmens, welche den ausgewiesenen Zeitaufwand bloss im Sinne
eines Indizes für den Aufwand berücksichtigt, wie er nach den Vorstellungen des
kantonalen Verordnungsgebers angemessen sein soll (vgl. oben E. 2.1.2), liegt
wie erwähnt grundsätzlich im Bereich der kantonalen Regelungshoheit. Die in der
AnwGebV vorgesehene Pauschalisierung entlastet das Gericht zunächst davon, sich
mit der Aufstellung des erbrachten Zeitaufwandes im Einzelnen auseinandersetzen
zu müssen. Der Pauschalisierung sind aber insoweit Grenzen gesetzt, als von
einer Prüfung der Frage, ob der mit Kostennote ausgewiesene Zeitaufwand
notwendig war, erst abgesehen werden darf, wenn die verfassungsmässig
garantierte Entschädigung jedenfalls im Ergebnis gewährleistet ist. Mit andern
Worten setzt das pauschalisierende Vorgehen voraus, dass der Mindestansatz von
rund Fr. 180.-- (vgl. oben E. 3.2.2) auch im Falle einer Anerkennung des
gesamten ausgewiesenen Zeitaufwandes eingehalten wird. Daraus folgt, dass der
tatsächlich erbrachte Aufwand entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht
einfach ein Bemessungskriterium unter anderen sein kann.

3.3.3. Soll eine Entschädigung zugesprochen werden, welche - gemessen am
geltend gemachten, noch nicht auf seine effektive Notwendigkeit hin überprüften
Zeitaufwand - im Ergebnis zu einem Stundenansatz von deutlich unter Fr. 180.--
führen würde, so besteht somit kein Spielraum mehr für eine abstrahierende
Bemessungsweise. Sobald mit Blick auf den in der Gebührenverordnung gesetzten
Rahmen erkennbar wird, dass der geleistete Aufwand auch nach einem
Minimalansatz zu einer Entschädigung führen wird, welche über das Mass dessen
hinausgeht, was für Fälle der betreffenden Art üblicherweise als geboten und
damit entschädigungspflichtig angesehen wird, muss der unentgeltliche
Rechtsvertreter - von sich aus, gegebenenfalls auf gerichtliche Aufforderung
hin - darlegen, inwiefern zur gehörigen Erledigung des Prozessmandats ein
solcher Aufwand erforderlich war. Die blosse Auflistung von Aufwandpositionen
in der Honorarnote ist hierfür nicht ausreichend (Urteil 5A_380/2014 vom 30.
September 2014 E. 3.1). Das Gericht wiederum ist verpflichtet, Kürzungen der
Honorarnote zu erläutern, indem es kurz, aber bestimmt ausweist, welche der
Aufwandpositionen inwiefern ungerechtfertigt sind und daher ausser Betracht
bleiben müssen (vgl. Urteile 8C_832/2012 vom 28. Mai 2013 E. 3.1 und 4.1 sowie
8C_54/2013 vom 8. Mai 2013 E. 4.1).

3.4. 

3.4.1. Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass die vorinstanzlich bestätigte
Entschädigung für unentgeltliche Rechtsvertretung in Höhe von Fr. 22'000.--
(ohne Mehrwertsteuer und Barauslagen) angesichts des geltend gemachten
Zeitaufwandes von 174,5 Stunden zu einer den Richtwert von Fr. 180.-- deutlich
unterschreitenden Entschädigung (von Fr. 126.--) führen würde. Mithin hat der
angefochtene Kostenentscheid solange als willkürlich (Art. 9 BV) zu gelten, wie
nicht dargetan ist, inwiefern ein Teil des geltend gemachten Aufwandes nicht
unter den von Bundesverfassungs wegen garantierten Umfang der Entschädigung
fällt.

3.4.2. Ist das Honorar eines unentgeltlichen Rechtsvertreters willkürlich
bemessen, so trägt das Bundesgericht dem Ermessensspielraum des kantonalen
Gerichts Rechnung, indem es die Sache entweder zur willkürfreien Neubemessung
an die Vorinstanz zurückweist oder aber selber diejenige Entschädigung
zuspricht, welche gerade noch als willkürfrei bemessen zu anerkennen gewesen
wäre, wenn die Vorinstanz sie so festgesetzt hätte (Urteil 9C_671/2008 vom 6.
März 2009 E. 7). Ein reformatorischer Entscheid scheidet hier aus, weil es an
entscheidungserheblichen Sachverhaltsfeststellungen fehlt (vgl. Art. 105 Abs. 1
BGG). Das Obergericht führte zwar aus, es sei zweifelhaft, ob der unüblich hohe
Aufwand von 28 Stunden, der aus einer E-mail-Korrespondenz mit der Klientin
resultiere, vollumfänglich notwendig gewesen sei (E. 5d des angefochtenen
Urteils). Indessen verband es diese Überlegung zum einen nicht mit einer
Feststellung, welcher Teil der betreffenden Aufwandposition als nicht notwendig
zu bezeichnen sei. Zum andern macht der Beschwerdeführer zutreffend geltend,
dass selbst eine hälftige Kürzung des Zeitaufwands für die E-mail-Korrespondenz
am (rechtserheblichen) Untermass der zugesprochenen Entschädigung nichts ändern
würde.

3.4.3. Dem Eventualantrag des Beschwerdeführers folgend ist die Sache zur neuen
Festsetzung der Entschädigung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

4. 
Dem Kanton Zürich sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 1
und 4 BGG). Indessen hat der Kanton den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 15. Januar 2015 wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen
Beurteilung und Festsetzung des Honorars des unentgeltlichen Rechtsvertreters
im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Traub

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