Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.1005/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_1005/2015

Urteil vom 31. März 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Buss.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Goldmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Gettkowski,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
vorsorgliche Massnahmen im Scheidungsverfahren,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 17.
November 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Beschwerdeführerin) und B.________ (Beschwerdegegner) heirateten im
August 1997 in U.________. Sie haben den gemeinsamen Sohn C.________, geb.
1999. Zwischen den Parteien ist seit dem 2. Februar 2012 das
Scheidungsverfahren vor Bezirksgericht Luzern hängig.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 16. Juni 2015 verlangte die Beschwerdeführerin im Rahmen
von vorsorglichen Massnahmen vor Bezirksgericht, der Beschwerdegegner sei zu
verpflichten der Beschwerdeführerin die bisher bezahlten Internatskosten des
gemeinsamen Sohns C.________ in der Höhe von Fr. 42'914.20 (Semestergebühren
Schuljahr 2014/2015, Einschreibegebühr, Depositum, Spesen August 2014 bis März
2015) zu erstatten und die zukünftig anfallenden Schulgebühren und
Internatskosten zu bezahlen.

B.b. Mit Entscheid vom 11. August 2015 verpflichtete das Bezirksgericht Luzern
den Beschwerdegegner, der Beschwerdeführerin an die Schulkosten von C.________
ab dem Schuljahr 2014/2015 bis zur Beendigung der Schule den Betrag von
jährlich Fr. 3'865.-- zu bezahlen.

C. 
Gegen diesen Entscheid reichte die Beschwerdeführerin am 24. August 2015
Berufung beim Kantonsgericht Luzern ein mit folgenden Anträgen:

"1. Ziff. 1 des Rechtsspruchs der Einzelrichterin am Bezirksgericht Luzern vom
11. August 2015 sei teilweise aufzuheben, und es sei der Gesuchsgegner zu
verpflichten, die Schulgebühren/Internatskosten von C.________ ab dem Schuljahr
2014/2015 bis zur Beendigung der Schule in vollem Umfang zu bezahlen (zurzeit
jährlich mindestens Fr. 36'100.-- [...])
2. Eventualiter sei der Gesuchsgegner in teilweiser Aufhebung des Rechtsspruchs
der Einzelrichterin am Bezirksgericht Luzern vom 11. August 2015 zu
verpflichten, an die Schulkosten von C.________ ab dem Schuljahr 2014/2015 bis
zur Beendigung der Schule den Betrag von jährlich Fr. 24'800.-- zu bezahlen."
Mit Urteil vom 17. November 2015 hiess das Kantonsgericht die Berufung
teilweise gut und erhöhte den vom Beschwerdegegner zu bezahlenden Beitrag an
die Schulkosten auf Fr. 5'665.--.

D. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 17. Dezember 2015 wendet sich die
Beschwerdeführerin an das Bundesgericht und erneuert ihren im kantonalen
Verfahren gestellten Haupt- und Eventualantrag. Subeventualiter sei die Sache
an die Vorinstanz bzw. die Erstinstanz zur neuen Beurteilung nach Anhörung von
C.________ zurückzuweisen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts betrifft die vorsorgliche
Regelung einer den Kindesunterhalt betreffenden Frage (Schulkosten) während des
Scheidungsverfahrens und damit eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer
vermögensrechtlichen Angelegenheit mit einem Streitwert von mehr als Fr.
30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Es lautet zum Nachteil der
Beschwerdeführerin (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das Massnahmenverfahren
ab (Art. 90 BGG; BGE 134 III 426 E. 2.2 S. 431 f.). Auf die Beschwerde kann -
vorbehältlich einer genügenden Begründung - grundsätzlich eingetreten werden.

1.2. Weil der angefochtene Entscheid vorsorgliche Massnahmen betrifft, kann nur
die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 98 BGG).
Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG. Das bedeutet,
dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich
belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt. Wird die
Verletzung des Willkürverbots gerügt, reicht es sodann nicht aus, die
Rechtslage aus Sicht des Beschwerdeführers darzulegen und den davon
abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr
ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich
entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S.53;
134 II 244 E. 2.2 S. 246). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur dann als
willkürlich auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im
Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18; 134 II
124 E. 4.1 S. 133).

1.3. Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht Beweisanträge stellt, ist
darauf nicht einzutreten: Das Bundesgericht nimmt nicht selbst Beweise ab, um
den Sachverhalt festzustellen oder den vorinstanzlich festgestellten
Sachverhalt zu ergänzen (vgl. BGE 133 IV 293 E. 3.4.2 S. 295; Urteil 5A_339/
2009 vom 29. September 2009 E. 2.4).

2.
Die kantonalen Instanzen haben von einer Anhörung von C.________ abgesehen. Die
Vorinstanz hat dies damit begründet, dass es vorliegend nicht um Fragen der
Obhut oder des Besuchsrechts, sondern um die Festsetzung des Kindesunterhalts
gehe, weshalb die Persönlichkeitsrechte von C.________ eine derartige Anhörung
nicht verlangen würden, zumal die finanziellen Streitigkeiten der Eltern das
Kind nicht belasten sollten. Da der Wunsch von C.________, in der bisherigen
Schule zu verbleiben, von der Beschwerdeführerin glaubhaft gemacht worden sei,
komme einer Anhörung vorliegend keine Bedeutung mehr zu.
Die Beschwerdeführerin besteht auf einer Anhörung von C.________. Sie zeigt
indes nicht auf, welche verfassungsmässigen Rechte die Vorinstanz inwiefern
verletzt haben soll, indem sie auf eine Anhörung verzichtet hat (Art. 106 Abs.
2 BGG; vgl. E. 1.2). Auf die Beschwerde kann somit in diesem Punkt mangels
rechtsgenügend begründeter Rüge nicht eingetreten werden.

3. 
Strittig ist die Tragung der Schulkosten für den gemeinsamen Sohn C.________,
geb. 1999, der zurzeit die Privatschule D.________ in V.________ besucht.

3.1. Das Kantonsgericht hat dazu erwogen, es gehe aus zweierlei Gründen nicht
an, die Kosten für die Privatschule D.________ dem Beschwerdegegner zu
überbinden. Einerseits lasse sich die Pflicht zur Übernahme solch hoher Kosten
dem zwischen den Parteien ergangenen Eheschutzurteil vom 23. Januar 2012 des
früheren Obergerichts nicht entnehmen, da C.________ zu diesem Zeitpunkt eine
öffentliche Schule besucht habe; andererseits habe der Beschwerdegegner als
Mitinhaber der elterlichen Sorge der Wahl der Privatschule D.________ nicht
zugestimmt. Weiter bringe die Beschwerdeführerin keine Gründe vor - und solche
seien auch nicht ersichtlich - inwiefern das Kindeswohl in einer öffentlichen
Schule oder in der Privatschule E.________ in W.________, nicht gewahrt wäre.
Allein der Umstand, dass sich C.________ in der Privatschule D.________
unbestritten wohlfühle, reiche nicht aus.
Der Beschwerdegegner habe sich bereit erklärt, Kosten für den Schulbesuch in
der Privatschule E.________ in der Höhe von jährlich Fr. 3'865.-- zu bezahlen.
Die Erstinstanz habe dabei zutreffend die Schulkosten für die Schüler aus den
Kantonen Luzern, Nidwalden und Bern zur Grundlage genommen. Der
Beschwerdegegner habe korrekt darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin
aufgrund des Eintritts von C.________ in die Privatschule D.________ eine
Wohnung in V.________ gemietet habe. Daher sei nicht ersichtlich, weshalb nicht
auch eine Wohnsitznahme in Luzern möglich sein solle. Allerdings würden die
Schulkosten für die Privatschule E.________ Fr. 5'665.-- betragen. In diesem
Sinne sei die Berufung teilweise gutzuheissen.

3.2. Die Beschwerdeführerin bezeichnet die bloss teilweise Überbindung der
Schulkosten auf den Beschwerdegegner als willkürlich. Sie führt dazu aus, das
Kantonsgericht habe seinen Entscheid einzig damit begründet, dass der
Beschwerdegegner dem Eintritt in die Privatschule D.________ nicht zugestimmt
habe. Die Vorinstanzen hätten das Mitspracherecht des nicht obhutsberechtigten
Elternteils de facto in ein Vetorecht verkehrt, womit sie in Willkür verfallen
seien. Grundlage für die Auferlegung der Schulkosten bilde die grundsätzliche
Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Übernahme der Schulkosten aus dem
Eheschutzurteil und der unbestrittene Umstand, dass sich C.________ aus freiem
Willen für die Privatschule D.________ entschieden habe, wo er sich wohl fühle
und gute Leistungen erbringe. Könne C.________ diese Schule nicht mehr
besuchen, sei dies mit dem Kindeswohl unvereinbar.
Zur Begründung ihres Eventualantrags macht sie geltend, dass die Kosten der vom
Beschwerdegegner präferierten Privatschule E.________ Fr. 19'600.-- betragen
würden, denn es müsse davon ausgegangen werden, dass C.________ bei ihr in
V.________ und folglich ausserhalb Luzern, Nidwalden bzw. Bern wohne. Zusammen
mit den jährlichen Nebenkosten von Fr. 1'600.-- und den Kosten für die
Tagesschule von Fr. 1'800.-- pro Semester ergäben sich vom Beschwerdegegner zu
bezahlende Schulkosten von jährlich insgesamt Fr. 24'800.--.

3.3. Mit diesen Vorbringen wiederholt die Beschwerdeführerin ihre bereits im
kantonalen Verfahren vertretene und von der Vorinstanz verworfene Sicht der
Dinge. Sie setzt sich dabei nicht in der erforderlichen Tiefe mit der genauen
Argumentation der Vorinstanz auseinander. So hat die Vorinstanz entgegen der
Behauptung der Beschwerdeführerin bei ihrer Beurteilung nicht allein auf die
fehlende Zustimmung des Beschwerdegegners abgestellt. Entscheidend war für sie
ausserdem, dass die Beschwerdeführerin keine konkreten Gründe dargetan hat, die
einen Besuch der Privatschule D.________ erfordern und dass es mit dem
Kindeswohl auch vereinbar wäre, wenn C.________ - wie im Zeitpunkt des
Eheschutzurteils vom 23. Januar 2012 - stattdessen eine öffentliche Schule
(unter anderem auch an seinem aktuellen Wohnort) besuchen würde. Schliesslich
übergeht die Beschwerdeführerin die Feststellung der Vorinstanz, dass die
Bereitschaft des Beschwerdegegners zur Übernahme der Schulgebühren auf dem
Umstand des damaligen Besuchs einer öffentlichen Schule gründete und der
Wechsel von C.________ in eine private Schule im damaligen Zeitpunkt nicht
voraussehbar war. Inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfallen sein soll, wenn
sie angenommen hat, dass dem Eheschutzurteil gerade keine Verpflichtung des
Beschwerdegegners zur Bezahlung der Schulkosten im verlangten Umfang entnommen
werden kann, ist mithin weder dargetan noch ersichtlich.
Insgesamt ergibt sich, dass die Willkürrüge unbegründet ist, soweit überhaupt
auf sie einzutreten ist.

4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. März 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Buss

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