Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.1004/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_1004/2015

Urteil vom 23. Februar 2016

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Bovey,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bezirke Winterthur und Andelfingen.

Gegenstand
Entlassung des Vormundes nach Art. 423 ZGB,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 13. November 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ ist die Grossmutter von B.A.________ (geb. 1997). Nach dem frühen
Tod des Vaters von B.A.________ befand sich das Kind ab 2001 in der Obhut einer
Pflegefamilie. Als auch die Mutter von B.A.________ - die Tochter von
A.A.________ - Ende 2009 verstarb, wurde eine Minderjährigenvormundschaft nach
damaligem Recht errichtet.
Am 6. Juni 2014 meldete A.A.________ bei der zuständigen Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB), sie sehe B.A.________ aufgrund deren
Unterbringung in Schule und Pflegefamilie gefährdet. Mit Eingabe vom 11. August
2014 beantragte sie, der Vormund sei seines Amtes zu entheben. Die KESB lehnte
sowohl die Entlassung des Vormunds wie auch weitere Kindesschutzmassnahmen ab
(Beschluss vom 11. Juni 2015). Auf den dagegen erhobenen Rekurs, welchen
A.A.________ mit einer Strafanzeige gegen die KESB verbunden hatte, trat der
Bezirksrat Winterthur am 25. September 2015 nicht ein. Hinsichtlich der
beantragten Entlassung des Vormunds sei die Sache gegenstandslos, weil
B.A.________ inzwischen volljährig geworden sei. Die Amtsführung der KESB sei
keiner nachträglichen Kontrolle zu unterwerfen. Allfällige
Verantwortlichkeitsansprüche blieben vorbehalten.

B. 
Am 27. Oktober 2015 erhob A.A.________ Beschwerde an das Obergericht des
Kantons Zürich mit dem Antrag, gegen in den Fall involvierte Behörden seien
Strafuntersuchungen zu veranlassen. Das Obergericht wies die Beschwerde ab,
soweit es darauf eintrat (Urteil vom 13. November 2015).

C. 
A.A.________ reichte am 17. Dezember 2015 Beschwerde in Zivilsachen beim
Bundesgericht ein. Sie beantragte, die zuständige Staatsanwaltschaft sei zu
ermächtigen, "gegen die seit Jahren in die zahlreichen Verfahren involvierten
Amts-, Rechts- und Privatpersonen Strafuntersuchungen gemäss den im ZGB und im
StGB festgehaltenen Bestimmungen zu veranlassen". Zudem beantragt sie die
unentgeltliche Rechtspflege.
Das Bundesgericht holte keine Vernehmlassungen ein.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 BGG). Der kindes- resp. erwachsenenschutzrechtliche
Entscheid ist öffentlich-rechtlich, steht aber in unmittelbarem Zusammenhang
mit Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die Beschwerdebefugnis vor
Bundesgericht richtet sich nach Art. 76 Abs. 1 BGG. Danach wird grundsätzlich,
von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen, ein eigenes schutzwürdiges
und praktisches Interesse der beschwerdeführenden Person vorausgesetzt (Urteil
5A_674/2015 vom 29. September 2015 E. 1.2 mit Hinweisen). Weder legt die
Beschwerdeführerin ein solches praktisches Interesse dar, noch ist ohne
Weiteres ersichtlich, inwiefern es hier gegeben sein sollte (vgl. Urteil 5A_439
/2009 vom 14. September 2009 E. 1.2). Jedoch kann auch ein in der Sache nicht
legitimierter Beschwerdeführer geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu
Unrecht nicht eingetreten worden, es sei ihm also das Recht verweigert worden (
BGE 135 II 430 E. 3.2 S. 436; vgl. Urteil 1C_605/2014 vom 6. Juli 2015 E. 2.6).
Die Argumentation der - ohne anwaltliche Vertretung prozessierenden -
Beschwerdeführerin könnte insgesamt so verstanden werden. Es ist jedoch
zweifelhaft, ob die Begründung des Rechtsmittels diesbezüglich den gesetzlichen
Anforderungen standhielte (vgl. Art. 42 Abs. 2 und 106 Abs. 2 BGG). Da aus den
nachfolgend darzulegenden Gründen ohnehin nicht auf die Beschwerde einzutreten
ist, kann indessen offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin unter diesem
Gesichtspunkt als legitimiert anzusehen wäre.

2. 

2.1. Die Beschwerdeführerin beantragt wie schon vor Obergericht nur noch, es
seien Strafuntersuchungen gegen verschiedene Stellen zu ermöglichen, welche mit
der Vormundschaft über ihre Enkelin (nunmehr Art. 327a ff. ZGB) befasst gewesen
waren. Die Vorinstanz hat die kantonale Beschwerde abgewiesen, soweit die
Beschwerdeführerin das bezirksrätliche Nichteintreten gerügt hat. Derweil ist
sie auf das Rechtsmittel nicht eingetreten, soweit sich die erhobenen Rügen
nicht auf die Sachurteilsvoraussetzungen für den Prozessentscheid des
Bezirksrats bezogen haben.

2.2. 

2.2.1. Im öffentlich-rechtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen, zu denen die zuständige Behörde vorgängig
verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit
bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren
Anfechtungsgegenstand (BGE 134 V 418 E. 5.2.1 S. 426; 131 V 164 E. 2.1).

2.2.2. Die ursprünglich strittigen Punkte, namentlich die von der
Beschwerdeführerin verlangte Ersetzung des damaligen Beistandes ihrer Enkelin,
waren im Zeitpunkt des Nichteintretensbeschlusses des Bezirksrats vom 25.
September 2015 gegenstandslos geworden, weil die kindesschutzrechtliche
Massnahme infolge Volljährigkeit der Betroffenen von Gesetzes wegen aufzuheben
gewesen war. Das aktuelle und praktische Interesse an einer Beurteilung der
Beschwerde war insoweit dahingefallen. Zu Recht wendet sich die
Beschwerdeführerin denn auch nicht mehr gegen die Ausgestaltung der Vorkehr als
solcher. Sie möchte aber indirekt eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der
abgeschlossenen Minderjährigenvormundschaft erwirken, indem sie beantragt,
deren Ausgestaltung resp. Führung sei mit Mitteln des Strafrechts
aufzuarbeiten. Dies kann nicht im Rahmen des kindes- und
erwachsenenschutzrechtlichen Instanzenzuges bewerkstelligt werden. Der
Bezirksrat hat sich - aus Zuständigkeitsgründen zu Recht - nicht mit der Frage
befasst, ob eine Strafuntersuchung angezeigt sei. Im anschliessenden
gerichtlichen Instanzenzug liegt das Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin
ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes. Schon insoweit kann auf die Beschwerde
nicht eingetreten werden, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht ausführt,
weshalb die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll, als sie der Sache nach
ihrerseits nicht auf die Beschwerde eintrat (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 135 II 172
E. 2.2.2 S. 176; 118 Ib 134).

2.2.3. Das Obergericht hat weiterführende Erwägungen angestellt, welche
ausserhalb des Verfahrensthemas liegende Gegenstände betreffen (vgl. oben E.
2.2.1). Auch hinsichtlich der darauf bezogenen Rügen kann die Beschwerde nicht
materiell an die Hand genommen werden.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin für die
Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihr Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen; das
Rechtsbegehren erschien aussichtslos (Art. 64 Abs. 1 BGG). Jedoch wird bei der
Ansetzung der Gerichtskosten der finanziellen Lage der Beschwerdeführerin
Rechnung getragen (vgl. Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Februar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Traub

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