Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Revision 4F.9/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4F_9/2015

Urteil vom 27. Juli 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte
A.________ Ltd,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Andreas Binder und Rechtsanwältin Dr.
Christine Hehli Hidber,
Gesuchstellerin,

gegen

OAO B.________,
vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. Jodok Wicki und Dr. Axel Buhr,
Gesuchsgegnerin,

Gegenstand
Anerkennung und Vollstreckbarerklärung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 4A_203/2014
vom 9. April 2015.

Sachverhalt:

A.
Mit Eingabe vom 28. Januar 2013 gelangte die OAO B.________ (Gesuchsgegnerin)
an das Bezirksgericht Zürich. Sie beantragte, die Entscheidung des
Arbitragegerichtes der Stadt Moskau vom 22. Juli 2011 " in Verbindung mit" der
Verordnung des Neunten Arbitrage- und Appellationsgerichts vom 30. November
2011, der Verordnung des Föderalen Arbitragegerichtes der Moskauer Region vom
16. Mai 2012 und dem Beschluss des Obersten Arbitragegerichts der Russischen
Föderation vom 11. Dezember 2012 gegen die A.________ Ltd (Gesuchstellerin)
anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Mit Urteil vom 14. Oktober 2013
gab das Einzelgericht Audienz am Bezirksgericht dem Begehren statt und sprach
die beantragte Vollstreckbarerklärung "für das Gebiet der Schweiz" aus.

 Die von der A.________ Ltd dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht
des Kantons Zürich mit Urteil vom 26. Februar 2014 ab.

 Sodann wies das Bundesgericht mit Urteil 4A_203/2014 vom 9. April 2015 die
Beschwerde der A.________ Ltd ab, soweit es darauf eintrat.

B.
Die A.________ Ltd verlangt mit Revisionsgesuch vom 20. April 2015, das Urteil
des Bundesgerichts vom 9. April 2015 sei "aufzuheben und neu zu entscheiden".

 Mit Präsidialverfügung vom 21. April 2015 wurde dem Revisionsgesuch
superprovisorisch die aufschiebende Wirkung erteilt. Das Obergericht des
Kantons Zürich wurde angewiesen, die Dispositiv-Ziffer 2 (betreffend
Sicherheitsleistung) seines Urteils vom 26. Februar 2014 bis zum definitiven
Entscheid des Bundesgerichts über das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen
aufrecht zu erhalten und die von der Gesuchstellerin geleistete Sicherheit in
Höhe von RUB 802'715'124.77 und Fr. 80'000.-- der Gesuchsgegnerin vorläufig
nicht auszuzahlen.

 Das Obergericht verzichtete auf die Beantwortung des Gesuchs um aufschiebende
Wirkung und Anordnung vorsorglicher Massnahmen.

 Die Gesuchsgegnerin reichte ihrerseits am 11. Mai 2015 zusammen mit ihrer
Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung und Anordnung vorsorglicher
Massnahmen unaufgefordert eine Vernehmlassung zum Revisionsgesuch ein. Sie
begehrt, in der Sache sei das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit darauf
überhaupt eingetreten werden könne. In prozessualer Hinsicht sei "von der
Durchführung eines weiteren Schriftenwechsels abzusehen". Eventualiter sei die
aufschiebende Wirkung aufzuheben, subeventualiter die Gesuchstellerin gemäss
Art. 104 BGG zur Leistung zusätzlicher (genau bezeichneter) Sicherheit zu
verpflichten.

 In der Folge wurden keine weiteren Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Das - auf Art. 121 lit. d BGG gestützte - Revisionsgesuch ist rechtzeitig beim
Bundesgericht eingereicht worden (vgl. Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG).

 Ob tatsächlich ein Grund zur Revision vorliegt, ist nicht eine Frage des
Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung. Immerhin gelten auch für das
Revisionsgesuch die in Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG genannten Anforderungen. Die
gestellten Begehren sind demnach hinreichend zu begründen (siehe Urteile 4F_16/
2014 vom 27. Februar 2015 E. 1; 4F_20/2013 vom 11. Februar 2014 E. 2.1; 5F_3/
2011 vom 4. Mai 2011 E. 1.2). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, und
auf das Revisionsgesuch ist somit einzutreten.

2.

2.1. Gemäss Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des
Bundesgerichts verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende
erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.

2.2. Ein Versehen im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn eine Tatsache oder
ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit einem falschen Wortlaut
wahrgenommen worden ist. Davon zu unterscheiden ist die allenfalls
unzutreffende Würdigung von Beweisen. Sie berechtigt so wenig zu einer Revision
wie die angeblich unrichtige rechtliche Würdigung eines Sachverhaltes. Der
Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG ist demnach nicht gegeben, wenn das
Bundesgericht die fraglichen Aktenstellen und Vorbringen zwar durchaus
berücksichtigt, aber nicht so gewürdigt und beurteilt hat, wie die
gesuchstellende Partei dies wünscht und im Beschwerdeverfahren beantragt hatte.
Die Revision dient auch nicht dazu, allfällige Versäumnisse im vorinstanzlichen
Verfahren oder bei der Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht
nachträglich zu beheben (Urteile 4F_16/2014 vom 27. Februar 2015 E. 2.2; 5F_6/
2007 vom 7. April 2008 E. 2.2; vgl. auch BGE 122 II 17 E. 3 S. 18). Der
Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG setzt naturgemäss voraus, dass das
Bundesgericht die fraglichen Tatsachen in seinem Entscheid überhaupt hätte
berücksichtigen  können. Andernfalls liegt kein Versehen vor. Massgeblich ist
somit der Prozessstoff, der im - mit dem Revisionsgesuch angefochtenen -
Entscheid zu beurteilen war (Urteil 4F_16/2014 vom 27. Februar 2015 E. 2.3;
vgl. BGE 115 II 399 E. 2a).

2.3. Sodann kann die Revision nur verlangt werden, wenn erhebliche Tatsachen
 unberücksichtigt geblieben sind, das heisst Tatsachen, die zugunsten der
gesuchstellenden Partei zu einer anderen Entscheidung geführt hätten, wenn sie
berücksichtigt worden wären (Urteile 4F_16/2014 vom 27. Februar 2015 E. 2.2;
5F_7/2014 vom 22. April 2014 E. 3.1; 4F_1/2007 vom 13. März 2007 E. 6.1; BGE
122 II 17 E. 3 S. 19).

3.

3.1. Im Urteil 4A_203/2014 vom 9. April 2015 befand das Bundesgericht, es
widerspreche jedenfalls unter den konkret gegebenen Umständen dem Gebot von
Treu und Glauben sowie dem Rechtsmissbrauchsverbot, wenn die Gesuchstellerin im
Exequaturverfahren unter dem Gesichtspunkt der Anerkennungsverweigerung
überhaupt erstmals Bestechungsvorwürfe gegen die russischen Gerichte erhoben
habe (Urteilserwägung 5.1). Zusammengefasst sei die Gesuchstellerin bewusst
eine Zuständigkeitsvereinbarung zu Gunsten der russischen Gerichte für
Streitigkeiten aus dem abgeschlossenen Rückversicherungsvertrag eingegangen,
habe in der Folge vor den prorogierten Gerichten als Beklagte und Widerklägerin
über vier Instanzen bis zu ihrem rechtskräftigen Unterliegen prozessiert, um
dann erstmals im Anerkennungsverfahren in der Schweiz - aufgrund einzelner,
nicht eindeutiger Indizien - pauschale Korruptionsvorwürfe gegen die
urteilenden russischen Gerichte zu erheben. Ein derartiges Verhalten sei
widersprüchlich und treuwidrig, zumal nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund
die Gesuchstellerin die entsprechenden Bedenken nicht bereits im russischen
Entscheidverfahren in geeigneter Form hätte zum Ausdruck bringen können. Der
Ordre-public-Einwand der Gesuchstellerin erweise sich in einer
Gesamtbetrachtung als offenbar rechtsmissbräuchlich und verdiene nach Art. 2
Abs. 2 ZGB keinen Rechtsschutz (Urteilserwägung 5.3.3). Die Vorinstanz - so der
Schluss des Bundesgerichts - habe jedenfalls im Ergebnis nicht gegen
Bundesrecht verstossen, wenn sie der Gesuchstellerin die Berufung auf Art. 27
Abs. 2 lit. b IPRG wegen Verspätung verwehrt habe und in der Folge nicht weiter
auf die Argumentation eingegangen sei, die Gesuchsgegnerin habe die am
russischen Entscheidverfahren mitwirkenden Richter bestochen. Das Bundesgericht
befand, die von der Gesuchstellerin in diesem Zusammenhang gerügten
Rechtsverletzungen seien nicht gegeben. Bei dieser Sachlage könne der erhobene
Korruptionsvorwurf auch im bundesgerichtlichen Verfahren inhaltlich unbeurteilt
bleiben (Urteilserwägung 5.5).

3.2. Die Gesuchstellerin rügt, das Bundesgericht habe in seinem Urteil
offensichtlich übersehen, dass sich ihr Informationsstand "zur Zeit der in
Russland laufenden Gerichtsverfahren" und der "für das vorliegende
Exequaturverfahren massgebende Informationsstand" betreffend die Bestechung der
russischen Richter stark voneinander unterschieden. Sie meint, das
Bundesgericht habe seinem Urteil "von insgesamt zwölf Indizien für die
Bestechung der russischen Richter lediglich vier zugrunde gelegt, welche
allesamt der Gesuchstellerin zur Zeit des russischen Gerichtsverfahrens bekannt
waren". Die übrigen acht Indizien habe das Bundesgericht seinem Urteil nicht
zugrunde gelegt und offensichtlich übersehen.

 Damit vermag sie keinen Revisionsgrund aufzuzeigen:

4.

4.1. Die Gesuchstellerin verkennt, dass das Bundesgericht im
Beschwerdeverfahren grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des
angefochtenen Entscheids, hier des Urteils des Obergerichts vom 26. Februar
2014, gebunden ist, unter Vorbehalt rechtsgenügend begründeter
Sachverhaltsrügen. Dies hat das Bundesgericht in Erwägung 2.2 des Urteils
4A_203/2014 vom 9. April 2015 ausführlich erläutert, worauf verwiesen werden
kann.

4.2. Entsprechend stützte sich das Bundesgericht in Urteilserwägung 5.3.1
hinsichtlich der Begründung des Bestechungsvorwurfs durch die Gesuchstellerin
im kantonalen Verfahren auf das - in tatsächlicher Hinsicht - verbindliche
Urteil des Obergerichts. So wurde denn in dieser Urteilserwägung auch mit der
(in Klammern gesetzten) Präzisierung "unter anderem" - wie schon im
angefochtenen Urteil - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die konkret
genannten Argumente der Gesuchstellerin keine abschliessende Aufzählung
darstellten, sondern dass sich die Wiedergabe insofern auf die vom Obergericht
ausdrücklich genannten Elemente beschränkte. Wenn das Bundesgericht sodann
ausführte, die von der Gesuchstellerin vorgetragenen Anhaltspunkte auf
Korruption gingen "nicht über vage Indizien" hinaus, hielt sich diese
Beurteilung somit an die verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen.
Andererseits setzte sich das Bundesgericht in einer selbständigen
Urteilserwägung 5.4.1 mit den von der Gesuchstellerin (im bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahren) genannten Umständen auseinander, "die von ihr im
kantonalen Verfahren geltend gemacht worden, aber von der Vorinstanz mit keinem
Wort beachtet worden seien". Es erwog, selbst wenn die dahingehenden
Ausführungen als wahr unterstellt würden, vermöchten sie das prozessuale
Verhalten der Gesuchstellerin nicht zu rechtfertigen.

4.3. Dass die von der Gesuchstellerin im Revisionsgesuch vorgetragenen Indizien
im Verfahren 4A_203/2014  zusätzlich hätten berücksichtigt oder erwähnt werden
müssen und können, ist nach dem Gesagten nicht ersichtlich. Die Gesuchstellerin
zeigt das Vorliegen eines entsprechenden Versehens nicht auf. Im Gegenteil:
Wenn sie es im Beschwerdeverfahren unterliess, zur Entkräftung des
Rechtsmissbrauchsvorwurfs der Gesuchsgegnerin  weitere dahingehende
Sachverhaltsergänzungen in Berücksichtigung der dafür geltenden
Begründungsanforderungen (Erwägung 4.1) zu beantragen, kann sie dies nicht im
Revisionsverfahren nachholen. Bereits unter diesem Gesichtspunkt ist das
Vorliegen eines Revisionsgrunds im Sinne von Art. 121 lit. d BGG nicht dargetan
(vgl. Erwägung 2.2).

5.

5.1. Ohnehin ist aber nicht erkennbar, inwiefern die ausdrückliche
Berücksichtigung der nun vorgetragenen Indizien einen anderen Ausgang des
Verfahrens hätte nach sich ziehen können (vgl. Erwägung 2.3) :

5.2. So behauptet die Gesuchstellerin als  Indiz 5, alle vier zur Beurteilung
stehenden russischen Urteile würden "den gleichen, offenkundigen und jeder
rechtskundigen Person sofort ins Auge springenden Mangel der gesetzeswidrigen
doppelten Zusprechung von Schadenersatz für die Zinskosten" beinhalten, räumt
allerdings selber ein, dass dieser angebliche Hinweis auf Korruption bereits
(erstmals) nach dem zweitinstanzlichen Urteil sichtbar geworden sei und sich
mit dem dritt- und viertinstanzlichen Urteil erhärtet habe. Sodann erwähnt sie
als  Indiz 6allgemein, die in Russland mit der Streitsache befassten Richter
seien korrupt, was "namentlich" für einzelne Richter der ersten drei Instanzen
gelte. Diese Informationen habe sie (die Gesuchstellerin) "naturgemäss nur
Schritt für Schritt, von Instanz zu Instanz", sammeln können, da sie nicht
gewusst habe, welche Richter bei der nächsten Instanz mitwirken würden. Demnach
waren ihr diese Indizien aber im Grundsatz schon damals bekannt. Ihre
Berücksichtigung hätte - wenn schon - die in Erwägung 5.3.3 des
bundesgerichtlichen Urteils 4A_203/2014 vom 9. April 2015 gemachte Ausführung
bekräftigt, wonach nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund die Gesuchstellerin
die entsprechenden Bedenken nicht bereits im russischen Entscheidverfahren in
geeigneter Form hätte zum Ausdruck bringen können.

5.3. Im Weiteren führt die Gesuchstellerin hinsichtlich der  Indizien 7-11 aus,
die entsprechenden Informationen seien ihr erst mit Einleitung respektive erst
im Laufe des Exequaturverfahrens zugekommen. Indessen tut sie im Einzelnen
gerade nicht nachvollziehbar dar, dass dies in zeitlicher Hinsicht zutrifft. So
bezieht sie sich bezüglich der  Indizien 7 und 8offenbar auf die Rückstellungen
/Buchungen, welche die Gesuchsgegnerin für das Gerichtsverfahren angeblich
vorgenommen haben soll. Die entsprechende Behauptung wurde jedoch bereits in
Erwägung 5.3.1 des Urteils 4A_203/2014 berücksichtigt. Das Bundesgericht
zitierte darin wie folgt:

 "Ebenfalls kurze Zeit nach der erstinstanzlichen Gerichtsverhandlung sei sie -
die Beschwerdeführerin - auf einen Artikel im Onlinemagazin "Prime" vom 9. Juni
2011 aufmerksam geworden. Darin seien I.________, Leiterin des Corporate
Accounting der Beschwerdegegnerin, sowie G.________ zu Wort gekommen und damit
zitiert worden, die Beschwerdegegnerin habe für den Gerichtsfall gegen
"A.________" in Sachen C.________-Vertrag eine Rückstellung für Prozesskosten
("Legal service fees") von 169 Mio. Russische Rubel oder umgerechnet 5.5 Mio.
US-Dollar verbucht. Die Höhe dieser Summe - so die Beschwerdeführerin - sei für
das Verfahren äusserst ungewöhnlich gewesen, was auch schon offensichtlich
werde, wenn man sie in Bezug zum Streitwert von 25 Mio. US-Dollar setze. Dieser
Betrag sei offensichtlich für mehr als nur für die gesetzlich geschuldeten
Gerichts- und Anwaltskosten vorgesehen gewesen."

 Den in diesem Zusammenhang stehenden Einwand übersah das Bundesgericht somit
keineswegs, sondern verwarf ihn vielmehr in der anschliessenden Urteilserwägung
5.3.2 ausdrücklich. Die Gesuchstellerin vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern
darüber hinausgehende, erhebliche Behauptungen im bundesgerichtlichen Urteil
unberücksichtigt geblieben sein sollen.

5.4. Auch die übrigen Umstände, welche die Gesuchstellerin unter Hinweis auf
ihre kantonalen Rechtsschriften ab der erstinstanzlichen Duplik behauptet,
vermöchten dem Rechtsmissbrauchsvorwurf von vornherein nicht den Boden zu
entziehen, zumal es sich dabei im Wesentlichen nicht um neue Erkenntnisse,
sondern lediglich um eine Erweiterung ihrer Argumentation unter Würdigung des
prozessualen Verhaltens und der Ausführungen der Gesuchsgegnerin im kantonalen
Verfahren handelt. Dies gilt etwa, wenn die Gesuchstellerin vorbringt, die
Gesuchsgegnerin habe nach Rechtskraft des letzten russischen Urteils "ohne
jeglichen vernünftigen Grund und somit wohl einzig zwecks Verhinderung, dass
die korrupten Machenschaften entdeckt werden", auf die Geltendmachung der
Parteientschädigung in Russland verzichtet, obwohl hierfür in Russland ein
einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Verfügung gestanden habe (  Indiz 9
), weiter, die Behauptungen der Gesuchsgegnerin, die von ihr bzw. vom
B.________-Konzern eingeleiteten internen respektive externen Untersuchungen
hätten keinerlei korruptes Verhalten zu Tage gefördert, seien schon deshalb
unglaubwürdig, weil die Gesuchsgegnerin die angeblichen Untersuchungsberichte
im Exequaturverfahren nicht vorgelegt habe (  Indiz 10), und schliesslich, die
Gesuchsgegnerin habe in der Replik nicht plausibel erklärt, weshalb sie für den
Prozess in Russland der renommierten internationalen Anwaltskanzlei D.________
die damals eben erst von drei jungen Anwälten gegründete Kanzlei E.________ zur
Seite gestellt habe (  Indiz 11).

 All diese Hinweise können schon insofern keine streitentscheidende Rolle
spielen, als sie nicht zu erklären vermögen, weshalb die Gesuchstellerin den
schon damals gehegten (wenn auch durch die angeblichen zusätzlichen Indizien
möglicherweise unterstützten) Bestechungsverdacht noch nicht im russischen
Entscheidverfahren, wohl aber dann gegenüber dem Exequaturbegehren, nämlich in
der Gesuchsantwort, vorbringen konnte. Es bleibt insofern bei der
bundesgerichtlichen Würdigung, wonach es rechtsmissbräuchlich war, den
Korruptionsvorwurf erst zu diesem Zeitpunkt zu erheben.

5.5. Schliesslich behauptet die Gesuchstellerin als  Indiz 12pauschal, die
Gesuchsgegnerin sei "nicht zum ersten Mal in korrupte Machenschaften
involviert." Vielmehr seien korrupte und unlautere Machenschaften bei ihr
"weitverbreitet" und erfassten auch die Konzernobergesellschaft. Dabei beruft
sie sich auf einen Bericht der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC vom
17. Dezember 2012, in dem der Konzernobergesellschaft B.________ vorgeworfen
werde, ihr internes Kontrollsystem sei ungenügend, um korruptes Verhalten in
den Konzernuntergesellschaften, zu denen die Gesuchsgegnerin gehöre,
aufzudecken und zu unterbinden. Der entsprechende Bericht datiert unmittelbar
nach dem letztinstanzlichen russischen Entscheid, woraus die Gesuchstellerin
ableiten möchte, sie habe den entsprechenden Vorwurf erst im
Anerkennungsverfahren erheben können. Ob dem tatsächlich so ist, kann indessen
offen bleiben: Denn ohnehin vermöchte auch das entsprechende Indiz nicht zu
erklären, weshalb die genannte Untersuchung, welche konkret das Verhalten einer
Konzerngesellschaft der B.________ in Indonesien betrifft, Anlass gegeben haben
soll, erst im schweizerischen Exequaturverfahren gegen die angeblich korrupten
Machenschaften der Gesuchsgegnerin im russischen Zivilverfahren zu
protestieren. Auch dieses Indiz könnte somit von vornherein nicht den
Rechtsmissbrauchsvorwurf entkräften, womit es ihm an der Entscheiderheblichkeit
fehlt.

5.6. Insgesamt widersprechen die von der Gesuchstellerin zur Begründung des
Revisionsbegehrens gemachten Behauptungen in keiner Weise der
bundesgerichtlichen Urteilserwägung 5.3.2, wonach die Gesuchstellerin nach
eigenen Angaben bereits nach dem erstinstanzlichen russischen
Erkenntnisverfahren überzeugt davon gewesen sei, dass das gegen sie
eingeleitete Verfahren nicht in rechtsstaatlichen Bahnen ablaufe. Im
zweitinstanzlichen Verfahren hätten sich die entsprechenden Gerüchte und
Indizien langsam zu verdichten begonnen. Dass sie zu diesem Zeitpunkt noch
nicht in der Lage gewesen wäre, entsprechende prozessuale Schritte zu
unternehmen, weil ihr bestimmte erhebliche Tatsachen oder Beweismittel noch
nicht vorgelegen hätten, tat sie im Beschwerdeverfahren nicht dar. Die von der
Gesuchstellerin nun in den Vordergrund gerückten Indizien vermöchten, wenn sie
denn prozessual berücksichtigt werden könnten (Erwägung 4), die Beurteilung des
Bundesgerichts nicht umzustossen.

6.
Nach dem Gesagten verbleibt von der Kritik der Gesuchstellerin bloss ihr
Versuch, das Bundesgericht dazu zu bewegen, von seiner dem Urteil vom 9. April
2015zugrundeliegenden Rechtsauffassung abzuweichen. Zu diesem Zweck wiederholt
sie einzelne Argumente und Behauptungen aus ihrer ausserordentlich
umfangreichen Beschwerdeschrift und stellt diese den Erwägungen des
Bundesgerichts entgegen, um damit für einen abweichenden Verfahrensausgang zu
werben. Damit kann sie im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben (vgl. Erwägung
2). Es liegt kein Revisionsgrund vor.

7.
Das Revisionsgesuch ist abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird die
Frage der aufschiebenden Wirkung und allfälliger vorsorglicher Massnahmen
gegenstandslos, und es braucht nicht über die diesbezüglichen Begehren der
Parteien entschieden zu werden.

 Bei diesem Ausgang wird die Gesuchstellerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Die Gesuchsgegnerin hat keinen Entschädigungsanspruch für ihre
unaufgeforderte Vernehmlassung zur Sache (vgl. Art. 66 Abs. 3 BGG in Verbindung
mit Art. 68 Abs. 4 BGG). Hingegen ist ihr für ihre Stellungnahme zum Gesuch um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung eine angemessene Parteientschädigung
zuzusprechen.

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 55'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.

3.
Die Gesuchstellerin hat die Gesuchsgegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juli 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Kölz

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