Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Revision 4F.10/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4F_10/2015

Urteil vom 13. August 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller,

gegen

B.________,
Gesuchsgegnerin,

Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht.

Gegenstand
Revision,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 4D_19/2015
vom 4. Juni 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ (Beschwerdeführer; Gesuchsteller) reichte am 5. Januar 2015 beim
Friedensrichter in Baden eine Forderungsklage ein. Im Zusammenhang mit einem in
dieser Sache vom Obergericht des Kantons Aargau eröffneten Beschwerdeverfahren
gelangte er an das Bundesgericht. Dieses trat mit Urteil 4D_22/2015 vom 5. März
2015 im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG mit Präsidentin Kiss
als Einzelrichterin sowie Gerichtsschreiber Huguenin auf die vom
Beschwerdeführer erhobene Beschwerde nicht ein im Wesentlichen mit der
Begründung, in den Rechtsschriften werde nicht gesagt, welcher Entscheid des
Obergerichts wegen welcher Rechtsverletzung angefochten werde und wie das
Bundesgericht entscheiden solle. Dieser Bundesgerichtsentscheid ist nicht
Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens.

B.
Mit Eingabe vom 13. April 2015 erhob der Beschwerdeführer eine weitere
Beschwerde an das Bundesgericht gegen einen zwischenzeitlich, am 23. März 2015,
in derselben Angelegenheit ergangenen Entscheid des Obergerichts. Im Rahmen
dieser Beschwerde stellte er mit Bezug auf die am Urteil 4D_22/2015 vom 5. März
2015 beteiligten Personen ein Ausstandsgesuch. Mit Urteil 4D_19/2015 vom 4.
Juni 2015 trat das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG
in gleicher Besetzung wie im Urteil 4D_22/2015 und ohne Durchführung eines
Ausstandsverfahrens nach Art. 36 f. BGG auf das Ausstandsbegehren nicht ein.
Auch auf die Beschwerde selbst trat das Bundesgericht nicht ein. Es
qualifizierte den angefochtenen Entscheid als Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 BGG und sah die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer
selbständigen Anfechtung dieses Zwischenentscheides (Art. 93 Abs. 1 BGG) nicht
als gegeben an. Es sah davon ab, Gerichtskosten einzuverlangen, und hielt fest,
das Gesuch um Kostenbefreiung werde damit gegenstandslos.

C.
Der Gesuchsteller unterbreitet dem Bundesgericht ein Revisionsgesuch und
beantragt, das Urteil 4D_19/2015 unter Kosten- und Entschädigungsfolge
aufzuheben und einen neuen Entscheid zu fällen. Zudem stellt er ein Gesuch um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Vernehmlassungen wurden keine
eingeholt.

Erwägungen:

1.
Zunächst verlangt der Gesuchsteller, Bundesrichterin Kiss dürfe nicht am
Entscheid über sein Revisionsgesuch mitwirken. Da sie nicht am Entscheid
teilnimmt, wird das Begehren gegenstandslos.

2.
Die Revision eines Bundesgerichtsurteils kann nur aus einem der im Gesetz
abschliessend genannten Gründe verlangt werden (Art. 121-123 BGG). Das Gesuch
muss einen solchen Grund anrufen oder zumindest Tatsachen nennen, die von einem
gesetzlichen Revisionsgrund erfasst sind. Ob tatsächlich ein Grund zur Revision
vorliegt, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen
Beurteilung. Immerhin gelten auch für das Revisionsgesuch die in Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG genannten Anforderungen, wonach die gestellten Begehren zu begründen
sind (Urteil des Bundesgerichts 4F_20/2013 vom 11. Februar 2014 E. 2.1 mit
Hinweis). Der Gesuchsteller beruft sich in verschiedener Hinsicht darauf, die
Vorschriften über die Besetzung des Gerichts und über den Ausstand seien
verletzt worden (Art. 121 lit. a BGG).
Er macht einerseits geltend, über das Ausstandsgesuch im Verfahren 4D_19/2015
hätte nach Art. 37 Abs. 1 BGG unter Ausschluss der betroffenen Gerichtspersonen
entschieden werden müssen.
Andererseits ist er der Auffassung, das Urteil 4D_19/2015 hätte nicht als
Einzelrichterentscheid ergehen dürfen und sei dermassen fehlerhaft, dass es die
daran beteiligten Personen als befangen erscheinen lasse.

3.
Zu prüfen ist zunächst, ob die Personen, gegen die sich das Ausstandsbegehren
richtete, über dieses entscheiden durften. Der Gesuchsteller begründete sein
Ausstandsbegehren im Verfahren 4D_19/2015 mit Blick auf behauptete Fehler im
vorangegangenen Urteil 4D_22/2015.

3.1. Die Mitwirkung in einem früheren Verfahren des Bundesgerichts bildet für
sich allein keinen Ausstandsgrund (Art. 34 Abs. 2 BGG). Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts darf eine Gerichtsperson nicht allein aus dem Grund
abgelehnt werden, dass sie in einem früheren Verfahren gegen die um Ausstand
ersuchende Partei entschieden hat. Dies gilt auch dann, wenn seinerzeit im
vereinfachten Verfahren entschieden worden war. Am Entscheid über derartige
untaugliche Ausstandsbegehren können die davon betroffenen Gerichtspersonen
teilnehmen, ohne dass nach Art. 37 BGG vorgegangen werden muss (Urteil des
Bundesgerichts 2F_2/2007 vom 25. April 2007 E. 3.2; vgl. auch BGE 114 Ia 278 E.
1; 105 Ib 301 E. 1c S. 304).

3.2. Richterliche Verfahrensfehler können nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu Art. 30 Abs. 1 BV nur ausnahmsweise die Unbefangenheit einer
Richterin infrage stellen. Es müssen objektiv gerechtfertigte Gründe zur
Annahme bestehen, dass sich in Rechtsfehlern gleichzeitig eine Haltung
manifestiert, die auf fehlender Distanz bzw. mangelnder Neutralität beruht. Es
muss sich um besonders krasse Fehler oder wiederholte Irrtümer handeln, die
eine schwere Verletzung der Richterpflichten darstellen (BGE 116 Ia 135 E. 3a
S. 138; Urteil des Bundesgerichts 4A_220/2009 vom 17. Juni 2009 E. 4.1).

3.3. Der Gesuchsteller macht unter Aktenhinweis geltend, er habe sein
Ausstandsbegehren nicht allein damit begründet, dass Gerichtspersonen an einem
oder mehreren Entscheiden mitgewirkt hätten, die sich für ihn negativ
ausgewirkt hätten, sondern damit, dass der vorangegangene Entscheid (4D_22/
2015) "zu falsch" gewesen sei, um nicht eine "Befangenheitsvermutung"
auszulösen. Diese Vorbringen seien im angefochtenen Entscheid einfach
übergangen worden.
Um ein Ausstandsbegehren im Verfahren 4D_19/2015 hinreichend zu begründen,
hätte der Gesuchsteller substanziiert darlegen müssen, inwiefern die
behaupteten Fehler im Verfahren 4D_22/2015 auf fehlende Distanz bzw. mangelnde
Neutralität der abgelehnten Gerichtspersonen schliessen lassen. Dass er dies
getan hätte, zeigt er nicht auf und genügt damit den Begründungsanforderungen
nicht. Fehlte es aber an einem zulässigen und hinreichend begründeten
Ausstandsbegehren, musste kein Verfahren nach Art. 37 Abs. 1 BGG durchgeführt
werden.

4.
Zu prüfen bleibt, ob das Urteil 4D_19/2015 an derart krassen Mängeln leidet,
dass die daran beteiligten Personen befangen erscheinen, und ob es als
Einzelrichterentscheid ergehen durfte.

4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Urteil 4D_19/2015 sei ohne
vorheriges rechtliches Gehör ergangen, willkürlich und nicht hinreichend
begründet, da es nicht auf die Beschwerde eingehe. Die behaupteten Mängel
bilden selbst keinen Revisionsgrund. Ob eine Befangenheit daraus abgeleitet
werden könnte, kann offenbleiben, da die behaupteten Fehler offensichtlich
nicht gegeben sind:

4.1.1. Der Gesuchsteller verkennt, dass die beschwerdeführende Partei vor
Bundesgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör bereits durch Einreichung
der Beschwerdeschrift wahrnimmt. Dies gilt auch für das Revisionsverfahren. Es
besteht kein Anspruch, zur rechtlichen Würdigung der in den Prozess
eingeführten Tatsachen noch besonders angehört zu werden, sofern das Gericht
seinen Entscheid nicht mit einem Rechtsgrund zu begründen beabsichtigt, auf den
sich die Beteiligten nicht berufen haben und mit dessen Erheblichkeit sie
vernünftigerweise nicht rechnen mussten (BGE 130 III 35 E. 5 S. 39).

4.1.2. Die im Verfahren 4D_19/2015 aufgeworfenen materiellen Fragen hatte das
Bundesgericht nicht zu prüfen. Die offensichtliche Unzulässigkeit bezieht sich
nicht auf den Inhalt der Beschwerde, sondern auf die Möglichkeit, den
kantonalen Rückweisungsentscheid dem Bundesgericht selbständig zur Beurteilung
zu unterbreiten, bevor der das kantonale Verfahren abschliessende Endentscheid
ergangen ist. Der Gesuchsteller wurde im Urteil 4D_19/2015 darauf hingewiesen,
die Voraussetzung für eine selbständige Anfechtung nach Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG sei nicht dargetan. Er behauptet zwar, seine Ausführungen zum nicht wieder
gutzumachenden Nachteil seien nicht zur Kenntnis genommen worden. Er zeigt aber
nicht mit Aktenhinweis auf, dass er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
rechtsgenüglich behauptet hätte. Verfahrensfehler sind nicht dargetan.

4.2. Damit ist auch der Rüge, das Urteil 4D_19/2015 hätte nicht als
Einzelrichterentscheid erfolgen dürfen, der Boden entzogen. Art. 108 Abs. 1
lit. a BGG sieht diese Besetzung für offensichtlich unzulässige Beschwerden
vor.

5.
Als mit einer von Vornherein aussichtslosen Beschwerde unterliegende Partei
konnte der Gesuchsteller im Verfahren 4D_19/2015 weder unentgeltliche
Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG) noch eine Parteientschädigung (vgl. Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG) beanspruchen. Eine ausdrückliche Erwähnung im Dispositiv war
nicht notwendig. Ein Revisionsgrund ist nicht dargetan. Nicht zu hören ist der
Gesuchsteller, soweit er beanstandet, dass auf die Erhebung von Gerichtskosten
verzichtet wurde. Dies belastet ihn nicht, sondern wirkt sich zu seinen Gunsten
als unterliegende Partei aus. Insoweit fehlt es bereits am
Rechtsschutzinteresse.

6.
Das Ausstandsgesuch ist gegenstandslos. Das Revisionsgesuch ist abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist. Angesichts der ungenügenden Auseinandersetzung
mit dem beanstandeten Urteil erscheint die Revision von Vornherein als
aussichtslos, weshalb dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht
entsprochen werden kann. Da auf die Erhebung von Kosten verzichtet wird, kommt
dem insoweit keine Bedeutung zu. Eine Parteientschädigung kann der
Gesuchsteller, der vor Bundesgericht unterliegt, nicht beanspruchen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. August 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak

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