Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.72/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_72/2015

Urteil vom 11. Mai 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Niquille,
Gerichtsschreiberin Reitze.

Verfahrensbeteiligte
A.________ SA, vertreten durch Rechtsanwälte Vincent Carron und Philipp Meier,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Myriam Jäger,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ferienlohn,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 16. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Arbeitnehmer, Kläger, Beschwerdegegner) arbeitete seit September
2008 als Simulatorpilot im Stundenlohn für die A.________ SA (Arbeitgeberin,
Beklagte, Beschwerdeführerin). Zunächst beruhte das Arbeitsverhältnis auf einem
mündlichen Vertrag. Am 2. bzw. 10. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen
schriftlichen Vertrag ab. Sie vereinbarten dabei einen Basisstundenlohn von Fr.
40.80 brutto zusätzlich eines Anteils für Ferien von 8.33 % bzw. Fr. 3.40 und
eines Anteils 13. Monatslohn von 8.33 % bzw. Fr. 3.70. Die einzelnen
Arbeitseinsätze sollten auf Veranlassung der Arbeitgeberin, unter
Berücksichtigung von deren betrieblichen Bedürfnissen sowie der Verfügbarkeit
des Arbeitnehmers erfolgen. Dem Arbeitnehmer stand das Recht zu, einen
vorgeschlagenen Einsatz abzulehnen. In verschiedenen schriftlichen Nachträgen
wurde der Basisstundenlohn schrittweise auf Fr. 53.45 brutto erhöht, wobei
jeweils ein Anteil 13. Monatslohn von 8.33 %, ein Anteil Feiertage von 4 %
sowie ein Anteil Ferien von 8.33 % ausgewiesen wurden. Der Arbeitnehmer
kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 14. Juni 2013 auf den 31. Juli 2013.

B.

B.a. Mit Klage vom 15. Oktober 2013 beantragte der Arbeitnehmer dem
Bezirksgericht Uster, die Arbeitgeberin sei zu verpflichten, ihm brutto Fr.
16'463.35 zu bezahlen nebst 5 % Verzugszins seit dem 1. August 2013.
Mit Urteil vom 22. Juli 2014 hiess das Bezirksgericht Uster die Klage teilweise
gut und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger Fr. 16'300.-- brutto, nebst Zins
zu 5 % seit dem 1. August 2013 zu bezahlen.

B.b. Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte Berufung an das Obergericht des
Kantons Zürich, welches die Berufung mit Urteil vom 16. Dezember 2014 abwies
und den erstinstanzlichen Entscheid bestätigte.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 16. Dezember 2014 sei aufzuheben
und die Klage abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur erneuten Entscheidung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Die Beschwerdeführerin hat unaufgefordert eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 417 E. 1 S. 417 mit
Hinweisen).
Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Endentscheid
(Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin
kantonal letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 75 i.V.m.
Art. 72 BGG). Der erforderliche Streitwert nach Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG ist
erreicht. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist -
unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106
Abs. 2 BGG) - auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und
96 BGG gerügt werden. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die
Begehren und deren Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art.
42 Abs. 2 BGG), andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im
Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des
angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine
Verletzung von Bundesrecht liegt. Die Beschwerdeführerin soll in der
Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen
Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den
als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE
134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).

2.2. In tatsächlicher Hinsicht legt das Bundesgericht seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig"
bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5 S. 401). Überdies muss die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97
Abs. 1 BGG).
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die
gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(vgl. BGE 136 II 508 E. 1.2 S. 511 f.; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III
350 E. 1.3 S. 351, 393 E. 7.1 S. 398). Soweit sie den Sachverhalt ergänzen
will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende
rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den
Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (Urteil 4A_214/2008 vom 9. Juli
2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 III 570).

3.
Umstritten ist die Abgeltung des Ferienlohnanspruchs (Art. 329d OR). Die
Beschwerdeführerin macht nach wie vor geltend, dem Beschwerdegegner zusammen
mit den jeweiligen Lohnzahlungen auch die im Arbeitsvertrag vereinbarten
Anteile für die Ferien bezahlt zu haben, weswegen dieser kein Anspruch auf
Doppelzahlung beanspruchen könne.

3.1. Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass das Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien als unechte Arbeit auf Abruf qualifiziert wurde, was die
Beschwerdeführerin nicht bestritten hat. Im Arbeitsvertrag vom 2./10. Oktober
2008 sei festgehalten worden, dass die Beschwerdeführerin die Arbeitszeiten
festlege, welche sie dem Beschwerdegegner als Arbeitseinsatz vorschlage, wobei
dieser den vorgeschlagenen Einsatz ablehnen könne. Keine der Parteien habe
Anrecht auf eine Mindestzahl von Arbeitsstunden. Trotz dieser beidseitigen
Abschlussfreiheit bezüglich der einzelnen Arbeitseinsätze, habe das
Arbeitsverhältnis beinahe fünf Jahre gedauert, wobei es regelmässig zu
Arbeitseinsätzen des Beschwerdegegners gekommen sei, durchschnittlich während
rund 66 Stunden pro Monat. Ein Ferienlohn sei jedoch auf den periodischen
Lohnabrechnungen nicht ausgewiesen worden, womit die Beschwerdeführerin dem von
der Rechtsprechung festgelegten Spezifikationserfordernis nicht nachgekommen
sei.

3.2. Nach Art. 329d Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die
Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung
für ausfallenden Naturallohn zu entrichten. Die Ferien dürfen während der Dauer
des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen
abgegolten werden (Abs. 2). Das Abgeltungsverbot gehört zu den absolut
zwingenden, die Bestimmung über den Ferienlohn zu den relativ zwingenden
Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts (Art. 361 und 362 OR).
Das Bundesgericht hat eine Abgeltung mit dem laufenden Lohn bei unregelmässigen
Beschäftigungen unter der doppelten formellen Voraussetzung zugelassen, dass in
den einzelnen schriftlichen Lohnabrechnungen der für die Ferien bestimmte
Lohnanteil ausdrücklich ausgewiesen wird und zudem - sofern ein schriftlicher
Arbeitsvertrag vorliegt - auch in diesem schriftlich der entsprechende
Lohnanteil festgehalten wird. Aufgrund der in der Lehre geübten Kritik hat das
Bundesgericht die Zulässigkeit dieser laufenden Ausrichtung auch unter den
genannten strengen formellen Bedingungen in Frage gestellt, die Frage der
Zulässigkeit dann aber offen gelassen (BGE 129 III 493 E. 3.2 f. S. 495 f. mit
Hinweisen auf die Lehre; vgl. auch Urteile 4A_463/2010 vom 30. November 2010 E.
3.1; 4A_300/2007 vom 6. Mai 2008 E. 3.2.3, nicht publ. in: BGE 134 III 399; je
mit Hinweisen).

3.3. Ob eine Abgeltung des Ferienlohnes im laufenden Lohn bei unregelmässiger
Arbeit - wie eine solche bei vorliegendem Vertrag bezüglich unechte Arbeit auf
Abruf mit unregelmässigen Arbeitseinsätzen unbestrittenermassen gegeben ist -
zulässig ist, muss auch im hier zu beurteilenden Fall nicht beantwortet werden,
da bereits die formellen Voraussetzungen für eine solche Abgeltung nicht
erfüllt sind: Denn der für die Ferien bestimmte Betrag muss nach dem Gesagten
sowohl aus dem Arbeitsvertrag wie auch aus den einzelnen Lohnabrechnungen
eindeutig hervorgehen. Nur so besteht für den Arbeitnehmer die notwendige
Klarheit und erlaubt ihm, den genauen Betrag auch noch in einem späteren
Zeitpunkt festzustellen. Es ist somit in allen Fällen unerlässlich, dass der
Ferienlohn auf jeder periodischen Lohnabrechnung oder Lohnquittung ausgewiesen
wird.

3.4. Nach den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen wurde der
Ferienlohnanteil in den monatlichen Lohnabrechnungen der Beschwerdeführerin
nicht ausgewiesen. Der Prozentsatz des Ferienlohnanteils wurde nur im
Arbeitsvertrag vom 2./10. Oktober 2008 bzw. in den verschiedenen schriftlichen
Nachträgen genannt, nicht jedoch in den einzelnen Lohnabrechnungen. Der
Beschwerdegegner hat somit aufgrund der Lohnabrechnung nicht erkennen können,
in welcher Höhe ein Zuschlag zum Leistungslohn als Feriengeld errichtet wurde.
Damit ist die Beschwerdeführerin ihrer Pflicht nicht nachgekommen, womit sie
grundsätzlich zur Nachzahlung des entsprechenden Ferienlohnes verpflichtet
werden kann. Daran ändert nichts, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien, welches als unechte Arbeit auf Abruf qualifiziert wurde (vgl. E. 3.1
hiervor), ein andauerndes Vertragsverhältnis oder eine Mehrzahl von einzelnen
Arbeitsverhältnissen dargestellt hat, wie dies von der Beschwerdeführerin
geltend gemacht wird. Das Spezifikationserfordernis gilt für alle
Arbeitsverhältnisse (BGE 129 III 493 E. 3.3 S. 496, "in allen Fällen"; BGE 125
III 65 E. 3b S. 67, wonach die zwingenden Vorschriften von Art. 361 sowie 362
OR auch auf die Arbeit auf Abruf Anwendung findet). Der Ferienlohn muss mithin
auf jeder Lohnabrechnung, die auf eine unregelmässige oder teilzeitliche
Beschäftigung erfolgt, wie sie im Rahmen einer unechten Arbeit auf Abruf ohne
weiteres angenommen werden kann, hinreichend spezifiziert hervorgehen bzw.
gegenüber dem Arbeitslohn deutlich ausgeschieden werden.

3.5. Die Beschwerdeführerin wendet jedoch ein, es sei erstellt, dass der
Beschwerdegegner, nicht zuletzt aufgrund des klaren Wortlauts im
Arbeitsvertrag, gewusst habe, dass ihm mit den jeweiligen Lohnzahlungen auch
sein Ferienlohn abgegolten worden sei. Zur Untermauerung ihrer Rüge bezieht sie
sich hauptsächlich auf BGE 116 II 515.
In diesem Entscheid hat das Bundesgericht festgehalten, dass das
Spezifikationserfordernis auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer die ihm
zustehenden Ferien tatsächlich bezogen hat. Begründet hat es dies damit, dass
obwohl das Abgeltungsverbot in diesen Fällen keine Rolle spielt, der
Arbeitnehmer aufgrund einer unklaren Vertragsklausel in den falschen Glauben
versetzt werden kann, mit dem vereinbarten Lohn werde er bloss für die
Arbeitsleistung, nicht aber für den Anspruch auf Ferienlohn entschädigt, womit
die Gefahr eines vorzeitigen Verbrauchs des Feriengeldes besteht. Dabei verwies
das Bundesgericht auf zwei frühere (unpublizierte) Entscheide, in welchen der
jeweilige Arbeitnehmer seine Ferien bereits bezogen hatte, womit sich die Frage
der Verletzung des Abgeltungsverbots gar nicht erst gestellt hat, das
Spezifikationserfordernis aber dennoch galt. Festgehalten hat das Bundesgericht
dabei aber immerhin, dass falls es die besonderen Umstände des Einzelfalles
gebieten sollten, weil beispielsweise kein schriftlicher, sondern nur ein
mündlicher Arbeitsvertrag vorliegen sollte, das Vertrauensprinzip als
massgebender Grundsatz auch eine weniger strenge Beurteilung nahelegen kann (
BGE 116 II 515 E. 4b S. 517 f. mit Hinweis auf die Urteile C 366/1987 vom 25.
November 1987 sowie 4C.224/1988 vom 30. November 1988). Daraus kann jedoch
entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht abgeleitet werden, dass der
Ferienlohn in der Lohnabrechnung nicht mehr ausgeschieden werden müsste.
Denn wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat, ist das Bundesgericht in BGE
116 II 515 nicht vom Grundsatz abgewichen, dass sowohl aus dem schriftlichen
Arbeitsvertrag wie auch aus den periodischen Lohnabrechnungen klar ersichtlich
sein muss, welcher Teil des Arbeitslohnes den Ferienlohnanspruch abgelten soll.
Soweit sich die Beschwerdeführerin diesbezüglich überhaupt in rechtsgenüglicher
Hinsicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt, ist ihre Rüge
unbegründet, womit sich eine weitergehende Auseinandersetzung mit ihren
Vorbringen erübrigt.

3.6. Es fragt sich jedoch, ob die Geltendmachung des Ferienlohns durch den
Beschwerdegegner gegen das Verbot des Rechtsmissbrauchs verstösst:

3.6.1. Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Art.
2 Abs. 2 ZGB). Wann ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten
Umstände des Einzelfalles zu bestimmen (BGE 121 III 60 E. 3d. S. 63 mit
Hinweis), wobei die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen
des Rechtsmissbrauchs zu beachten sind (BGE 125 III 257 E. 2a S. 259; 120 II
100 E. 3a S. 108 mit Hinweisen). Zu diesen Fallgruppen ist die Rechtsausübung
zu zählen, die ohne schützenswertes Interesse erfolgt oder zu einem krassen
Missverhältnis berechtigter Interessen führen würde (BGE 123 III 200 E. 2b S.
203; 120 II 100 E. 3a S. 108 mit Hinweisen). Ebenso kann allgemein gesagt
werden, dass die Geltendmachung eines Rechts missbräuchlich ist, wenn sie im
Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht und dadurch erweckte berechtigte
Erwartungen enttäuscht (BGE 125 III 257 E. 2a S. 259; 123 III 70 E. 3c S. 74
f., je mit Hinweisen). Indessen ist im Widerspruch zwischen der Zustimmung zu
einer Vereinbarung und der nachträglichen Geltendmachung ihrer Ungültigkeit
unter Berufung auf zwingendes Recht nur dann ein Rechtsmissbrauch zu erblicken,
wenn zusätzliche besondere Umstände gegeben sind; ansonsten würde dem
Arbeitnehmer der mit der zwingenden Gesetzesbestimmung gewährte Schutz auf dem
Weg über Art. 2 ZGB wieder entzogen (BGE 126 III 337 E. 7 S. 344; 110 II 168 E.
3c S. 171 mit Hinweis). Besondere Umstände, welche die Berufung auf zwingendes
Recht als missbräuchlich erscheinen lassen, sind auch zu bejahen, wenn die von
der angerufenen Norm zu schützenden Interessen entfallen oder sonst wie gewahrt
wurden oder wenn die Partei mit der Geltendmachung der Nichtigkeit der
Vereinbarung derart lange zuwartet, dass der anderen Partei dadurch
verunmöglicht wurde, ihre eigenen Interessen zu wahren (vgl. BGE 127 III 257 E.
6c S. 267, 357 E. 4c/bb S. 364; 116 II 428 E. 2 S. 431; 94 II 37 E. 6b ff. S.
41 ff.; vgl. zum Ganzen auch BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 497 f.).

3.6.2. Die Beschwerdeführerin zählt unter dem Titel des Rechtsmissbrauchs
verschiedene Fallgruppen auf, weshalb sich der Beschwerdegegner
rechtsmissbräuchlich verhalten haben soll. Dabei bringt sie abermals vor, der
Beschwerdegegner habe seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gewusst, dass in
seiner Lohnzahlung die Anteile für den Ferienlohn inbegriffen waren. Hinzu
komme, dass er als ausgebildeter Jurist und Rechtsanwalt die Rechtslage seit
Vertragsbeginn bestens gekannt und damit gewusst habe, dass nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung die ausnahmsweise zulässige Abgeltung der
Ferien durch Geldleistungen voraussetze, dass sowohl aus dem Arbeitsvertrag wie
aus den periodischen Lohnabrechnungen klar habe hervorgehen müssen, welcher
Teil des Lohnbetrages zur Abgeltung des Ferienanspruchs zu bestimmen sei. Der
von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt sei diesbezüglich richtig zu
stellen.
Entgegen ihrer Ansicht reicht jedoch allein die Tatsache, dass der
Beschwerdegegner angeblich gewusst haben soll, dass die Anteile für Ferien in
den Lohnzahlungen enthalten waren, nicht aus, um einen Rechtsmissbrauch zu
begründen (vgl. dazu auch BGE 129 III 493 E. 5 S. 497 ff.). Denn wie die
Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, würde das Spezifikationsprinzip
ausgehebelt, wenn allein aus der gesonderten Ausweisung des Ferienlohnes im
Arbeitsvertrag und in den Nachträgen darauf geschlossen würde, der
Beschwerdegegner habe die ziffernmässige Höhe des Zuschlags genau gekannt.
Vielmehr müssen für die Annahme des Rechtsmissbrauchs besondere Umstände
gegeben sein (vgl. E. 3.6.1 hiervor), welche allenfalls darin liegen könnten,
dass dem Beschwerdegegner als Rechtsanwalt die Rechtslage klar war, weshalb
seine Berufung auf den Formmangel treuwidrig wäre.

3.6.3. Die Vorinstanz hielt diesbezüglich fest, es sei unbestritten, dass der
Beschwerdegegner im Dezember 2009 nach der Lektüre eines Beobachterratgebers
auf die Mangelhaftigkeit der Lohnabrechnungen der Beschwerdeführerin
hinsichtlich der separaten Darstellung der Ferienlohnabgeltung gestossen sei.
Ebenso unbestritten sei, dass der Beschwerdegegner diese Erkenntnis nicht für
sich behalten habe, sondern dies einem Mitarbeiter der Beschwerdeführerin
mitgeteilt habe. Seitens der Beschwerdeführerin sei jedoch nichts unternommen
worden, weshalb der Beschwerdegegner mit E-Mail vom 16. Januar 2012 erneut an
die Beschwerdeführerin gelangt sei und diese darauf hingewiesen habe, dass der
Ferienlohnanteil in der Lohnabrechnung nicht ausgewiesen werde. Erst im Mai
2013 habe die Beschwerdeführerin ihre Lohnabrechnungen angepasst und den
Ferienlohnanteil gesondert angegeben.
Habe der Beschwerdegegner damit auf eine separate Darstellung der
Ferienlohnabgeltung in den einzelnen Gehaltsabrechnungen bestanden, habe die
Beschwerdeführerin nicht darauf vertrauen dürfen, dass dieser aus der
gesonderten Ausweisung des Ferienlohnes im Arbeitsvertrag und den Nachträgen
dazu, die ziffernmässige Höhe des Zuschlages genau gekannt habe. Auch wenn dem
Beschwerdegegner ab einem bestimmten Zeitpunkt (spätestens Dezember 2009) habe
bewusst sein müssen, dass die Ferienentschädigung nach Auffassung der
Beschwerdeführerin im Lohn inbegriffen gewesen sei, und ihm die
Berechnungsweise grundsätzlich bekannt gewesen sei, habe seinerseits ein
berechtigtes Interesse an der Ausweisung der ziffernmässigen Höhe des Zuschlags
in den einzelnen Lohnabrechnungen bestanden. Dies nur schon deshalb, weil die
Lohnhöhe stets variiert habe. Indem die Beschwerdeführerin ihrer entsprechenden
Obliegenheit trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgekommen sei, habe sie
das Risiko einer Doppelzahlung bewusst in Kauf genommen.

3.6.4. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerdeführerin grösstenteils
nicht auseinander. Soweit auf ihre weitgehend appellatorischen Vorbringen
überhaupt eingegangen werden kann, beschränken sie sich darauf, dass das Wissen
des Beschwerdegegners bereits im 2008 bestanden habe und dass allein aus der
Tatsache, wonach der Beschwerdegegner in einem Beobachterratgeber über den
Ferienstundenlohn gelesen haben wolle, nicht geschlossen werden könne, dass er
die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht schon vorher gekannt habe. Dies
kann jedoch letztlich offen gelassen werden. Denn es ist unbestritten, dass der
Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin im Dezember 2009 auf die mangelhafte
Lohnabrechnung aufmerksam gemacht hat, die Beschwerdeführerin jedoch erst über
drei Jahre später die notwendigen Änderungen in ihrer Lohnabrechnung angebracht
und den Ferienlohn gesondert ausgewiesen hat. Mit seiner Mitteilung hat der
Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eingeräumt, allfällige
Fehler zu korrigieren und damit eine mögliche Doppelzahlungspflicht zu
vermeiden. Dadurch kann ihm nicht vorgeworfen werden, unredlich gehandelt zu
haben, weshalb die nachträgliche Geltendmachung der Verletzung zwingenden
Rechts nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann.

3.7. Wie die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht erkannt hat, liegen
somit keine besonderen Umstände bzw. kein offenbar rechtsmissbräuchliches
Verhalten des Beschwerdegegners vor, welches die Beschwerdeführerin in
Abweichung zur konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung von ihrer
Zahlungspflicht wegen nicht erfolgter Hervorhebung der Ferienabgeltung in den
einzelnen Lohnabrechnungen befreien könnte.

4.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin für
das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66
Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Mit Blick auf den Streitwert und die Natur der
Streitigkeit kommen reduzierte Kosten in Ansatz (Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG).
Dagegen ist die volle Parteientschädigung geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Mai 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Reitze

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