Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.651/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_651/2015

Urteil vom 19. April 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
A.________ S.r.l.,
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Moll,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwältin Pascale Gola,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Forderung, Zivilprozessrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 13.
Oktober 2015.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ S.r.l. (Klägerin, Widerbeklagte, Beschwerdeführerin), ein
italienisches Transportunternehmen, schloss mit der B.________ AG (Beklagte,
Widerklägerin, Beschwerdegegnerin), einem schweizerischen
Eisenbahnverkehrsunternehmen, am 29. Oktober 2010 ein "Rail Traction Service
Agreement" (nachfolgend: RTSA) ab. Darin verpflichtete sich die Beklagte unter
anderem, Traktionsleistungen zu erbringen und Eisenbahnwagen zur Verfügung zu
stellen. Für eine sog. Rundfahrt (d.h. Fahrt von Köln nach Domodossola und
zurück bzw. von Domodossola nach Köln und zurück) wurde ein Preis von EUR
26'500.-- vereinbart (Annex B zum RTSA). Mengenmässig sah das RTSA 5
Rundfahrten pro Woche vor. Als minimale Menge vereinbarten die Parteien 230
Rundfahrten (Annex A zum RTSA). Aufgrund fehlender Wagen beim vertraglich
vorgesehenen Projektbeginn am 10. Januar 2011 (vgl. Ziff. 1 RTSA)
unterzeichneten die Parteien am 2./7. Februar 2011 noch einen Zusatz zum RTSA
("Annex 1"), der für die Zeitperiode ab dem Projektstart am 7. Februar und bis
zum 27. Februar 2011 einen reduzierten Preis von EUR 24'200.-- festlegte.
Als die Klägerin im März 2011 gewisse Rechnungen nicht bezahlte, stellte die
Beklagte ihre Leistungen ab 23. März 2011 ein.

B.
Mit Klage vom 26. April 2011 beim Handelsgericht des Kantons Zürich beantragte
die Klägerin, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr den Betrag von EUR 3 Mio.
zu bezahlen, zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 22. März 2011. Sie machte geltend,
die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die versprochenen Wagen zur Verfügung
stellen können. Die Beklagte habe aber weiterhin den Preis verlangt und in
Rechnung gestellt, welcher während der Gültigkeitsdauer des Annex, d.h. bis und
mit 27. Februar 2011, gegolten habe. Sie, die Klägerin, habe diese Rechnungen -
wie vertraglich vorgesehen - bestritten. Die Beklagte sei nicht berechtigt
gewesen, den Vertrag zu kündigen. Nun fordere sie von der Beklagten das
Erfüllungsinteresse (entgangener Gewinn) und beschränke sich im vorliegenden
Verfahren im Sinn einer Teilklage auf die Forderung von EUR 3 Mio.
Die Beklagte bestritt die Klage und beantragte widerklageweise, die Klägerin
sei zu verpflichten, ihr den Betrag von EUR 280'294.56 zuzüglich Zins zu 3 %
über dem 3-Monats Euribor (4.53 %) seit dem 9. September 2011 zu bezahlen. Sie
bestritt, dass sie ihre Leistungen nicht vertragskonform erbracht habe. Sie
habe ihre Leistungen einstellen müssen, weil die Klägerin Rechnungen nicht
bezahlt habe. Mit ihrer Widerklage verlangt sie die Bezahlung dieser Rechnungen
und Schadenersatz für Mietkosten und Wagenstillstand.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies mit Urteil vom 13. Oktober 2015 die
Klage ab und schützte die Widerklage teilweise im Betrag von EUR 254'250.04
zuzüglich Zins zu 4.53 % seit dem 9. September 2011. Die Gerichtskosten
auferlegte es im Betrag von Fr. 127'794.-- der Klägerin und im Betrag von Fr.
1'291.-- der Beklagten. Die Klägerin wurde verpflichtet, der Beklagten eine
Prozessentschädigung von Fr. 98'000.-- zu bezahlen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht, der Entscheid des Handelsgerichts sei kostenfällig aufzuheben
und die Sache zu neuer Beurteilung an dieses zurückzuweisen.
Mit Präsidialverfügung vom 8. Februar 2016 wurde dem Gesuch der
Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben und das
mit der Stellungnahme zum Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung
gestellte Gesuch der Beschwerdegegnerin um Sicherstellung einer allfälligen
Parteientschädigung abgewiesen.
Sowohl die Beschwerdegegnerin wie die Vorinstanz verzichteten auf eine
Vernehmlassung in der Hauptsache.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG).
Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art.
107 Abs. 2 BGG), darf sich die beschwerdeführende Partei grundsätzlich nicht
darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen,
sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Sie muss demnach angeben,
welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Abänderungen beantragt
werden. Grundsätzlich ist ein materieller Antrag erforderlich; Anträge auf
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse
Aufhebungsanträge genügen nicht und machen die Beschwerde unzulässig. Ein
blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im
Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die
erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 136 V 131
E. 1.2 S. 135; 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1; je mit
Hinweisen).
Das Handelsgericht hat die Widerklage vollumfänglich und im Detail abgehandelt.
Es ist nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern
das Bundesgericht - sollte es die Würdigung der Vorinstanz nicht teilen - die
Widerklage nicht beurteilen könnte. Auf die Beschwerde ist somit nicht
einzutreten, falls sie die Widerklage betreffen sollte. Die Klage hat die
Vorinstanz demgegenüber abgewiesen mit der Begründung, die Beschwerdeführerin
habe den Schaden zu wenig substanziiert. Es bestehe aber ohnehin kein Anspruch,
da die Beschwerdegegnerin berechtigt gewesen sei, ihre Leistungen per 22. März
2011 einzustellen. Sollte das Bundesgericht diese Auffassung nicht teilen,
könnte es nicht selber urteilen. Diesbezüglich ist unter Vorbehalt einer
rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) auf die Beschwerde
einzutreten.

2.
Die Vorinstanz liess im Rahmen ihrer Beurteilung der Widerklage offen, ob die
Beschwerdegegnerin ein Recht auf Kündigung des Vertrages hatte, da sie
jedenfalls berechtigt gewesen sei, ihre Leistungen einzustellen. Die
Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Begründungspflicht, weil sich die
Vorinstanz nicht zum Kündigungsrecht äusserte. Dadurch werde auch ihr Recht auf
Beweis gemäss Art. 152 ZPO verletzt. Die Beschwerdeführerin stützt den von ihr
eingeklagten Erfüllungsanspruch darauf, dass die Beschwerdegegnerin nicht zur
Kündigung des Vertrages berechtigt gewesen sei. Da die Vorinstanz die Klage
aber abwies, weil sieeinerseits den Schaden als nicht genügend substanziiert
und nachgewiesen erachtete und andererseits der Auffassung war, bereits die
Berechtigung zur Leistungseinstellung stehe der Schadenersatzforderung
entgegen, konnte sie im Hinblick auf die Klage die Frage des Kündigungsrechts
offenlassen. Die Vorinstanz hat die Pflicht zur Begründung ihres Urteils
diesbezüglich offensichtlich nicht verletzt. Sollte sich die Beschwerde gegen
die Beurteilung der Widerklage richten, ist darauf wie dargelegt nicht
einzutreten. Somit entfällt auch diesbezüglich eine Prüfung der Rüge.

3.
Der Schaden ist vom Geschädigten grundsätzlich ziffernmässig nachzuweisen (Art.
42 Abs. 1 OR). Ist das nicht möglich, ist der Schaden vom Richter "mit
Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge" abzuschätzen (Art. 42 Abs. 2
OR). Die Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR setzt voraus, dass ein strikter Beweis
nach der Natur der Sache nicht möglich oder nicht zumutbar ist (BGE 128 III 271
E. 2b/aa S. 276f.; 122 III 219 E. 3a S. 221; Urteil 4A_431/2015 vom 19. April
2016 E. 5.1.2). In diesem Fall gilt für den Beweis des  Bestehenseines Schadens
das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (zit. Urteil 4A_431/2015 E.
5.1.2; vgl. HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 525 zu Art. 8
ZGB). Die ermessensweise Schadensschätzung nach Art. 42 Abs. 2 OR und damit die
Bestimmung des Ausmasses des Schadens beruht auf Tatbestandsermessen. Sie
beruht auf Beweiswürdigung, gehört zur Feststellung des Sachverhalts (BGE 131
III 360 E. 5.1 S. 364; 128 III 271 E. 2b/aa S. 277; 122 III 219 E. 3b S. 222;
je mit Hinweisen; a.A. WALTER, a.a.O., N. 525 zu Art. 8 ZGB, der darin eine
Anwendung von Art. 4 ZGB sieht) und kann vom Bundesgericht nur nach Massgabe
von Art. 97 und 105 Abs. 2 BGG überprüft werden. Auch im Rahmen von Art. 42
Abs. 2 OR muss der Geschädigte soweit möglich und zumutbar alle Umstände
behaupten, die Indizien für den Bestand eines Schadens darstellen und die
Schätzung des Umfangs des Schadens erlauben. Er kann nicht ohne nähere Angaben
Schadenersatzforderungen in beliebiger Höhe stellen (BGE 131 III 360 E. 5.1 S.
363 f.; 122 III 219 E. 3a S. 221; zit. Urteil 4A_431/2015 E. 5.1.2). Daraus
folgt, dass eine der Voraussetzungen von Art. 42 Abs. 2 OR nicht gegeben ist,
wenn der Geschädigte nicht alle im Hinblick auf die Abschätzung des Schadens
notwendigen Angaben liefert, selbst wenn feststeht, dass ein Schaden
eingetreten ist (vgl. zum Ganzen zit. Urteil 4A_431/2015 E. 5.1.2).
Nach den Grundsätzen des Obligationenrechts ist nur Ersatz für entgangenen
Gewinn geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonst wie konkret in
Aussicht stehenden Gewinn handelt (BGE 132 III 379 E. 3.3.3 S. 384; 82 II 397
E. 6 S. 401 mit Hinweisen; ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl., Bern 2006,
Rz. 70e zu Art. 41 OR; HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 4.
Aufl., 2008, S. 81 f. Rz. 347 f.).
Der künftige entgangene Gewinn, um den es hier geht, kann nicht im Sinne von
Art. 42 Abs. 1 OR nachgewiesen werden. Es sind daher die dargelegten Grundsätze
zu Art. 42 Abs. 2 OR anwendbar.

4.

4.1. Das Handelsgericht stellte folgenden Prozesssachverhalt fest: Die
Beschwerdeführerin mache das Erfüllungsinteresse aus dem Vertrag in Höhe von
EUR 3 Mio. geltend. Sie behaupte, ihr Aufwand betrage pro Tag EUR 29'710.-- und
ihr Gesamtertrag EUR 41'132.--. Somit hätte sie einen verbleibenden Ertrag von
EUR 11'422.-- pro Tag erzielt, was bei 250 Umlaufzügen pro Jahr einen
Gesamtgewinn von EUR 2'852'500.-- ergebe. Gemäss ihrem Businessplan sei
vorgesehen gewesen, einen jährlichen Profit von gut EUR 2.8 Mio. zu
erwirtschaften. Wenn die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen korrekt
erfüllt hätte, hätte der über die Vertragsdauer erwirtschaftete Gewinn über EUR
5 Mio. betragen. Im Sinn einer Teilklage beschränke sie sich auf EUR 3 Mio.
Wenn aber die Beschwerdegegnerin widerklageweise Forderungen erheben würde,
würde sie ihre Forderung um diesen widerklageweise geltend gemachten Betrag
erhöhen.
Es erwog sodann, die Beschwerdeführerin habe damit zwar in groben Zügen
beschrieben, wie sie ihren entgangenen Gesamtgewinn pro Jahr berechne (EUR
2'852'500.--), und gehe insgesamt für die Vertragsdauer von einem solchen von
mehr als EUR 5 Mio. aus. Die Beschwerdegegnerin bestreite dies aber in der
Klageantwort/Widerklage und rüge ausdrücklich fehlende Nachvollziehbarkeit und
Substanziierung des entgangenen Gewinns. Spätestens damit könne in den
Vorbringen der Klageschrift keine schlüssige Darlegung des Klagefundaments
(mehr) gesehen werden. Mit dem von ihr eingeholten Parteigutachten (Gutachten
des Lehrstuhls für Logistikmanagement der Universität X.________), auf das sie
in der Replik verweise, komme sie ihrer Behauptungslast sodann nicht nach.
Insgesamt sei nicht klar, wie sich der angebliche entgangene Gewinn von mehr
als EUR 5 Mio. insgesamt bzw. EUR 3 Mio. ergebe. Es sei auch nicht restlos
klar, aus welcher Zeitperiode die Klägerin den eingeklagten (Teil-) Betrag von
EUR 3 Mio. ableite und, falls darin auch ein Erfüllungsinteresse für die Zeit
vor Vertragskündigung enthalten sein sollte, welche Erträge sie während dieser
Zeit tatsächlich erwirtschaften konnte. Die Vorinstanz bezweifelte, ob im
internationalen kombinierten Verkehr tatsächlich keine mittelfristigen
Buchungsverträge abgeschlossen werden, mit welchen die künftige Auslastung
nachgewiesen werden könnte, wie die Beschwerdeführerin behauptet hatte. Sie
liess die Frage letztlich aber offen. Denn jedenfalls fehlten konkrete
nachvollziehbare Parameter, wie sich der von der Beschwerdeführerin pauschal
angenommene tägliche Aufwand und Ertrag zusammensetze. Da sie über einen
(beschränkten) Zeitraum tatsächlich bereits Rundfahrten durchgeführt habe, sei
auch nicht ersichtlich, warum entsprechende konkrete Angaben nicht hätten
vorgebracht werden können.

4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, zwar habe es ihrer Idee entsprochen,
mittel- oder auch langfristige Verträge mit Kunden abzuschliessen. Im Zeitpunkt
der Klageeinreichung habe sie aber über keine Verträge verfügt, welche die
künftige Auslastung der von ihr betriebenen Zugverbindungen hätte belegen
können. Die kurze Zeit der Vertragsgeltung habe nicht ausgereicht, um Kunden
längerfristig binden zu können. Es habe jedoch während der Dauer ihres Betriebs
bereits eine gute Auslastung bestanden. Das Gutachten sei daher die einzige
Möglichkeit gewesen, um den künftigen Gewinn darzulegen. Es hätte als genügende
Parteibehauptung berücksichtigt werden müssen. Es ergäbe keinen Sinn, dass sie
in den Rechtsschriften die Ausführungen des Gutachtens einfach noch einmal
wiedergebe; diese seien ihr eins zu eins zuzurechnen. Es sei ihre eigene
Behauptung. Sämtliche Kenntnisse, Fakten, Annahmen und Zahlen, die ihr zur
Verfügung gestanden hätten, seien mit dem Gutachten aufgearbeitet worden. Darin
würden auch die einzelnen Parameter nachvollziehbar aufgezeigt, nämlich unter
Ziff. 5.1 und 5.2. Aktenwidrig sei auch die Kritik der Vorinstanz, es werde
nicht restlos klar, für welchen Zeitraum der entgangene Gewinn von EUR 3 Mio.
verlangt werde. Im Gutachten (unter Ziff. 5.1) werde klar auf den Zeitraum vom
22. März 2011 (vorzeitiges Vertragsende) bis Ende 2012 abgestellt. Das
Handelsgericht verkenne, dass es sich beim entgangenen Gewinn um eine
hypothetische Grösse handle.

4.3. Nach Art. 55 Abs. 1 ZPO haben die Parteien dem Gericht die Tatsachen
darzulegen, auf die sie ihre Begehren stützen, und die Beweismittel anzugeben.
Die konkreten Anforderungen an die Substanziierung ergeben sich einerseits aus
den Tatbestandsmerkmalen der angerufenen Norm und andererseits aus dem
prozessualen Verhalten der Gegenpartei. Tatsachenbehauptungen müssen so konkret
formuliert sein, dass ein substanziiertes Bestreiten möglich ist oder der
Gegenbeweis angetreten werden kann (BGE 136 III 322 E. 3.4.2 S. 328; 127 III
365 E. 2b S. 368; Urteile 4A_264/2015 vom 10. August 2015 E. 4.2.2; 4A_210/2009
vom 7. April 2010 E. 3.2; je mit Hinweisen).
Ihrer Behauptungs- und Substanziierungslast hat die klagende Partei
grundsätzlich in der Klageschrift nachzukommen (Art. 221 Abs. 1 lit. d und e
ZPO). Der blosse Verweis auf Beilagen zur Klage erfüllt die Behauptungslast in
aller Regel nicht (BGE 141 III 549, nicht publ. E. 3.1; zit. Urteil 4A_264/2015
E. 4.2.2 und Urteil 4A_317/2014 vom 17. Oktober 2014 E. 2.2). Das Bundesgericht
liess ausnahmsweise den Verweis auf ein Aktenstück genügen, wenn sich daraus
nur noch ergänzende Behauptungen ergaben. So im Urteil 4A_146/2015 vom 19.
August 2015 E. 5.1, wo die Klägerin die ihr entgangene Entschädigung aus einem
aufgelösten Architektenvertrag in dem Sinn in der Klage substanziiert hatte,
dass sie die von ihr bis zur Vertragsbeendigung erbrachten Leistungen im
Einzelnen in der Rechtsschrift aufgeführt hatte; einzig hinsichtlich des
Honorars, das sie für diese Arbeiten verlangte, verwies sie auf ihre beigelegte
Rechnung (bestätigt im Urteil 4A_566/2015 vom 8. Februar 2016 E. 4.5).

4.4. Aufgrund dieser Rechtsprechung ging das Handelsgericht zutreffend davon
aus, dass die Beschwerdeführerin mit einem blossen Hinweis in der
Widerklageantwort/Replik auf das beigelegte Gutachten ihrer Behauptungslast
nicht nachkommen konnte.
Entscheidend ist vielmehr, ob das Handelsgericht an die Substanziierung des
Tatsachenfundaments in der Klage zu hohe Anforderungen stellte. Nicht
berechtigt ist der Vorwurf, der zeitliche Rahmen der Klage sei unklar. Indem
die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Annahmen von einem jährlichen Gewinn von
EUR 2'852'000.-- sowie einem insgesamt möglichen Gewinn über die Vertragsdauer
von über EUR 5 Mio. ausging, war klar, dass sie ihre Klage auf die ganze
Vertragsdauer (ohne vorzeitige Kündigung) bis Ende Dezember 2012 bezog.
Entsprechend gab sie an, die Reduktion auf EUR 3 Mio. sei als (echte) Teilklage
zu verstehen; damit präzisierte sie, dass ein Teilbetrag einer Gesamtforderung
eingeklagt werde (vgl. KARL SPÜHLER, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 5 zu Art. 86 ZPO). Dass entgegen der
Überlegung des Handelsgerichts der Zeitraum vor der Kündigung nicht erfasst
war, ergibt sich bereits aus der Art der Berechnung, die auf der vollständigen
Kapazität für jede nicht durchgeführte Rundfahrt basiert, während für die Zeit
zwischen dem 7. Februar und dem 21. März 2011 verschiedene Fahrten durchgeführt
wurden, für welche die Beschwerdegegnerin Rechnung stellte und die Gegenstand
der Widerklage bildeten. Die Beschwerdeführerin macht sodann zu Recht geltend,
dass der entgangene Gewinn eine hypothetische Grösse ist (vgl. auch E. 3
hiervor). Das befreit sie jedoch nicht davon, alle jene konkreten Umstände zu
behaupten, die sie zumutbarer Weise behaupten kann (vgl. E. 4 hiervor). Der
entgangene Gewinn hängt ab von der Anzahl entfallener Transportleistungen, der
dafür erzielbaren Bruttoerträge und den Kosten. Hinsichtlich der entfallenen
Transportleistungen macht die Beschwerdeführerin in der Klage jährlich 250
Rundfahrten mit je 60 Stellplätzen geltend. Es kann mit der Vorinstanz
offenbleiben, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich über keine mittel- oder
langfristigen Verträge mit Kunden verfügte, welche die künftige Auslastung
hätten konkretisieren können, wie sie behauptet. Die Vorinstanz wies zu Recht
darauf hin, dass während rund sechs Wochen Rundfahrten stattfanden, für welche
die Beschwerdeführerin hätte Rechnungen einlegen können. Damit hätte sie
zumindest für diesen Zeitraum konkret angeben können, inwieweit die bei der
Beschwerdegegnerin gebuchten Fahrten ausgelastet waren, was wiederum
Rückschlüsse auf die künftige Auslastung erlaubt hätte. Damit hätte sie auch
die von ihr erzielten Preise substanziieren können, statt - lediglich
theoretisch - unter Annahme eines Abschlags von 30 % und unter Berücksichtigung
der Subventionen auf den Betrag abzustellen, der behauptetermassen von Kunden
der Beschwerdeführerin bezahlt werden musste, nachdem die Beschwerdegegnerin
ihr Angebot eingestellt hatte. Diese konkrete Substanziierung wäre der
Beschwerdeführerin ohne weiteres zumutbar gewesen. Auch hinsichtlich der Kosten
ist die Kritik fehlender Nachvollziehbarkeit berechtigt. Zwar sind die Kosten
von EUR 26'500.-- pro Zug, die sich aus dem Vertrag ergeben, und die
Terminalumschlagskosten/Sendung klar behauptet. Nicht nachvollziehbar ist aber,
dass lediglich diese variablen Kosten anfallen sollen und keine Fixkosten (z.B.
Personalkosten), wie die Beschwerdeführerin behauptet. Insoweit fehlt es an
einer hinreichenden Darstellung der Grundlagen, die eine Schätzung des Schadens
erlauben würden (vgl. E. 3 hiervor).

5.

5.1. Hat die Beschwerdeführerin somit nur ungenügende Behauptungen aufgestellt,
könnte an sich offenbleiben, ob sie zudem auch keine genügenden Beweisanträge
stellte, wie die Vorinstanz erwog. Auch diesbezüglich ist der angefochtene
Entscheid jedoch nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz führte aus, als
Beweismittel für das geltend gemachte Erfüllungsinteresse habe die
Beschwerdeführerin lediglich einen Businessplan sowie das von ihr in Auftrag
gegebene Gutachten eingereicht. Weitere Beweismittel habe sie nicht offeriert.
Sie habe im Anschluss an ihre Ausführungen den Vermerk angebracht "Die
Genannten"; damit habe sie aber ebenfalls keine konkreten Beweismittel
formgerecht angeboten. Es bleibe unklar, welche Beweismittel damit überhaupt
gemeint seien und eine eindeutige Zuordnung von Beweismitteln zu den zu
beweisenden Tatsachenbehauptungen, wie es Art. 152 Abs. 1 i.V.m. Art. 221 Abs.
1 lit. e ZPO verlangen, finde nicht statt.

5.2. Die Beschwerdeführerin rügt, sie habe in der Klage das Parteiverhör
beantragt im Abschnitt, der das Unternehmen der Beschwerdeführerin beschreibe.
An den folgenden (von der Vorinstanz zitierten) Stellen habe sie als
Beweismittel "Die Genannten" angegeben; es sei klar, dass es sich dabei um die
gleichen Personen gehandelt habe und sie sich damit in insgesamt acht folgenden
Abschnitten ebenfalls auf das Beweismittel des Parteiverhörs bezogen habe. Wäre
dies tatsächlich nicht klar gewesen, hätte das Handelsgericht eine
entsprechende Fragepflicht (Art. 56 ZPO) gehabt. Auf diese Rüge ist nicht
einzutreten. Die Vorinstanz hat den Beweisantrag nämlich mit einer doppelten
Begründung als nicht formgerecht angeboten qualifiziert. Auf die zweite
Begründung, dass an den angegebenen Stellen keine eindeutige Zuordnung zu den
zu beweisenden Tatsachen bestehe (vgl. zu diesem Erfordernis die Urteile 4A_574
/2015 vom 11. April 2015 E. 6.6.4; 4A_56/2013 vom 4. Juni 2013 E. 4.4 mit
umfassenden Hinweisen), geht die Beschwerdeführerin nicht ein. Soweit jedoch
ein Entscheid auf mehreren selbständigen alternativen Begründungen beruht, ist
für jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt (BGE 133 IV 119 E. 6.3
S. 120 f.; vgl. auch BGE 132 III 555 E. 3.2 S. 560; je mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin wendet sodann ein, das Parteigutachten gelte (auch) als
zulässiges Beweismittel gemäss Art. 168 ZPO. Das Bundesgericht hat in seiner
jüngsten Rechtsprechung klargestellt, dass ein Privatgutachten kein
Beweismittel i.S.v. Art. 168 Abs. 1 ZPO ist. Als blosse Parteibehauptung möge
es allenfalls zusammen mit - durch Beweismittel nachgewiesene - Indizien den
Beweis erbringen. Werde ein Privatgutachten aber nicht durch Indizien gestützt,
so dürfe es als bestrittene Behauptung nicht als erwiesen erachtet werden (BGE
141 III 433 E. 2.6 S. 438). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Hinzu kommt, dass das Gutachten selber einleitend feststellt, die durchgeführte
Analyse basiere auf von der Beschwerdeführerin bereitgestellten Daten; für die
Richtigkeit dieses bereitgestellten Zahlenmaterials könnten die Gutachter
jedoch keine Gewähr übernehmen.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, und es kann
offenbleiben, ob sich die Beschwerde mit der Begründung der Vorinstanz, es
bestehe ohnehin kein Anspruch, da die Beschwerdegegnerin berechtigt gewesen
sei, ihre Leistungen per 22. März 2011 einzustellen, rechtsgenüglich (vgl. E.
5.2 hiervor) auseinandergesetzt hat. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend
wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die
Beschwerdegegnerin auf eine Vernehmlassung in der Sache verzichtet hat und das
Bundesgericht ihren in der Stellungnahme zum Gesuch betreffend die Gewährung
der aufschiebenden Wirkung gestellten Begehren (Abweisung des Gesuchs um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie die Sicherstellung ihrer
Parteikosten) nicht entsprochen hat, steht ihr kein Entschädigungsanspruch zu.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 22'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. April 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Luczak

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