Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.577/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_577/2015

Urteil vom 1. März 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Niquille,
Gerichtsschreiberin Reitze-Page.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Max Auer,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Munz,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Auftrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Mai
2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die A.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) bezweckt die Erbringung
von Dienstleistungen im Bereich der Versicherungsplanung, Risikoberatung sowie
Portefeuille-Verwaltung; C.________ ist (einziges im Handelsregister
eingetragenes) Mitglied des Verwaltungsrats der Beklagten. Er ist als
unabhängiger Versicherungsvermittler im Vermittlerregister der Eidgenössischen
Finanzmarktaufsicht FINMA (nachfolgend: FINMA) eingetragen.
Im Oktober 2002 beauftragten B.A.________ (Kläger, Beschwerdegegner) und seine
Frau B.B.________ die Beklagte mit der Verwaltung und Betreuung ihres
Versicherungsportefeuilles. Dieses Mandat kündigten sie am 17. Oktober 2011.

A.b. Der Kläger trat per 31. Dezember 2007 aus der Pensionskasse Post aus. Per
1. Juli 2008 überwies die Pensionskasse Post die Austritts- bzw.
Freizügigkeitsleistung von Fr. xxx an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG.
Am 26. September 2008 schloss der Kläger auf Vorschlag der Beklagten mit der
D.________ Freizügigkeitsstiftung eine "Vorsorgevereinbarung für
Freizügigkeitskonto" ab und entschied sich für ein festverzinsliches
Freizügigkeitskonto "10 Jahre". Die D.________ Freizügigkeitsstiftung
bestätigte dem Kläger am 29. September 2008 die Eröffnung eines
Freizügigkeitskontos und zeigte ihm am 13. Oktober 2008 die Gutschrift von Fr.
yyy per Valuta 8. Oktober 2008 an. Die "E.________" stellte dem Kläger am 11.
September 2009 einen Versicherungsausweis aus, worin vermerkt war, der Eintritt
in die Pensionskasse sei am 1. Juni 2009 erfolgt; als Arbeitgeberin war die
Beklagte aufgeführt. Weiter bestätigte die G.________ der Beklagten am 25.
September 2009 und 6. Oktober 2009 den Eingang der Freizügigkeitsleistung bei
ihr.

A.c. Bereits am 14. Juli 2009 hatte die FINMA der D.________
Freizügigkeitsstiftung (und anderen Gesellschaften der F.________-Gruppe) mit
superprovisorischer Verfügung jegliche Entgegennahme von Publikumseinlagen
sowie jegliche Werbung für deren Entgegennahme untersagt und zwei
Untersuchungsbeauftragte eingesetzt. Die Untersuchungsbeauftragten waren
ermächtigt, allein für die Gesellschaft zu handeln; den bisherigen Organen war
untersagt, ohne Zustimmung der Untersuchungsbeauftragten weitere
Rechtshandlungen vorzunehmen. Am 3. Dezember 2009 wurde über die D.________
Freizügigkeitsstiftung der Konkurs eröffnet.
Mit superprovisorischer Verfügung vom 11. November 2009 untersagte die FINMA
auch der G.________ jegliche Entgegennahme von Publikumseinlagen sowie jegliche
Werbung für deren Entgegennahme, setzte zwei Untersuchungsbeauftragte ein und
untersagte den bisherigen Organen, ohne Zustimmung der
Untersuchungsbeauftragten für die Pensionskasse zu handeln. Am 26. November
2009 untersagte das Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons
Zürich (BVS) der G.________, weitere Anschlussverträge mit Arbeitgebern
abzuschliessen. Am 15. Dezember 2009 suspendierte es den Stiftungsrat und
setzte Rechtsanwalt H.________ als interimistischen Stiftungsrat ein. Am 12.
November 2010 hob das BVS die G.________ auf und setzte sie in Liquidation.

A.d. Am 10. August 2010 orientierte Rechtsanwalt H.________, der
Sicherheitsfonds BVG werde für alle Versicherten, für welche die G.________ die
aktive Vorsorge betrieben habe, die volle Deckung übernehmen. Dagegen würden
die Freizügigkeitsguthaben, welche die G.________ gesetzeswidrig bloss
aufbewahrt habe, durch den Sicherheitsfonds BVG wohl nicht gedeckt.
Der Sicherheitsfonds BVG leistete am 23. Februar 2011 einen Vorschuss von Fr.
1'500'000.-- für die Sicherstellung der Leistungen derjenigen Destinatäre, die
unwidersprochen bei der G.________ aktiv versichert gewesen waren. Am 30.
Oktober 2012 erliess der Sicherheitsfonds BVG gegenüber der G.________ in
Liquidation eine Verfügung, worin er im Wesentlichen festhielt, bei 30 Personen
lägen die Voraussetzungen für eine Sicherstellung der Leistungen nicht vor. In
Bezug auf den Kläger erkannte er, das Guthaben des Klägers sei bei der
G.________ entgegen deren damaliger Bestätigung nicht eingegangen. Der Kläger
sei bei der G.________ nicht versichert gewesen.

A.e. Gegen die Verfügung des Sicherheitsfonds BVG erhob die G.________ in
Liquidation beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Dieses wies die
Beschwerde mit Urteil vom 9. Januar 2015 ab. Die gegen dieses Urteil beim
Bundesgericht eingereichte Beschwerde wies die II. sozialrechtliche Abteilung
mit Urteil vom 13. November 2015 (Verfahren 9C_119/2015 und 9C_138/2015) ab.
Das Bundesgericht stellte fest, gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG stelle der
Sicherheitsfonds BVG die gesetzlichen und die über die gesetzlichen Leistungen
hinausgehenden reglementarischen Leistungen u.a. von zahlungsunfähig gewordenen
Vorsorgeeinrichtungen sicher. Zu Unrecht an eine Vorsorgeeinrichtung
übertragene Freizügigkeitsguthaben fielen nicht unter diesen Begriff der
"gesetzlichen Leistungen". Beim Transfer der Freizügigkeitsleistung in die
Vorsorgeeinrichtung müsse eine Anstellung an einen angeschlossenen Arbeitgeber
und ein versicherter Verdienst vorliegen. Keine der hier betroffenen Personen,
u.a. der Beschwerdegegner, sei aber in einem Arbeitsverhältnis zu einem der
G.________ angeschlossenen Arbeitgeber gestanden. Es lägen daher keine
Vorsorgeverhältnisse vor; die G.________ habe hinsichtlich der streitigen
Gelder als reine Freizügigkeitseinrichtung fungiert.

B.
Mit Klage vom 16. Januar 2013 beim Bezirksgericht Kreuzlingen beantragte der
Kläger, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm Fr. yyy zuzüglich 5 % Zins seit
8. Oktober 2008 zu bezahlen. Eventuell sei die Beklagte anzuweisen, den Betrag
auf sein Freizügigkeitskonto bei der I.________ Freizügigkeitsstiftung zu
bezahlen. Ein bis zum Urteil aus der Konkursliquidation der D.________
Freizügigkeitsstiftung ausbezahltes Betreffnis sei an die Verpflichtung der
Beklagten anzurechnen. Das Bezirksgericht Kreuzlingen sprach dem Kläger mit
Urteil vom 10. März/ 3. Juli 2014 den eingeklagten Betrag zu und ordnete die
Anrechnung beziehungsweise Weiterleitung einer allfälligen Konkursdividende an.
Das Obergericht des Kantons Thurgau schützte mit Entscheid vom 19. Mai 2015 die
von der Beklagten erhobene Berufung teilweise, indem es den Zins von 5 %
lediglich ab 3. Dezember 2009 zusprach. Im Übrigen bestätigte es den
angefochtenen Entscheid des Bezirksgerichts Kreuzlingen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Mai
2015 sei kostenfällig aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger trägt auf
kostenfällige Abweisung der Beschwerde an, soweit darauf eingetreten werden
könne. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Am 4. Dezember
2015 reichte der Beschwerdegegner das erwähnte Urteil der II. sozialrechtlichen
Abteilung vom 13. November 2015 ein.

Erwägungen:

1.
Die Eintretensvoraussetzungen geben keinen Anlass zu Bemerkungen. Auf die
Beschwerde ist unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs.
2 BGG) einzutreten.

2.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Mit Blick auf die allgemeinen Begründungsanforderungen an eine Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen).
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge
nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet
worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53).
Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG, dass
die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im
Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die
beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die
Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut
bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten
Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S.
116). Erfüllt eine Beschwerde diese Anforderungen nicht, ist darauf nicht
einzutreten.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz sei willkürlich davon ausgegangen,
dass endgültig für alle Gelder von Destinatären, die von der D.________
Freizügigkeitsstiftung an die G.________ übertragen wurden, keine Sicherung
durch den Sicherheitsfonds BVG bestehe. Nachdem das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 2015 mittlerweile durch das
Bundesgericht bestätigt wurde (Verfahren 9C_119/2015 und 9C_138/2015), ist
diese Rüge gegenstandslos.

4.
Unbestritten bestand zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis. Durch die
Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen
Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen (Art. 394 Abs. 1 OR). Der
Beauftragte haftet im allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer
im Arbeitsverhältnis und er haftet dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige
Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte (Art. 398 Abs. 1 und 2 OR). Wie die
Vorinstanz zutreffend festhält, obliegt dem Beschwerdegegner, der wegen
mangelhafter Erfüllung des Auftrags Schadenersatz beansprucht (Art. 97 Abs. 2
i.V.m. Art. 398 OR), die Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich des Schadens,
der Vertragsverletzung und des Kausalzusammenhangs zwischen der
Vertragsverletzung und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Art. 8 ZGB). Die
Beschwerdeführerin als Beauftragte hat darzutun, dass sie kein Verschulden
trifft.

5.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe überhöhte Anforderungen an die
einzuhaltende Sorgfalt gestellt.

5.1. Die Vorinstanz erwog unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung, zur
sorgfältigen Auftragserfüllung gehöre eine sachgerechte Analyse von Art,
Umfang, Dauer und Erfolgsaussichten des Auftrags, eine weitsichtige Planung der
Auftragserfüllung, die Bearbeitung der sich stellenden Probleme mit hohem
beruflichen Standard einschliesslich Weiterbildung oder Beizug eines
Spezialisten und - mittels kritischer Selbsteinschätzung - die Vermeidung eines
Übernahmeverschuldens. Entsprechend habe die Beauftragte einen Auftrag
abzulehnen, wenn sie der Geschäftsbesorgung nicht gewachsen sei. Der
Versicherungsmakler habe sich - im Gegensatz zum Agenten, der die Interessen
eines oder allenfalls mehrerer Versicherer zu wahren habe - ausschliesslich der
Interessenwahrung des Mandanten zu widmen. Er habe die Bedürfnisse des Kunden
zu ermitteln und anschliessend auf der Basis sämtlicher auf dem Markt
angebotener Versicherungsleistungen eine Empfehlung abzugeben. Nach Abschluss
des Vertrages sei der Makler verpflichtet, die Zweckmässigkeit des gewählten
Versicherungsschutzes laufend zu überwachen. Vorliegend hätte die
Beschwerdeführerin bereits wegen der Natur des anzulegenden Kapitals, das einen
Teil der Altersvorsorge sicherstellen sollte, dem Sicherheitsaspekt
vordringliche Bedeutung zumessen müssen. Es sei auch unbestritten, dass die
Beschwerdeführerin gewusst habe, dass der Beschwerdegegner der Sicherheit
tatsächlich eine hohe Bedeutung zumass. Vor diesem Hintergrund habe die
Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner vorgeschlagen, er könne sein
Freizügigkeitsguthaben bei der D.________ Freizügigkeitsstiftung einbringen.
Das Guthaben sei gemäss der Zusicherung der Stiftungsorgane durch eine interne
Umschichtung von der Freizügigkeitsstiftung zur G.________ dem Sicherheitsfonds
BVG unterstellt. Dabei habe die Beschwerdeführerin gewusst, dass es sich bei
diesem Vorschlag um ein neuartiges Konstrukt gehandelt habe. Sie habe sich auf
die Erklärungen der Verantwortlichen der D.________ Freizügigkeitsstiftung und
der G.________ verlassen und sich diese auch schriftlich bestätigen lassen. Der
Beschwerdeführerin habe aber klar sein müssen, dass bei der G.________ keine
aktive Versicherung des Beschwerdegegners bestehen konnte. Dies gelte
insbesondere, weil die Beschwerdeführerin für den Beschwerdegegner bereits den
Anschluss der I.________ GmbH an die "K.________" organisiert hatte und ihr
daher bekannt gewesen sein musste, dass eine aktive Versicherung nur über die
J.________ GmbH als Arbeitgeberin oder für den Beschwerdegegner als
Selbständigerwerbenden in Frage kommen konnte. Für die Beschwerdeführerin als
berufliche Beraterin hätte daher höchst fraglich sein müssen, ob
Freizügigkeitsleistungen, die bei einer Pensionskasse ohne aktive Versicherung
"parkiert" werden, durch den Sicherheitsfonds BVG gesichert seien. Sie habe
sich nicht blind auf die Auskünfte der Verantwortlichen der D.________
Freizügigkeitsstiftung und G.________ verlassen dürfen, zumal die
Freizügigkeitsstiftung erst sei 2005 bestanden habe und die Pensionskasse erst
im März 2008 errichtet worden und sogar erst mit Verfügung vom 10. Dezember
2008 (rückwirkend per 1. Januar 2008) definitiv in das kantonale Register für
die berufliche Vorsorge eingetragen worden sei. Zudem seien die
Freizügigkeitsstiftung und die Pensionskasse nicht Teil einer bestehenden, im
Markt bekannten Organisation (wie einer Bank oder Versicherung) gewesen und bei
dem von der G.________ angeführten "L.________" habe es sich auch nicht um
einen in der Schweiz anerkannten Berufsverband gehandelt. Die
Beschwerdeführerin habe sorgfaltswidrig gehandelt, weil sie die Umstände nicht
gehörig abgeklärt habe und deswegen eine Falschberatung tätigte. Es wäre ihr
zuzumuten gewesen, Erkundigungen beim Sicherheitsfonds BVG, bei der
BVG-Aufsichtsbehörde oder bei einem Pensionskassenspezialisten einzuholen.
Und selbst wenn man der Beschwerdeführerin zugestehen würde, sie hätte den
Zusicherungen der Verantwortlichen der D.________ Freizügigkeitsstiftung bzw.
der G.________ vertrauen dürfen - so die Vorinstanz weiter - würde die
Beschwerdeführerin auf jeden Fall ein Übernahmeverschulden treffen. Wer Kunden
in Fragen der beruflichen Vorsorge berate, müsse auch diesbezügliche
Fachkenntnisse aufweisen oder zumindest erkennen können, dass zusätzliche
Abklärungen erforderlich wären.

5.2. Die Beschwerdeführerin rügt, sie bzw. ihr Organ C.________ sei nicht
Jurist. Es könne von ihm bzw. einem Versicherungsmakler nicht verlangt werden,
neu angebotene Produkte auf ihre Gesetzeskonformität zu prüfen. Die Vorinstanz
setze bei der Beschwerdeführerin die Kenntnis der Gesetze, der Rechtsprechung
und der Lehre voraus. Das sei zu weit gehend, denn das entspreche der Haftung
für einen Anwalt.
Die Vorinstanz hat aber nicht Kenntnis von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG bzw. der
dazu ergangenen Lehre und Praxis verlangt. Vielmehr nimmt sie an, es hätte für
die Beschwerdeführerin  fraglich sein müssen - namentlich wegen des zuvor für
den Beschwerdegegner organisierten Anschlusses der J.________ GmbH an die
"K.________" -, ob Freizügigkeitsleistungen, die bei einer Pensionskasse ohne
aktive Versicherung "parkiert" werden, durch den Sicherheitsfonds BVG gesichert
seien. Die Vorinstanz stellte also auf ganz  konkrete Umstände ab, weshalb die
Beschwerdeführerin die Auskunft der Verantwortlichen der D.________
Freizügigkeitsstiftung bzw. der G.________ hätte hinterfragen und weitere
Rückfragen bei einer neutralen Fachstelle (z.B. Sicherheitsfonds BVG) tätigen
müssen. Damit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander, weshalb
keine genügende Rüge (vgl. E. 2 hiervor) vorliegt und darauf nicht einzutreten
ist. Im Übrigen sind die Ausführungen der Vorinstanz überzeugend und es kann
darauf verwiesen werden. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum
Übernahmeverschulden braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

6.

6.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanz seien sich die Parteien einig
gewesen, dass der Schaden im Verlust der Freizügigkeitsleistung von Fr. yyy
abzüglich einer allfälligen, bislang nicht angefallenen Konkursdividende
bestehe; Uneinigkeit bestehe lediglich hinsichtlich dem Zinsenlauf. Die
Beschwerdeführerin rügt, dies sei eine willkürliche und aktenwidrige
Sachverhaltsfeststellung. Sie habe stets eingewendet, der Schaden sei nicht
ausgewiesen und ungenügend substanziiert. Schaden sei die Differenz zwischen
dem aktuellen Vermögensstand und dem Vermögensstand ohne das schädigende
Ereignis. Der Beschwerdegegner hätte somit dartun müssen, was er bei anderer
Beratung mit seinem Freizügigkeitsguthaben gemacht hätte. Gestützt darauf hätte
er den Vermögensstand behaupten und nachweisen müssen. Der haftpflichtrechtlich
relevante Schaden sei die Differenz zwischen diesem hypothetischen und dem
tatsächlich eingetretenen Vermögensstand. Indem die Vorinstanz auf ihre
Ausführungen nicht eingegangen sei, habe sie ihren Anspruch auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt.

6.2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Denn die
Vorinstanz hat sich mit diesen Einwänden auseinandergesetzt; allerdings nicht
unter dem Titel des Schadens, sondern bei der Prüfung des adäquaten
Kausalzusammenhangs. Sie stellte fest, es sei davon auszugehen, dass der
Beschwerdegegner sein Vorsorgekapital nicht bei der unbekannten und noch nicht
lange bestehenden D.________ Freizügigkeitsstiftung beziehungsweise der
G.________ angelegt hätte, wenn er von der Beschwerdeführerin darüber
aufgeklärt worden wäre, dass möglicherweise keine Sicherung durch den
Sicherheitsfonds BVG bestehe. Auch wenn sie dies nicht weiter ausführte, ging
sie damit davon aus, dass der Beschwerdegegner bei korrekter Beratung das
Gegenteil, nämlich die Freizügigkeitsstiftung einer bekannten und im Markt
etablierten Organisation wie einer grossen Bank oder Versicherung gewählt
hätte, bei der das Ausfallrisiko nach menschlichem Ermessen nicht bestanden
hätte. Unter der Voraussetzung, dass diese Begründung des adäquaten
Kausalzusammenhang zutrifft (dazu nach folgend E. 7), besteht der Schaden aber
im Verlust des an die D.________ Freizügigkeitsstiftung beziehungsweise die
G.________ überwiesenen Betrages. Dass dieser quantitativ bestritten war, macht
auch die Beschwerdeführerin nicht geltend. Auf das Quantitative bezog sich aber
offensichtlich die Feststellung der Vorinstanz, der Schaden sei nicht
umstritten. Das ergibt sich auch daraus, dass sie in diesem Zusammenhang darauf
hinwies, Uneinigkeit bestehe lediglich hinsichtlich des Zinsenlaufs.

7.

7.1. Bei der Vertragsverletzung, die sich die Beschwerdeführerin hat zuschulden
kommen lassen, handelt es sich um eine Unterlassung. Sie hat den
Beschwerdegegner nicht über die allenfalls fehlende Absicherung durch den
Sicherheitsfonds BVG aufgeklärt. Bei einer Unterlassung bestimmt sich der
Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen
Handlung eingetreten wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalverlauf, für
den nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen muss (BGE 124 III 155 E. 3d S. 165
f.). Grundsätzlich unterscheidet die Rechtsprechung auch bei Unterlassungen
zwischen natürlichem und adäquatem Kausalzusammenhang. Während bei Handlungen
die wertenden Gesichtspunkte erst bei der Beurteilung der Adäquanz zum Tragen
kommen, spielen diese Gesichtspunkte bei Unterlassungen in der Regel schon bei
der Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs eine Rolle. Es ist daher bei
Unterlassungen in der Regel nicht sinnvoll, den festgestellten oder
angenommenen hypothetischen Geschehensablauf auch noch auf seine Adäquanz zu
prüfen. Die Feststellungen des Sachrichters im Zusammenhang mit Unterlassungen
sind daher entsprechend der allgemeinen Regel über die Verbindlichkeit der
Feststellungen zum natürlichen Kausalzusammenhang für das Bundesgericht
bindend; nur wenn die hypothetische Kausalität ausschliesslich gestützt auf die
allgemeine Lebenserfahrung festgestellt wird, unterliegt sie der freien
Überprüfung durch das Bundesgericht (BGE 132 III 305 E. 3.5 S. 311, 715 E. 2.3
S. 718 f.; 115 II 440 E. 5a S. 447 f.; Urteil 4A_588/2011 vom 3. Mai 2012 E.
2.2.2; je mit Hinweisen).

7.2. Die Vorinstanz hat wie bereits erwähnt (vorne E. 6.2) angenommen, der
Beschwerdegegner hätte sich für eine Freizügigkeitsstiftung bei einer bekannten
und im Markt etablierten Organisation wie einer grossen Bank oder Versicherung
entschieden, wenn er gewusst hätte, dass keine Absicherung durch den
Sicherheitsfonds BVG bestand. Sie begründete dies mit dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung, namentlich weil im Zeitpunkt der
Beratung, im Oktober 2008, die Bankenkrise und mögliche Konkurse von
Finanzinstituten überall präsent waren, weshalb von einem verstärkten Bedürfnis
nach Sicherheit auszugehen sei. Die Beschwerdeführerin selber habe anlässlich
der Hauptverhandlung ausgeführt, die Sicherheit sei wegen der Bankenkrise ein
Thema gewesen. In diesem Sinn hätte sich auch die Ehefrau des Beschwerdegegners
als Zeugin geäussert. Die Beurteilung der Vorinstanz, dass sich der
Beschwerdegegner bei sorgfaltsgemässer Information nicht für die nicht bekannte
und im Markt nicht etablierte D.________ Freizügigkeitsstiftung bzw. die
G.________ entschieden hätte, beruht somit auf Beweiswürdigung, an welche das
Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführerin müsste somit dartun, dass diese Beweiswürdigung der
Vorinstanz geradezu willkürlich wäre (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f. mit
Hinweisen). Das behauptet sie nicht einmal.

7.3. Sie macht aber geltend, der Beschwerdegegner habe den hypothetischen
Kausalverlauf nicht genügend substanziiert. Der angefochtene Entscheid verletze
daher insofern das Willkürverbot und Art. 398 OR.
Die Beschwerdeführerin präzisiert nicht weiter, worin sie die Voraussetzungen
für Willkür genau erblickt. Eine genügende Rüge eines verfassungsmässigen
Rechts liegt daher nicht vor. Im Übrigen unterscheidet sich die vorliegende
Situation von jener im Urteil 4A_588/2011 vom 3. Mai 2012, auf das sich die
Beschwerdeführerin beruft. Dort wurde einem Rechtsanwalt vorgeworfen, in einen
Vertrag keine Enthaftungsklausel aufgenommen zu haben; strittig war u.a., ob
die andere Vertragspartei eine solche Klausel überhaupt akzeptiert hätte. Diese
Konstellation bot eher Anlass, verschiedene mögliche Kausalverläufe
darzustellen, da verschiedene Entwicklungen tatsächlich denkbar waren. Das
Bundesgericht hielt aber fest, angesichts der Unmöglichkeit, einen
hypothetischen Kausalverlauf direkt zu beweisen, seien tiefere Anforderungen an
die Substanziierung zu stellen; entsprechend seien Sachvorbringen ausnahmsweise
auch dann als genügend substanziiert gelten zu lassen, wenn die bestehenden
Lücken erst noch durch das Beweisverfahren geschlossen werden müssten. Und es
liess die Behauptung der Klägerin genügen, im Fall der Aufnahme einer
Enthaftungsklausel wäre es gar nie zum späteren für sie negativen
Schiedsverfahren gekommen (zit. Urteil 4A_588/2011 E. 2.2.3 und 2.2.4).
Vorliegend, wo es lediglich um die Anlage eines Freizügigkeitskapitals ging,
konnte das alternative Verhalten zum vornherein nur darin bestehen, das Kapital
bei einer anderen Freizügigkeitseinrichtung anzulegen oder das Konto bei der
Stiftung Auffangeinrichtung BVG zu belassen. Angesichts der Bedeutung, die der
Beschwerdegegner nach den Feststellungen der Vorinstanz der Sicherheit der
Anlage beimass, lag daher auf der Hand, dass er eine bekannte und im Markt
etablierte Institution gewählt hätte. Es war nicht notwendig, dass er
spezifisch bestimmte Institute nannte. Ob er sich im erstinstanzlichen
Verfahren u.a. als Alternative auf ein Freizügigkeitskonto bei der Thurgauer
Kantonalbank (mit Staatsgarantie) berief, wie er nun geltend macht, kann daher
dahin gestellt bleiben.

7.4. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich einen Unterbruch des
Kausalzusammenhangs durch schweres Drittverschulden geltend.

7.4.1. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz sei ausgewiesen, dass die
D.________ Freizügigkeitseinrichtung und die G.________ durch die
betrügerischen Machenschaften der sie beherrschenden Personen in Konkurs ging.
Der vom Beschwerdegegner geltend gemachte Schaden wäre nicht entstanden, wenn
diese Personen diese Einrichtungen gesetzeskonform geführt hätten. Der geltend
gemachte Schaden sei auch gemäss dem angefochtenen Urteil nicht durch die
Überweisung des Kapitals an die Freizügigkeitseinrichtung entstanden, sondern
erst mit dem später betrügerisch herbeigeführten Konkurs. Dieses Verschulden
sei derart schwer, dass es den Kausalzusammenhang unterbreche.

7.4.2. Diesem Einwand, den die Beschwerdeführerin schon vor Vorinstanz erhoben
hatte, hielt diese entgegen, der Sicherheitsfonds BVG bezwecke die
Sicherstellung der gesetzlichen Leistungen. Eine Deckung bestehe gerade auch,
wenn pflichtwidriges Verhalten zur Zahlungsunfähigkeit einer
Vorsorgeeinrichtung führe. Daher seien die genannten strafbaren Machenschaften
nicht geeignet, den Kausalzusammenhang zu unterbrechen.

7.4.3. Dem ist im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu folgen. Die
Begründung der Vorinstanz würde dann zutreffen, wenn wegen des pflichtwidrigen
Verhaltens der Beschwerdeführerin der Sicherheitsfonds BVG nicht haften würde.
Die Beschwerdeführerin haftet aber nicht für diesen Kausalverlauf, sondern
dafür, dass der Beschwerdegegner sein Kapital statt zum Beispiel bei einer mit
Staatsgarantie gesicherten Kantonalbank bei der D.________
Freizügigkeitsstiftung bzw. der G.________ anlegte. Da er dies aufgrund der
sorgfaltswidrigen Beratung tat, verlor er sein Kapital (abzüglich
Konkursdividende). Ohne die sorgfaltswidrige Beratung wäre der Schaden
ausgeblieben. Das sorgfaltswidrige Verhalten war zwar notwendige Bedingung für
den Eintritt des Schadens; es allein genügte aber nicht. Hierzu bedurfte es
zusätzlich des betrügerischen, den Konkurs verursachenden Verhaltens Dritter.
Dabei handelt es sich um ein zusätzliches notwendiges Glied in der Kausalkette.
Der adäquate Kausalzusammenhang wird unterbrochen, wenn zu einer an sich
adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen
Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als
rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der
beiden Ursachen. Erscheint die eine bei wertender Betrachtung als derart
intensiv, dass sie die andere gleichsam verdrängt und als unbedeutend
erscheinen lässt, wird eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs angenommen (
BGE 130 III 182 E. 5.4 S. 188 mit Hinweisen; 116 II 519 E. 4b S. 524; Urteil
4A_385/2013 vom 20. Februar 2014 E. 5). Vorliegend hätte die Beratung der
Beschwerdeführerin dazu führen sollen, dass das Kapital sicher angelegt und ein
Ausfall vermieden worden wäre. Das wäre der Fall gewesen, wenn der
Sicherheitsfonds BVG gehaftet hätte - was aber bei keiner
Freizügigkeitseinrichtung der Fall gewesen wäre - oder mangels dieser
Sicherheit ein sicheres Institut gewählt worden wäre. Offensichtlich ist das
Ausfallrisiko bei einer unbekannten erst vor kurzem entstandenen Einrichtung
viel grösser als bei einer mit Staatsgarantie oder aufgrund ihrer
Systemrelevanz etablierten Institution. Dass sich das Ausfallrisiko
verwirklicht hat, ist somit nicht aussergewöhnlich. Dafür hat die
Beschwerdeführerin einzustehen. Ihr Verhalten ist massgeblich und wird nicht
durch das mitverursachende betrügerische Verhalten Dritter verdrängt.

8.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen Art. 221 ZPO und
das Willkürverbot (Art. 9 BV), weil die Vorinstanz ein bedingtes Urteil gefällt
habe, indem sie zwar den Betrag von Fr. yyy zuzüglich 5 % Zins ab 3. Dezember
2009 zugesprochen, jedoch gleichzeitig den Beschwerdegegner verpflichtet habe,
sich eine allfällige Konkursdividende anrechnen zu lassen bzw. diese an die
Beschwerdeführerin weiterzuleiten. Dass diese Rüge unbegründet ist, ergibt sich
bereits aus Art. 342 ZPO, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein
Entscheid über eine bedingte oder von einer Gegenleistung abhängige Leistung
vollstreckt werden kann, und der damit die Zulässigkeit solcher Urteile
voraussetzt.

9.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang
des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. März 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Reitze-Page

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