Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.576/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_576/2015

Urteil vom 29. März 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Leemann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________ und B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Nüssli,
Beschwerdeführer,

gegen

C.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Renate Jäggi,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Mietvertrag; Datenschutz,

Beschwerde gegen den Entscheid des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft,
Abteilung Zivilrecht, vom 18. August 2015.

Sachverhalt:

A.
C.________ (Kläger, Beschwerdegegner) ist seit 1. August 2000 Mieter einer
3.5-Zimmer-Wohnung an der U.________-Strasse 2 in V.________ sowie eines
Abstellplatzes für Personenwagen in der dazugehörigen Einstellhalle. Vermieter
sind A.A.________ und B.A.________ (Beklagte, Beschwerdeführer). Beim
Mehrfamilienhaus, in dem sich die Mietwohnung befindet, handelt es sich um ein
dreiteiliges Gebäude mit insgesamt 24 Wohnungen, wobei jeder der drei
Gebäudeteile über einen eigenen Eingang verfügt (U.________-Strasse 2, 4 und
6). Die drei Teile sind durch einen internen Durchgang miteinander verbunden,
der den Zugang zur gemeinsamen Autoeinstellhalle und zur Waschküche ermöglicht.
Im Februar 2014 liessen die Vermieter im Aussen- und Innenbereich des
Wohngebäudes U.________-Strasse 2 - 6 sowie in der Autoeinstellhalle eine
Videoüberwachungsanlage mit insgesamt zwölf Kameras installieren.
Mit Schreiben vom 25. Februar 2014 und 4. März 2014 forderte C.________ die
Vermieter auf, die besagten Überwachungskameras zu entfernen.
Am 6. März 2014 reichte er bei der Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten
ein Schlichtungsgesuch ein mit dem Begehren, es seien die fraglichen
Videokameras zu entfernen.
Mit Schreiben vom 10. März 2014 informierte die Vermieterschaft die Mieter der
Liegenschaften U.________-Strasse 2 - 6 über die Installation der
Überwachungsanlage und stellte in Aussicht, dass diese ab 1. April 2014
betrieben werde.

B.

B.a. Nachdem anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 5. Juni 2014 keine
Einigung zustande gekommen war, klagte C.________ am 14. Juli 2014 beim
Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West mit dem Antrag, die Beklagten seien zu
verpflichten, die in und an der Liegenschaft U.________-Strasse 2 in V.________
montierten Videoüberwachungskameras unverzüglich zu entfernen.
Mit Entscheid vom 20. November 2014 hiess der Präsident des Zivilkreisgerichts
Basel-Landschaft West die Klage teilweise gut und verurteilte die Beklagten,
die Kamera im Hauseingangsbereich der Liegenschaft an der U.________-Strasse 2
in V.________ zu entfernen. Im Übrigen wies er die Klage ab.

B.b. Der Kläger erhob gegen den Entscheid des Präsidenten des
Zivilkreisgerichts Basel-Landschaft West vom 20. November 2014 Berufung; die
Beklagten erhoben Anschlussberufung. Mit Entscheid vom 18. August 2015 hiess
das Kantonsgericht Basel-Landschaft die Berufung des Klägers teilweise gut und
wies die Anschlussberufung der Beklagten ab. In Abänderung des
erstinstanzlichen Entscheids verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagten,
neben der Videoüberwachungskamera im Hauseingangsbereich U.________-Strasse 2
auch die zwei Überwachungskameras in den Durchgängen zur Waschküche zwischen
den Liegenschaften U.________-Strasse 2 und 4 sowie 4 und 6 zu entfernen; die
übrigen Kameras erachtete es dagegen als zulässig.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beklagten dem Bundesgericht, es
sei der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 18. August 2015
aufzuheben und die Klage auf Entfernung der angebrachten
Videoüberwachungskameras ganz abzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten;
eventualiter sei diese abzuweisen. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesgericht eine Replik, der Beschwerdegegner
hat ihm eine Duplik eingereicht.

D.
Mit Verfügung vom 4. Dezember 2015 wies das Bundesgericht das Gesuch um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2 S. 59; 139
III 133 E. 1 S. 133; je mit Hinweisen).

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden
Endentscheid (Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein
Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich entschieden hat (Art. 75 BGG). Das
angefochtene Urteil erging in Anwendung des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992
über den Datenschutz (DSG; SR 235.1). Es geht um eine zivilrechtliche Klage zur
Durchsetzung der Persönlichkeitsrechte nach Art. 15 Abs. 1 DSG bzw. Art. 28 f.
ZGB im Rahmen eines Mietverhältnisses, die als nicht vermögensrechtlich zu
betrachten ist, weshalb das Streitwerterfordernis gemäss Art. 74 Abs. 1 BGG
nicht gilt (vgl. BGE 127 III 481 E. 1a; Urteile 4A_406/2014 / 4A_408/2014 vom
12. Januar 2015 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 141 III 119; 4A_215/2014 vom 18.
September 2014 E. 1.1; 5A_22/2013 vom 30. Juni 2014 E. 1.1; 4A_688/2011 vom 17.
April 2012 E. 1 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 138 III 425).
Da auch die weiteren Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde in Zivilsachen - unter Vorbehalt einer rechtsgenügenden Begründung
(Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) - einzutreten.

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen.
Mit Blick auf die Begründungspflicht der beschwerdeführenden Partei (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 137 III 580 E. 1.3;
135 III 397 E. 1.4). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das
Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde
präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde
liegt, als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens,
also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt, namentlich die Anträge der
Parteien, ihre Tatsachenbehauptungen, rechtlichen Erörterungen,
Prozesserklärungen und Beweisvorbringen, der Inhalt einer Zeugenaussage, einer
Expertise oder die Feststellungen anlässlich eines Augenscheins (BGE 140 III 16
E. 1.3.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140
III 115 E. 2 S. 117, 264 E. 2.3 S. 266; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97
Abs. 1 BGG).
Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will,
muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt
sein sollen; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen
Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16
E. 1.3.1 S. 18, 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt
ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie
entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei
den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90).

1.4. Die Beschwerdeführer verkennen diese Grundsätze, wenn sie in ihrer
Beschwerdeeingabe die Hintergründe des Rechtsstreits aus eigener Sicht
schildern und dabei teilweise von den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz abweichen oder diese erweitern, ohne substanziiert Ausnahmen von der
Sachverhaltsbindung geltend zu machen. So bringen sie etwa vor, sie hätten "[n]
ach wiederholten Einbrüchen bzw. entsprechenden Versuchen" die fraglichen
Videokameras "auf Drängen der Mieterschaft" installieren lassen. Entsprechende
Sachverhaltsfeststellungen lassen sich dem angefochtenen Entscheid nicht
entnehmen.
Unzulässig ist das von den Beschwerdeführern mit ihrer Replik neu eingereichte
Beweismittel (Art. 99 Abs. 1 BGG) in Form eines Situationsplans. Rein
appellatorisch und damit unbeachtlich sind zudem ihre Ausführungen in der
Replikeingabe, in der sie sich zu den genauen Standorten und Aufnahmewinkeln
der Aussenkameras sowie zu deren Erkennbarkeit in der Nacht äussern oder etwa
behaupten, die Kameras im Aussenbereich könnten manipuliert oder beschädigt
werden, ohne dass die betreffende Person vorher aufgezeichnet werde.

2.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz vor, bei der Beurteilung der
Zulässigkeit des mit der Überwachungsanlage verbundenen Eingriffs in die
Persönlichkeitsrechte des Beschwerdegegners eine unzutreffende
Interessenabwägung vorgenommen und damit Art. 13 DSG sowie Art. 5 Abs. 2 BV
verletzt zu haben.

2.1. Die Vorinstanz beurteilte die Streitsache ausschliesslich in Anwendung der
datenschutzrechtlichen Bestimmungen und des allgemeinen Schutzes der
Persönlichkeit (Art. 28 ff. ZGB). Gestützt auf Art. 15 DSG könne die
Beseitigung einer bestehenden, d.h. eingetretenen, aber noch fortdauernden
rechtswidrigen Persönlichkeitsverletzung verlangt werden.
Die Vorinstanz teilte die erstinstanzliche Einschätzung, wonach an und in
Liegenschaften sichtbar montierte Videoüberwachungskameras grundsätzlich
geeignet seien, Vandalen, Diebe oder Einbrecher von ihren Taten abzuhalten. Sie
überzeugte sich anlässlich einer Begehung der Liegenschaft inkl. Vorplatz und
Autoeinstellhalle im Rahmen eines Augenscheins davon, dass der Installation aus
technischer Sicht die Eignung nicht abgesprochen werden könne. Die Videokameras
seien - mit gut sichtbaren Hinweisschildern versehen - an zentralen Stellen auf
dem Vorplatz zu den drei Hauseingängen der Liegenschaft U.________-Strasse 2 -
6 (Videobilder Nr. 1 und 2), in den drei Hauseingangsbereichen (Videobilder Nr.
5, 7 und 9), in den Durchgängen zwischen den Liegenschaftsteilen
U.________-Strasse 2 und 4 (Videobild Nr. 6) sowie zwischen U.________-Strasse
4 und 6 (Videobild Nr. 8), in denen sich die Zugänge zur Waschküche befinden,
in der Autoeinstellhalle (Videobilder Nr. 11 und 12) sowie über dem Eingang zur
Autoeinstellhalle (Videobild Nr. 10) montiert (gegen die zwei Kameras in den
Gärten zweier Mietparteien an der Rückseite der Liegenschaft mit den
Videobildern Nr. 3 und 4 wurden keine Einwände mehr erhoben). Diese
Kamerastandorte müssten passiert werden, um die Liegenschaften oder die
Autoeinstellhalle zu betreten. Die Frage, ob und inwieweit das Bildmaterial zu
einer Identifizierung von allfälligen Straftätern beitragen könnte, könne unter
dem Aspekt der Zwecktauglichkeit offengelassen werden. Die Anlage entfalte
jedenfalls im Hinblick auf den angestrebten Zweck allemal Wirkung und schiesse
nicht am Ziel vorbei. Es sei keine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für
den angestrebten Erfolg ersichtlich; so sei etwa eine Verbesserung der
Beleuchtung nicht gleich wirkungsvoll. In zeitlicher Hinsicht würden die
Aufnahmen sodann auf 24 Stunden beschränkt und anschliessend wieder überspielt,
so dass die Massnahme auch unter diesem Blickwinkel massvoll erscheine. Die
Eignung und Erforderlichkeit der Überwachungsanlage sei somit insgesamt als
hinreichend erstellt zu erachten.
Hinsichtlich der Frage, ob die Videoüberwachung den Beschwerdegegner in seiner
Privatsphäre in unzumutbarer Weise beeinträchtige, stufte die Vorinstanz das
Interesse, eine Beeinträchtigung des Eigentums durch Einbrüche oder
Vandalenakte zu verhindern, grundsätzlich höher ein als dasjenige des
Beschwerdegegners, sich jederzeit unbeobachtet in den allgemein zugänglichen
Bereichen der Mietliegenschaft zu bewegen. Dabei berücksichtigte sie neben dem
Interesse der Beschwerdeführer auch dasjenige der Mieter, die gemäss einem
Bestätigungsbogen vom 10. Oktober 2014 der Videoüberwachung als Mittel zur
Verbesserung der Sicherheit mehrheitlich (18 von 23 Mietparteien bei einem
Leerstand) zustimmten. Die Vorinstanz erachtete den Einsatz der montierten
Überwachungskameras daher überwiegend als zulässig, folgte jedoch den
erstinstanzlichen Erwägungen zur Interessenabwägung nach Art. 13 DSG bezüglich
der Kamera im Hauseingangsbereich der Liegenschaft an der U.________-Strasse 2,
in der sich die Mietwohnung des Beschwerdegegners befindet. Sie erwog, dass dem
Sammeln von Daten, die Rückschlüsse auf die private Lebenssituation des
Betroffenen erlauben würden, vor dem Hintergrund der geschützten Privatsphäre
Grenzen zu setzen seien. Bei einer Videoüberwachung in einer Mietliegenschaft
gelte dies für diejenigen allgemein zugänglichen Bereiche, in denen sich der
betroffene Mieter regelmässig aufhalten müsse. Dies treffe vorliegend auf den
Hauseingangsbereich der Liegenschaft U.________-Strasse 2 zu, den der
Beschwerdegegner für den Zugang zum Treppenhaus bzw. zu seiner Wohnung
regelmässig passieren müsse. Eine an solcher Stelle betriebene Videoüberwachung
mit 24-stündiger Aufzeichnung ermögliche eine systematische Erhebung seines
Verhaltens, d.h. der Tageszeiten, zu denen er die Liegenschaft betrete oder
verlasse, sowie allenfalls die Erfassung begleitender Personen. Durch eine
Videoüberwachung der vorliegenden Art werde der Beschwerdegegner in der freien
Ausübung seines Nutzungsrechts eingeschränkt und in seiner Privatsphäre in
unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Demzufolge sei die Kamera im
Hauseingangsbereich der U.________-Strasse 2 (Videobild Nr. 5) zu entfernen.
Zudem hielt die Vorinstanz eine "massvolle Ausdehnung" der schützenswerten
Privatsphäre des Beschwerdegegners über den erstinstanzlichen Entscheid hinaus
auf die Durchgänge zur Waschküche zwischen den Liegenschaften
U.________-Strasse 2 und 4 sowie 4 und 6 für angebracht. Was sich im Innern der
Mietliegenschaft zutrage, unterliege zumindest in den Bereichen der besagten
Durchgänge ebenfalls der Privatsphäre; es könnten mit den fraglichen Kameras
Lebenssituationen des Mieters festgehalten werden, die dem Einblick der
Vermieterschaft entzogen bleiben müssten. Die Videoüberwachung innerhalb des
Mietobjekts beeinträchtige den Beschwerdegegner in der unbeobachteten Nutzung,
insbesondere des Waschküchenvorraums, übermässig und lasse sich mit den Zielen
der Videoüberwachung - Prävention und Aufklärung von Einbrüchen und Vandalismus
- nicht ausreichend rechtfertigen.
Die Vorinstanz hielt fest, das Interesse der Vermieterschaft und der
zustimmenden Mieter an einer wirksamen Verbrechensprävention und -aufklärung
könne mit den übrigen neun Kameras allemal in ausreichendem Umfang
aufrechterhalten werden. Diese Kamerastandorte, insbesondere über dem Eingang
zur Autoeinstellhalle und in der Einstellhalle selbst, liessen sich mit den
genannten Zielen der Videoüberwachung ohne Weiteres vereinbaren und die
Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Beschwerdegegners erschienen
zumutbar. So würden bei einem rechtswidrigen Betreten der Autoeinstellhalle
durch Unbefugte Sachwerte unmittelbar bedroht.

2.2.

2.2.1. Das Mietrecht (Art. 253 ff. OR) sieht keine besondere Bestimmung über
die Bearbeitung von Personendaten des Mieters durch den Vermieter vor (vgl.
demgegenüber etwa im Arbeitsrecht Art. 328b OR). Auch im Rahmen eines
Mietverhältnisses finden die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes Anwendung,
das unter anderem für das Bearbeiten von Daten durch private Personen gilt
(Art. 2 Abs. 1 lit. a DSG) und den Schutz der Persönlichkeit und der
Grundrechte von Personen bezweckt, über die Daten bearbeitet werden (Art. 1
DSG). Das Datenschutzgesetz ergänzt und konkretisiert den bereits durch das
Zivilgesetzbuch (Art. 28 ff. ZGB) gewährleisteten Persönlichkeitsschutz (BGE
138 II 346 E. 10.1; 136 II 508 E. 6.3.2 S. 523; 127 III 481 E. 3a/bb). Unter
dem Bearbeiten von Personendaten ist nach Art. 3 lit. e DSG jeder Umgang mit
Personendaten zu verstehen, unabhängig von den angewandten Mitteln und
Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten,
Bekanntgeben, Archivieren oder Vernichten von Daten. Personendaten sind alle
Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen (Art. 3
lit. a DSG). Dazu gehören auch Bilder, ohne dass es auf die Beschaffenheit des
Datenträgers ankommt. Entscheidend ist, dass sich die Angaben einer Person
zuordnen lassen (BGE 138 II 346 E. 6.1 S. 353; 136 II 508 E. 3.2).
Die Aufzeichnung von Bildern durch eine Videoüberwachungsanlage, die es
erlauben, bestimmte Personen zu identifizieren, fällt unbestreitbar in den
Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes. Entsprechend hat der Vermieter, der
eine solche Überwachungsanlage in einem Mietshaus betreiben will, insbesondere
die allgemeinen Bearbeitungsgrundsätze nach Art. 4 DSG (unter anderem den
Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach Abs. 2) wie auch die Vorgaben über die
Bearbeitung von Personendaten durch private Personen (Art. 12 ff. DSG) zu
beachten.
Gemäss Art. 12 Abs. 1 DSG darf, wer Personendaten bearbeitet, die
Persönlichkeit der betroffenen Person nicht widerrechtlich verletzen. Nach Abs.
1 von Art. 13 DSG ("Rechtfertigungsgründe") ist eine Verletzung der
Persönlichkeit widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des
Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder
durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 13 Abs. 1 DSG). Neben dem Interesse des
Datenbearbeiters können dabei auch Interessen Dritter oder sogar der
betroffenen Personen selbst die Datenbearbeitung unter Umständen rechtfertigen.
Grundsätzlich kann jedes schützenswerte Interesse, d.h. jedes Interesse von
allgemein anerkanntem Wert, berücksichtigt werden (BGE 138 II 346 E. 10.3 S.
364 mit Hinweisen). Die Prüfung, ob ein Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff
in die Persönlichkeitsrechte vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des
Einzelfalls vorzunehmen und setzt eine Abwägung aller betroffenen Interessen
voraus (vgl. BGE 138 II 346 E. 9.2). Die Interessenabwägung beruht auf
gerichtlichem Ermessen (Art. 4 ZGB; BGE 136 III 410 E. 2.2.3 S. 413; 129 III
529 E. 3.1 S. 531).
Gegen widerrechtliche Verletzungen der Persönlichkeit steht die Klage nach Art.
28 f. ZGB offen (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DSG). Nach Art. 28a Abs. 1 ZGB kann die
klagende Partei dem Gericht beantragen, eine drohende Verletzung zu verbieten
(Ziff. 1), eine bestehende Verletzung zu beseitigen (Ziff. 2) oder die
Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin
störend auswirkt (Ziff. 3). Die Beweislast für Sachumstände, aus denen sich die
Persönlichkeitsverletzung ergibt, liegt bei der klagenden Partei als
Betroffener, während die beklagte Partei als Urheberin der Verletzung
diejenigen Tatsachen zu beweisen hat, aus denen sie einen Rechtfertigungsgrund
ableitet (vgl. BGE 136 III 410 E. 2.3; CORRADO RAMPINI, in: Basler Kommentar
zum Datenschutzgesetz / Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 15
DSG).

2.2.2. Entgegen dem, was die Beschwerdeführer anzunehmen scheinen, rechtfertigt
ein allgemeines Interesse der Eigentümer und der einer Überwachungsmassnahme
zustimmenden Mieter an der Verhinderung von Vandalenakten und Einbrüchen nicht
ohne Weiteres jede Videoüberwachung im Innern eines Wohnhauses. Ebenso wenig
geht jedoch der Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) der verfassungsrechtlichen
Eigentumsgarantie (Art. 26 BV), geschweige denn dem Schutz auf körperliche
Unversehrtheit (Art. 10 Abs. 2 BV) in der Weise vor, dass eine Videoüberwachung
in für alle Bewohner zugänglichen Räumen ohne die Zustimmung sämtlicher
Betroffener stets als unzulässig zu erachten wäre. Vielmehr ist eine konkrete
Interessenabwägung unter Einbezug sämtlicher Umstände des Einzelfalls
unabdingbar. So kann eine Videoüberwachung im Eingangsbereich eines anonymen
Wohnblocks, in dem gegebenenfalls gar ein Risiko von Übergriffen besteht,
durchaus angezeigt und für alle betroffenen Personen zumutbar sein, während
dies in einem kleinen Mehrfamilienhaus, wo sich die Nachbarn kennen,
normalerweise nicht der Fall sein dürfte (so zutreffend DAVID ROSENTHAL,
Datenschutz im Mietrecht, in: mietrechtspraxis 3/2012 Rz. 35 S. 175).
Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, die Vermieterschaft habe ein
erhebliches Interesse daran, dass ihr Eigentum nicht durch Einbrüche oder
Vandalenakte beschädigt wird. Sie durfte zudem mitberücksichtigen, dass die
Mieter das eingerichtete Videoüberwachungssystem gemäss einer Befragung
mehrheitlich begrüssten. Dabei hat sie es zu Recht nicht bei der Feststellung
eines entsprechenden Mehrheitsverhältnisses bewenden lassen, sondern hat in
Anwendung von Art. 13 Abs. 1 DSG die unterschiedlichen (privaten) Interessen
einander gegenübergestellt und hierzu die jeweiligen mit den verschiedenen
Videoaufnahmen verbundenen Einschränkungen der Privatsphäre im Einzelnen
geprüft. Sie hat zutreffend erwogen, dass eine dauerhafte Überwachung im
Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses, die eine systematische Erhebung des
Verhaltens des Beschwerdegegners ermöglicht, einen erheblichen Eingriff in die
Privatsphäre darstellt. Nach Durchführung eines Augenscheins hat die Vorinstanz
in Kenntnis der konkreten Verhältnisse und unter Berücksichtigung der
betroffenen Rechtsgüter (wie etwa der Gefährdung von Sachwerten in der
Autoeinstellhalle) eine nach dem jeweiligen Videobild bzw. dem davon erfassten
Innenbereich differenzierte Beurteilung vorgenommen. Angesichts der
überschaubaren Verhältnisse mit nur wenigen Mietparteien sowie fehlender
Hinweise auf eine konkrete Gefährdung hat sie die mit der Videoüberwachung des
Eingangsbereichs und der internen Durchgänge zur Waschküche verbundene
Beeinträchtigung der Privatsphäre nachvollziehbar als übermässig und durch die
Ziele der Überwachung (Prävention und Aufklärung von Einbrüchen und
Vandalismus) nicht ausreichend gerechtfertigt erachtet. Dabei hat sie
festgehalten, dass das Interesse der Vermieterschaft und der zustimmenden
Mieter an einer wirksamen Verhinderung und Aufklärung von Straftaten auch ohne
die drei als unzulässig erklärten Videobilder mit den übrigen neun Kameras -
darunter zwei Aussenkameras auf dem Vorplatz zu den drei Hauseingängen - in
ausreichendem Umfang aufrechterhalten werden könne.
Die Beschwerdeführer halten der konkreten Interessenabwägung im angefochtenen
Entscheid lediglich in allgemeiner Weise ihre eigene Auffassung entgegen,
wonach der erfolgte Eingriff in die Privatsphäre gerechtfertigt sei, und
behaupten, durch die angeordnete Entfernung der Kameras im Eingangsbereich
sowie in den Durchgängen zwischen den Gebäudeteilen sei die Zweckmässigkeit
bzw. die Eignung der Anlage grundsätzlich in Frage gestellt, ohne dies jedoch
näher zu begründen, geschweige denn eine hinreichende Rüge zu erheben.
Inwiefern die Vorinstanz ihr Ermessen bei der Abwägung der betroffenen
Interessen bundesrechtswidrig ausgeübt hätte (vgl. BGE 138 III 669 E. 3.1 S.
671; 136 III 278 E. 2.2.1 S. 279; 135 III 121 E. 2), vermögen sie mit ihren
Ausführungen nicht aufzuzeigen. Die von ihnen ins Feld geführte Beschränkung
des Zugriffs auf das Bildmaterial aufgrund technischer und organisatorischer
Massnahmen (so insbesondere die auf 24 Stunden beschränkte Speicherdauer; vgl.
dazu das in der Beschwerde erwähnte Merkblatt des Eidgenössischen Datenschutz-
und Öffentlichkeitsbeauftragten zur Videoüberwachung durch private Personen
[Stand: April 2014]), die von der Vorinstanz berücksichtigt wurde und nach
unbestrittener Ansicht dem allgemeinen Gebot der Verhältnismässigkeit (Art. 4
Abs. 2 DSG) entspricht, rechtfertigt für sich allein noch keine
Persönlichkeitsverletzung (vgl. Art. 12 Abs. 2 lit. a und b DSG).

2.2.3. Der Vorinstanz ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der
installierten Videoüberwachungsanlage entgegen der in der Beschwerde
vertretenen Ansicht weder eine Verletzung von Art. 13 DSG noch eine Missachtung
des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 BV vorzuwerfen. Da
sich der von ihr bejahte Anspruch des Beschwerdegegners auf Beseitigung dreier
Kameras aufgrund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen als begründet erweist,
hat die Vorinstanz zu Recht nicht weiter vertieft, ob sich aus Art. 260 OR ein
mietrechtlicher Anspruch auf unbeobachtete Nutzung des Mietobjekts ableiten
liesse, wie dies vom Beschwerdegegner vorgebracht wurde (vgl. etwa zum
deutschen Recht VOLKER EMMERICH, in: J. von Staudingers Kommentar zum
Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 2, Mietrecht 1, Berlin 2014, N. 27 zu § 535 BGB).

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die
Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).
Da der Beschwerdegegner die Voraussetzungen für die Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren erfüllt (Art. 64
Abs. 1 und 2 BGG), wird diese in dem Sinne gewährt, dass die von den
Beschwerdeführern geschuldete Parteientschädigung der Rechtsvertreterin des
Beschwerdegegners, Rechtsanwältin Renate Jäggi, zuzusprechen und ihr bei
Uneinbringlichkeit ein entsprechendes Honorar aus der Bundesgerichtskasse zu
entrichten ist (Art. 64 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern (unter
solidarischer Haftbarkeit und intern je zur Hälfte) auferlegt.

3.
Das Gesuch des Beschwerdegegners um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege
wird gutgeheissen und es wird ihm Rechtsanwältin Renate Jäggi, Basel, als
unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben.

4.
Die Beschwerdeführer haben die Rechtsvertreterin des Beschwerdegegners,
Rechtsanwältin Renate Jäggi, für das bundesgerichtliche Verfahren (unter
solidarischer Haftung und intern je zur Hälfte) mit Fr. 2'500.-- zu
entschädigen.
Im Falle der Uneinbringlichkeit wird der Rechtsvertreterin dieser Betrag aus
der Bundesgerichtskasse entrichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivilrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. März 2016
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Leemann

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