Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.571/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_571/2015

Urteil vom 29. Februar 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiberin Marti-Schreier.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Marcolli,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwältin Kathrin Straub
und Rechtsanwalt Stefan Kunz,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Abgeurteilte Sache (res iudicata),

Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts
des Kantons Bern vom 8. September 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die A.________ AG (Klägerin, Beschwerdeführerin, Feststellungsbeklagte)
mit Sitz in U.________ bezweckt unter anderem das Erbringen von
Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Informatik, Kauf und Verkauf von
Liegenschaften.
Die B.________ AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin, Feststellungsklägerin) hat
ihren Sitz in V.________ und bezweckt den Betrieb und die Verwaltung von Sport-
und Mehrzweckhallen; sie kann Liegenschaften erwerben, überbauen, veräussern.

A.b. Die Parteien und deren Organe stehen sich in einer Vielzahl gerichtlicher
Verfahren gegenüber. Unter anderem betrieb die Klägerin die Beklagte mit
Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamts Bern-Mittelland vom 19. Dezember
2006 für einen Betrag von Fr. 999'000.--. Als Forderungsgrund gab sie an
"Schadenersatz, Genugtuung. Dient zur Unterbrechung der Verjährungsfrist". Die
Beklagte erhob Rechtsvorschlag und reichte in der Folge am 26. bzw. 30. Januar
2007 ein Gesuch um Vorladung zum Aussöhnungsversuch, nach dessen Scheitern eine
Klage beim Richteramt Solothurn-Lebern ein mit dem Begehren auf Feststellung,
dass die von der Klägerin in Betreibung gesetzte Forderung nicht besteht.
Nachdem in einem Rechtsmittelverfahren das Rechtsschutzinteresse der
Feststellungsklägerin bejaht worden war, hiess das Richteramt am 16. Juni 2010
die negative Feststellungsklage gut und stellte fest, dass die von der
Feststellungsbeklagten in Betreibung gesetzte Forderung nicht besteht. Auf
Appellation der Feststellungsbeklagten entschied das Obergericht des Kantons
Solothurn am 8. März 2011 gleich wie das Richteramt.

A.c. Am 25. Mai 2007 reichte die Klägerin beim Gerichtskreis VIII Bern-Laupen
ein Gesuch um Vorladung zum Aussöhnungsversuch ein und stellte die Begehren,
die Beklagte sei zur Zahlung verschiedener Beträge nebst Zins zu verpflichten;
diese betreffen insbesondere Rechnungen, Verwaltungshonorar, Vergütung
administrativer Dienstleistungen. Der Aussöhnungsversuch blieb erfolglos,
weshalb die Klagebewilligung ausgestellt wurde. Die Klägerin gelangte am 14.
Februar 2008 an das Handelsgericht des Kantons Bern mit folgenden - im
Wesentlichen gleich wie im Aussöhnungsbegehren lautenden - Begehren:

"1.       Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin CHF 91'210.00
       zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu bestimmendem Datum
       zu bezahlen (Rechnung 111895).
2.       Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin CHF 142'252.60
       zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu bestimmendem Datum
       zu bezahlen (Rechnung 118685).
3.       Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin die folgenden
       Beträge als Verwaltungshonorar zu bezahlen:
       a       CHF 5'326.40 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150489);
       b       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150761);
       c       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150894);
       d       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150938);
       e       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150954);
       f       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 150967);
       g       CHF 1'775.45 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 600047);
       h       CHF 5'326.20 zuzüglich Zins zu 5 % ab gerichtlich zu
              bestimmendem Datum (Rechnung 600064).
4.       Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin pauschal CHF
       20'000.00 nebst Zins zu 5 % ab gerichtlich zu bestimmendem
       Datum für Buchhaltungsarbeiten zu bezahlen.
5.       Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin CHF 24'000.00
       zuzüglich Zins zu 8 % seit 20. Dezember 2002 zu bezahlen;
6.       Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. yyy (recte: xxx) des
       Betreibungsamtes Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, sei im
       Betrag von CHF 298'767.90 zuzüglich Zins zu 5 % ab
       gerichtlich zu bestimmendem Datum zu beseitigen."
Das Handelsgericht des Kantons Bern sistierte mit Verfügung vom 25. Februar
2008 das Verfahren bis zum Abschluss des solothurnischen Verfahrens.

A.d. Das Handelsgericht des Kantons Bern hob mit Verfügung vom 14. Juli 2011
die Sistierung auf und gab der Klägerin Gelegenheit, ihre Klage zu
überarbeiten. Die Klägerin reichte darauf am 11. August 2011 ihre revidierte
Klage ein, deren Begehren grundsätzlich denjenigen vom 14. Februar 2008
entsprechen, mit der Änderung, dass sie das Begehren auf Beseitigung des
Rechtsvorschlags gemäss Ziffer 6 fallen liess und sich neu Mehrforderungen
vorbehielt. Das Gericht ordnete einen Schriftenwechsel an und führte eine
Hauptverhandlung durch, in der unter anderem eine Beweisverfügung erlassen
wurde. Anschliessend nahm das Gericht verschiedene Beweise ab (Augenschein,
Expertise).

A.e. Am 25. April 2014 teilte das Gericht den Parteien mit, dass es eine
Beschränkung des Verfahrens auf die Frage der abgeurteilten Sache erwäge. Nach
Stellungnahme der Parteien beschloss das Handelsgericht am 14. August 2014, das
Verfahren auf die Frage des Vorliegens einer bereits abgeurteilten Sache zu
beschränken.

B.
Mit Entscheid vom 8. September 2015 (ausgefertigt am 14. September 2015)
entschied das Handelsgericht des Kantons Bern, die Klage vom 14. Februar 2008,
revidiert am 11. August 2011, werde zurückgewiesen. Das Gericht gelangte zum
Schluss, dass die von Amtes wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung fehle,
wonach die Streitsache nicht bereits rechtskräftig beurteilt wurde. Es stellte
fest, dass die Klägerin im damaligen Verfahren im Kanton Solothurn als
Feststellungsbeklagte detailliert auf ihre angeblichen Forderungen aus
Stahllieferungen für die Mehrzweckhalle in V.________ inklusive Leistungen bei
deren Bau, Verwaltungshonoraren und Honoraren für administrativen Aufwand sowie
Darlehen eingegangen sei, wobei das Obergericht im Unterschied zur ersten
Instanz die Ausführungen zu diesen Forderungen als unerheblich erachtet habe,
weil das Rechtsbegehren der Feststellungsklägerin auf Feststellung des
Nichtbestandes der in Betreibung gesetzten Forderung aus Schadenersatz und
Genugtuung ging. Das Handelsgericht des Kantons Bern hielt im angefochtenen
Urteil zunächst fest, dass mit dem Urteil des Obergerichts des Kantons
Solothurn vom 8. März 2011 ein Sachurteil vorliege, das der vorliegenden Klage
als res iudicata im Wege stehen kann. Zur Identität des Streitgegenstandes
erwog das Handelsgericht zunächst, dass sich der Streitgegenstand des früheren
Verfahrens nach dem Dispositiv des Urteils bestimme, das jedoch im Lichte der
Urteilserwägungen auszulegen sei, wobei die Konsultation der Urteilserwägungen
aber nicht in jedem Fall genüge, sondern allenfalls erforderlich sein könne,
auf weitere Unterlagen zurückzugreifen. In Auslegung der Rechtsbegehren und
Klageschrift der Beklagten im Verfahren vor den solothurnischen Gerichten
gelangte das Handelsgericht zum Schluss, der Lebenssachverhalt, den die
Beklagte im Verfahren um negative Feststellung vor den Gerichten des Kantons
Solothurns zur Beurteilung gestellt habe, sei derselbe wie der im Verfahren vor
Handelsgericht streitige; er betreffe namentlich dieselben vier
Sachverhaltskomplexe: Bau der Halle, deren Verwaltung, die Leitung und
Buchhaltung der Beklagten sowie das Darlehen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Klägerin das Rechtsbegehren, der
Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 8. September 2015 sei
aufzuheben und auf die Klage vom 14. Februar 2008/11. August 2011 sei
einzutreten. Nach einer Darstellung des Sachverhalts und der Prozessgeschichte
aus ihrer Sicht und einer "Auflistung der unbestrittenen Feststellungen im
angefochtenen Urteil" rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe den
Begriff der abgeurteilten Sache verkannt, indem sie insbesondere die
Parteibehauptungen des früheren Verfahrens und nicht den Urteilsgegenstand als
massgeblich erachtet und verkannt habe, dass die von ihr eingeklagte Forderung
vom Obergericht des Kantons Solothurn nicht beurteilt worden sei, wobei
unerheblich sei, ob dies zu Recht erfolgt sei; sie rügt eine formelle
Rechtsverweigerung.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Antwort, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

D.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2015 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen
kantonalen Gerichts, das als Handelsgericht (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG) in
einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) entschieden hat; die Beschwerdeführerin
ist mit ihren Anträgen unterlegen (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat die Beschwerde
fristgerecht eingereicht (Art. 100 Abs. 1 BGG).

1.1. Die Beschwerde in Zivilsachen ist ein reformatorisches Rechtsmittel (Art.
107 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer darf sich deshalb nicht darauf
beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern
muss einen Antrag in der Sache stellen (BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383). Eine
Ausnahme vom Erfordernis, reformatorische und fallbezogen bezifferte Begehren
zu stellen, besteht jedoch dann, wenn das Bundesgericht im Falle der
Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, insbesondere weil die
erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 133 III
489 E. 3.1 S. 490; 135 III 31 E. 2.2 S. 33, vgl. auch BGE 136 III 269 E. 5.2 S.
272 f.). Dies trifft hier zu. Da die Vorinstanz die Sache nicht materiell
beurteilt hat, fehlen die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen. Das
Rechtsbegehren auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids genügt unter diesen
Umständen. Da die Vorinstanz das Verfahren auf die Prozessvoraussetzung der res
iudicata beschränkt hat, ist der Antrag verständlich, die Vorinstanz habe auf
die Klage einzutreten. Er ist allerdings nicht erforderlich, da die Vorinstanz
bei Gutheissung der Beschwerde ohnehin in Beachtung der Erwägungen des
Bundesgerichts neu entscheiden wird.

1.2. Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht
werden (Art. 95 BGG), einschliesslich der Verletzung von Bundesverfassungsrecht
(BGE 136 I 241 E. 2.1 S. 247; 136 II 304 E. 2.4 S. 313). Das Bundesgericht
wendet dieses Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist daher weder an die Begründung der Parteien noch an die Argumentation der
Vorinstanz gebunden, sondern kann die Beschwerde auch aus andern als den
geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer Begründung
bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S.
254 mit Hinweis). Strenge Rügeanforderungen gelten dagegen für die Verletzung
von Grundrechten (Art. 106 Abs. 2 BGG, BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

1.3. Nach Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Dazu gehören sowohl
die Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand
zugrunde liegt, als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen
Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16
E. 1.3.1 S. 17 f.). Gerügt werden kann nach Art. 97 BGG nur, dass die
Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9
BV; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Bei der Rüge der
offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge
Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft in diesem Fall nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134
II 244 E. 2.2 S. 246; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
Die Beschwerdeführerin bringt keine zulässigen Rügen gegen die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz vor. An deren tatsächliche
Feststellungen ist das Bundesgericht daher gebunden.

2.
Materielle Rechtskraft bedeutet Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen
Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben Parteien. Sie hat eine
positive und eine negative Wirkung. In positiver Hinsicht bindet die materielle
Rechtskraft das Gericht in einem späteren Prozess an alles, was im
Urteilsdispositiv des früheren Prozesses festgestellt wurde (sog.
Präjudizialitäts- oder Bindungswirkung, BGE 139 III 126 E. 3.1 S. 128; vgl.
auch BGE 116 II 738 E. 3 S. 744; 121 III 474 E. 4a S. 478).

2.1. In negativer Hinsicht verbietet die materielle Rechtskraft jedem späteren
Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren Streitgegenstand mit dem
rechtskräftig beurteilten (res iudicata, d.h. abgeurteilte Sache) identisch
ist, sofern der Kläger nicht ein schutzwürdiges Interesse an Wiederholung des
früheren Entscheids geltend machen kann (BGE 139 III 126 E. 3.1 S. 128; 121 III
474 E. 2 S. 477). Die materielle Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nach
dem Grundsatz der Präklusion auf den individualisierten prozessualen Anspruch
schlechthin und schliesst Angriffe auf sämtliche Tatsachen aus, die im
Zeitpunkt des Urteils bereits bestanden hatten, unabhängig davon, ob sie den
Parteien bekannt waren, von diesen vorgebracht oder vom Richter beweismässig
als erstellt erachtet wurden (grundlegend BGE 115 II 187 E. 3b S. 190; 139 III
126 E. 3.1 S. 129). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt sich
die Identität von Streitgegenständen im Hinblick auf die negative Wirkung der
materiellen Rechtskraft nach den prozessualen Ansprüchen in den Klageanträgen
und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das
sich die Klagebegehren stützen (BGE 139 III 126 E. 3.2.3 S. 131; 136 III 123 E.
4.3.1 S. 126). Dabei ist der Begriff der Anspruchsidentität nicht
grammatikalisch, sondern inhaltlich zu verstehen. Der neue prozessuale Anspruch
ist deshalb trotz abweichender Umschreibung vom beurteilten nicht verschieden,
wenn er in diesem bereits enthalten war oder wenn im neuen Verfahren das
kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt wird (BGE 139 III 126 E.
3.2.3 S. 131).

2.2. Ob die negative Prozessvoraussetzung der res iudicata beachtet wurde,
prüft das Bundesgericht als Rechtsfrage frei. Das Bundesgericht ist zwar an die
Feststellungen der Vorinstanz über den Prozesssachverhalt gebunden (vgl. oben
E. 1.3); aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils ergibt sich, welche
Ansprüche im hängigen Verfahren eingeklagt sind. Ob aber diese Ansprüche in
einem früheren Urteil definitiv beurteilt wurden, ergibt sich nicht aus den
Feststellungen des angefochtenen, sondern aus dem früheren Urteil, dessen
Dispositiv die Rechtskraftwirkung entfaltet (BGE 136 III 345 E. 2.1 S. 348 mit
Hinweisen). Dieses frühere Urteil zieht das Bundesgericht für seine
Entscheidung in gleicher Weise bei, wie es auch die Vorinstanz bei der Prüfung
der Prozessvoraussetzung hätte tun müssen. Die Erwägungen des früheren Urteils
sind nach konstanter Rechtsprechung zur Auslegung der Tragweite des Dispositivs
des Vorentscheids heranzuziehen (BGE 128 III 191 E. 4a S. 195; 125 III 8 E. 3b
S. 13; 123 III 16 E. 2a S. 18 f.). Aus diesen Erwägungen des massgebenden
früheren Urteils ergibt sich nicht nur, welche Rechtsbegehren im früheren
Verfahren gestellt wurden, sondern auch, auf welchen Lebenssachverhalt die
eingeklagten Ansprüche gestützt wurden.

2.3. Für einen weitergehenden Beizug der Verfahrensakten des Vorentscheids
besteht entgegen der Ansicht der Vorinstanz keine Grundlage. Dass sich die
Identität des Streitgegenstands nach den prozessualen Ansprüchen in den
Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt beurteilt, ist entgegen der
Ansicht der Vorinstanz nicht so zu verstehen, dass die Akten des früheren
Verfahrens beizuziehen sind, um den Streitgegenstand dieses früheren Prozesses
unabhängig von den Urteilserwägungen zu bestimmen. Die Begründung des früheren
Urteils ist vielmehr verbindlich zur Bestimmung der Tragweite der
Rechtskraftwirkung dieses Urteils. Nach dessen Feststellungen beurteilt sich,
welche Rechtsbegehren gestellt und welcher Sachverhalt behauptet wurde. An der
Rechtskraftwirkung des Urteilsdispositivs können dagegen allfällige
Sachvorbringen nicht teilhaben, welche - unter Umständen zu Unrecht - weder
beurteilt noch in der Begründung erwähnt wurden. Es geht auch unter dem Titel
der Bestimmung des Streitgegenstands nicht an, das Vorurteil einer materiellen
Prüfung zu unterziehen. Darauf liefe es aber hinaus, wenn aufgrund der früheren
Akten zu prüfen wäre, ob allenfalls die Tragweite des materiell rechtskräftigen
Dispositivs weiter gefasst werden müsse, weil das früher zuständige Gericht
gewisse Ansprüche zu Unrecht nicht berücksichtigt habe.

2.4. Im Verfahren vor der Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin verschiedene
Forderungen eingeklagt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz stehen diese in
Zusammenhang mit der Sport- und Mehrzweckhalle in V.________, welche die
Beklagte in Zusammenarbeit mit der Klägerin und weiteren Personen erstellte und
alsdann auch betrieb. Sie lassen sich nach den Erwägungen im angefochtenen
Entscheid auf vier verschiedene Sachverhaltskomplexe stützen, nämlich (1) den
Lieferungen und Leistungen der Klägerin in Zusammenhang mit dem Bau der
Mehrzweckhalle in V.________, insbesondere dem Stahlbau der Halle, (2) die
Verwaltung der Halle, namentlich deren Vermietung durch die Klägerin sowie die
C.________ AG, die ihre Ansprüche an die Klägerin zedierte, (3) die Leitung und
Buchhaltung der Beklagten durch die Einzelfirma D.________ sowie die E.________
AG, welche ihre Ansprüche an die Klägerin zedierten, sowie (4) das Darlehen von
F.________ an die Beklagte, wobei die Ansprüche wiederum an die Klägerin
zediert worden sind. Die Forderungen für diese Leistungen der Klägerin sind
nach dem Schluss der Vorinstanz durch das Obergericht des Kantons Solothurn im
Urteil vom 8. März 2011 rechtskräftig beurteilt worden.
Das Dispositiv dieses Urteils vom 8. März 2011 lautet wie folgt:

"1. Die negative Feststellungsklage wird gutgeheissen und es wird festgestellt,
dass die von der Beklagten mit Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamtes
Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, in Betreibung gesetzte Forderung von CHF
999'000.00 gegen die Klägerin nicht besteht.
2. Das Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, wird angewiesen, die
Betreibung Nr. xxx aus dem Betreibungsregister zu löschen"
(3. Kosten) ".

3.
Mit der Vorinstanz ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Obergericht des
Kantons Solothurn mit der Gutheissung der negativen Feststellungsklage der
Beklagten materiell erkannt hat, dass die in Betreibung gesetzte Forderung der
Klägerin von Fr. 999'000.-- nicht besteht. Da unbestritten ist, dass sich der
massgebende Lebenssachverhalt nicht verändert hat, ist der neue prozessuale
Anspruch der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin trotz abweichender
Umschreibung vom beurteilten inhaltlich nicht verschieden, wenn die Klägerin im
vorliegenden Verfahren vor dem Handelsgericht diejenigen Forderungen gegen die
Beklagte erhebt, deren Nichtbestand das Obergericht des Kantons Solothurn im
Urteil vom 8. März 2011 rechtskräftig festgestellt hat.

3.1. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat im Urteil vom 8. März 2011 die
Appellation der Beschwerdeführerin abgewiesen und festgestellt, dass die in
Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 999'000.-- nicht besteht. In der
Begründung des Obergerichtsurteils vom 8. März 2011 werden die Anträge der
Parteien im Rechtsmittelverfahren wiedergegeben. Die Beschwerdeführerin hatte
als damalige Beklagte im Feststellungsverfahren in ihren Appellationsanträgen
den Antrag gestellt, die negative Feststellungsklage der Beschwerdegegnerin sei
abzuweisen, soweit darin die Feststellung des Nichtbestandes konkret
bezeichneter Forderungen im Gesamtbetrag von Fr. 343'866.60 verlangt werde. Die
Appellationsbegehren enthielten in Ziffern 1 bis 5 Teilforderungen, die unter
kurzen Hinweisen zusammengefasst ("Stahlbau",
"Liegenschaftsverwaltungshonorar", "Honorar für Buchhaltung und für
Administration", "Darlehen") und (mit Rechnungsnummern) charakterisiert sind.
Die Appellationsanträge, welche die Beschwerdeführerin als Beklagte im
Verfahren auf negative Feststellung vor den Gerichten des Kantons Solothurn
gestellt hat, stimmen inhaltlich mit den Rechtsbegehren überein, die sie als
Klägerin vor der Vorinstanz gestellt hat.

3.2. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat im Urteil vom 8. März 2011 zum
damaligen Prozesssachverhalt festgehalten, dass die Beschwerdegegnerin als
damalige Klägerin mit ihrem Rechtsbegehren beim Richteramt Solothurn-Lebern die
Feststellung beantragt hatte, die von der Beschwerdeführerin gegen sie in
Betreibung gesetzte Forderung bestehe nicht, wobei in der Betreibung als
Forderungsgrund genannt werde "Schadenersatz; Genugtuung; Dient zur
Unterbrechung der Verjährungsfrist".

3.2.1. Nach den Feststellungen des Obergerichts forderte der erstinstanzliche
Gerichtspräsident - nach einem Zwischenverfahren betreffend das
Feststellungsinteresse der damaligen Klägerin - die Beschwerdeführerin auf,
ihre einlässliche Klageantwort einzureichen. Darauf stellte die
Beschwerdeführerin als Beklagte im damaligen negativen Feststellungsprozess den
Antrag, "die Klage sei abzuweisen, soweit darin die Feststellung des
Nichtbestandes von Forderungen im Gesamtbetrag von Fr. 343'467.10 (recte Fr.
343'866.60) aus Werkvertrag, Liegenschaftsverwaltungshonorar, Honorar für
Buchhaltung und Administration und Darlehen verlangt werde" (Obergerichtsurteil
vom 8. März 2011 Ziffer 3 S. 4). Das Amtsgericht Solothurn-Lebern hiess darauf
am 16. Juni 2010 die negative Feststellungsklage der Beschwerdegegnerin
vollumfänglich gut.

3.2.2. Das Obergericht des Kantons Solothurn bestätigte den erstinstanzlichen
Entscheid im hier massgebenden rechtskräftigen Urteil im Wesentlichen mit der
Begründung, die Beschwerdeführerin habe wiederholt eingestanden, dass sie
gegenüber der Beschwerdegegnerin gar keine Forderung in der Höhe von Fr.
999'000.-- habe und dass es sich bei den ihrer Meinung nach gegenüber der
Beschwerdegegnerin bestehenden Forderungen um solche aus Werkvertrag und
Darlehen sowie um Honorarforderungen handle, was ihre Rechtsbegehren in den
Klageantworten deutlich dokumentierten. Das Obergericht hielt damit für
erstellt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Betreibung keine
fälligen Schadenersatz- oder Genugtuungsforderungen hatte. Es schloss damit auf
das Nichtbestehen der in Betreibung gesetzten Schuld, zumal sich der im
Zahlungsbefehl genannte Forderungsgrund "Dient zur Unterbrechung der
Verjährungsfrist" nur auf die gleichzeitig genannten Forderungsgründe
"Schadenersatz" und "Genugtuung" beziehen könne.

3.2.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin, in denen sie die Befürchtung
äusserte, ihre Forderungen aus Werkvertrag, Auftrag und Darlehen zu verlieren,
weil die erste Instanz zwar Ausführungen zu diesen Forderungen gemacht, diese
dann aber doch nicht beurteilt habe, verwarf das Obergericht mit der Erwägung,
die Beschwerdeführerin hätte nicht seitenlange Ausführungen in Klageantwort und
Appellationseingabe zu ihren Forderungen aus Werkvertrag, Auftrag und Darlehen
machen müssen, wenn sie ihre Forderung nicht durch das Richteramt
Solothurn-Lebern hätte beurteilen lassen wollen. Es wäre ihr vielmehr
freigestanden, die Betreibung zurückzuziehen, eine neue Betreibung anzuheben
oder Klage einzureichen. Dass sich die erste Instanz unnötigerweise rudimentär
zu den Forderungen aus Werkvertrag etc. geäussert habe, ändere nichts daran,
dass die in Betreibung gesetzten Forderungen aus Schadenersatz und Genugtuung
nicht beständen. Es könne keine Rede davon sein, dass das Amtsgericht den
Prozess an sich gezogen, aber dann doch die sich stellenden Fragen nicht
beurteilt habe - zumal lediglich das Urteilsdispositiv in Rechtskraft erwachse.

3.3. Zur Bestimmung des Streitgegenstands im Verfahren vor den Solothurner
Gerichten ist damit von folgenden Feststellungen auszugehen. Die
Beschwerdeführerin hat eine Forderung gegen die Beschwerdegegnerin über Fr.
999'000.-- mit der Begründung "Schadenersatz", "Genugtuung", "Dient zur
Unterbrechung der Verjährungsfrist" in Betreibung gesetzt. Die
Beschwerdegegnerin hat in ihrer negativen Feststellungsklage die Feststellung
beantragt, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe. Das
Obergericht des Kantons Solothurn hat rechtskräftig festgestellt, dass die in
Betreibung gesetzte Forderung nicht besteht. Die Ansichten darüber, welche
Forderung die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin in Betreibung
gesetzt hat, gehen auseinander. Während das Obergericht des Kantons Solothurn
in der Begründung des Urteils vom 8. März 2011 annimmt, die Beschwerdeführerin
habe ausschliesslich Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen in Betreibung
gesetzt, geht die Vorinstanz (Handelsgericht des Kantons Bern) davon aus,
Gegenstand des Prozesses im Verfahren vor den Solothurner Gerichten seien auch
die hier eingeklagten Forderungen der Beschwerdeführerin gewesen; denn die
damalige Beklagte und heutige Klägerin habe ebendiese Forderungen nach den
verbindlichen Feststellungen des Obergerichts des Kantons Solothurn in ihrer
Klageantwort und in der Appellation zur Begründung der (teilweisen) Abweisung
der negativen Feststellungsklage in den Prozess eingebracht.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat in ihren Rechtsbegehren vor den Solothurner
Gerichten namentlich die Feststellung verlangt, dass die von der Beklagten mit
Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamtes Bern-Mittelland, Dienststelle Bern,
in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 999'000.-- gegen sie nicht besteht.
Sie hat mit dieser Begründung die Löschung der Betreibung aus dem Register
begehrt (Klageantrag 2 der damaligen Klage). Das Obergericht des Kantons
Solothurn hat in der Begründung seines Urteils vom 8. März 2011 angenommen, die
in Betreibung gesetzte Geldforderung sei mit der Angabe des Zahlungsgrundes im
Betreibungsbegehren tituliert; es hat in den Erwägungen des Urteils vom 8. März
2011 daher ausdrücklich festgehalten, die negative Feststellung im Urteil
beziehe sich - wie schon die Betreibung - nur auf Forderungen der
Beschwerdeführerin aus Schadenersatz oder Genugtuung. Die Vorinstanz hat indes
die Rechtsbegehren und Sachverhaltsvorbringen beider Parteien im negativen
Feststellungsprozess herangezogen und geschlossen, die von der
Beschwerdeführerin als Beklagte im damaligen Prozess zur Begründung der
teilweisen Abweisung angeführten Forderungen hätten Streitgegenstand gebildet
und seien - da sie mit den hier eingeklagten Forderungen übereinstimmten -
daher im Solothurner Urteil vom 8. März 2011 rechtskräftig beurteilt worden.

4.1. Mit dem Betreibungsbegehren über Fr. 999'000.-- und der Angabe des
Zahlungsgrundes "Schadenersatz; Genugtuung; Dient zur Unterbrechung der
Verjährungsfrist" hat zwar die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin
einstweilen nur zur Zahlung oder zur Stellungnahme zu ihrer behaupteten
Forderung aufgefordert. Denn nach Art. 67 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG dient die Angabe
des Forderungsgrunds nur der Orientierung des Betriebenen und macht auch das
Fehlen jeglichen Hinweises den Zahlungsbefehl noch nicht nichtig (BGE 121 III
18 E. 2a u. b S. 19 f. mit Hinweisen). Es erscheint daher nicht ausgeschlossen,
dass die Parteien den Grund der Forderung anders verstehen konnten. Das
Obergericht des Kantons Solothurn hat jedoch im Urteil vom 8. März 2011
erwogen, dass mit der Angabe des Zahlungsgrundes im Betreibungsbegehren die
Forderung objektiv auf Schadenersatz und Genugtuung beschränkt worden sei. Ob
dies zu Recht oder zu Unrecht angenommen wurde, sei dahingestellt. Da auch
falsche Urteile - soweit sie nicht geradezu nichtig sind - in materielle
Rechtskraft erwachsen, definiert das Vorurteil verbindlich, welche Anträge in
diesem Verfahren aus welchem Lebenssachverhalt gestellt wurden. Das Obergericht
des Kantons Solothurn hat im Urteil vom 8. März 2011 ausdrücklich die von der
damaligen Beklagten und heutigen Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachten
Erfüllungsansprüche deswegen nicht berücksichtigt, weil sich die Anträge der
Beschwerdegegnerin darauf nicht bezogen hätten. Den dadurch definierten
Streitgegenstand der negativen Feststellungsklage konnte die Beschwerdeführerin
als damalige Beklagte nicht erweitern; handelt es sich doch dabei, wie die
Vorinstanz unter Hinweis auf Urteil 4A_568/2013 vom 16. April 2014 E. 2.2
zutreffend bemerkt, nicht um Verrechnungsforderungen.

4.2. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat im Urteil vom 8. März 2011
verbindlich erklärt, wie das Feststellungsbegehren der Beschwerdegegnerin als
damalige Klägerin zu verstehen sei. Danach hat die Beschwerdegegnerin die
Feststellung verlangt, dass Forderungen aus Schadenersatz oder Genugtuung der
Beschwerdeführerin gegen sie nicht bestehen. Das Obergericht hat daher die
Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der in Betreibung gesetzten Forderung
gutgeheissen und die Löschung der Betreibung angeordnet, ausdrücklich ohne die
von der damaligen Beklagten behaupteten Erfüllungsansprüche aus Werkvertrag,
Auftrag und Darlehen zu beurteilen. Die rechtskräftig beurteilten Forderungen
betreffen ausschliesslich solche aus Schadenersatz und Genugtuung. Die
Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil zwar erkannt, dass das Obergericht des
Kantons Solothurn der Ansicht war, einzig zu beurteilen zu haben, ob eine
Forderung aus "Schadenersatz" oder "Genugtuung" in der Höhe von Fr. 999'000.--
bestehe. Sie hat sich jedoch bei der Prüfung der res iudicata zu Unrecht nicht
darauf beschränkt, die Tragweite des Dispositivs des Urteils des Obergerichts
des Kantons Solothurn vom 8. März 2011 im Lichte der Erwägungen dieses Urteils
zu verstehen. Sie hat vielmehr den Streitgegenstand des damaligen Verfahrens
abweichend vom Erstgericht definiert und mit der Erweiterung des
Streitgegenstands nicht nur unzulässigerweise überprüft, wie das Obergericht
des Kantons Solothurn die damaligen Rechtsbegehren der Beschwerdegegnerin hätte
auslegen müssen, sondern im Ergebnis den Streitgegenstand dieses ersten Urteils
und die Rechtskraftwirkung des Dispositivs unzulässigerweise erweitert. Mit dem
Schluss, das Obergericht des Kantons Solothurn hätte in seinem Urteil vom 8.
März 2011 bei richtigem Verständnis der Klagebegehren auch die im Verfahren vor
der Vorinstanz (Handelsgericht des Kantons Bern) eingeklagten Ansprüche
beurteilen müssen, weshalb sie als beurteilt zu gelten hätten, hat die
Vorinstanz den Grundsatz der res iudicata verkannt.

5.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.
Die Sache ist zur weiteren Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin zu
auferlegen, die mit ihrem Begehren auf Nichteintreten, eventuell auf Abweisung
der Beschwerde unterlegen ist (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat der anwaltlich
vertretenen Beschwerdeführerin überdies deren Parteikosten für das
bundesgerichtliche Verfahren zu ersetzen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Handelsgerichts des Kantons
Bern vom 8. September 2015 wird aufgehoben und die Sache wird an die Vorinstanz
zur weiteren Beurteilung zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 7'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Februar 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Marti-Schreier

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