Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.536/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_536/2015

Urteil vom 3. März 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Nicolas Iynedjian und Mathieu Blanc, FRORIEP
Rechtsanwälte,
Beschwerdeführerin,

gegen

Handelsregisteramt des Kantons Zug,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Handelsregister,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug,
Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 25. August 2015.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG (Beschwerdeführerin, Gesellschaft) ist eine
Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Sie bezweckt die Beteiligung an
Gesellschaften im In- und Ausland.
Mit Zirkularbeschluss vom 18. Dezember 2014 bzw. 22. Januar 2015 hat der
Verwaltungsrat der Gesellschaft die Zeichnungsberechtigungen der einzelnen
Verwaltungsratsmitglieder geändert.

B.

B.a. Mit Anmeldung vom 9. Februar 2015 beantragte die Gesellschaft dem
Handelsregisteramt des Kantons Zug (Beschwerdegegner), die neuen
Zeichnungsberechtigungen wie folgt in das Handelsregister einzutragen:

"Eingetragene Personen neu oder mutierend:

B.________, kasachischer Staatsangehöriger, in Astana (KZ), Mitglied des
Verwaltungsrates, mit Kollektivunterschrift zu zweien mit C.________ oder
D.________ oder E.________  [bisher: Mitglied des Verwaltungsrates mit
Kollektivunterschrift zu zweien]

F.________, kasachischer Staatsangehöriger, in Almaty (KZ), Mitglied des
Verwaltungsrates, mit Kollektivunterschrift zu zweien mit C.________ oder
D.________ oder E.________  [bisher: Mitglied des Verwaltungsrates mif
Kollektivunferschrift zu zweien]

G.________, von Bäretswil, in Merlischachen, Mitglied des Verwaltungsrates, mit
Kollektivunterschrift zu zweien mit C.________ oder D.________ oder E.________ 
[bisher: Mitglied des Verwaltungsrates mit Kollektivunferschrift zu zweien]

E.________, niederländischer Staatsangehöriger, in Zug, Mitglied des
Verwaltungsrates, mit Kollektivunterschrift zu zweien mit B.________ oder
F.________ oder G.________  [bisher: Mitglied des Verwaltungsrates mit
Kollektivunterschrift zu zweien]

D.________, russischer Staatsangehöriger, in Amsterdam (die Niederlande),
Mitglied des Verwaltungsrates, mit Kollektivunterschrift zu zweien mit
B.________ oder F.________ oder G.________  [bisher: Mitglied des
Verwaltungsrates mit Kollektivunterschrift zu zweien]. "

Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 informierte das Handelsregisteramt Zug die
Gesellschaft, dass es nur eine Beschränkung der Zeichnungsberechtigung geknüpft
an eine Funktion akzeptiere, jene geknüpft an bestimmte Personen hingegen nicht
eintrage.
Mit Verfügung vom 17. Februar 2015 wies das Handelsregisteramt das
Eintragungsbegehren vom 9. Februar 2015 ab und verweigerte die Eintragung der
neuen Zeichnungsberechtigungen.
Zur Begründung führte das Handelsregisteramt aus, die angemeldeten
Kombinationen von Zeichnungsberechtigungen würden zu einem übermässig langen,
unübersichtlichen und intransparenten Eintrag führen und daher den
Anforderungen von Art. 26 HRegV nicht entsprechen. Insbesondere im
internationalen Verhältnis wäre für Dritte nicht klar verständlich, welcher
Umfang der Vertretungsmacht einer im Handelsregister eingetragenen Person
zukomme. Es entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Publizitätsfunktion des
Handelsregisters, das Risiko für beliebige interne Beschränkungen der
Vertretungsbefugnis auf Dritte zu übertragen. Es seien sodann erhebliche
praktische Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung einer solchen Eintragung zu
befürchten. Eine minimale Änderung bei einer einzelnen Person würde zu
Änderungen bei sämtlichen übrigen Zeichnungsberechtigten führen. Sofern dem
vorliegenden Eintragungsbegehren stattgegeben werden müsste, würde sich die
Frage stellen, wie eine allfällige Anmeldung von zusätzlichen Mitgliedern des
Verwaltungsrates oder anderen Zeichnungsberechtigten mit noch umfangreicheren
Kombinationen von Zeichnungsberechtigungen zu behandeln wäre.

B.b. Mit Beschwerde vom 19. März 2015 beantragte die Gesellschaft dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, es sei die Verfügung des
Handelsregisteramtes vom 17. Februar 2015 aufzuheben und das
Eintragungsbegehren vom 9. Februar 2015 sei gutzuheissen.
Mit Urteil vom 25. August 2015 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen, eventualiter subsidiärer Verwaltungsbeschwerde,
beantragt die Gesellschaft dem Bundesgericht, es sei das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 25. August 2015 aufzuheben und das Handelsregisteramt
sei anzuweisen, die Eintragungen gemäss der Anmeldung vom 9. Februar 2015
vorzunehmen.
Das Handelsregisteramt beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der
Beschwerde, die Vorinstanz Abweisung soweit Eintreten.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid über die Führung
des Handelsregisters, der gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG der
Beschwerde in Zivilsachen unterliegt. Als Vorinstanz hat ein oberes Gericht im
Kanton auf ein Rechtsmittel hin letztinstanzlich entschieden (Art. 75 BGG
i.V.m. Art. 165 Abs. 2 HRegV). Das angefochtene Urteil schliesst ein Verfahren
betreffend die Eintragung diverser Tatsachen im Handelsregister (Modifikation
von Zeichnungsberechtigungen) ab und ist demnach als Endentscheid zu
qualifizieren (Art. 90 BGG). Entgegen den gesetzlichen Vorschriften (Art. 112
Abs. 1 lit. d BGG) finden sich im angefochtenen Urteil keine Angaben zum
Streitwert. Mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der genannten
Eintragung kann vorliegend ohne gegenteilige Anhaltspunkte jedoch davon
ausgegangen werden, dass der Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt (Art. 51 Abs.
2 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig; auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Die Beschwerde in Zivilsachen ist
materiell zu beurteilen, soweit gehörig begründete Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG
und Art. 106 Abs. 2 BGG) gegen den angefochtenen Entscheid erhoben werden.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe gegen diverse bundesrechtliche
Normen, namentlich Art. 718a Abs. 2 OR sowie Art. 26 HRegV verstossen, indem
sie das Gesuch um Eintragung von Kollektivunterschriften, bei denen die zur
gemeinsamen Unterzeichnung befugten Personen namentlich genannt werden,
abgewiesen habe. Damit habe die Vorinstanz insbesondere die mit dem
Leitentscheid BGE 121 III 368 vom 19. September 1995 begründete Rechtsprechung
missachtet.

2.1. Gemäss Art. 718 Abs. 1 OR (in Kraft seit 1. Juli 1992; AS 1992 733)
vertritt der Verwaltungsrat die Aktiengesellschaft nach aussen. Bestimmen die
Statuten oder das Organisationsreglement nichts anderes, so steht die
Vertretungsbefugnis jedem Mitglied einzeln zu. Nach Art. 718a Abs. 2 Satz 1 OR
(ebenfalls seit 1. Juli 1992 in Kraft) hat eine Beschränkung der
Vertretungsbefugnis gegenüber gutgläubigen Dritten keine Wirkung.
Im erwähnten Leitentscheid BGE 121 III 368 vom 19. September 1995 musste sich
das Bundesgericht zur Frage äussern, ob die Präzisierung, dass zwei
kollektivzeichnungsberechtigte Verwaltungsratsmitglieder  nicht miteinander,
sondern nur mit je anderen Verwaltungsratsmitgliedern rechtsgültig
unterzeichnen dürfen, ins Handelsregister eingetragen werden kann. Das
Bundesgericht verwies dabei zunächst auf Art. 718a Abs. 2 OR und leitete daraus
als Grundsatz ab, dass eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis in der Form
einer Kollektivunterschrift in das Handelsregister eingetragen werden kann (E.
4 S. 373). Es untersuchte sodann, inwiefern nicht nur eine allgemeine
Kollektivunterschrift (im Sinne einer nicht näher bestimmten
"Kollektivunterschrift zu zweien" oder allenfalls "zu dreien"), sondern auch
präzisierte Kollektivunterschriften mit genau bezeichneten Kombinationen,
welche Personen gemeinsam unterzeichnen dürfen, eingetragen werden können.
Dabei erwähnte es drei Lehrmeinungen, wonach alle möglichen Spielarten von
Kollektivunterschriften in das Handelsregister eingetragen werden können, so
beispielsweise die Bestimmung von zwei Vertretergruppen, von denen je ein
Mitglied zu unterzeichnen hat, oder auch die genaue Bezeichnung möglicher
Kombinationen (E. 4a S. 373 f. unter Hinweis auf WOLFGANG BÜRGI, in: Zürcher
Kommentar, 1969, N. 13 zu Art. 718 OR; EMIL SCHUCANY, Kommentar zum
schweizerischen Aktienrecht, 2. Aufl. 1960, N. 3 zu Art. 718 OR; ROLF WATTER,
Die Verpflichtung der AG durch rechtsgeschäftliches Handeln ihrer
Stellvertreter, Prokuristen und Organe speziell bei sog. "Missbrauch der
Vertretungsmacht", Diss. Zürich, 1985, S. 149). Diesen Lehrmeinungen schloss
sich das Bundesgericht an und führte als Argument zusätzlich den Art. 641 Ziff.
8 aOR ins Feld, wonach "die Art der Ausübung der Vertretung" in das
Handelsregister einzutragen sei. Daraus leitete es ab, dass nach dem klaren
Wortlaut des Gesetzestexts die von der Aktiengesellschaft privatautonom
ausgestaltbare Kollektivunterschrift ihrer Verwaltungsratsmitglieder nicht nur
ins Handelsregister eingetragen werden kann, sondern muss (E. 4b S. 375). Dies
gelte freilich auch unabhängig vom Wortlaut des Art. 641 Ziff. 8 aOR: Denn wenn
präzisierte Kombinationen von Kollektivunterschriften nicht in das
Handelsregister eingetragen werden könnten, würde die tatsächlich geltende
Vertretungsbefugnis gegenüber der Öffentlichkeit verheimlicht. Das
Handelsregister enthielte einen täuschenden Eintrag, was unakzeptabel sei. Es
treffe zwar zu, dass die Eintragung von präzisierten Kombinationen von
Kollektivunterschriften dem Handelsregisteramt einen zusätzlichen Aufwand
bereiten würde. Dieser Umstand dürfe indessen bei der Auslegung des Gesetzes
keine Rolle spielen, weshalb die Eintragung zuzulassen sei (E. 4b S. 375 f.).

2.2. Die Vorinstanz kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass die
referierte Rechtsprechung von BGE 121 III 368 "heute keine Gültigkeit mehr
beanspruchen" könne. Denn dieser Entscheid beruhe massgeblich auf Art. 641
Ziff. 8 aOR, wonach die "Art der Ausübung der Vertretung" in das
Handelsregister einzutragen sei. Diese Norm sei aber am 1. Januar 2008 im Zuge
der Revision des GmbH-Rechts und des Erlasses der neuen
Handelsregisterverordnung aufgehoben worden. Müsste das Bundesgericht den
damaligen Fall heute neu entscheiden, könnte es sich nach Auffassung der
Vorinstanz nicht mehr auf den klaren Wortlaut des Art. 641 Ziff. 8 aOR stützen.
In der Botschaft vom 19. Dezember 2001 zur Revision des Obligationenrechts
(GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister-
und Firmenrecht, BBl 2002 3148), S. 3237 lege der Bundesrat dar, weshalb es
opportun sei, die bisher gesetzlich geregelten Gegenstände der Anmeldung beim
Handelsregisteramt, der einzureichenden Belege und des Inhalts des
Registereintrags an den Bundesrat zu delegieren. Daraus lasse sich nicht der
Schluss ziehen, dass keine materielle Anpassung beabsichtigt gewesen sei. Der
Bundesrat habe vielmehr freie Hand erhalten, die Anforderungen an den
Registerinhalt in der Verordnung neu zu regeln. Für die Ziffer 8 des
aufgehobenen Art. 641 aOR existiere in der heute geltenden
Handelsregisterverordnung keine Nachfolgebestimmung mehr. Damit habe der
Bundesrat auf eine materielle Übernahme des Regelungsgehalts von Art. 641 Ziff.
8 aOR "offensichtlich bewusst verzichtet". Die Vorinstanz bestätigte daher die
Erwägungen des Beschwerdegegners, mit denen dieser die Verweigerung begründet
hatte, die präzisierten Kollektivunterschriften in das Handelsregister
einzutragen.

2.3. Der angefochtene Entscheid hält vor Bundesrecht nicht stand:

2.3.1. Die Vorinstanz verkennt, dass sich das Bundesgericht bei seinen
Überlegungen im Leitentscheid BGE 121 III 368 nicht ausschliesslich vom
Wortlaut des Art. 641 Ziff. 8 aOR leiten liess, sondern diesen nur als
ergänzendes Argument für die Entscheidung heranzog, dass auch präzisierte
Kombinationen von Kollektivunterschriften in das Handelsregister einzutragen
sind. Für das Bundesgericht war vorab massgebend, dass gemäss Art. 718a Abs. 2
OR Kollektivunterschriften in das Handelsregister eingetragen werden können,
sich die herrschende Lehre für eine Eintragung präzisierter Kombinationen von
Kollektivunterschriften ausspricht und dies auch deshalb geboten ist, weil
sonst die tatsächlich geltende Vertretungsbefugnis gegenüber der Öffentlichkeit
verheimlicht würde, was einen täuschenden Handelsregistereintrag zur Folge
hätte. Diese Überlegungen gelten unabhängig vom Wortlaut des Art. 641 Ziff. 8
aOR und behalten auch heute noch ihre Gültigkeit.

2.3.2. Abgesehen davon kann der Vorinstanz aber auch nicht gefolgt werden, wenn
sie aus der Botschaft zur Revision des GmbH-Rechts den Schluss ziehen will,
dass der Bundesrat auf eine materielle Übernahme des Regelungsgehalts von Art.
641 Ziff. 8 aOR "offensichtlich bewusst verzichtet" habe:
Im Rahmen der Teilrevision des Obligationenrechts, die am 1. Januar 2008 in
Kraft getreten ist (Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 [GmbH-Recht sowie
Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht], AS
2007 4791) wurden auch die Bestimmungen über das Handelsregister teilweise
geändert bzw. aufgehoben, darunter auch der erwähnte Art. 641 Ziff. 8 aOR.
Dadurch entstand ein erheblicher Anpassungs- und Änderungsbedarf der
Bestimmungen auf Verordnungsstufe (Begleitbericht zur Totalrevision der
Handelsregisterverordnung, Vernehmlassungsentwurf vom 28. März 2008,
www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1399/Bericht.pdf, S. 1), was den Bundesrat
dazu veranlasste, die alte Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1937 (aHRegV)
total zu revidieren und durch die neue Handelsregisterverordnung vom 17.
Oktober 2007 zu ersetzen. Diese trat gemeinsam mit den revidierten Normen des
OR am 1. Januar 2008 in Kraft. Ausweislich des erwähnten Begleitberichts (S. 1)
musste dabei der "Norminhalt" der aufgehobenen "Bestimmungen des
Obligationenrechts", also auch des Art. 641 Ziff. 8 aOR, "entsprechend dem
Auftrag des Gesetzgebers neu in die Verordnung aufgenommen werden". In der Tat
sieht die Handelsregisterverordnung vor, dass bei der Aktiengesellschaft nicht
nur "die Mitglieder des Verwaltungsrats" (Art. 45 Abs. 1 lit. n HRegV), sondern
auch die  "Art der Zeichnungsberechtigung" (Art. 119 Abs. 1 lit. g HRegV)
dieser Personen einzutragen sind. Die Art der Zeichnungsberechtigung ist nun
aber nichts anderes als die "Art der Ausübung der Vertretung", wie sie Art. 641
Ziff. 8 aOR vorsah. Von einem offensichtlichen Verzicht auf die Übernahme des
Regelungsgehalts von Art. 641 Ziff. 8 aOR kann keine Rede sein.
Weshalb die vorliegend zur Eintragung angemeldeten, präzisierten
Kollektivunterschriften mit genauer Bezeichnung der zur gemeinsamen
Unterzeichnung befugten Personen nicht in das Handelsregister eintragungsfähig
sein sollen, ist mithin im Lichte sowohl von BGE 121 III 368 als auch der neuen
Handelsregisterverordnung nicht einzusehen.

2.3.3. Auch in der heutigen Lehre zur neuen Handelsregisterverordnung sowie zu
Art. 718a OR wird ausnahmslos vertreten, dass bei Kollektivunterschriften die
zur gemeinsamen Unterzeichnung befugten Personen  namentlich bezeichnet werden
können (CHRISTIAN CHAMPEAUX, in: Siffert/Turin [Hrsg.], Stämpflis
Handkommentar, Handelsregisterverordnung [HRegV], 2013, N. 20 zu Art. 119
HRegV; ZIHLER/KRÄHENBÜHL, Zeichnungsberechtigungen und Funktionen in der
handelsregisterrechtlichen Praxis - Status quo und Vorschlag zur Entschlackung,
REPRAX 3/2010, S. 59 ff.; ROLF WATTER, in: Basler Kommentar, 4. Aufl. 2012, N.
20 zu Art. 718a OR; PETER/CAVADINI, in: Commentaire romand, 2008, N. 23 zu Art.
718a OR). Gemäss ZIHLER UND KRÄHENBÜHL ( a.a.O., S. 60 f.), beides Juristen im
eidgenössischen Amt für das Handelsregister, handelt es sich bei der
Präzisierung, bei der wie im vorliegend zu beurteilenden Eintragungsbegehren
eine  Auswahl von Mitwirkenden genannt wird ("A mit Kollektivunterschrift zu
zweien mit B oder C"), denn auch um eine der eintragungsfähigen Kombinationen,
die sich in der Handelsregisterpraxis herausgebildet haben. Ein Bedürfnis nach
einer Änderung der Praxis bzw. der Rechtsgrundlagen im Bereich der
Zeichnungsberechtigungen verneinen die beiden Autoren (ZIHLER/KRÄHENBÜHL,
a.a.O., S. 90).

2.3.4. Damit verstösst der angefochtene Entscheid nicht nur gegen die mit BGE
121 III 368 begründete Rechtsprechung, sondern steht auch im Widerspruch zur
herrschenden Lehre und bewährten Handelsregisterpraxis. Entgegen der Auffassung
der Vorinstanz sind die vorliegend zur Eintragung angemeldeten, präzisierten
Kollektivunterschriften in das Handelsregister einzutragen.

3.
Die Beschwerde erweist sich als begründet und der angefochtene Entscheid ist
aufzuheben. Das Eintragungsbegehren vom 9. Februar 2015 ist gutzuheissen und
der Beschwerdegegner ist anzuweisen, die damit zur Eintragung angemeldeten
Änderungen bzw. Präzisierungen der Zeichnungsberechtigungen einzutragen.
Im Übrigen ist die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. Art. 67 und 68
Abs. 5 BGG).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdegegner
entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 2 BGG), während ihm für das
bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten auferlegt werden können (Art.
66 Abs. 4 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid
wird aufgehoben und der Beschwerdegegner wird angewiesen, die mit Eingabe der
Beschwerdeführerin vom 9. Februar 2015 zur Eintragung angemeldeten Änderungen
bzw. Präzisierungen von Zeichnungsberechtigungen in das Handelsregister
einzutragen.
Im Übrigen wird die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren erhoben.

4.
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. März 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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