Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.532/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_532/2015

Urteil vom 29. März 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiberin Marti-Schreier.

Verfahrensbeteiligte
A.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alfred Schütz,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Philipp Straub,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Franchisevertrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts
des Kantons Bern vom 26. August 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die B.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) bezweckt Einkauf,
Lagerung, Verkauf und Vermittlung von Artikeln für Sport, Freizeit und
Bekleidung, primär für den schweizerischen Markt.
Die A.________ GmbH (Beklagte, Beschwerdeführerin) bezweckt den Handel mit und
Reparaturen von Sportartikeln aller Art.

A.b. Die B.________ AG und die A.________ GmbH schlossen am 20. Januar 2004
einen Franchisevertrag. Darin erlaubte die B.________ AG der A.________ GmbH,
ihre Geschäfte als Franchisenehmerin im Franchisemodell der B.________ AG zu
führen. Die A.________ GmbH verpflichtete sich, ihre Waren grösstenteils bei
Sportartikellieferanten zu kaufen, welche mit der B.________ AG einen
Zentralregulierungs- und Delkrederevertrag abgeschlossen hatten (nachfolgend:
ZR-Lieferanten). Die B.________ AG verpflichtete sich ihrerseits dazu,
sämtliche Rechnungen der ZR-Lieferanten für Bestellungen der A.________ GmbH zu
bezahlen. Dazu stellten die ZR-Lieferanten der B.________ AG jeweils eine
Rechnungskopie und zudem regelmässig ein Bordereau (für alle Franchisenehmer
der B.________ AG) mit Rechnungsdatum, -nummer und -betrag der Bestellungen zu.
Die B.________ AG bezahlte die ZR-Lieferanten aufgrund des Bordereaus. Im
Franchisevertrag wurde festgehalten, dass die ZR-Lieferanten dann gemäss dem
Zentralregulierungs- und Delkrederevertrag mit der B.________ AG dieser nach
Bezahlung der Rechnungen ihre Forderungen abtreten würden. Die B.________ AG
sollte der A.________ GmbH alle zwei Wochen eine Zahlungsaufstellung mit Angabe
der Bestellungen bei den ZR-Lieferanten zukommen lassen. Die A.________ GmbH
sollte danach der B.________ AG den entsprechenden Betrag erstatten.

A.c. Die A.________ GmbH bestellte in der Folge über mehrere Jahre Waren bei
ZR-Lieferanten. Die ZR-Lieferanten sandten der B.________ AG regelmässig
Bordereaus und diese liess der A.________ GmbH alle zwei Wochen eine
Zahlungsaufstellung zukommen. Fällige Rechnungen, welche die A.________ GmbH
nicht innert 10 Tagen beglich, übertrug die B.________ AG in ein
Kontokorrent-Konto.

A.d. Nachdem es zu Zahlungsausständen der A.________ GmbH gekommen war, mahnte
die B.________ AG diese erstmals mit Schreiben vom 3. Juni 2009 und verlangte
die Zahlung von Fr. 261'806.38 bis am 15. Juni 2009. Im September 2009
vereinbarten die Parteien verschiedene Massnahmen für die Fortsetzung ihrer
Zusammenarbeit in den nächsten zwölf Monaten. Unter anderem verpflichtete sich
C.________ (Geschäftsführer der A.________ GmbH) persönlich zur Unterzeichnung
einer Solidarbürgschaft.

A.e. Mit Schreiben vom 25. März 2010 kündigte die B.________ AG den Vertrag per
30. April 2010 "aufgrund der andauernden Zahlungsschwierigkeiten und der
fehlenden Bereitschaft eine Solidarbürgschaftserklärung zu unterzeichnen". Mit
Schreiben vom 12. Mai 2010 teilte die A.________ GmbH der B.________ AG mit,
aus ihrer Sicht bestehe kein wichtiger Grund für eine ausserordentliche
Kündigung und sie akzeptiere die Kündigung des Franchisevertrags nicht. Sie
nehme zur Kenntnis, dass die B.________ AG den Vertrag per 30. April 2010
einseitig beendet habe. Die noch bestehenden Schulden werde sie abtragen.

A.f. Mit Zahlungsbefehl vom 12. Dezember 2011 liess die B.________ AG die
A.________ GmbH für Fr. 548'639.05 plus Fr. 23'794.35 (Nebenforderung) plus Fr.
5'500.-- (Umtriebsspesen) nebst Zins zu 7 % seit dem 10. September 2010
abzüglich Fr. 325'000.-- (Teilzahlungen) betreiben. Die A.________ GmbH erhob
Rechtsvorschlag. Sie leistete in der Folge weiterhin Zahlungen an die
B.________ AG, letztmals am 27. Juli 2012. Die Höhe des offenen Restbetrags ist
zwischen den Parteien umstritten.

B.

B.a. Am 7. Dezember 2012 reichte die B.________ AG beim Handelsgericht des
Kantons Bern Klage ein. Mit ihrem an der Hauptverhandlung abgeänderten
Rechtsbegehren beantragte sie, die A.________ GmbH sei zur Zahlung von Fr.
129'207.70 (anlässlich der Hauptverhandlung reduziert auf Fr. 119'382.85) und
Fr. 203.-- (Kosten Zahlungsbefehl) nebst Zins zu verurteilen und der in der
Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Winterthur-Wülflingen vom 12. Dezember
2011 von der Beklagten erhobene Rechtsvorschlag sei in diesem Umfang
aufzuheben.

B.b. Mit Entscheid vom 26. August 2015 stellte das Handelsgericht des Kantons
Bern fest, dass die Klägerin ihre Klage im Umfang von Fr. 9'824.85
zurückgezogen habe und schrieb das Verfahren in diesem Umfang ab
(Dispositiv-Ziff. 1). Das Handelsgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung
von Fr. 106'521.10 zuzüglich Fr. 203.-- nebst Zins (Dispositiv-Ziff. 2). Den in
der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Winterthur-Wülflingen erhobenen
Rechtsvorschlag der Beklagten hob es in diesem Umfang auf (Dispositiv-Ziff. 3).

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 29. September 2015 beantragt die A.________
GmbH dem Bundesgericht, der Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Bern vom
26. August 2015 sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen. Die
Beschwerdeführerin beantragt zudem, der Beschwerde sei die aufschiebende
Wirkung (auch bereits superprovisorisch) zu erteilen und das Betreibungsamt
Winterthur-Wülflingen sei anzuweisen, die Betreibung Nr. xxx bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens einzustellen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde und des Antrags
um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Die Vorinstanz beantragt in ihrer
Vernehmlassung sinngemäss die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik eingereicht und sich darin nochmals zu
ihrem Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung geäussert.

D.
Mit Verfügung vom 1. Oktober 2015 wurde der Beschwerde superprovisorisch die
aufschiebende Wirkung erteilt.
Mit Präsidialverfügung vom 1. Dezember 2015 wurde das Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil betrifft eine Zivilsache (Art. 72 BGG) und ist von
einem oberen kantonalen Gericht erlassen worden, das als Fachgericht für
handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz eingesetzt ist
(Art. 75 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren im
vorinstanzlichen Verfahren unterlegen (Art. 76 BGG), die Beschwerde richtet
sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) und ist innert der Beschwerdefrist
eingereicht worden (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist
somit - unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art.
106 Abs. 2 BGG; vgl. sogleich E. 2) - einzutreten.

2.

2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und
96 BGG gerügt werden. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die
Begehren und deren Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art.
42 Abs. 2 BGG), andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im
Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des
angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine
Verletzung von Bundesrecht liegt. Die Beschwerdeführerin soll dabei mit ihrer
Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz
ansetzen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Die Begründung hat ferner in
der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen; der blosse Verweis auf Ausführungen
in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 140 III 115
E. 2 S. 116; 133 II 396 E. 3.2 S. 399 f.).

2.2. Diese Anforderungen missachtet die Beschwerdeführerin, wenn sie unter dem
Titel "Stellungnahme zum Entscheid des HGer Bern" den vorinstanzlichen
Entscheid kommentiert und ihre eigene Sicht der Dinge darlegt. Es genügt auch
nicht, die Erwägungen der Vorinstanz lediglich als unzutreffend zu bezeichnen.
Vielmehr können die Ausführungen in der Beschwerde nur beachtet werden, soweit
die Beschwerdeführerin klar aufzeigt, inwiefern die Vorinstanz ihrer Ansicht
nach Bundesrecht verletzt oder den Sachverhalt willkürlich festgestellt hat.

2.3. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe den Zeugen D.________
über weite Strecken auch zu Beweisthemen befragt, zu denen seine Zeugenaussage
von der Beschwerdegegnerin gar nicht als Beweismittel offeriert worden sei.
Dadurch habe die Vorinstanz "die in Art. 9 BV und Art. 8 ZGB geregelte
Beweislastverteilung", den Verhandlungsgrundsatz nach Art. 55 ZPO und das
Novenverbot nach Art. 229 ZPO verletzt. Die Beschwerdeführerin habe die
Vorinstanz vor der Zeugenbefragung umsonst darauf hingewiesen, eine "Befragung
zum Prozessstoff nach Gutdünken" würde eine unzulässige Umgehung des in Art.
229 ZPO verankerten Novenverbots darstellen.
Die Beschwerdeführerin verweist für ihre Behauptung, die Vorinstanz habe sich
bei der Befragung des Zeugen D.________ nicht an den durch die
Parteibehauptungen vorgegebenen Rahmen gehalten, einzig auf S. 207 ff. des
Protokolls der Fortsetzungsverhandlung. Weder legt die Beschwerdeführerin dar,
welche Fragen ihrer Ansicht nach unzulässig waren und was der Zeuge darauf
antwortete, noch zeigt sie auf, dass die Vorinstanz in ihrem Urteil auf die
angeblich überschiessenden Beweisergebnisse abstellte. Die Beschwerdeführerin
genügt damit den dargelegten Begründungsanforderungen nicht. Auf die Rüge ist
nicht einzutreten.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt, sie habe entgegen der Ansicht der Vorinstanz die
Teilnahme an der Fortsetzung der Hauptverhandlung im Januar 2015 zu Recht
verweigert und es dürften sie daher keine Säumnisfolgen treffen.

3.1. Zur Begründung bringt die Beschwerdeführerin erstens vor, die Vorinstanz
habe zu Unrecht an der Parteibefragung von C.________ (Geschäftsführer der
Beschwerdeführerin) festgehalten, obwohl sie den entsprechenden Antrag
zurückgezogen habe. Damit habe die Vorinstanz Art. 55, 191 und 229 ZPO sowie
"die in Art. 9 BV und Art. 8 ZGB festgehaltenen Beweislastregeln" verletzt.
Zweitens habe die Vorinstanz mangelhafte Beweisverfügungen erlassen und damit
gegen Art. 154 und 229 ZPO verstossen. Die vorinstanzlichen Beweisverfügungen
hätten nicht bloss "Themen" enthalten sollen, sondern die nach Ansicht des
Gerichts relevanten Tatsachenbehauptungen der Parteien mit den von ihnen je
bezeichneten und vom Gericht zugelassenen Haupt- und Gegenbeweismitteln.
Aufgrund der mangelhaften Beweisverfügungen beruhe auch die Fortsetzung der
Hauptverhandlung, an welcher C.________ als Partei hätte befragt werden sollen,
auf einer rechtswidrigen Grundlage.

3.2. Die Vorinstanz hat ausgeführt, das Gericht dürfe eine Parteibefragung
nicht nur auf Antrag durchführen, sondern auch von Amtes wegen anordnen. Da
C.________ kein Verweigerungsrecht nach Art. 163 ZPO geltend gemacht habe und
ein solches auch nicht ersichtlich sei, habe er seine Mitwirkung
unberechtigterweise verweigert. Das Gericht berücksichtige dies bei der
Beweiswürdigung (Art. 164 ZPO).
Die Vorinstanz erwog im Rahmen der Beweiswürdigung, grundsätzlich sei eine
unberechtigte Verweigerung als Indiz zu lesen, dass die Behauptungen der
Beschwerdegegnerin richtig seien. Bei der Frage, ob die Parteien den
Franchisevertrag per Ende Mai 2010 beendet hätten, sah die Vorinstanz trotz
verweigerter Mitwirkung der Beschwerdeführerin indessen ausdrücklich davon ab,
auf die Darstellung der Beschwerdegegnerin abzustellen. Sie kam zum Schluss,
die Beschwerdegegnerin habe nicht nachweisen können, dass die Parteien eine
Beendigung per Ende Mai 2010 vereinbart hätten. Zwischen den Parteien ist
weiter die Höhe des Betrags umstritten, für den die Beschwerdeführerin Waren
bei Lieferanten bestellt hat. Die Vorinstanz verwarf in Würdigung der Beweise
sämtliche zu diesem Thema vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin. Erst
am Ende der Erwägungen würdigte sie die unberechtigte Verweigerung der
Parteiaussage durch die Beschwerdeführerin als lediglich "zusätzliches Indiz"
für die Richtigkeit der Behauptungen der Beschwerdegegnerin.

3.3. Die Beschwerdeführerin zeigt in ihrer Beschwerde nicht auf, inwiefern sich
die gerügten, angeblichen Verletzungen von Bundesrecht für sie nachteilig auf
den vorinstanzlichen Entscheid ausgewirkt hätten. Angesichts der soeben
wiedergegebenen Erwägungen der Vorinstanz ist dies auch nicht ersichtlich. So
wurde der Weigerung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, an der
Fortsetzung der Hauptverhandlung teilzunehmen und sich befragen zu lassen, in
der Beweiswürdigung keine entscheidwesentliche Bedeutung zugemessen. Hat sich
die gerügte Rechtsverletzung aber nicht auf das Entscheidergebnis ausgewirkt,
hat die Beschwerdeführerin kein schutzwürdiges Interesse an der Behandlung
ihrer Rügen. Denn zu prüfen bliebe dann lediglich, ob eine Parteibefragung von
Amtes wegen erfolgen darf und wie eine Beweisverfügung auszugestalten ist,
damit sie den Anforderungen von Art. 154 ZPO genügt. Zur Beantwortung bloss
theoretischer Fragen ist die Beschwerde nicht gegeben (Art. 76 Abs. 1 lit. b
BGG; BGE 137 III 153 E. 5 S. 158; 135 III 513 E. 7.2 S. 525 mit Hinweisen; vgl.
auch Urteil 4A_221/2015 vom 23. November 2015 E. 3.2). Auf die genannten Rügen
der Beschwerdeführerin ist somit nicht einzutreten.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz weiter vor, diese habe ein
Beweisverfahren durchgeführt, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt
gewesen seien. Die Beschwerdegegnerin habe ihre Behauptungen nicht genügend
substanziiert. Sie habe etwa keine Lieferantenrechnungen für von der
Beschwerdeführerin bestellte und an sie gelieferte Waren vorgelegt. Zudem habe
die Beschwerdeführerin keine einschlägigen Urkunden zum Beweis angeboten, dass
sie die angeblich offenen Lieferantenrechnungen ihrerseits bezahlt hätte. Damit
sei es der Beschwerdeführerin bis heute verwehrt geblieben, die angeblich noch
offenen Beträge substanziiert zu bestreiten. Indem die Vorinstanz trotzdem ein
Beweisverfahren durchgeführt habe, habe sie die Dispositions- und
Verhandlungsmaxime gemäss Art. 55 ZPO, die "bundesrechtlich in Art. 9 BV und
Art. 8 ZGB geregelte Beweislastverteilung" und das Novenverbot nach Art. 229
ZPO verletzt.

4.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdegegnerin habe das
Abrechnungssystem detailliert dargelegt und die Beschwerdeführerin bestreite
diese Ausführungen nicht. Danach übertrug die Beschwerdegegnerin fällige,
unbezahlte Rechnungen in ein Kontokorrent-Konto. Die Beschwerdegegnerin hat mit
ihrer Klage zahlreiche Zahlungsaufstellungen eingereicht. Aus diesen ergeben
sich die Rechnungsbeträge, welche die Beschwerdegegnerin nach eigenen Angaben
bezahlt hat und deren Rückerstattung sie von der Beschwerdeführerin fordert.
Aufgeführt sind weiter jeweils der Lieferant, das Rechnungsdatum und die
Belegnummer.
Damit hat die Beschwerdegegnerin genügend substanziiert behauptet, woraus sich
ihr geltend gemachter Anspruch ihrer Ansicht nach ergibt. Tatsachenbehauptungen
müssen so konkret formuliert sein, dass ein substanziiertes Bestreiten möglich
ist oder der Gegenbeweis angetreten werden kann (BGE 136 III 322 E. 3.4.2 S.
328 mit Hinweis; vgl. zur ZPO Urteil 4A_299/2015 vom 2. Februar 2016 E. 2.3 mit
Hinweisen). Diesen Anforderungen genügt, wenn die Tatsache in einer den
Gewohnheiten des Lebens entsprechenden Weise in ihren wesentlichen Zügen oder
Umrissen behauptet worden ist (BGE 136 III 322 E. 3.4.2 S. 328). Entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführerin war die Beschwerdegegnerin nicht gehalten, für
jede der - nach Angaben der Beschwerdeführerin über 1'000 - Rechnungen noch
detailliertere Angaben zu machen. Dies würde die Anforderungen an eine
genügende Substanziierung überspannen. Ob der Beschwerdegegnerin der Nachweis
gelang, dass sie die Rechnungen bezahlt und die Beschwerdeführerin ihr nicht
sämtliche Beträge zurückerstattet hat, ist eine Frage der Beweiswürdigung (dazu
sogleich E. 5). Die Rüge, die Vorinstanz hätte zu tiefe Anforderungen an die
Substanziierung der Behauptungen gestellt, erweist sich somit als unbegründet.
Inwiefern die Vorinstanz in anderer Hinsicht gegen die von der
Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Bestimmungen des Bundesrechts
verstossen hätte, tut die Beschwerdeführerin nicht ausreichend dar und ist auch
nicht ersichtlich.

5.
Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich eine willkürliche Beweiswürdigung
durch die Vorinstanz.

5.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei
"willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117, 264 E. 2.3 S. 266; 135 III 397 E.
1.5). Entsprechende Rügen sind überdies bloss zulässig, wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten
will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen
erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18, 264 E. 2.3 S. 266 mit
Hinweisen). Soweit die Partei den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit
Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und
taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht
hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90). Die beschwerdeführende Partei soll in der
Beschwerdeschrift zudem nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im
kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer
Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz
ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116). Auf eine Kritik an den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht
genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).
Zu beachten ist, dass das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts
nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nicht schon dann vor,
wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen
wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 IV 13 E. 5.1 S. 22; 134
II 124 E. 4.1 S. 133; 132 III 209 E. 2.1 S. 211). Dass die von Sachgerichten
gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin
übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit
Verweisen).

5.2. Die Vorinstanz hat ausgeführt, die Zahlungsaufstellungen der
Beschwerdegegnerin und die Borderaus der ZR-Lieferanten würden dasselbe
enthalten, nämlich Bestellungen der Beschwerdeführerin bei ZR-Lieferanten über
einen bestimmten Betrag. Inhaltlich fänden die Zahlungsaufstellungen ihre
Grundlage in den Borderaus der ZR-Lieferanten. Diese wiederum beruhten auf den
Bestellungen der Klägerin (recte: der Beklagten, hier der Beschwerdeführerin)
bei den ZR-Lieferanten mit den entsprechenden Rechnungen. Die
Beschwerdeführerin habe die Bestellungen selbst getätigt und Lieferungen selbst
erhalten. Sie sei somit in der Lage gewesen, die Zahlungsaufstellungen zu
prüfen. Dass dies zutreffe, habe die Beschwerdeführerin selbst dargetan: In der
Zahlungsaufstellung vom 25. Juni 2010 habe sie vier Rechnungsbeträge ausfindig
gemacht, welche nicht auf Bestellungen ihrerseits zurückzuführen gewesen seien.
Auf der dazu eingereichten Seite 2 dieser Zahlungsaufstellung seien diese vier
Rechnungsbeträge jeweils mit einem Strich ("-") markiert. Sämtliche weiteren
Rechnungsbeträge seien mit einem kleinen handschriftlichen Häkchen ("?")
versehen. Da diese in der von der Beschwerdegegnerin erstellten
Zahlungsaufstellung noch nicht vorhanden seien, sei anzunehmen, dass die
Zeichen von der Beschwerdeführerin stammten. Dies zeige, dass die
Beschwerdeführerin nicht nur in der Lage gewesen sei, die Zahlungsaufstellungen
zu prüfen, sondern dass sie eine solche Prüfung auch tatsächlich vorgenommen
habe. Zur bestrittenen Tatsache, ob die Beschwerdegegnerin die Forderungen der
ZR-Lieferanten bezahlt habe, sei der Zeuge D.________ befragt worden, der über
25 Jahre lang Chefbuchhalter der Beschwerdegegnerin gewesen sei. Er habe
ausgesagt, die Borderaus der ZR-Lieferanten seien kontrolliert und bei
korrekter Rechnung sei die Zahlung sofort ausgelöst worden. Es seien nie
Zahlungen an Lieferanten offen geblieben. Die Aussagen hätten sehr zuverlässig
und präzise gewirkt. Das Handelsgericht sei überzeugt davon, dass die
Beschwerdegegnerin die Rechnungen der ZR-Lieferanten für Bestellungen der
Beschwerdeführerin bezahlt habe.

5.3. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, die Vorinstanz hätte die
Borderaus und die Zahlungsaufstellung nach der durch eine Stichprobe
nachgewiesenen Fehleranfälligkeit nicht als genügenden Beweis für den geltend
gemachten Anspruch würdigen dürfen. Die Annahme der Vorinstanz, die
Beschwerdeführerin hätte über sämtliche Lieferantenrechnungen verfügt und die
Zahlungsaufstellungen stets auch tatsächlich überprüft, sei aktenwidrig und
damit willkürlich. Eine solche Überprüfung habe nur nachträglich und lediglich
im Zusammenhang mit der ins Recht gelegten Stichprobe stattgefunden. Die
Beschwerdeführerin habe stets bestritten, die Zahlungsaufstellungen fortlaufend
überprüft zu haben und sie habe klargestellt, dass sie von den Lieferanten nur
vereinzelt Rechnungen erhalten habe.

5.4. Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin keine Willkür
nachzuweisen. Die Feststellungen der Vorinstanz zur Frage, ob die
Beschwerdeführerin die Zahlungsaufstellungen der Beschwerdegegnerin geprüft
habe, sind im Zusammenhang mit den vier Rechnungsbeträgen zu sehen, welche die
Beschwerdeführerin als falsch identifiziert hat. Die Vorinstanz hat sich nicht
dazu geäussert, ob die Beschwerdeführerin die Zahlungsaufstellungen stets bei
Erhalt überprüft habe. Vielmehr bezog sie sich auf das Vorbringen der
Beschwerdeführerin, sie könne die Zahlungsaufstellungen der Beschwerdegegnerin
nicht überprüfen, und erwog sinngemäss, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls
im Prozess eine Prüfung vorgenommen habe. Im Übrigen kann aus der Tatsache,
dass die Beschwerdeführerin eine Prüfung im Zeitpunkt des Erhalts der
Zahlungsaufstellungen nach eigenen Angaben unterlassen habe, jedenfalls nichts
zu Ungunsten der Beschwerdegegnerin abgeleitet werden. Die zu Unrecht
aufgeführten vier Rechnungsbeträge hat die Vorinstanz bei ihrer Berechnung
abgezogen. Die Tatsache alleine, dass bei einer Aufstellung Fehler unterlaufen,
führt nicht zwingend zum Schluss, dass die Aufstellung an sich fehlerhaft ist
oder noch weitere Fehler enthält. Die Vorinstanz hat somit entgegen der Ansicht
der Beschwerdeführerin die Beweise nicht willkürlich gewürdigt, indem sie trotz
dieses - korrigierten - Fehlers auf die Zahlungsaufstellungen abgestellt hat.
Die Rüge ist unbegründet.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. März 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Marti-Schreier

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