Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.521/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_521/2015

Urteil vom 7. Januar 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiberin Marti-Schreier.

Verfahrensbeteiligte
A.________AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Versicherungsvertrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 18.
August 2015.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Kläger, Beschwerdegegner) ist einziger Gesellschafter der
D.________GmbH in Luzern und bei dieser als Geschäftsführer angestellt. Die
D.________GmbH hat mit der A.________AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) eine
Kollektivkrankentaggeldversicherung für ihre Arbeitnehmenden abgeschlossen und
sämtliche Angestellten - auch B.________ - auf der Basis des AHV-Lohns
versichert. B.________ leidet unter degenerativen Schulterproblemen, welche ihm
schulterbelastende Tätigkeiten und Überkopfarbeiten verunmöglichen.
Die A.________AG leistete für B.________ vom 30. Juli 2012 bis 31. Juli 2013
Taggelder. Dieser fordert weitere Taggeldleistungen für die Zeit vom 1. August
2013 bis zum 31. Dezember 2013, was die A.________AG ablehnt.
Unbestritten sind zwischen den Parteien die Höhe des versicherten Lohnes (Fr.
250'000.-- pro Jahr), die Taggeldhöhe (Fr. 547.95 für 100 %) und die
fortdauernde, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu 50 % von B.________ für
schulterbelastende Tätigkeiten und Überkopfarbeiten in seiner bisherigen
Tätigkeit.

B.

B.a. Am 13. Januar 2014 reichte B.________ beim Bezirksgericht Luzern Klage ein
und beantragte, die A.________AG sei zur Leistung von Taggeldern für die Zeit
vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 in der Höhe von Fr. 52'254.10
nebst Zins zu verpflichten, unter Vorbehalt des Nachklagerechts für Taggelder
ab dem 1. Januar 2014. Mit Replik vom 16. Juni 2014 reduzierte B.________ seine
Forderung auf Fr. 41'918.15 nebst Zins.
Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hiess das Bezirksgericht Luzern die Klage gut
und verpflichtete die A.________AG zur Zahlung von Fr. 41'918.15 nebst Zins an
B.________.

B.b. Gegen dieses Urteil erhob die A.________AG Berufung an das Kantonsgericht
Luzern und beantragte, das Urteil des Bezirksgerichts Luzern sei aufzuheben und
die Klage sei abzuweisen.
Mit Urteil vom 18. August 2015 wies das Kantonsgericht Luzern die Berufung ab
und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Das Kantonsgericht kam wie bereits
das Bezirksgericht zum Schluss, es liege eher eine Summen- als eine
Schadensversicherung vor und B.________ habe seine
Schadenminderungsobliegenheit nicht verletzt.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 25. September 2015 beantragt die A.________AG
dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 18. August
2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz
beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
Die Parteien haben Replik und Duplik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Zu beurteilen ist die Leistungspflicht aus einer Zusatzversicherung zur
sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss
Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die
Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über
den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen
Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, womit als Rechtsmittel an das
Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG in Betracht
kommt (BGE 138 III 2 E. 1.1 S. 3; 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f. mit Hinweis).
Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Endentscheid
(Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin
kantonal letztinstanzlich entschieden hat (Art. 75 BGG), die Rechtsbegehren der
Beschwerdeführerin sind im kantonalen Verfahren nicht geschützt worden (Art. 76
Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51
i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art.
100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist somit - unter
Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2
BGG) - einzutreten.

2.
Zwischen den Parteien ist die Auslegung des Versicherungsvertrags umstritten.
Während die Vorinstanz mit dem Beschwerdegegner von einer Summenversicherung
ausging, die keinen Nachweis eines Erwerbsausfalles voraussetze, macht die
Beschwerdeführerin geltend, es liege gemäss den AVB eine Schadensversicherung
vor. Da der Beschwerdegegner keinen Schaden nachweisen könne, schulde die
Beschwerdeführerin keine weiteren Taggeldleistungen.

2.1. Klauseln in allgemeinen Geschäfts- oder Versicherungsbedingungen sind,
wenn sie in Verträge übernommen werden, grundsätzlich nach denselben Prinzipien
auszulegen wie andere vertragliche Bestimmungen (BGE 133 III 607 E. 2.2 S. 610,
675 E. 3.3 S. 681). Ziel der Vertragsauslegung ist es, in erster Linie den
übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festzustellen (vgl. Art. 18
Abs. 1 OR). Wenn dieser unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des
mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des
Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang
sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (vgl. BGE
138 III 659 E. 4.2.1 S. 666; 137 III 145 E. 3.2.1 S. 148; 136 III 186 E. 3.2.1
S. 188). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von
Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen
Gerichts über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten
grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Versagen bei mehrdeutigen
Klauseln die übrigen Auslegungsmittel, so sind solche Klauseln gemäss der
Unklarheitsregel gegen den Verfasser bzw. gegen jene Partei auszulegen, die als
branchenkundiger als die andere zu betrachten ist und die Verwendung der
vorformulierten Bestimmungen veranlasst hat (BGE 133 III 61 E. 2.2.2.3 S. 69,
607 E. 2.2 S. 610; 124 III 155 E. 1b S. 158; 122 III 118 E. 2a S. 121).

2.2. Im Gegensatz zur Schadensversicherung ist bei der Summenversicherung die
Leistung beim Eintritt des Versicherungsfalls unabhängig davon geschuldet, ob
der Versicherte effektiv einen Schaden erlitten hat (BGE 133 III 527 E. 3.2.4
S. 532 f.; 119 II 361 E. 4 S. 364 f.; 104 II 44 E. 4c f. S. 49 ff.; Urteil
4A_38/2015 vom 25. Juni 2015 E. 3.2).

2.3. Die Vorinstanz hat ausgeführt, die Voraussetzungen für die Leistung von
Taggeldern seien in Art. 8.1.4 AVB umschrieben. Danach sei eine
Arbeitsunfähigkeit zu mindestens 25 % infolge Krankheit vorausgesetzt. Ein
Schaden im Rechtssinne sei gemäss dem Wortlaut von Art. 8.1 AVB nicht
Leistungsvoraussetzung. Die Leistung bemesse sich gemäss Art. 8.2.1 AVB nach
dem vereinbarten Versicherungsumfang und den vorliegenden
Versicherungsbedingungen; sie dürfe den entgangenen Verdienst bzw. die
vereinbarte feste Lohnsumme nicht übersteigen. Die Beschwerdeführerin verweise
auf die Beschreibung des Zwecks der Versicherung in Art. 1.1 AVB und auf Art.
7.2.2 und 7.3 AVB, wo es um den Versicherungsumfang gehe. Sie mache geltend,
eine Leistungspflicht setze zum einen eine krankheitsbedingte
Arbeitsunfähigkeit und zum andern einen dadurch verursachten Erwerbsausfall in
der Höhe des entgangenen Verdienstes voraus. Sie setze sich allerdings nicht
mit den zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts auseinander,
wonach Art. 8.1 AVB, der die Leistungsvoraussetzungen definiere, einen Schaden
im Rechtssinn gerade nicht voraussetze. Auch lege sie nicht dar, woraus sich
ergeben solle, dass die Leistungen des Versicherers vorliegend an den
tatsächlichen Einkommensausfall des Versicherten anknüpfen sollten. Es sei auch
darauf hinzuweisen, dass mehrdeutige Klauseln nach der Unklarheitsregel gegen
den Versicherer als deren Verfasser auszulegen wären. Das erstinstanzliche
Gericht sei somit zu Recht eher von einer Summenversicherung ausgegangen.

2.4. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, die Vorinstanz habe ausser Acht
gelassen, dass Art. 1.1 AVB systematisch und vom Wortlaut her als Grundlage für
alle anderen Artikel diene, insbesondere auch für Art. 8.1.4 AVB. In Art. 1.1
AVB stehe ausdrücklich, dass die Lohnausfallversicherung für Unternehmen der
Deckung des Erwerbsausfalles diene, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge
Krankheit entstanden sei. Zudem gelte gemäss Art. 7.2.2 AVB als
Bemessungsgrundlage für die Taggelder der letzte vor Krankheitsbeginn bezogene
AHV-pflichtige Lohn. Demnach setze die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin
voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wirtschaftliche Folgen
in Form eines Erwerbsausfalls habe. Daran ändere nichts, dass gemäss Art. 7.3
AVB die Höhe des versicherbaren Lohnes pro Person und Jahr auf Fr. 250'000.--
begrenzt sei. Nach Art. 11.1.1 und 11.3.1 AVB dürfe die versicherte Person
zudem (auch unter Berücksichtigung Leistungen Dritter) nicht überentschädigt
werden. Aus all diesen Bestimmungen der AVB ergebe sich, dass nicht eine
Summen-, sondern eine Schadensversicherung vorliege. Einen Schaden habe der
Beschwerdegegner nicht erlitten, da sein Invalideneinkommen im Jahr 2013 höher
gewesen sei als der versicherte Lohn von Fr. 250'000.--. Die Beschwerdeführerin
sei deshalb nicht leistungspflichtig.

2.5. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ein Schaden in den AVB nicht
unter den Leistungsvoraussetzungen aufgeführt ist. Ist die Leistung unabhängig
davon geschuldet, ob der Versicherte effektiv einen Schaden erlitten hat, so
liegt eine Summenversicherung vor. Die Formulierung des Zweckartikels Art. 1.1
AVB schliesst eine Summenversicherung nicht aus. Denn auch die Taggelder, die
aus einer Summenversicherung ausbezahlt werden, bezwecken letztlich die
Kompensation eines durch Arbeitsunfähigkeit bedingten Erwerbsausfalls, dessen
Nachweis aber nicht Voraussetzung für die Auszahlung ist. Nach den
vorinstanzlichen Feststellungen ist ein Lohn von Fr. 250'000.-- pro Jahr
versichert. Dass die Leistungen auf diesen Betrag beschränkt sind, macht auch
bei Vorliegen einer Summenversicherung Sinn. Was die in den AVB angeblich
vorgesehene Anrechnung von Leistungen Dritter angeht, so lässt sich dazu dem
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt nichts entnehmen. Da die
Beschwerdeführerin diesbezüglich keine Sachverhaltsrügen erhebt, müssen ihre
Ausführungen dazu unberücksichtigt bleiben. Immerhin sei erwähnt, dass eine
Anrechnung von Leistungen Dritter auch in den AVB einer Summenversicherung
vorgesehen werden kann (BGE 133 III 527 E. 3.2.5 S. 533). Damit ergibt sich
entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin aus den AVB nicht, dass ein Schaden
Voraussetzung für die Leistung von Taggeldern ist. Da nach der Unklarheitsregel
selbst mehrdeutige Klauseln gegen die Beschwerdeführerin auszulegen wären, ist
die Versicherung als Summenversicherung zu qualifizieren. Die Rüge der
Beschwerdeführerin ist unbegründet.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt weiter, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine
Verletzung der Schadenminderungspflicht nach Art. 61 Abs. 1 VVG durch den
Beschwerdegegner verneint.

3.1. Die Vorinstanz hat ausgeführt, die D.________GmbH sei ein
Familienunternehmen mit 11 Angestellten. Die Beschwerdeführerin habe vom
Beschwerdegegner im Sinne einer Massnahme zur Schadensminderung verlangt, einen
günstigeren Ersatzangestellten einzustellen, der die Aufgaben des
Beschwerdegegners hätte übernehmen können. Diese Massnahme setze nicht beim
versicherten Ereignis der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners an, sondern
beim Schaden. Selbst wenn aber der Meinung der Beschwerdeführerin gefolgt
würde, so wäre die verlangte Massnahme dem Beschwerdegegner subjektiv nicht
zumutbar. Die Versicherungsleistungen seien maximal während 730 Tagen zu
erbringen. Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Beschwerdegegners (geb.
im Jahr 1957) könne ihm nicht zugemutet werden, für die kurze verbleibende Zeit
einen Teilzeitangestellten zu finden und in den kleinen Betrieb einzugliedern.
Das schützenswerte Interesse des Beschwerdegegners, keinen Ersatzangestellten
einzustellen, überwiege das Interesse der Beschwerdeführerin an der Anstellung
eines Ersatzangestellten. Dem Beschwerdegegner sei somit nicht zumutbar,
jemanden im handwerklichen Bereich einzustellen und sich nur dessen Lohn von
der Beschwerdeführerin vergüten zu lassen.

3.2. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, der Beschwerdegegner sei als
Geschäftsführer einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er sei, als
Selbständigerwerbender zu behandeln. Es sei ihm zumutbar, eine Ersatzkraft zum
Ausgleich seiner eigenen reduzierten Leistungsfähigkeit bezüglich körperlich
schwerer Arbeiten anzustellen und so die Auswirkungen der reduzierten
Leistungsfähigkeit auf ein Mindestmass zu reduzieren. Die versicherte Person
habe sich das Erwerbseinkommen anrechnen zu lassen, das sie zumutbarerweise
noch erzielen könnte. Bei Einstellung eines Ersatzangestellten sei der
Restschaden mittels eines Einkommensvergleichs zu ermitteln. Dieses Vorgehen
schreibe das Bundesgericht vor, wenn die versicherte Person zu einem
Berufswechsel verpflichtet werde. Im vorliegenden Fall sei analog vorzugehen.
Ab dem 1. August 2013 resultiere daher eine Arbeitsunfähigkeit von unter 25 %
und ein allfälliger Leistungsanspruch des Beschwerdegegners entfalle.

3.3. Nach Art. 61 Abs. 1 Satz VVG ist der Anspruchsberechtigte verpflichtet,
nach Eintritt des befürchteten Ereignisses tunlichst für Minderung des Schadens
zu sorgen. Die Obliegenheit zur Minderung des Schadens hat die versicherte
Person nicht nur bei einer Schadens-, sondern auch bei einer Summenversicherung
(BGE 128 III 34 E. 3b S. 36; Urteil 4A_529/2012 vom 31. Januar 2013 E. 2.2;
vgl. auch BGE 133 III 527 E. 3.2.1 S. 531). Zur Erfüllung der
Schadenminderungsobliegenheit kann ein Berufswechsel notwendig sein (BGE 133
III 527 E. 3.2.1 S. 531; Urteile 4A_574/2014 vom 15. Januar 2015 E. 4.1; 4A_529
/2012 vom 31. Januar 2013 E. 2.3).

3.4. Um ihrer Schadenminderungsobliegenheit nachzukommen, soll die versicherte
Person darauf hinarbeiten, ihre Arbeitsfähigkeit so rasch wie möglich zu
steigern und sich wieder ins Erwerbsleben zu integrieren. Die versicherte
Person soll mithin ihre eigenen Fähigkeiten - soweit zumutbar - so einsetzen,
dass der Erwerbsausfall verringert werden kann. Wenn die Beschwerdeführerin vom
Beschwerdegegner nun aber die Einstellung eines Ersatzangestellten verlangt, so
zielt diese Massnahme nicht auf die Steigerung des Erwerbseinkommens des
Beschwerdegegners selbst ab. Die Forderung nach einem Ersatzangestellten
richtet sich nicht an den Beschwerdegegner als versicherten Arbeitnehmer,
sondern an den Beschwerdegegner als Geschäftsführer, mithin an die GmbH als
Arbeitgeberin. Dem Beschwerdegegner obliegt es aber nach Art. 61 VVG nur,
seinen (eigenen) Schaden als Arbeitnehmer zu mindern, nicht den Schaden der
GmbH als seiner Arbeitgeberin. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdegegner
Geschäftsführer der GmbH ist. Versichert ist denn auch der Lohn des
Beschwerdegegners, nicht der Gewinn seines Unternehmens. Dem Beschwerdegegner
kann somit nicht als Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit vorgeworfen
werden, er habe keinen Ersatzangestellten eingestellt. Dass dem
Beschwerdegegner ein Berufswechsel nicht zumutbar ist, anerkennt die
Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz hat Art. 61 VVG daher nicht verletzt, indem
sie eine Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit verneint hat. Die Rüge
ist unbegründet.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang
wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs.
1, Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Januar 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Marti-Schreier

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