Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.51/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_51/2015

Urteil vom 20. April 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Hohl,
Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Schlichtungsverfahren, Vergleich,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichterin
im Obligationenrecht, vom 18. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Mieterin) mietete mit Verträgen vom 7./8. November 2012 von
A.________ (Vermieterin, Beschwerdeführerin) eine 4 1/2-Zimmerwohnung und einen
Parkplatz in der Liegenschaft U.________. C.________ unterzeichnete die
Verträge als Vertreterin der Vermieterin, wobei sich ihre Vertretungsbefugnis
aus einem "Verwaltungsvertrag" betreffend die besagte Liegenschaft ergab, den
sie am 28. August 2006 mit der Vermieterin und deren damaligen Miteigentümerin,
D.________, abgeschlossen hatte.

 Am 7. November 2013 sprach C.________ die Kündigung für das Mietverhältnis per
Ende März 2014 aus, worauf die Mieterin mit Eingabe vom 6. Dezember 2013 ein
Begehren um Kündigungsschutz an die Schlichtungsstelle für Miet- und
Pachtverhältnisse Wil stellte.

 An der Schlichtungsverhandlung vom 12. Februar 2014 waren klägerseits die
Mieterin in Begleitung von E.________ anwesend. Für die Vermieterin erschien
C.________ als Vertreterin, wobei sie als Vertretungsvollmacht den
Verwaltungsvertrag vom 28. August 2006 vorlegte. Dessen Ziffer 2.1 lautet wie
folgt:

 "Stellvertretung
Vertretung der Auftraggeber gegenüber Behörden, Amtsstellen wie Baubehörden,
Schlichtungsstellen und Mietamt etc."

 Die Vermieterin als Beklagte war selber nicht persönlich anwesend. Anlässlich
der Schlichtungsverhandlung wurde ein Vergleich abgeschlossen, mit dem (unter
anderem) die Kündigung von der Mieterin akzeptiert und das Mietverhältnis "im
Einvernehmen der Parteien" bis am 30. Juni 2015 "definitiv" erstreckt wurde.
Die Schlichtungsstelle schrieb das Verfahren noch am gleichen Tag als zufolge
Vergleichs erledigt ab.

B.
Am 8. Mai 2014 beantragte die Vermieterin der Schlichtungsstelle mittels
Revisionsgesuch gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO, "der Abschreibungsbeschluss"
vom 12. Februar 2014 sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass "der
vorbezeichnete Beschluss einschliesslich des in diesem aufgenommenen
Vergleichs" nichtig sei. Die Schlichtungsverhandlung sei unter persönlicher
Anwesenheit der Vermieterin erneut durchzuführen. Das Revisionsgesuch war im
Wesentlichen damit begründet, C.________ sei nicht - wie in Art. 204 Abs. 3
lit. c ZPO vorgeschrieben - schriftlich zum Abschluss eines Vergleichs
ermächtigt gewesen, weshalb die Vermieterin an der Schlichtungsverhandlung vom
12. Februar 2014 nicht rechtsgültig vertreten gewesen sei. Die
Schlichtungsverhandlung sei "demnach formell mangelhaft durchgeführt" worden
mit der Folge, dass der Vergleich und der Abschreibungsbeschluss unwirksam
respektive nichtig seien.

 Mit Entscheid vom 4. Juni 2014 wies die Schlichtungsstelle das Revisionsgesuch
ab.

 Dagegen gelangte die Vermieterin an das Kantonsgericht St. Gallen, das ihre
Beschwerde mit Entscheid vom 18. Dezember 2014 abwies. Das Kantonsgericht
bestätigte nach eingehender Prüfung der Einwendungen der Vermieterin und
Auslegung des Verwaltungsvertrags vom 28. August 2006 die Auffassung der
Schlichtungsstelle, C.________ sei zum Abschluss eines Vergleichs schriftlich
ermächtigt gewesen. Dementsprechend sei weder die persönliche Anwesenheit der
Vermieterin an der Schlichtungsverhandlung noch ihre persönliche Mitwirkung
beim Vergleichsabschluss notwendig gewesen. Die Schlichtungsstelle habe somit
keinen Verfahrensfehler begangen und das Revisionsgesuch zu Recht abgewiesen.

C.
Die Vermieterin begehrt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Entscheid des
Kantonsgerichts sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass "der
Abschreibungsbeschluss" vom 12. Februar 2014 "einschliesslich des in diesem
aufgenommenen Vergleichs" nichtig sei. Die Schlichtungsstelle sei anzuweisen,
die Schlichtungsverhandlung unter persönlicher Anwesenheit der
Beschwerdeführerin erneut durchzuführen.

 Die Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung. Die Mieterin liess sich
nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts, mit dem die Beschwerde gegen
den Entscheid der Schlichtungsstelle über das Revisionsgesuch abgewiesen wurde,
ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG (vgl. BGE 139 III 133 E. 1.2-1.4)
einer letzten kantonalen Instanz gemäss Art. 75 BGG. Weiter übersteigt der
Streitwert die nach Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG in mietrechtlichen Fällen
geltende Grenze (vgl. BGE 137 III 389 E. 1.1). Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in Zivilsachen
grundsätzlich einzutreten.

2.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene
über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die
Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit
Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2
S. 117; 135 III 397 E. 1.5). Entsprechende Rügen sind überdies bloss zulässig,
wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein
kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG).

 Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will,
muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt
sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Soweit die Partei
den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen,
dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel
bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E.
2 S. 90 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin kann demnach im Folgenden nicht
gehört werden, soweit sie ihre Argumentation ohne entsprechende Belege auf
einen Sachverhalt stützt, der von den für das Bundesgericht verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweicht, so etwa hinsichtlich der Behauptung,
dass sie zur Schlichtungsverhandlung nicht korrekt vorgeladen worden sei und
daher auch keine Gelegenheit gehabt habe, die Schlichtungsstelle und die
Gegenpartei im Sinne von Art. 204 Abs. 4 ZPO vorgängig über ihre Vertretung zu
orientieren.

 Sodann ist zu beachten, dass das Bundesgericht in die  Beweiswürdigung des
Sachgerichts nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nach der
Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der
angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1 mit Hinweisen). Die
Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der
Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn
sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 135 II 356 E. 4.2.1; 129 I 8 E. 2.1).
Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels
offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und
entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf
der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen
gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 136 III
552 E. 4.2). Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2; 130 I 258
E. 1.3).

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 204 ZPO. Sie hält an
ihrem Standpunkt aus dem kantonalen Verfahren fest, wonach C.________ nicht
über eine schriftliche Ermächtigung zum Abschluss eines Vergleichs im Sinne von
Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO verfügt habe. Sie meint, der vor der
Schlichtungsstelle abgeschlossene Vergleich hätte aus diesem Grund nicht
genehmigt werden dürfen, und der Abschreibungsbeschluss sei zu Unrecht erfolgt.
Die Vorinstanz - so die Beschwerdeführerin - wäre vielmehr gehalten gewesen, so
zu verfahren, wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre (Art. 206 Abs. 2
ZPO). Der dennoch abgeschlossene Vergleich erweise sich "ebenso als ungültig
wie der Abschreibungsbeschluss".

3.2. Gemäss Art. 204 Abs. 1 ZPO müssen die Parteien persönlich zur
Schlichtungsverhandlung erscheinen. Hintergrund der gesetzlichen Regelung war
der Gedanke, dass eine Schlichtungsverhandlung meist dann am aussichtsreichsten
ist, wenn die Parteien persönlich erscheinen, da nur so "eine wirkliche
Aussprache" stattfinden kann. Durch die bereits im kantonalen Verfahrensrecht
bekannte Pflicht zum persönlichen Erscheinen zur Schlichtungsverhandlung soll
ein persönliches Gespräch zwischen den Parteien vor der allfälligen
Klageeinreichung ermöglicht werden. Art. 204 Abs. 1 ZPO zielt in diesem Sinne -
wie das Schlichtungsverfahren überhaupt - darauf ab, diejenigen Personen zu
einer Aussprache zusammenzubringen, die sich miteinander im Streit befinden und
die über den Streitgegenstand auch selber verfügen können (BGE 140 III 70 E.
4.3 S. 71 f. mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien).

 Nicht persönlich erscheinen muss und sich vertreten lassen kann gemäss Art.
204 Abs. 3 ZPO, wer (a) ausserkantonalen oder ausländischen Wohnsitz hat, (b)
wegen Krankheit, Alter oder anderen wichtigen Gründen verhindert ist, (c) in
Streitigkeiten nach Artikel 243 ZPO als Arbeitgeber beziehungsweise als
Versicherer eine angestellte Person oder als Vermieter die
Liegenschaftsverwaltung delegiert, sofern diese zum Abschluss eines Vergleichs
schriftlich ermächtigt sind. Die Gegenpartei ist über die Vertretung vorgängig
zu orientieren (Art. 204 Abs. 4 ZPO).

 Die Schlichtungsbehörde hat an der Schlichtungsverhandlung zu prüfen, ob die
Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt
ist. Von dieser Frage hängt das weitere Vorgehen ab. Erscheint eine Partei
nicht persönlich, ohne dass ein Dispensationsgrund nach Art. 204 Abs. 3 ZPO
vorliegt, so ist sie säumig. Dies hat bei der klagenden Partei zur Folge, dass
das Schlichtungsgesuch als zurückgezogen gilt und das Verfahren als
gegenstandslos abgeschrieben wird (Art. 206 Abs. 1 ZPO). Bei Säumnis der
beklagten Partei verfährt die Schlichtungsbehörde gemäss Art. 206 Abs. 2 ZPO,
wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre (Erteilung der Klagebewilligung,
Unterbreitung eines Urteilsvorschlags oder Entscheid). Die Schlichtungsbehörde
muss somit an der Schlichtungsverhandlung möglichst rasch und gestützt auf
Urkunden (vgl. Art. 203 Abs. 2 ZPO) darüber befinden können, ob die
Voraussetzung des persönlichen Erscheinens nach Art. 204 Abs. 1 ZPO erfüllt ist
oder ob sie aufgrund von Säumnis das Verfahren abschreiben (Säumnis der
klagenden Partei) bzw. nach Art. 209-212 ZPO verfahren soll (Säumnis der
beklagten Partei). Ihr muss in diesem Sinne etwa ermöglicht werden, rasch und
einfach zu prüfen, ob eine juristische Person korrekt vertreten zur
Schlichtungsverhandlung erschienen ist. Die im Handelsregister eingetragenen
Organe und die Prokuristen haben zu diesem Zweck einen Handelsregisterauszug
vorzuweisen; die (kaufmännischen) Handlungsbevollmächtigten haben eine
Vollmacht zur Prozessführung in dieser Angelegenheit im Sinne von Art. 462 Abs.
2 OR vorzuweisen, aus der sich zudem ihre Handlungsvollmacht im Sinne von Art.
462 OR ergibt (siehe Urteil 4A_530/2014 vom 17. April 2015 E. 2.4 und 2.6 mit
Hinweisen, zur Publikation vorgesehen).

 Im Lichte dieser praktischen Bedürfnisse ist denn auch zu verstehen, wenn Art.
204 Abs. 3 lit. c ZPO verlangt, dass die delegierte angestellte Person
beziehungsweise Liegenschaftsverwaltung zum Abschluss eines Vergleichs
"schriftlich ermächtigt" ist (vgl. allgemein Art. 68 Abs. 3 ZPO). Durch diese
Bestimmung soll verhindert werden, dass an der Schlichtungsverhandlung
Unklarheit darüber besteht, ob die anwesenden Personen über den
Streitgegenstand (vorbehaltlos) verfügen können, da eine beschränkte
Vertretungsmacht oder bereits Zweifel an der Vertretungsmacht des Vertreters
die Erfolgsaussichten des Schlichtungsversuchs beeinträchtigen könnten.

3.3. Die Beschwerdeführerin verkennt die - dem dargelegten Regelungszweck
entsprechende - Tragweite von Art. 204 ZPO, wenn sie annimmt, ein während der
Schlichtungsverhandlung geschlossener Vergleich sei bereits aus dem Grunde
ungültig, dass eine der Parteien in Missachtung der Bestimmung nicht persönlich
anwesend war. Indem Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO einen schriftlichen Ausweis über
die Vergleichsberechtigung des Vertreters verlangt, wird nicht der Schutz der
Parteien vor unberechtigter Vertretung im Schlichtungsverfahren und somit ihrer
Entscheidungsfreiheit beabsichtigt, sondern es soll die wirksame Durchführung
des Schlichtungsversuchs gewährleistet und dadurch die einvernehmliche
Streitbeilegung gefördert werden. Dementsprechend kann eine Partei, die nicht
persönlich zur Schlichtungsverhandlung erschienen ist, sondern sich hat
vertreten lassen, von vornherein nicht einwenden, der an der
Schlichtungsverhandlung von ihrem Vertreter abgeschlossene und gemäss Art. 208
Abs. 1 ZPO zu Protokoll genommene Vergleich sei unwirksam, da die
Voraussetzungen der Delegation gemäss Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO nicht erfüllt
gewesen seien.

 Demgegenüber braucht nicht beurteilt zu werden, ob die Schlichtungsstelle
unter den vorliegenden Umständen überhaupt gehalten war, die
Schlichtungsverhandlung durchzuführen, nachdem die Befugnis zum
Vergleichsabschluss im Verwaltungsvertrag vom 28. August 2006 jedenfalls nicht
ausdrücklich erwähnt ist.

4.

4.1. Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens betreffend das
Revisionsgesuch der Beschwerdeführerin ist einzig, ob C.________ an der
Schlichtungsverhandlung vom 12. Februar 2014 im Rahmen ihrer Vertretungsmacht
handelte und ob der abgeschlossene Vergleich in diesem Sinne zivilrechtlich
gültig ist. Die Beschwerdeführerin stellt auch dies in Abrede.

4.2. Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich
ihr Umfang nach dessen Inhalt (Art. 33 Abs. 2 OR). Nach den allgemeinen
Grundsätzen hat die subjektive gegenüber der normativen oder objektivierten
Vertragsauslegung den Vorrang (BGE 138 III 659 E. 4.2.1 S. 666; 137 III 145 E.
3.2.1). Sofern nicht feststeht, dass der Vertreter den Vertretenen tatsächlich
richtig verstanden hat, ist die Bevollmächtigung nach dem Vertrauensprinzip
auszulegen (Urteil 5A_136/2008 vom 25. September 2008 E. 3.2 mit Hinweisen).
Dabei ist massgeblich, wie der Bevollmächtigte die Erklärung des
Vollmachtgebers nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten
Umständen nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste (siehe BGE 140 III
134 E. 3.2 mit Hinweisen). Während das Bundesgericht die objektivierte
Vertragsauslegung als Rechtsfrage prüfen kann, beruht die subjektive
Vertragsauslegung auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art.
97 und 105 BGG (dazu Erwägung 2) der bundesgerichtlichen Überprüfung entzogen
ist (BGE 135 III 410 E. 3.2; 132 III 626 E. 3.1 mit Hinweisen).

4.3. Die Vorinstanz erwog, die Schlichtungsstelle sei "soweit ersichtlich"
schon aufgrund einer subjektiven Auslegung des Verwaltungsvertrags vom 28.
August 2006 zum Schluss gelangt, die C.________ in Ziffer 2.1 erteilte
Ermächtigung zur Vertretung der Vermieterschaft gegenüber Schlichtungsstellen
habe sich auch auf Vergleichsabschlüsse erstreckt. Die entsprechende
erstinstanzliche Auffassung bestätigte sie, wobei sie zur Begründung namentlich
erwähnte, dass der Verwaltungsvertrag vor Inkrafttreten von Art. 204 Abs. 3
lit. c ZPO abgeschlossen worden sei und das sankt-gallische Verfahrensrecht
keine entsprechende Bestimmung enthalten habe. Sodann hielt sie für erheblich,
dass C.________ im Verwaltungsvertrag weitgehende Verwaltungsbefugnisse
inklusive dem Recht zum Abschluss sowie der Kündigung und Änderung von
Mietverträgen übertragen worden seien. Die Vorinstanz folgerte, dies lasse
darauf schliessen, dass die Vertretungsbefugnis gegenüber den
Schlichtungsstellen in der Annahme eingeräumt worden sei, C.________ sei
"prädestiniert, die Vermieterschaft künftig in allfälligen
Schlichtungsverfahren vollumfänglich zu vertreten". Dies alles lege nahe, dass
die Vertretungsbefugnis "sich auf sämtliche Aspekte des Schlichtungsverfahrens
und somit namentlich auch auf Vergleichsabschlüsse erstrecken sollte".

4.4. Die Beschwerdeführerin beanstandet unter dem Titel "Unrichtige Anwendung
des Vertrauensgrundsatzes im Rahmen der Vertragsauslegung", die Vorinstanz habe
ihre (die subjektive Vertragsauslegung betreffenden) im Rahmen der Beschwerde
erstmals vorgebrachten Tatsachenbehauptungen und Beweisanträge unter Verweis
auf Art. 326 Abs. 1 ZPO als ausgeschlossen erachtet und die Vertragsauslegung
"alleine gestützt auf den Liegenschaftenvertrag vorgenommen". Sie habe damit
den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt und "gegen Bundesrecht
verstossen (Art. 326 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 99 Abs. 1 BGG) ".

4.5. Die Rüge verfängt nicht:

4.5.1. Im Beschwerdeverfahren sind neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und
neue Beweismittel gemäss Art. 326 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Noven müssen aber
zumindest so weit vorgebracht werden können, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (BGE 139 III 466 E. 3.4 S. 471).

4.5.2. Die Beschwerdeführerin behauptet, erst die Erwägungen im Entscheid der
Schlichtungsstelle vom 4. Juni 2014 hätten Anlass zu den Tatsachenbehauptungen
und Beweisanträgen in ihrer Beschwerde an das Kantonsgericht gegeben. Denn sie
(die Beschwerdeführerin) habe sich in ihrem Revisionsgesuch "aufgrund des
klaren Wortlautes von Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO alleine auf die fehlende
schriftliche Vollmacht von C.________ zum Abschluss eines Vergleichs berufen".

4.5.3. In Wahrheit hatte die Beschwerdeführerin durchaus Anlass, bereits in der
Begründung ihres auf Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO gestützten Revisionsgesuchs vom
8. Mai 2014 sämtliche Gründe darzulegen, aufgrund derer sie den Vergleich für
unwirksam hält. Namentlich hätte sie in einem Eventualstandpunkt aufzeigen
können, inwiefern der Vergleich mangels (zivilrechtlicher) Vertretungsbefugnis
von C.________ unwirksam sein soll. Zur Begründung des Revisionsgesuchs hätte
sie sich bereits auf die dahingehenden, in der Beschwerde erwähnten
Sachverhaltselemente berufen können, so etwa die angeblich von ihr erteilten
Weisungen, ihren dringenden Eigenbedarf sowie das Verhalten von C.________ vor
und nach der Schlichtungsverhandlung. Inwiefern erst der Entscheid der
Schlichtungsstelle Anlass zu den entsprechenden Sachvorbringen gegeben haben
soll, ist nicht erkennbar. Wenn die Vorinstanz diese Ausführungen und die
zugehörigen Beweisanträge als verspätet erachtete und sie im
Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigte, ist dies nicht zu beanstanden.

 Unter diesen Umständen verbleibt von der Beschwerdebegründung in diesem Punkt
bloss der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die subjektive Vertragsauslegung
durch die Vorinstanz gründe auf einer unrichtigen Feststellung des Sachverhalts
und sei unzutreffend. Alleine durch die entsprechende Behauptung vermag die
Beschwerdeführerin indessen keine insofern willkürliche Beweiswürdigung
aufzuzeigen, zumal die auf den Verwaltungsvertrag vom 28. August 2006 gestützte
Begründung der Vorinstanz durchaus nachvollziehbar und jedenfalls im Ergebnis
nicht geradezu unhaltbar ist (vgl. Erwägung 2).

4.6. Nachdem die subjektive Auslegung der Vollmacht durch die Vorinstanz trägt,
erweist sich die objektivierte Auslegung aufgrund des Vertrauensprinzips als
gegenstandslos (Erwägung 4.2). Es braucht somit nicht auf die Ausführungen in
der Beschwerde eingegangen zu werden, mit denen die Beschwerdeführerin die
Auslegung der Willenserklärungen der Parteien nach Treu und Glauben kritisiert.

 Ohnehin gehen die diesbezüglichen Ausführungen insofern an der Sache vorbei,
als die Beschwerdeführerin argumentiert, nachdem sie C.________ ausdrücklich
auf den bestehenden dringenden Eigenbedarf (für ihre Tochter F.________)
hingewiesen habe, habe diese nicht in guten Treuen davon ausgehen dürfen, sie
sei zum Abschluss eines Vergleichs mit der Mieterin bevollmächtigt, und weiter,
C.________ habe ohne jegliche Rücksprache gehandelt und sie (die
Beschwerdeführerin) nicht einmal über die Anfechtung der Kündigung und die
bevorstehende Schlichtungsverhandlung orientiert, was zeige, dass sie nicht
gutgläubig gewesen sei. Denn die betreffende Sachdarstellung findet im
angefochtenen Urteil keine Grundlage respektive ist im Beschwerdeverfahren
verspätet erfolgt (vgl. Erwägungen 2 und 4.5). Sodann wird in der Beschwerde
auch nicht schlüssig dargetan, inwiefern die - das Verhältnis zwischen der
Beschwerdeführerin und C.________ betreffenden - Umstände  im Verhältnis zur
Mieterin massgeblich sein sollen (vgl. Art. 33 Abs. 3 und Art. 34 Abs. 3 OR).

4.7. Nach dem Gesagten ist es von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden, wenn
die Vorinstanz die Abweisung des Revisionsgesuchs durch die Schlichtungsstelle
schützte und die dagegen gerichtete kantonale Beschwerde abwies.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist hingegen nicht zuzusprechen, da der
Gegenpartei kein Aufwand für eine Vernehmlassung entstanden ist (Art. 68 Abs. 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen,
Einzelrichterin im Obligationenrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. April 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Kölz

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