Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.488/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_488/2015

Urteil vom 9. Dezember 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Brugger.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Fabian Meier,
Beschwerdeführer,

gegen

1. C.________Verband,
2. D.________AG,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Vergleich,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 13. August 2015.

Sachverhalt:

A.
A.A.________ und B.A.________ (Beklagte, Beschwerdeführer) setzten mit
Zahlungsbefehlen des Betreibungsamtes Winterthur-Stadt vom 26. September 2013
(Betreibung Nr. xxx) und vom 1. November 2013 (Betreibung Nr. yyy) zwei
Forderungen von Fr. 3'934.-- und Fr. 3'525.-- zuzüglich Zins gegen den
C.________Verband (Klägerin 1, Beschwerdegegnerin 1) sowie eine Forderung von
Fr. 8'331.-- zuzüglich Zins gegen die D.________AG (Klägerin 2,
Beschwerdegegnerin 2) in Betreibung.

B.

B.a. Mit Eingaben vom 4. November 2013 bzw. 3. Dezember 2013 erhoben die
Klägerinnen beim Bezirksgericht Winterthur negative Feststellungsklagen
gestützt auf Art. 85a SchKG gegen die Beklagten.
Das Bezirksgericht vereinigte die beiden Verfahren. An der Hauptverhandlung vom
25. August 2014 unterzeichneten der Beklagte 1 für sich und namens der
Beklagten 2 sowie die Klägerinnen nach Vergleichsgesprächen unter gerichtlicher
Mitwirkung einen Vergleich. Darin hielten die Parteien im Wesentlichen fest,
dass die Klägerinnen die von den Beklagten in Betreibung gesetzten Forderungen
nicht schuldeten, und ersuchten das Gericht um Aufhebung der Betreibungen.
Ausserdem verpflichteten sich die Beklagten keine weiteren Betreibungen gegen
die Klägerinnen anzuheben, wobei im Widerhandlungsfall eine Strafzahlung von
Fr. 5'000.-- fällig werde.
Mit Eingabe vom 29. August 2014 und Ergänzung vom 1. September 2014 teilten die
Beklagten dem Bezirksgericht ihren sofortigen Rücktritt vom Vergleich mit. Mit
Verfügung vom 2. September 2014 schrieb das Bezirksgericht das Verfahren als
durch Vergleich erledigt ab.

B.b. Mit Eingabe vom 27. September 2014 stellen die Beklagten beim
Bezirksgericht ein Revisionsgesuch. Am 30. September 2014 erhoben die Beklagten
ausserdem beim Obergericht des Kantons Zürich Beschwerde gegen den
erstinstanzlichen Abschreibungsentscheid. Mit Beschluss vom 20. November 2014
trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Akten zur
Behandlung des Revisionsgesuchs an das Bezirksgericht. Mit Urteil vom 9.
Februar 2015 wies dieses das Revisionsgesuch ab.

B.c. Eine gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde der Beklagten wies das
Obergericht mit Entscheid vom 13. August 2015 ab.
Es kam im Wesentlichen zu Schluss, dass der Beweisantrag um Zeugenbefragung der
Ersatzrichterin der Erstinstanz, die beim gerichtlichen Vergleich mitgewirkt
hatte, von den Beklagten erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt wurde und
damit verspätet sei. Ebenso unzulässig seien die in der Beschwerde enthaltenen
neuen Tatsachenbehauptungen zur Drucksituation, in der sich der Beklagte 1
während den erstinstanzlichen Vergleichsverhandlungen befunden haben soll.
Weder aus dem Protokoll der Verhandlung vom 25. August 2014 noch aus den
weiteren Akten des erstinstanzlichen Verfahrens oder aus dem abgeschlossenen
Vergleich selbst gehe hervor, dass der Beklagte 1 vor der Erstinstanz gedrängt
worden wäre, die fragliche Vereinbarung zu unterzeichnen. Die Erstinstanz habe
damit das Revisionsgesuch zu Recht als unbegründet qualifiziert.

C.
Die Beschwerdeführer verlangen mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde, es sei der Entscheid des Obergerichts aufzuheben und es
sei die vor Bezirksgericht abgeschlossene und gerichtlich genehmigte
Parteivereinbarung aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Die
Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde.
Die Beschwerdeführer reichten eine weitere Eingabe ein.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2; 139 III 133
E. 1; je mit Hinweisen); immerhin muss die Eingabe auch bezüglich der
Eintretensvoraussetzungen hinreichend begründet werden (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG; BGE 139 II 340 E. 4 S. 342; 134 II 120 E. 1).

1.2. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten, wie hier eine vorliegt, ist die
Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert
mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Erreicht der
Streitwert den massgebenden Betrag wie in casu nicht, ist sie dennoch zulässig,
wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2
lit. a BGG).

1.3. Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von
Art. 74 Abs 2 lit. a BGG ist sehr restriktiv auszulegen (BGE 134 III 267 E.
1.2; 133 III 493 E. 1.1). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um
die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht,
handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE
135 III 1 E. 1.3 S. 4, 397 E. 1.2 S. 399; 134 III 115 E. 1.2 S. 117; 133 III
493 E. 1 S. 494 ff.; je mit Hinweisen). Die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 2
lit. a BGG ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse
besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine
einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit
eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 140 III 391 E. 1.3; 139 III
209 E. 1.2 S. 210; 138 I 232 E. 2.3; je mit Hinweisen). Es ist erforderlich,
dass die Frage von allgemeiner Tragweite ist (BGE 134 III 267 E. 1.2).
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift
auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG),
ansonsten die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig ist (BGE 136 II 489 E. 2.6;
133 III 439 E. 2.2.2.1, 645 E. 2.4).

1.4. Die Beschwerdeführer meinen, dass sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stelle, ob sich eine gerichtlich genehmigte Vereinbarung wegen
Drohung nach Art. 29 OR aufheben lasse. In der Rechtsprechung würden sich nur
höchstrichterliche Entscheide zur Aufhebung von gerichtlichen Vergleichen wegen
Grundlagenirrtums finden. Es bestehe somit ein erhebliches Interesse daran,
diese Frage klären zu lassen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat das Bundesgerichts bereits
mehrfach entschieden, dass auf einen Vergleich die Regeln über die
Willensmängel anwendbar sind, sofern sie nicht seiner besonderen Natur
widersprechen (BGE 130 III 49 E. 1.2 mit Hinweisen; für die Anfechtung gestützt
auf Art. 29 f. OR: BGE 111 II 349). Entsprechend vermögen sie nicht darzulegen,
dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im oben beschriebenen
Sinne stellt. Da sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne
von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stellt, ist die Beschwerde in Zivilsachen
unzulässig und es ist nicht darauf einzutreten.

2.
Demnach ist die Beschwerde als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln
(Art. 113 BGG). Zu prüfen ist allerdings, ob rechtsgenügend begründete
Verfassungsrügen erhoben werden.

2.1. Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Der Beschwerdeführer
muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und
substanziiert darlegen, worin die Verletzung besteht (Art. 117 i.V.m. Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4; 135 III 127 E. 1.6; 133 III 439 E. 3.2 S.
444). Unerlässlich ist, dass die Beschwerde auf die Begründung des
angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten liegt. Die beschwerdeführende Partei
soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im
kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer
Kritik an den als verfassungswidrig erachteten Erwägungen der Vorinstanz
ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116). Auf rein appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II
244 E 2.2).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
auf einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte beruht (Art. 116 i.V.m. Art.
118 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 393 E. 7.1, 585 E. 4.1; je mit Hinweisen). Wird
Letzteres geltend gemacht, ist neben der Erheblichkeit der gerügten
Tatsachenfeststellung für den Ausgang des Verfahrens klar und detailliert
darzutun, inwiefern diese verfassungswidrig, insbesondere willkürlich, sein
soll (BGE 136 I 332 E. 2.2; 133 III 393 E. 7.1 S. 398; je mit Hinweisen).

3.

3.1. Die Beschwerdeführer rügen zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör. Die Vorinstanz habe sich geweigert, die Ersatzrichterin, die
beim gerichtlichen Vergleich mitwirkte, als Zeugin zu befragen. Damit sei ihr
Recht auf Beweisabnahme verletzt.
Die Vorinstanz erwog, dass die Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren
beantragt haben, die Ersatzrichterin sei zum genauen Ablauf der
Vergleichsverhandlungen als Zeugin zu befragen. Die Anrufung der zuständigen
Ersatzrichterin als Zeugin wäre dabei schon vor der Erstinstanz ohne weiteres
möglich gewesen. Ein entsprechender Antrag könne auch von den im
erstinstanzlichen Verfahren noch nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern
verlangt werden. Der neue Beweisantrag sei daher verspätet und für das
vorinstanzliche Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen.
Dass sie entgegen den Feststellungen der Vorinstanz den Beweisantrag
rechtzeitig gestellt hätten, legen die Beschwerdeführer nicht dar. Damit
entfällt aber auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, betrifft doch das
daraus fliessende Recht auf Beweis nur die Abnahme von rechtzeitig und
formrichtig angebotenen Beweismitteln (BGE 134 I 140 E. 5.3; 131 I 153 E. 3 S.
157; je mit Hinweisen). Die Rüge der Beschwerdeführer geht damit fehl.

3.2. Die Beschwerdeführer rügen sodann, die Vorinstanz sei ohne konkrete
Würdigung der Rügen der Beschwerdeführer zum Schluss gekommen, es bestünden
keine konkreten Anhaltspunkte für eine Drucksituation und die über die Klage
hinausgehenden Verpflichtungen seien nicht ungewöhnlich. Ihre Rügen seien zwar
mehr oder weniger vollständig zitiert worden, jedoch in keiner Weise konkret
geprüft worden. Durch diese Pauschalbegründung sei die Vorinstanz in Willkür
verfallen.
Inwiefern die Vorinstanz hier in Willkür verfallen sein soll, wird mit diesen
Ausführungen durch die Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt. Soweit in
ihren Ausführungen sinngemäss eine Verletzung der Begründungspflicht als Teil
ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) entnommen werden
kann, legen sie dies nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen an eine
Verfassungsrüge genügen würde (dazu Erwägung 2.1), sodass darauf nicht
einzutreten ist. Unabhängig davon lassen sich dem angefochtenen Entscheid ohne
Weiteres die Überlegungen entnehmen, von denen sich die Vorinstanz leiten liess
und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. oben Sachverhalt B.c). Damit
erfüllte die Vorinstanz die aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf
rechtliches Gehör folgende Verpflichtung, ihren Entscheid zu begründen (vgl.
BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 138 I 232 E. 5.1; je mit Hinweisen).

3.3. Schliesslich rügen die Beschwerdeführer, dass nicht nur die Begründung des
Urteils willkürlich sei, sondern auch das Ergebnis des Entscheids unhaltbar, da
sich der Beschwerdeführer 1 in einer Drucksituation befunden und nie ein Wille
bestanden habe, einen Vergleich einzugehen. Er habe dies lediglich getan, um
sich aus dieser Situation zu befreien. Die tatsächliche Situation stehe in
einem klaren Widerspruch mit den Erwägungen des vorinstanzlichen Urteils.
Inwiefern die tatsächliche Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz
offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich, sein soll, legen die
Beschwerdeführer mit diesen Ausführungen nicht in einer Weise dar, die den
Anforderungen an eine Verfassungsrüge genügen würde (Erwägung 2.2). Vielmehr
wiederholen sie bloss ihre bereits vor der Vorinstanz vorgetragenen
Behauptungen, wonach sich der Beschwerdeführer 1 während den
Vergleichsverhandlungen in einer Drucksituation befunden haben soll, ohne sich
hierbei mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinander zu setzen. Darauf ist
nicht einzutreten.

3.4. Nach dem Gesagten ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer in
solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Die
Beschwerdegegnerinnen 1 und 2, die nicht anwaltlich vertreten sind, haben
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133
III 439 E. 4).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt, in
solidarischer Haftbarkeit.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Dezember 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Brugger

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