Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.46/2015
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_46/2015

Urteil vom 27. März 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Th. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________ Limited,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. August Rosenkranz,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ Ltd.,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Peregrina,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Pflicht zur Sicherstellung der Parteientschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
vom 10. Dezember 2014 und die Verfügung des Vizepräsidenten des Handelsgerichts
des Kantons Aargau vom 1. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ Limited (Klägerin, Beschwerdeführerin) ist eine
Kapitalgesellschaft nach irischem Recht mit Sitz in U.________, Republik
Irland.
Die B.________ Ltd. (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung nach englischem Recht mit Sitz in V.________,
Grossbritannien.
Am 12. August 2013 machte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Aargau
eine markenrechtliche Streitigkeit gegen die Beklagte anhängig. Mit
verbesserter und geänderter Klage vom 28. April 2014 stellte sie die folgenden
Rechtsbegehren:

"1. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse
gemäss Art. 292 StGB im Wiederholungsfalle zu verbieten, die Wortmarke
C.________ in der Schweiz zur Kennzeichnung von organisches Silizium
enthaltenden Nahrungsergänzungsmitteln zu benutzen und zwar in der Form
C.________, C1.________ und in der Form C2.________;
2. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse
gemäss Art. 292 StGB im Wiederholungs-Falle zu verbieten, die Wortmarke
D.________ in der Schweiz zur Kennzeichnung von organisches Silizium
enthaltenden Nahrungsergänzungsmitteln zu benutzen;
3. Die Schweizer Markeneintragungen Nr. xxx1 und Nr. xxx2 seien nichtig zu
erklären und das Eidg. Institut für Geistiges Eigentum anzuweisen, die beiden
nichtig erklärten Markeneintragungen im Markenregister zu löschen;
4. Die Schweizer Markeneintragungen Nr. xxx3 und Nr. xxx4 seien nichtig zu
erklären und im Markenregister zu löschen;
5. Die Schweizer Markeneintragungen Nr. xxx5 und Nr. xxx6, Nr. xxx7 und Nr.
xxx8 seien nichtig zu erklären und im Markenregister zu löschen;
6. (...)."
Mit Klageantwort vom 26. Juni 2014 beantragte die Beklagte:

"1. Auf die Klage sei nicht einzutreten;
2. Eventualiter sei die Klägerin zur Leistung einer Sicherheit für die
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 50'000.-- zu verpflichten;
3. Sub-eventualiter sei die Klägerin zur Leistung einer angemessenen Sicherheit
für die Parteientschädigung zu verpflichten;
4. Eventualiter sei die Klage vollumfänglich abzuweisen;
5. (...) "
Nachdem die Klägerin unter anderem zur Unzuständigkeitseinrede der Beklagten
und zum Antrag auf Sicherstellung der Parteikosten Stellung genommen hatte, zog
sie die Rechtsbegehren Ziffer 3-5 der Klage zurück.
Der Vizepräsident des Handelsgerichts schrieb daraufhin die Klage mit Verfügung
vom 1. Oktober 2014 infolge Rückzugs der Klagebegehren 3-5 in entsprechendem
Umfang ab. Zugleich verpflichtete er die Klägerin in teilweiser Gutheissung des
beklagtischen Begehrens auf Sicherheitsleistung, die mutmassliche
Parteientschädigung der Beklagten in der Höhe von Fr. 23'521.10 bis zum 31.
Oktober 2014 sicherzustellen. Nachdem diese Frist ungenutzt verstrich, wurde
der Klägerin eine Nachfrist zur Leistung der Parteikostensicherheit angesetzt,
mit der Androhung, dass bei erneuter Säumnis auf die Klage im verbleibenden
Umfang nicht eingetreten werde (Art. 101 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin leistete die
Sicherheit auch innerhalb der Nachfrist nicht.
Mit Urteil vom 10. Dezember 2014 trat das Handelsgericht androhungsgemäss auf
die Klage nicht ein, soweit sie nicht bereits zufolge Rückzugs als teilweise
gegenstandslos abgeschrieben worden war.

B.
Die Klägerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des
Handelsgerichts vom 10. Dezember 2014 aufzuheben und die Streitsache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin erklärt, mit ihrer Beschwerde werde einzig der Punkt
"Parteikostensicherheit" angefochten. Einziger Streitgegenstand bilde das
Nichteintreten auf ihre Klage wegen Nichtleistung der Parteikostensicherheit.
Die Sicherheit sei aus mehreren Gründen rechtswidrig verlangt worden, weshalb
sie keine Sicherheit geleistet habe.
Die Beschwerde befasst sich denn auch einzig mit dem in der Verfügung des
Vizepräsidenten des Handelsgerichts vom 1. Oktober 2014 behandelten Thema der
Verpflichtung zur Leistung einer Parteikostensicherheit. Dies ist insoweit
grundsätzlich zulässig, als es sich bei der Verfügung vom 1. Oktober 2014 um
einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG handelt (Urteile 4A_26/
2013 vom 5. September 2013 E. 1.1; 5A_733/2012 vom 16. November 2012 E. 1.2)
und als der Zwischenentscheid sich auf den Inhalt des hier angefochtenen
Endentscheids auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Es schadet der Beschwerdeführerin
nicht, dass sie im Beschwerdeantrag nicht ausdrücklich die Aufhebung der
Verfügung vom 1. Oktober 2014 verlangt hat, da ihre Beschwerdeschrift eine
rechtsgenügende, klar gegen die Beurteilung ihrer Sicherstellungspflicht im
Zwischenentscheid gerichtete Begründung enthält. Der Zwischenentscheid ist
damit als gültig mitangefochten zu betrachten und auf die gegen diesen
gerichteten Rügen grundsätzlich einzutreten (Urteile 4A_115/2014 vom 20.
November 2014 E. 1.3 und 4A_424/2011 vom 2. November 2011 E. 1.5.1).
Auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen sind
grundsätzlich - d.h. vorbehältlich einer rechtsgenüglichen Begründung (Erwägung
2) -erfüllt. Es geht namentlich um eine Zivilrechtsstreitigkeit in Anwendung
des MSchG (SR 232.11), für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz
vorsieht (Art. 5 Abs. 1 lit. a ZPO). Die Beschwerde in Zivilsachen ist demnach
gegen den Entscheid des Handelsgerichts unabhängig vom Streitwert zulässig
(Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG, Art. 75 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a BGG).

2.
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG
gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird
darauf nicht eingetreten. In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Unerlässlich ist, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen
Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von
Bundesrecht liegt (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116).
Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht
kann das Bundesgericht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 140 V 136 E. 1.1; 138 I 171 E. 1.4; 136 I 65 E. 1.3.1; 134 II 244 E. 2.1/
2.2; 133 III 439 E. 3.2 S. 444).

3.
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Beschwerdegegnerin habe in Ziffer 2
ihrer Rechtsbegehren in der Klageantwort die Sicherheit nur "eventualiter"
verlangt, nämlich falls auf die Klage eingetreten werde, was die Vorinstanz
übersehen habe. Bis heute sei das Eintreten nicht erfolgt, weshalb die
Vorinstanz eine Sicherheit zu Unrecht, unter Verletzung der Dispositionsmaxime,
verlangt habe.
Die Rüge geht fehl. Rechtsbegehren sind nach Treu und Glauben auszulegen (BGE
136 V 131 E. 1.2 S. 136; 115 Ia 107 E. 2b S. 109; 105 II 149 E. 2a). Zu
beachten ist dabei vorliegend zum einen, dass das "Eintreten" auf eine Klage
insofern immer bis zur Sachurteilsfällung in der Schwebe bleibt, als ein Urteil
in der Sache stets voraussetzt, dass die Prozessvoraussetzungen im Zeitpunkt
der Urteilsfällung gegeben sind (BGE 140 III 159 E. 4.2.4 mit Hinweisen). Zum
anderen kann in einem bundesgerichtlichen Verfahren nach der Rechtsprechung
eine Sicherstellung nur für zukünftig entstehende Parteikosten verlangt werden,
mithin für Kosten, die nicht bereits entstanden sind (unter dem aOG: BGE 132 I
134 E. 2.2 S. 137 f.; 118 II 87 E. 2; 79 II 295 E. 3 S. 305; unter dem BGG:
Urteile 2C_978/2012 vom 4. Mai 2013 E. 7, nicht publ. in: BGE 139 II 233;
4A_301/2011 vom 21. September 2011 E. 1, nicht publ. in: BGE 137 III 556;
5A_697/2010 vom 11. November 2010 E. 4). Nach wohl herrschender Lehre gilt dies
auch für ein Sicherstellungsbegehren in einem kantonalen Verfahren, das sich
auf Art. 99 ZPO stützt, wobei die Frage vom Bundesgericht bisher noch nicht
entschieden wurde (vgl. dazu Urteil 4A_26/2013 vom 5. September 2013 E. 2.2, SJ
2014 I S. 101, mit Literaturhinweisen) und auch vorliegend nicht beantwortet zu
werden braucht. Denn wenn die Beschwerdegegnerin in ihrer Klageantwort primär
das Nichteintreten auf die Klage wegen Unzuständigkeit des Handelsgerichts und
bloss eventuell die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit für ihre
Parteikosten beantragte, ist dies nach Treu und Glauben jedenfalls so zu
verstehen, dass sie die Parteikostensicherheit schon für den Fall verlangte,
dass ihrer Unzuständigkeitseinrede nicht gefolgt wird, mithin das Eintreten auf
die Klage weiterhin in der Schwebe bleibt, und ihr demnach weitere Parteikosten
erwachsen würden. Eine Verletzung der Dispositionsmaxime durch die Vorinstanz
lässt sich nicht ausmachen.

4.
Die Vorinstanz stützte ihre Anordnung der Sicherheitsleistung für eine
allfällige Parteientschädigung auf Art. 99 Abs. 1 lit. a ZPO. Nach dieser
Bestimmung hat die klagende Partei auf Antrag der beklagten Partei für deren
Parteientschädigung Sicherheit zu leisten, wenn sie keinen Wohnsitz oder Sitz
in der Schweiz hat.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach dem Normzweck von Art. 99 ZPO,
der eine Gefährdung der einem Beklagten zugesprochenen Parteientschädigung
vermeiden wolle, bestehe kein Anspruch auf Sicherheit, wenn keine Gefährdung
vorliege. Einen Anspruch auf "doppelte Sicherheit" gewähre Art. 99 ZPO nicht.
Vorliegend hätte die Vorinstanz keine Sicherheit verlangen dürfen, weil die
rechtliche Voraussetzung der Gefährdung der Parteientschädigung fehle. Denn die
Beschwerdeführerin habe gegenüber der Beschwerdegegnerin aus zwei früheren
Verfahren, eines vor Handelsgericht des Kantons Aargau und eines vor
Bundesgericht, eine Forderung von total Fr. 24'400.--. Dazu habe sie im
vorinstanzlichen Verfahren die verbindliche Erklärung abgegeben, sie werde
dieses Guthaben, falls sie mit ihrer Klage unterliege und der
Beschwerdegegnerin Rechtskosten zu bezahlen hätte, mit der entsprechenden
Forderung verrechnen, worauf sie sich behaften lasse, und sie werde deshalb
keine Inkassohandlungen vornehmen für den Fall, dass sie von der
Parteikostensicherstellung befreit werde.

4.2. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach
dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der
Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die
Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der
Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und
konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im
normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio
legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus
und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer
hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind
zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn
der Norm zu erkennen. Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den
Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein
gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahelegen (vgl. BGE
140 I 305 E. 6.1/6.2; 140 II 289 E. 3.2 S. 291; 140 III 206 E. 3.5.4, 289 E.
2.1, 315 E. 5.2.1; 140 V 213 E. 4.1 S. 216 f., je mit Hinweisen).

4.3. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt, bezweckt die Bestimmung
von Art. 99 ZPO, die beklagte Partei, die von der klagenden Partei in den
Prozess gezwungen wird, gegen das Risiko abzusichern, dass die ihr zulasten der
unterliegenden Partei zugesprochene Parteientschädigung nicht einbringlich ist,
sofern Gründe vorliegen, die das spätere Eintreiben schwierig erscheinen lassen
(Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006
7221 ff., 7294; für viele: Hans Schmid, in: ZPO, Oberhammer und andere [Hrsg.],
2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 99 ZPO).
Die Kautionsgründe werden in Art. 99 Abs. 1 ZPO aufgezählt, wobei in lit. a der
Fall des fehlenden Wohnsitzes oder Sitzes der klägerischen Partei in der
Schweiz vorgesehen ist und lit. d einen Auffangtatbestand enthält, wonach auch
Sicherheit zu leisten ist, wenn (ausser den in lit. a-c genannten Umständen)
"andere Gründe" für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung
bestehen. Aus Wortlaut und Zusammenhang von Art. 99 Abs. 1 lit. a und d ZPO
ergibt sich ohne weiteres, dass das Gesetz im Fall des fehlenden klägerischen
Wohnsitzes oder Sitzes in der Schweiz unwiderlegbar von einer erheblichen
Gefährdung der Einbringlichkeit der Parteientschädigung für die beklagte Partei
ausgeht, die der beklagten Partei Anspruch auf Sicherstellung gibt, mit der die
Gefährdung beseitigt wird, unter Vorbehalt der in Art. 99 Abs. 2 und 3 ZPO
genannten Ausnahmen oder einer abweichenden staatsvertraglichen Regelung (Art.
2 ZPO; Botschaft, a.a.O., BBl 2006 7294). Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch
den Gesetzesmaterialien (Botschaft, a.a.O., BBl 2006 7294; AB 2007 S 512; AB
2008 N 652) lässt sich entnehmen, dass irgendwelche Konstellationen vorbehalten
werden sollten, in denen die Annahme einer Gefährdung im Falle des fehlenden
Wohnsitzes oder Sitzes in der Schweiz entfallen würde. Auch in der Literatur
zur ZPO (wie auch zu den ähnlichen Bestimmungen von Art. 62 Abs. 2 BGG und von
Art. 150 Abs. 2 aOG) wird, soweit ersichtlich, nirgends eine entsprechende
Auffassung vertreten (ausdrücklich im gegenteiligen Sinn: Richard Kuster, in:
Schweizerische Zivilprozessordnung, Baker & Mc Kenzie [Hrsg.], 2010, N. 11 zu
Art. 99 ZPO mit Hinweis). Die Vorinstanz hat demnach zutreffend erkannt, dass
vorliegend der Sicherstellungsgrund nach Art. 99 Abs. 1 lit. a ZPO gegeben ist,
ohne dass zu prüfen war, ob trotz fehlenden Sitzes der Beschwerdeführerin in
der Schweiz allenfalls doch keine Gefährdung vorliege.
Anzumerken bleibt, dass zwischen der Republik Irland und der Schweiz kein
Staatsvertrag besteht, der die Beschwerdeführerin von der
Sicherstellungspflicht wegen ihres fehlenden Sitzes in der Schweiz befreien
würde. Insbesondere zählt Irland weder zu den Vertragsstaaten der Haager
Übereinkunft vom 1. März 1954 betreffend Zivilprozessrecht (SR 0.274.12; vgl.
deren Art. 17) noch zu den Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens vom 25.
Oktober 1980 über den internationalen Zugang zur Rechtspflege (SR 0.274.133;
vgl. dessen Art. 14; s. dazu ausführlich für viele: Denis Tappy, in: CPC, Code
de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 21 ff. zu
Art. 99 ZPO; Martin H. Sterchi, in: Berner Kommentar, Schweizerische
Zivilprozessordnung, 2012, N. 16 ff. zu Art. 99 ZPO). Auch das LugÜ (SR
0.275.12) regelt ausschliesslich Fragen der Zuständigkeit sowie der Anerkennung
und Vollstreckung und nicht des Erkenntnisverfahrens im Urteilsstaat und sieht
den Grundsatz der Gleichbehandlung von In- und Ausländern in Bezug auf die
Sicherstellung in Art. 51 deshalb bloss im Zusammenhang mit dem
Vollstreckungsverfahren vor (Hofmann/Kunz, in: Basler Kommentar,
Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 4 zu Art. 51 LugÜ; Viktor Rüegg, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 9a zu Art. 99
ZPO; Kuster, a.a.O., N. 16 zu Art. 99 ZPO).

4.4. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, es bestehe angesichts ihrer
Gegenforderungen gegen die Beschwerdegegnerin, auf deren Inkasso sie vorderhand
verzichte und die sie gegebenenfalls mit einer Parteikostenforderung der
Beschwerdegegnerin verrechne, keine Gefährdung, macht sie im Grunde genommen
geltend, die Vorinstanz hätte die von der Beschwerdeführerin zu ihren
Forderungen gegen die Beschwerdegegnerin abgegebene Erklärung als
Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 100 ZPO betrachten müssen.
Die Vorschrift von Art. 100 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass die Sicherheit in bar
oder durch Garantie einer in der Schweiz niedergelassenen Bank oder eines zum
Geschäftsbetrieb in der Schweiz zugelassenen Versicherungsunternehmens
geleistet werden kann. Verschiedene Autoren gehen davon aus, dass die möglichen
Arten von Sicherheitsleistungen in Art. 100 Abs. 1 ZPO abschliessend aufgezählt
werden, um Diskussionen über die Werthaltigkeit der Kaution zu vermeiden
(Sterchi, a.a.O., N. 1 zu Art. 100 ZPO; Rüegg, a.a.O., N. 1 zu Art. 100 ZPO;
Suter/von Holzen, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung,
Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 100 ZPO; wohl auch
Tappy, a.a.O., N. 3 zu Art. 100 ZPO). Für diese Ansicht spricht, dass sich dem
Wortlaut der Bestimmung kein Hinweis auf eine nicht abschliessende Aufzählung
entnehmen lässt, beispielsweise durch Verwendung von Worten wie "insbesondere"
oder "namentlich" oder durch ausdrückliche Einräumung der Möglichkeit der
Leistung anderer hinreichender Sicherheiten. Zu beachten ist sodann, dass die
im Vorentwurf zur ZPO noch erwähnte Möglichkeit der Hinterlegung solider
Wertschriften nicht in den Entwurf des Bundesrates und schliesslich ins Gesetz
übernommen wurde, weil der Begriff im Vernehmlassungsverfahren als zu
unbestimmt kritisiert wurde (Botschaft, a.a.O., BBl 2006 7294; Sterchi, a.a.O.,
N. 1 zu Art. 100 ZPO; Adrian Urwyler, in: Schweizerische Zivilprozessordnung
[ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 5 zu Art. 100 ZPO; Tappy, a.a.O.,
N. 3 zu Art. 100 ZPO). Eine abschliessende Aufzählung der zulässigen
Sicherheiten von höchster Qualität hat denn auch den Vorteil der Einfachheit
und Praktikabilität für sich, was im Interesse einer beförderlichen
Verfahrensführung liegt und verhindert, dass der Prozess durch langwierige
Zwischenverfahren verzögert wird. Zu Recht wird von Schmid (a.a.O., N. 2 und 7
zu Art. 100 ZPO) auch angeführt, dass die Sicherheit im Interesse der
gegnerischen Prozesspartei einverlangt wird, die sich bei gegebenen
Voraussetzungen nicht mit minder komfortablen Sicherheiten begnügen muss und so
zu stellen ist, wie wenn die belastete Partei die mit Eintritt der Rechtskraft
des Entscheides fällige Entschädigungsforderung bezahlt. Die Vorinstanz
verletzte damit kein Bundesrecht, indem sie die von der Beschwerdeführerin zu
ihren behaupteten Gegenforderungen abgegebene Erklärung nicht als Sicherheit im
Sinne von Art. 100 Abs. 1 ZPO anerkannte und eine Sicherheitsleistung im Sinne
dieser Bestimmung anordnete.

5.
Die Beschwerdeführerin macht allerdings weiter geltend, die Vorinstanz hätte
von ihr kein "unbedingtes Garantieversprechen unter Verzicht auf jegliche
Einwendungen und Einreden" verlangen dürfen. Damit sei die Beschwerdeführerin
der Möglichkeit beraubt worden, ihr Guthaben von Fr. 24'400.-- allenfalls mit
ihrer Rechtskostenschuld gegenüber der Beschwerdegegnerin aus dem bei der
Vorinstanz hängigen Verfahren zu verrechnen, was einer "Rechtsenteignung"
gleichkomme.
Dem kann nicht gefolgt werden, soweit die Beschwerde in diesem Punkt überhaupt
den Begründungsanforderungen (Erwägung 2 vorne) genügt. Die Vorinstanz führte
dazu aus, es werde mit der Anordnung der Sicherstellungspflicht nicht
ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin, falls
dieser im vorinstanzlichen Verfahren eine Parteientschädigung zugesprochen
würde, ihrerseits ein Guthaben aus sonstigen Rechtsgründen entgegenhalten
könnte. Darüber sei jedoch nicht im Rahmen der Feststellung einer allfälligen
Pflicht zur Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung zu befinden,
sondern im Inkassoverfahren.
Die Beschwerdeführerin bringt dagegen bloss vor, es sei nicht nachvollziehbar,
inwiefern es ihr trotz eines Verzichts auf eine Verrechnungseinrede in einem
Inkassoverfahren doch möglich sein sollte, eine Verrechnungseinrede geltend zu
machen. Damit geht sie indessen nicht hinreichend auf die Ausführungen der
Vorinstanz ein und ihre Argumentation greift zu kurz.
Der Beschwerdeführerin stand einerseits die Möglichkeit der Stellung einer
Sicherheit durch Barleistung offen. Eine entsprechende Sicherheitsleistung
erfolgt zur Sicherstellung und nicht zur Bezahlung (Tappy, a.a.O., N. 6 zu Art.
100 ZPO). Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb durch eine entsprechende
Leistung die Möglichkeit einer Verrechnung von Guthaben mit der folglich
weiterbestehenden allfälligen Parteikostenforderung der Beschwerdegegnerin
dahinfallen soll.
Nur als Alternative zu einer Barleistung räumte die Vorinstanz der
Beschwerdeführerin gemäss Art. 100 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit der Abgabe einer
Bank- bzw. Versicherungsgarantie ein. Sie ordnete insoweit an, ein allfälliges
Garantieversprechen müsse unbefristet, unwiderruflich und frei von Bedingungen
sein; es habe zudem festzuhalten, dass der Garantiegeber auf erste Aufforderung
des Vizepräsidenten des Handelsgerichts hin, unter Verzicht auf jegliche
Einwendungen und Einreden, gegen Vorlage eines rechtskräftigen Urteils im
Prozess für welchen der Beschwerdegegnerin die Parteientschädigung zustehe,
jeden Betrag bis zur maximalen Höhe der Garantiesumme an die Beschwerdegegnerin
bezahle. Die Vorinstanz ordnete mithin eine Garantie an, nach der eine Zahlung
der Garantieleistung nur auf Aufforderung der Vorinstanz und nicht etwa der
Beschwerdegegnerin hin erfolgen muss. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar und
es ist nicht ersichtlich, weshalb die Berücksichtigung der Verrechnungseinrede
im "Inkassoverfahren" unter diesen Voraussetzungen nicht möglich sein soll.
Überdies betrifft der geforderte Verzicht auf jegliche Einreden und
Einwendungen offensichtlich nicht die Möglichkeit einer Verrechnungseinrede
durch die Beschwerdeführerin, sondern die Möglichkeit der Bank bzw.
Versicherung, Einreden aus dem Garantievertrag oder aus dem Grundverhältnis zu
erheben.
Der angefochtene Entscheid ist auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden,
soweit auf die Beschwerde insoweit überhaupt eingetreten werden kann.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung,
da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art.
68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 2.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Widmer

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben