Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.432/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
4A_432/2015

Urteil 8. Februar 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Geiger,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hablützel,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Betrügerische Begründung des Versicherungsanspruchs,

Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich,
II. Kammer, vom 18. Juni 2015.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Versicherter, Beklagter, Beschwerdegegner), Jahrgang 1967 und
Inhaber des Einzelunternehmens "Optikergeschäft B.________" schloss per 1.
September 2007 mit der A.________ AG (Versicherer, Klägerin,
Beschwerdeführerin) eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem
Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1) gegen
Erwerbsunfall und Krankheit ab. Für den Versicherten wurde ein versicherter
Jahreslohn von Fr. 80'000.-- und ein Krankentaggeld im Betrag von 100 % des
versicherten Lohnes bei einer Wartefrist von 30 Tagen vereinbart.
Am 13. November 2009 meldete der Versicherte dem Versicherer eine volle
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ab dem 2. November 2009. In der Folge
erbrachte der Versicherer für die Zeit vom 2. Dezember 2009 bis 31. Mai 2011
Krankentaggeldleistungen in der Höhe von Fr. 119'680.--, dies gestützt auf
Arztberichte des den Versicherten betreuenden Arztes, Dr. med. C.________,
Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, und den Ärzten der D.________
Klinik.
Vom 12. bis 17. Mai, am 5. Juli sowie vom 8. bis 9. Juli 2011 wurde der
Versicherte im Auftrag des Versicherers observiert. Als Folge davon erklärte
der Versicherer mit Schreiben vom 14. Juli 2011 gestützt auf Art. 40 VVG die
rückwirkende Aufhebung der Kollektiv-Krankentaggeldpolice per 16. November 2009
und forderte die bisher erbrachten Leistungen sowie die Abklärungskosten in der
Höhe von insgesamt Fr. 127'486.20 zurück. Gegen die am 1. September 2011 im
Betrag von Fr. 125'862.20 nebst Zinseingeleitete Betreibung erhob der
Versicherte Rechtsvorschlag.

B.
Mit Klage beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich beantragte die
Klägerin, der Beklagte sei zu verpflichten, ihr Fr. 124'086.05 nebst Zins zu 5
% seit 1. September 2011 zuzüglich der Kosten für den Zahlungsbefehl von Fr.
203.-- zu bezahlen und es sei der Rechtsvorschlag in diesem Umfang zu
beseitigen. Das Gericht zog die Akten der Invalidenversicherung bei. Mit Urteil
vom 18. Juni 2015 wies es die Klage ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht unter Aufrechterhaltung ihrer im kantonalen Verfahren gestellten
Rechtsbegehren, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts sei aufzuheben und
die Klage zu schützen. Eventualiter sei die Sache unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils an das Sozialversicherungsgericht zur Neubeurteilung
zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner schliesst auf Nichteintreten, eventuell
auf Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet. Die Beschwerdeführerin hat unaufgefordert eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen sind erfüllt.
Unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) ist auf
die Beschwerde einzutreten.

1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Mit Blick auf die allgemeinen Begründungsanforderungen an eine Beschwerde
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen).
Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Die
beschwerdeführende Partei darf eine allfällige Replik nicht dazu verwenden,
ihre Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern. Zulässig sind nur Vorbringen,
zu denen erst die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen
Verfahrensbeteiligten Anlass geben (vgl. BGE 135 I 19 E. 2.2 S. 21; 132 I 42 E.
3.3.4 S. 47; Urteile 4A_279/2013 vom 12. November 2013 E. 2; 4A_146/2012 vom
10. Januar 2013 E. 2.7).

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene
über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die
Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.
mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2
S. 117, 264 E. 2.3 S. 266). Überdies muss die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Wer die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert
darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2
BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des
Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom
im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden
(BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f., 264 E. 2.3 S. 266; je mit Hinweisen).
Zu beachten ist, dass das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts
nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nicht schon dann vor,
wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen
wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1
S. 18 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; je mit Hinweisen).

2.
Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die
Leistungspflicht des Versicherers ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke
der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach
Massgabe von Art. 39 VVG obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu
spät oder gar nicht gemacht, so ist der Versicherer gegenüber dem
Anspruchsberechtigten nicht an den Vertrag gebunden (Art. 40 VVG).

2.1. Der Anspruchsberechtigte - in der Regel der Versicherungsnehmer, der
versicherte Dritte oder der Begünstigte - hat die Tatsachen zur "Begründung des
Versicherungsanspruches" (Marginalie zu Art. 39 VVG) zu beweisen, also
namentlich das Bestehen eines Versicherungsvertrags, den Eintritt des
Versicherungsfalls und den Umfang des Anspruchs (BGE 141 III 241 E. 3.1 S. 242;
130 III 321 E. 3.1 S. 323). Den Versicherer trifft demgegenüber die Beweislast
für Tatsachen, die ihn zu einer Kürzung oder Verweigerung der vertraglich
vorgesehenen Leistung berechtigen oder die den Versicherungsvertrag gegenüber
dem Anspruchsberechtigten unverbindlich machen, wie u.a. die betrügerische
Begründung des Versicherungsanspruchs nach Art. 40 VVG. Anspruchsberechtigter
und Versicherer haben im Streit um vertragliche Leistungen also je ihr eigenes
Beweisthema (BGE 130 III 321 E. 3.1 S. 323; Urteil 4A_382/2014 vom 3. März 2014
E. 5.3 mit Hinweis). Dies trifft auch dann zu, wenn sich beide Beweisthemen im
gleichen Verfahren gegenüberstehen, wie dies bei Taggeldversicherungsansprüchen
im Hinblick auf die tatsächliche Erwerbsunfähigkeit der Fall sein kann.

2.2. Das Bundesgericht hat entschieden, dass für den Beweis der absichtlichen
Herbeiführung des versicherten Ereignisses (Art. 14 VVG) angesichts der damit
verbundenen Beweisschwierigkeiten das Beweismass der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit gilt (zit. Urteil 4A_382/2014 E. 5.3; Urteile 4A_316/2013
vom 21. August 2013 E. 6.2; 4A_431/2010 vom 17. November 2010 E. 2.6, teilw.
publ. in: SJ 2011 I S. 137 ff. S. 140). Es hat diese Reduktion des Beweismasses
auch auf die betrügerische Anspruchsbegründung, namentlich den Nachweis der
Täuschungsabsicht angewendet (zit. Urteil 4A_382/2014 E. 5.3; wohl auch zit.
Urteil 4A_431/2010 E. 2.5).

3.
Die Vorinstanz äusserte sich zuerst zu den Voraussetzungen der Observation,
liess aber offen, ob diese zulässig war, weil sie eine Täuschung durch den
Beschwerdegegner gemäss Art. 40 VVG ohnehin verneinte.

3.1. Sie stellte fest, der Beschwerdegegner habe folgende Erklärungen zu seiner
Arbeitsunfähigkeit abgegeben: Im März 2011 habe er gegenüber der
Sachbearbeiterin der IV-Stelle erklärt, es gehe ihm psychisch nicht gut. Er
lebe sehr zurückgezogen und habe ausser mit seiner Frau keine sozialen
Kontakte. Seine Frau führe das Optikergeschäft jetzt alleine. Er verrichte dort
manchmal Botengänge. Anlässlich der Besprechung mit der Beschwerdeführerin vom
11. Juli 2011 habe er angegeben, er habe bis zu diesem Tag keine
Arbeitsversuche gemacht, keine Kunden mehr bedient. Es komme ab und zu vor,
dass er seine Frau im Geschäft besuche, mit ihr esse oder ihr ganz kleine
Sachen abnehme, z.B. Geldwechsel. Er habe aber seit dem Eintritt ins
Kantonsspital Winterthur im Februar 2010 nie mehr Kunden bedient oder Sehtests
gemacht.

3.2. Demgegenüber stellte die Vorinstanz fest, gemäss den durchgeführten
Observationen sei der Beschwerdegegner im Zeitraum vom 12. bis 17. Mai 2011 an
allen Tagen in seinen Verkaufsräumlichkeiten beobachtet worden. So sei er am
12. Mai 2011 von 09.10 bis 13.42 Uhr im Geschäft anwesend gewesen, wo er nach
Darstellung des Observationsteams bei einem Kunden, bei welchem es sich um
einen Detektiv der Überwachungsfirma gehandelt habe, einen Augentest
durchgeführt und ihn beim Kauf einer Brille beraten habe. Am 13. und 14. Mai
2011 sei er abzüglich einer kurzen Pause den ganzen Tag im Optikbereich
beobachtet worden, wo er gemäss Observationsbericht jeweils einen Kunden
bedient haben soll. Am 17. Mai 2011 sei er sodann ebenfalls im Geschäft
anwesend gewesen. Auch während der weiteren Observationen vom 5. Juli und vom
8. bis 9. Juli 2011 sei der Beschwerdegegner mehrheitlich in seinem
Optikergeschäft beobachtet worden, wo er sich die meiste Zeit im hinteren, von
aussen schlecht einsehbaren Teil des Geschäfts aufgehalten habe, aber
gelegentlich auch im vorderen Teil des Ladenlokals Arbeiten verrichtet habe.
Dass er dabei einen Kunden bedient haben soll, wie die Beschwerdeführerin
geltend mache, gehe aus dem Observationsbericht jedoch nicht hervor.
Zusammenfassend stellte die Vorinstanz fest, an den neun Tagen der Observation
sei der Beschwerdegegner während ca. 41 Stunden im Geschäft anwesend gewesen;
an drei Tagen hätten im Umfang von 70 Minuten Verkaufs- bzw. Beratungsgespräche
stattgefunden, wobei dasjenige mit dem Detektiv der Überwachungsfirma allein
schon 32 Minuten gedauert habe.

3.3. Die Vorinstanz nahm an, der Beschwerdegegner habe seine Aufenthalte im
Geschäft und die "wenigen getätigten Kundenberatungen" als Therapiemassnahme
verstehen dürfen, wie sie ihm im Rahmen des Verhaltensprogramms der Psychiatrie
Uster ausdrücklich empfohlen worden sei. Es sei nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit dargetan, "dass die allfälligen Kundengespräche geeignet
waren, Bestand und Umfang der Leistungspflicht (...) zu beeinflussen".
Insgesamt lägen für die Bejahung einer subjektiven Täuschungsabsicht zu wenig
Anhaltspunkte vor. Das Verhalten des Beschwerdegegners lasse sich nicht
dahingehend interpretieren, dass er "bewusst in der Absicht" gehandelt habe,
von der Beschwerdeführerin ungerechtfertigt Taggelder zu erhalten. Aus dem
Bildmaterial lasse sich keine (Teil-) Arbeitsfähigkeit erstellen. Vielmehr gehe
aus den medizinischen Berichten klar hervor, dass der Beschwerdegegner als
vollständig arbeitsunfähig erachtet worden sei, was auch mit der Darstellung
des Beschwerdegegners übereinstimme. Eine Täuschungsabsicht "in dieser
Hinsicht" liege demnach nicht vor.

4.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Untersuchungsmaxime (Art. 243
ZPO), des rechtlichen Gehörs (Art. 29 BV) und ihres Rechts auf Gegenbeweis
(Art. 8 ZGB) und damit zusammenhängend eine willkürliche Würdigung der objektiv
bestehenden Arbeitsunfähigkeit.

4.1. Sie bezieht sich dabei auf die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach
"aus dem Bildmaterial (...) sich keine Arbeitsfähigkeit oder
Teilarbeitsfähigkeit erstellen" lasse und dass "vorliegend aus den
medizinischen Akten, klar hervor (gehe), dass der Beschwerdegegner als
vollständig arbeitsunfähig erachtet wurde". Dieser Schluss sei klar
willkürlich. Entgegen der Behauptung der Vorinstanz sei etwa die Rheumatologin
Dr. med. E.________ in ihrem Gutachten über den Beschwerdegegner vom 14. Mai
2012 zum Schluss gekommen, dass dieser aus rheumatologischer Sicht nie länger
arbeitsunfähig gewesen sei. Der Versicherer müsse nicht akzeptieren, dass auf
Arbeitsunfähigkeitszeugnisse behandelnder Ärzte abgestellt werde, die ohne
seine Mitwirkung eingeholt worden seien. Er habe Anspruch darauf, dass die
attestierten Arbeitsunfähigkeiten unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des
Observationsmaterials mittels neutralem Gutachten abgeklärt werde.

4.2. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass sie vorinstanzlich ein solches
Gutachten beantragt hat. Zutreffend ist, dass gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO
der soziale Untersuchungsgrundsatz (Art. 247 Abs. 2 ZPO) gilt. Daraus ergibt
sich jedoch nicht, dass die Vorinstanz von sich aus ein Gutachten hätte
anordnen müssen. Bei der sozialpolitisch begründeten Untersuchungsmaxime geht
es darum, die wirtschaftlich schwächere Partei zu schützen, die Gleichheit
zwischen den Parteien herzustellen sowie das Verfahren zu beschleunigen. Die
Parteien sind jedoch nicht davon befreit, bei der Feststellung des
entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die allenfalls zu
erhebenden Beweise zu bezeichnen. Sie tragen auch im Bereich der
Untersuchungsmaxime die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung. Das
Gericht hat lediglich seine Fragepflicht auszuüben, die Parteien auf ihre
Mitwirkungspflicht sowie das Beibringen von Beweisen hinzuweisen. Zudem hat es
sich über die Vollständigkeit der Behauptungen und Beweise zu versichern, wenn
diesbezüglich ernsthafte Zweifel bestehen (vgl. zum Ganzen Urteil des
Bundesgerichts 4A_360/2015 vom 12. November 2015 E. 4.2 mit Hinweisen). Diese
Grundsätze hat die Vorinstanz nicht verletzt, wenn sie gegenüber der anwaltlich
vertretenen Beschwerdeführerin nicht von sich aus ein Gutachten einholte.
Der aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessende Anspruch auf rechtliches Gehör verleiht
der betroffenen Partei das Recht, in einem Verfahren, das in ihre
Rechtsstellung eingreift, mit rechtzeitig und formgültig angebotenen
Beweismitteln gehört zu werden (BGE 134 I 140 E. 5.3 S.148). Bestand kein
Beweisantrag, ist also auch der Anspruch auf rechtliches Gehör und das "Recht
auf Gegenbeweis (Art. 8 ZGB) " nicht verletzt; abgesehen davon, dass es nicht
um den Gegenbeweis geht, sondern um den von der Beschwerdeführerin zu
erbringenden Hauptbeweis für die betrügerische Anspruchsbegründung (vgl. E. 2.1
hiervor). Die Vorinstanz durfte daher auf die vorhandenen Unterlagen abstellen,
d.h. die Observation und die vorhandenen Bestätigungen der behandelnden Ärzte.

4.3. Aufgrund der vorinstanzlichen Feststellungen ist ausgewiesen, dass der
Beschwerdegegner im kontrollierten Zeitraum von neun Tagen durchschnittlich gut
4,5 Stunden täglich in seinem Geschäft anwesend war (am 13. und 14. Mai 2011
den ganzen Tag) und vereinzelte Kunden bediente. Seine Angaben gegenüber der
Beschwerdeführerin, dass es hin und wieder vorkomme, dass er seine Frau im
Geschäft besuche oder ihr kleine Sachen abnehme bzw. für sie Botengänge mache,
war daher falsch. Objektiv unzutreffend war auch die Erklärung, seit Februar
2010 keine Kunden mehr bedient oder Sehtests gemacht zu haben. Wenn die
Vorinstanz aber den im Vergleich zur Dauer der Anwesenheit nur geringen
Zeitaufwand für Verkaufs- bzw. Beratungsgespräche berücksichtigte und davon
ausging, die Observation beweise als solche objektiv keine Arbeitsfähigkeit
bzw. Teilarbeitsfähigkeit, ist dies nicht offensichtlich unhaltbar. Ebenso ist
es nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz feststellte, die behandelnden Ärzte
hätten den Beschwerdegegner im massgeblichen Zeitpunkt als vollständig
arbeitsunfähig erachtet. Selbst wenn der Beschwerdegegner aus rheumatologischer
Sicht nie länger arbeitsunfähig gewesen sein sollte, schliesst dies eine
Arbeitsunfähigkeit aus anderen Gründen nicht aus. Zu prüfen bleibt, ob die
Falschangaben des Beschwerdegegners den Tatbestand der betrügerischen
Begründung des Versicherungsanspruchs erfüllen.

5.
Art. 40 VVG enthält nach dem Wortlaut zwei unterschiedliche
Tatbestandsvarianten; einerseits wahrheitswidrige Angaben zu
anspruchsbegründenden (bzw. -mindernden) Tatsachen und andererseits zu späte
oder unterlassene Mitteilungen gemäss Art. 39 VVG, d.h. Mitteilungen über
solche Tatsachen, die zur Ermittlung der Umstände, unter denen das befürchtete
Ereignis eingetreten ist, oder zur Feststellung der Folgen des Ereignisses
dienlich sind. Über die Tragweite der Bestimmung herrscht in der Lehre keine
Einigkeit (für zwei zu unterscheidende Tatbestandsvarianten: HANS ROELLI/MAX
KELLER, Kommentar zum schweizerischen Bundesgesetz über den
Versicherungsvertrag vom 2. April 1908, 2. Aufl. 1968, S. 579 f.; BURKHARD
GANTENBEIN, Die ausserordentliche Beendigung des Versicherungsvertrages nach
dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag vom 8. April 1908, 1939, S. 193
ff.; anders wohl JÜRG NEF, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den
Versicherungsvertrag, 2001, N. 13 zu Art. 40 VVG, der den Verweis auf Art. 39
VVG als überflüssig erachtet). Einigkeit besteht aber insoweit, als die
Bestimmung subjektiv (in beiden Varianten) Täuschungsabsicht voraussetzt
(ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 581; NEF, a.a.O., N. 23 ff. zu Art. 40 VVG;
GANTENBEIN, a.a.O., S. 200 f.).

5.1. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, beide Varianten von Art. 40 VVG
seien erfüllt. Sie rügt, die Vorinstanz habe nur die erste Tatbestandsvariante
geprüft, hingegen habe sie nicht geprüft, ob der alternativ geltende objektive
Tatbestand einer unterlassenen Meldung nach Art. 39 VVG zum Zwecke der
Täuschung gegeben sei. Sie macht geltend, die Falschangaben anlässlich der
Befragung vom 11. Juli 2011 seien zweifellos solche "auf Begehren des
Versicherers", die "zur Feststellung der Folgen der Ereignisse, dienlich" seien
im Sinn von Art. 40 VVG i.V.m. Art. 39 VVG. Darüber hinaus sei die Beurteilung
der Arbeitsfähigkeit - gerade bei psychosomatischen Leiden - gemäss der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 141 V 281 E. 3.7.2 S. 295 f. mit
Hinweisen) eine "Aufgabe der indirekten Beweisführung", bei der auch weitere
Hilfstatsachen und das Verhalten im Alltag bei der Prüfung der Konsistenz der
Angaben zu berücksichtigen seien. Insgesamt seien die Falschangaben des
Beschwerdegegners daher objektiv geeignet, Bestand und Höhe der
Leistungspflicht zu beeinflussen.
Der Beschwerdegegner hält dem entgegen, Art. 39 VVG beziehe sich nur auf solche
Mitteilungen, die zum Zwecke der Täuschung verspätet oder gar nicht erfolgen.
Das Verschweigen oder Verfälschen von Tatsachen an sich - wie hier von der
Beschwerdeführerin geltend gemacht - falle nicht darunter. Unabhängig davon
müssten auch solche Tatsachen geeignet sein, die Leistungspflicht des
Versicherers zu beeinflussen. Die Beschwerdeführerin behaupte aber nicht, dass
sie ihre Leistungspflicht anders beurteilt hätte, wenn sie Kenntnis über die
von ihr als "Arbeitsversuche" bezeichneten observierten Tätigkeiten gehabt
hätte. Im Übrigen gehe es bei der Frage, ob Angaben des Beschwerdegegners
geeignet gewesen seien, die Leistungspflicht zu beeinflussen, auch um
Beweiswürdigung und damit eine Tatfrage, die nur einer Willkürprüfung
unterliege, weshalb auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht einzutreten
sei.

5.2. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ging es im
Wesentlichen um "Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherers
ausschliessen oder mindern" i.S. der ersten Tatbestandsvariante von Art. 40
VVG, und zwar um unmittelbar anspruchsbegründende Tatsachen (BGE 78 II 278 E. 1
S. 280), wie die Höhe des Schadenbetrags, namentlich die Tatsache eines zu
hohen Wertes der versicherten Sache (BGE 78 II 278; Urteile 4A_17/2011 vom 14.
März 2011; 5C.99/2002 vom 12. Juni 2002 E. 3.1; 5C.52/1997 vom 24. Juni 1998 E.
3b/aa; vgl. auch die zit. Urteil 4A_431/2010 E. 2.5). Insbesondere in
französischsprachigen Entscheiden präzisierte das Bundesgericht die objektive
Voraussetzung der ersten Tatbestandsvariante in Art. 40 VVG sodann insofern,
dass die unrichtige Mitteilung, welche die Leistungspflicht ausschliessen oder
mindern würde, dann vorliege, wenn "autrement dit, (...) sur la base d'une
déclaration correcte des faits en question, l'assureur n'ait à verser qu'une
prestation moindre ou même aucune prestation" (zit. Urteile 4A_17/2011 E 2;
5C.99/2002 E. 3.1 sowie Urteil 5C.2/2007 vom 17. Oktober 2007 E. 4.1; alle
unter Hinweis auf die entsprechende Formulierung bei NEF, a.a.O., N. 16 zu Art.
40 VVG) bzw. eine fast gleich lautende Formulierung (zit. Urteil 4A_288/2013 E.
3). Bei der Taggeldversicherung ist die Arbeitsunfähigkeit bzw.
Erwerbsunfähigkeit eine anspruchsbegründende Tatsache. Daher lag im sowohl von
der Vorinstanz wie den Parteien zitierten Urteil 4A_382/2014 objektiv eine
unrichtige Mitteilung über unmittelbar anspruchsbegründene Tatsachen vor. Dort
hatte der Versicherte im Strafverfahren nämlich eine tatsächliche
Arbeitstätigkeit von 80 bis 100 % eingeräumt. Gleichzeitig gab er gegenüber den
ihn behandelnden Ärzten eine vollständige Arbeitsunfähigkeit an und bezog
mittels den Arztattesten von der Beschwerdegegnerin ungekürzte Taggelder, womit
er auch dieser gegenüber eine vollständige Arbeitsunfähigkeit deklarierte (zit.
Urteil 4A_382/2014 E. 6, v.a. E. 6.2.1). In diesem Sinn ist auch die Äusserung
zu verstehen, zu den Fällen des Vortäuschens eines grösseren Schadens gehöre
namentlich die Aggravation von gesundheitlichen Störungen (zit. Urteil 4A_382/
2014 E. 5.1 unter Hinweis auf Nef, a.a.O., N. 22 zu Art. 40 VVG).
Vor dem Hintergrund der vorinstanzlichen Beweiswürdigung, welche die
Beschwerdeführerin nicht als willkürlich auszuweisen vermochte (E. 4.3
hiervor), ist aber - zumindest bis jetzt - nicht erstellt, dass die Deklaration
des Beschwerdegegners gegenüber der Beschwerdeführerin einer hundertprozentigen
Arbeitsunfähigkeit falsch gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin macht aber
geltend, wahrheitsgemässe Angaben im Gespräch vom 11. Juli 2011 hätten sie
veranlasst, zusätzliche medizinische Abklärungen (Gutachten) zu treffen. Wie
ein derartiger Fall mit Blick auf Art. 40 VVG zu behandeln ist, hatte das
Bundesgericht in der zitierten Rechtsprechung bisher nicht zu entscheiden.

5.3. Auf die Frage braucht auch hier nicht vertieft eingegangen zu werden, da
die Anwendung von Art. 40 VVG, wie dargelegt, jedenfalls Täuschungsabsicht
voraussetzt (ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 581; NEF, a.a.O., N. 23 ff. zu Art. 40
VVG; GANTENBEIN, a.a.O., S. 200 f.). Diese ist gegeben, wenn der
Anspruchsteller dem Versicherer mit Wissen und Wollen unwahre Angaben macht, um
einen Vermögensvorteil zu erlangen (zit. Urteile 4A_382/2014 E. 5.1; 5C.2/2007
E. 4.1; Nef, a.a.O., N. 23 zu Art. 40 VVG; vgl. auch ROLAND SCHAER,
Rechtsfolgen der Verletzung versicherungsrechtlicher Obliegenheiten, 1972, S.
81 f. mit Hinweisen; GANTENBEIN, a.a.O., S. 201, der die Absicht, vom
Versicherer eine Leistung zu erhalten, die dem Anspruchsberechtigten nicht oder
nicht in dieser Höhe gebührt, verlangt, also die Absicht, eine
ungerechtfertigte Bereicherung zu erlangen).

5.3.1. Die Feststellung, welche Absicht ein Versicherter gehabt hat bzw. mit
welchem Willen er gehandelt hat, ist eine tatsächliche Feststellung, die vom
Bundesgericht grundsätzlich nicht überprüft werden kann (vgl. E. 1.2 hiervor).
Demgegenüber ist es eine frei überprüfbare Rechtsfrage, ob gestützt auf die
vorinstanzlichen Feststellungen zur Absicht bzw. dem Willen des Versicherten
der subjektive Tatbestand des Art. 40 VVG erfüllt ist (zit. Urteil 5C.2/2007 E.
4.1 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 4A_393/2008 vom 17. November 2008 E. 4.5).

5.3.2. Die Vorinstanz verneinte die subjektive Täuschungsabsicht. Sie stellte
fest, aufgrund des objektiven Sachverhalts sei mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, "dass der Beklagte mit dem Verschweigen
allfälliger Kundengespräche anlässlich der Besprechung vom 11. Juli 2011 seine
Aussichten auf weitere Taggeldleistungen erhöhen wollte. Dass er dabei jedoch
bewusst in der Absicht handelte, von der Klägerin zu Unrecht Taggelder zu
erhalten," sei "[...] nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erstellt". Sie stützte sich dabei namentlich auf die Angaben
von med. pract. F.________, der in seinem Bericht vom 23. Januar 2012 an den
Rechtsvertreter des Beschwerdegegners ausgeführt hatte, der Beschwerdegegner
sei im Rahmen eines Therapieprogramms aufgefordert worden, eine langsame
Annäherung an den Betrieb im Sinne eines Praktikums vorzubereiten und sich dazu
auch kurze Zeit in sein Geschäft zu begeben.

5.3.3. Die vorinstanzliche Formulierung ist schwer verständlich, wenn sie die
"bewusste Absicht" dem blossen "Willen auf Erhöhung der Aussichten auf
Versicherungsleistung" gegenüberstellt. Aufgrund der gesamten Beweiswürdigung
kann ausgeschlossen werden, dass sie mit "bewusste Absicht" erhöhte
Anforderungen an die Verschuldensart stellen wollte, beispielsweise im Sinn
eines arglistigen Verhaltens oder Absicht in dem Sinn, dass die Schädigung des
Versicherers geradezu Selbstzweck der falschen Angaben sein müsste (zu den
unterschiedlichen Verschuldensarten vgl. statt vieler: GAUCH/SCHLUEP/
EMMENEGGER, Schweizerisches Obligationenrecht Alllgemeiner Teil, Bd. II, 10.
Aufl., 2014, Rz. 2965 f.). Vielmehr ist die Formulierung (analog zum
gewöhnlichen Vorsatz) dahingehend zu verstehen, dass der Beschwerdegegner nicht
mit Wissen und Wollen handelte, einen unrechtmässigen Vermögensvorteil zu
erlangen.
Die Verneinung einer "bewussten Absicht " beruht auf Beweiswürdigung und ist
eine tatsächliche Feststellung. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die
Umstände - namentlich der zeitliche Zusammenhang und der Hinweis auf die
Wichtigkeit der wahrheitsgetreuen Beantwortung der Fragen anlässlich des
Abklärungsgesprächs vom 11. Juli 2011 - sprächen klar für eine bewusste
Falschaussage des Beschwerdegegners, die darauf gerichtet gewesen sei, weitere
Abklärungen durch die Beschwerdeführerin (Anordnung eines psychiatrischen
Gutachtens etc.) zu verhindern. Er habe auch entgegen der Vorinstanz nicht von
blossen Therapie-Massnahmen ausgehen dürfen, denn gemäss dem Bericht von med.
pract. F.________ vom 23. Januar 2012 seien solche Massnahmen erst Anfang Juli
2011 ein Thema gewesen; die Observationen datierten aber z.T. schon aus Mai
2011. Damit kritisiert sie die Beweiswürdigung der Vorinstanz, ohne aber
Willkür (vgl. E. 1.2 hiervor) aufzuzeigen. Aus den erwähnten Zeitpunkten lässt
sich nichts Entscheidendes ableiten. Es trifft nicht zu, dass die Vorschläge
von med. pract. F.________ zur "langsamen Annäherung an den Betrieb im Sinn
eines Praktikums" erst im Juli erfolgten. Der Psychiater verweist vielmehr auf
die bereits anfangs 2011 gemachten Schritte (vi-act. 6/4 S. 3: " (siehe oben)
"). Er führt zwar auch aus, der Beschwerdegegner hätte sich "dazu auch kurze
Zeit in sein Geschäft zu begeben" und "Der Patient hat berichtet, dass er immer
nur kurze Zeit im Geschäft gewesen ist" (vi-act. 6/4 S. 3). Ein Aufenthalt
während der observierten Zeit von durchschnittlich gut 4,5 Stunden pro Tag (an
zwei Tagen ganztags) entspricht dem kaum. Geradezu willkürlich ist die
Beweiswürdigung der Vorinstanz aber nicht. Aufgrund ihrer Feststellung ist
somit davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner nicht mit Absicht handelte.

5.3.4. Zu prüfen bleibt, ob der von der Vorinstanz gleichzeitig festgestellte
Wille des Beschwerdegegners, mit seinen unrichtigen Angaben die Aussichten auf
Taggeld erhöhen zu wollen, den subjektiven Tatbestand von Art. 40 VVG erfüllt.

5.3.4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, damit sei zumindest
Eventualvorsatz zur betrügerischen Anspruchsbegründung gegeben, denn es habe
jedenfalls eine Inkaufnahme einer unzulässigen Beeinflussung der Willensbildung
beim Versicherer vorgelegen. Eventualvorsatz genüge (unter Hinweis auf STEPHAN
FUHRER, Versicherungsmissbrauch - privatrechtliche Aspekte, in: Haftung und
Versicherung, Weber/Münch [Hrsg.], 2. Aufl. 2015, S. 1460 f. Rz. 29.15 f.).
Indem die Vorinstanz trotz dieser Feststellung schliesse, insgesamt würden für
die Bejahung der subjektiven Täuschungsabsicht zu wenig Anhaltspunkte
vorliegen, stelle sie zu hohe Beweisanforderungen und verlange einen strikten
Nachweis der subjektiven Täuschungsabsicht.

5.3.4.2. Der Beschwerdegegner bestreitet, dass Eventualvorsatz genügt;
namentlich angesichts der Schwere des Vorwurfs sowie der strengen Rechtsfolgen
von Art. 40 VVG könne nur ein Wille sanktioniert werden, welcher direkt auf das
Handlungsziel ausgerichtet sei. Im Übrigen könne die Formulierung der
Vorinstanz, dass er mit dem Verschweigen der tatsächlichen Gegebenheiten "seine
Aussichten auf weitere Taggeldleistungen habe erhöhen wollen" im Kontext nur so
verstanden werden, als dass er seine Taggeldleistungen nicht  unbegründet habe
gefährden wollen [Hervorhebung durch den Beschwerdegegner]. Allerdings würde
dies voraussetzen, dass er überhaupt ein entsprechendes Bewusstsein gehabt
hätte, was bestritten und nicht aktenkundig sei. Selbst wenn im Übrigen
Eventualvorsatz als genügend erachtet würde, lasse sich ein solcher nicht mit
dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachweisen.

5.3.4.3. Eventualvorsatz, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, würde
bedeuten, dass der Beschwerdegegner erkannt hat, dass seine Auskünfte
(objektiv) unwahr sind und als Erfolg  zu Unrecht Taggelder bewirken können,
und dass er diesen Erfolg billigend in Kauf nahm. Die Vorinstanz hielt aber
gleichzeitig im Rahmen ihrer nicht geradezu willkürlichen Beweiswürdigung fest,
es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdegegner seine
Anwesenheit/Tätigkeit im Geschäft als Therapie-Massnahme verstand. Konnte er
davon ausgehen, kann aber nicht gleichzeitig angenommen werden, er hätte
unrechtmässige Leistungen an ihn in Kauf genommen. Was die Vorinstanz mit ihrer
zitierten Formulierung genau meinte, kann daher ebenso offen bleiben wie die
Frage, ob im Rahmen von Art. 40 VVG für die Täuschungsabsicht Eventualvorsatz
genügen würde.
Unbegründet ist der Vorwurf, die Vorinstanz sei von einem falschen Beweismass
ausgegangen. Die Beschwerdeführerin legt unter diesem Titel lediglich dar, zu
welchem Resultat die Beweiswürdigung aus ihrer Sicht hätte führen müssen, ohne
dass sie diesbezüglich eine geradezu willkürliche Beweiswürdigung nachweisen
könnte.

5.4. Die Vorinstanz hat Art. 40 VVG bundesrechtskonform angewandt. Ob die
Observation zulässig war, muss daher nicht geprüft werden.

6.
Somit ist die Beschwerde abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend
wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1
und Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Februar 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Luczak

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