Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.383/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_383/2015

Urteil vom 7. Januar 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Hohl,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thilo Pachmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
handelnd durch C.________ AG,
und diese vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Raoul Futterlieb,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mietvertrag; sachliche Zuständigkeit,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 18. Juni 2015.

Sachverhalt:

A.
Am 24. August 2007 schlossen die D.________ AG als Mieterin und die E.________
AG als Vermieterin einen Mietvertrag über verschiedene Räume in der
Liegenschaft F.________ und G.________ in U.________.
Die D.________ AG schloss den Vertrag für ihre Tochtergesellschaft, die
A.________ AG.
Am 17. Juli 2008 vereinbarten die ursprünglichen Vertragsparteien und die
A.________ AG, dass diese anstelle der D.________ AG als Mieterin in den
Mietvertrag eintrete.
Per 1. Februar 2009 wurde die Liegenschaft der B.________ verkauft.
Mit Schreiben vom 18. August 2014 teilte die A.________ AG der B.________ mit,
dass sie den Mietvertrag ausserordentlich gemäss Art. 259b lit. a OR auf den
25. August 2014 kündige.
Am 27. August 2014 teilte die B.________ der A.________ AG mit, dass sie die
Kündigung nicht akzeptiere.

B.

B.a. Mit Eingabe vom 16. September 2014 gelangte die B.________ an die
Schlichtungsbehörde und stellte folgendes Rechtsbegehren:

"Es sei die mit Zuschrift der Beklagten [A.________ AG] vom 18. August 2014 auf
den 25. August 2014 angezeigte Kündigung als unwirksam, eventualiter als
missbräuchlich zu erkennen."

Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 11. Dezember 2014 formulierte die
B.________ ihr Begehren neu wie folgt:

"Es sei festzustellen, dass die mit Zuschrift vom 18. August 2014 auf den 25.
August 2014 angezeigte Kündigung unwirksam und missbräuchlich sei ".
Nachdem die Einigungsverhandlungen scheiterten, unterbreitete die
Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag (Feststellung der
Unwirksamkeit der Kündigung). Dieser wurde von der A.________ AG abgelehnt,
worauf ihr die Schlichtungsbehörde mit Beschluss vom 8. Januar 2015 die
Klagebewilligung ausstellte.

B.b. Am 13. Februar 2015 reichte die A.________ AG beim Mietgericht Zürich
Klage ein mit folgendem Rechtsbegehren:

"1. Es sei festzustellen, dass die Kündigung der Klägerin vom 18. August 2014
per 25. August 2014 gültig ist und das Mietverhältnis betreffend das Mietobjekt
an der F.________ und G.________, in U.________ per 25. August 2014 aufgehoben
ist.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (Ietztere zuzüglich MwSt.) zu Lasten
der Beklagten."

Zur Begründung führte die A.________ AG aus, sie sei wegen der drohenden
Rechtskraft des Urteilsvorschlags der Schlichtungsbehörde gezwungen, Klage
einzureichen. Für den vorliegenden Streit sei jedoch das Handelsgericht
zuständig. Die B.________, die das Schlichtungsgesuch eingereicht habe, habe
nur ein Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit und Missbräuchlichkeit der
Kündigung gestellt. Die Feststellung sowohl der Unwirksamkeit als auch der
Nichtigkeit sei indessen nicht Gegenstand der von Art. 273 OR geregelten
Anfechtungsklage. Die Klage der B.________ stelle damit keine Anfechtung im
Sinne von Art. 273 OR dar. Bis heute habe das Bundesgericht in BGE 139 III 457
E. 5.3 ausdrücklich offen gelassen, ob ein Fall von Kündigungsschutz vorliege,
wenn nur die Feststellung der Unwirksamkeit verlangt werde. Die
Schlichtungsbehörde habe deshalb keinen Urteilsvorschlag unterbreiten dürfen
und das Mietgericht habe von Amtes wegen auf die Klage nicht einzutreten.
Die B.________ führte in ihrer Klageantwort demgegenüber aus, dass vorliegend
eine Frage aus dem Kernbereich des Mietrechts strittig sei, nämlich die Frage
nach dem Bestand der ausserordentlichen Kündigung der A.________ AG vom 18.
August 2014. Diese habe die B.________ ausdrücklich angefochten mit dem
Begehren, sie als unwirksam, eventualiter als missbräuchlich zu erkennen, und
zwar innert der Frist von Art. 273 Abs. 1 OR. Weil die Schlichtungsbehörde das
Begehren vorerst als Verfahren betreffend "Kündigungsschutz/Anfechtung"
entgegengenommen, im Nachhinein aber als "Feststellungsverfahren" bezeichnet
habe, habe die B.________ anlässlich der Schlichtungsverhandlung ein
dementsprechendes Rechtsbegehren gestellt, wonach festzustellen sei, dass die
Kündigung unwirksam und missbräuchlich sei. Entscheidend sei, dass die
B.________ die Kündigung ausdrücklich und innert der Frist des Art. 273 Abs. 1
OR angefochten und den Bestand der Kündigung in Abrede gestellt habe, dies
sowohl was ihre Wirksamkeit im Sinne von Art. 259b lit. a OR als auch ihre
Gültigkeit im Sinne von Art. 271 und 271a OR anbelange. Über die Wirksamkeit
einer ausserordentlichen Kündigung sei ohnehin vorfrageweise zu entscheiden,
bevor deren Missbräuchlichkeit geprüft werden könne. Weil die zwischen den
Parteien strittige Frage den Kernbereich des Mietrechts im Sinne von Art. 243
Abs. 2 lit. c ZPO betreffe, Iiege die sachliche Zuständigkeit im vorliegenden
Fall beim Mietgericht Zürich.
Mit selbständig eröffneter Präsidialverfügung vom 20. April 2015 trat das
Mietgericht auf die Klage ein.

B.c. Dagegen reichte die A.________ AG beim Obergericht des Kantons Zürich
Berufung ein mit folgenden Anträgen:

"1. Ziffer 1.) der Präsidialverfügung des Mietgerichts Zürich vom 20. April
2015 (MB150006-L) sei aufzuheben und es sei auf die Klage nicht einzutreten.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (Ietztere zuzüglich MwSt.) zu Lasten
der Berufungsbeklagten."

Mit Urteil vom 18. Juni 2015 wies das Obergericht die Berufung ab und
bestätigte den Eintretensentscheid des Mietgerichts.
Das Obergericht kam wie bereits das Mietgericht zum Schluss, dass die
vorliegende Mietstreitigkeit zwischen zwei Unternehmen zwar eine
handelsrechtliche Streitigkeit i.S. von Art. 6 Abs. 2 ZPO darstelle, zu deren
Beurteilung grundsätzlich das Zürcher Handelsgericht sachlich zuständig wäre.
Allerdings liege ein Anwendungsfall des Kündigungsschutzes i.S. von Art. 243
Abs. 2 lit. c ZPO vor, für den das vereinfachte Verfahren vorgesehen sei, das
nach Art. 243 Abs. 3 ZPO vor Handelsgericht nicht zur Anwendung gelange. Da
gemäss dem Leitentscheid BGE 139 III 457 E. 4.4.3 die Regelung der
Verfahrensart jener über die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts
vorgehe, sei zur Beurteilung der vorliegenden Streitigkeit nicht das
Handelsgericht, sondern das Mietgericht sachlich zuständig.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die A.________ AG dem Bundesgericht die
folgenden Anträge:

"1. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Juni 2015 (NG150011)
sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass vorliegend das Mietgericht
sachlich nicht zuständig ist.
2. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Juni
2015 (NG150011) aufzuheben und die Sache zur Sachverhaltsergänzung und neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich MwSt.) zu Lasten der
Beschwerdegegnerin."

Die B.________ beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde.
Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Die A.________ AG hat eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Mit Präsidialverfügung vom 20. April 2015 ist das Mietgericht auf die Klage
eingetreten und hat damit seine örtliche und sachliche Zuständigkeit zur
Beurteilung der Klage bejaht. Dabei handelt es sich um einen (positiven)
Prozesszwischenentscheid betreffend die Zuständigkeit in einer Zivilsache (Art.
72 BGG). Die Beschwerde gegen den diesen bestätigenden Rechtsmittelentscheid
einer oberen kantonalen Letztinstanz ist zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG i.V.m.
Art. 75 BGG). Die Beschwerdeführerin ist sodann mit ihren Berufungsbegehren
unterlegen (Art. 76 BGG) und hat die Beschwerde innert der Beschwerdefrist
eingereicht (Art. 100 BGG). Der erforderliche Streitwert von Fr. 15'000.-- ist
erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist
unter Vorbehalt einer gehörigen Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106
Abs. 2 BGG) einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe die sachliche
Zuständigkeit des Handelsgerichts zu Unrecht verneint. Entgegen der Auffassung
der Vorinstanz sei nicht das Mietgericht zuständig, da kein Anwendungsfall des
Kündigungsschutzes i.S. von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO vorliege. Die
Beschwerdegegnerin habe vor der Schlichtungsbehörde nämlich nur ein Begehren
auf Feststellung betreffend die Wirksamkeit der Kündigung gestellt, nicht aber
ein Gestaltungsbegehren auf Anfechtung der Kündigung i.S. von Art. 271 ff. OR.
Ein reines Feststellungsbegehren stelle aber keinen Fall des Kündigungsschutzes
dar und falle daher nicht unter Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO. Das Bundesgericht
habe im Leitentscheid BGE 139 III 457 E. 5.3 explizit offen gelassen, ob ein
Fall von Kündigungsschutz i.S. von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO vorliege, wenn
nur die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung verlangt
werde.

2.1. Gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO gilt das vereinfachte Verfahren ohne
Rücksicht auf den Streitwert für Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn-
und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht, sofern u.a. der 
Kündigungsschutz betroffen ist.
Das Bundesgericht hat sich im Leitentscheid BGE 139 III 457 E. 5.2 f. S. 465
ff. mit dem Begriff des Kündigungsschutzes i.S. der genannten Bestimmung
auseinander gesetzt. Es hat dabei darauf hingewiesen, dass die Frage, ob sich
der Begriff des Kündigungsschutzes nur auf die Anfechtbarkeit der Kündigung
gemäss Art. 271 und Art. 271a OR beziehe oder auch die Unwirksamkeit oder
Nichtigkeit einer Kündigung einschliesse, in der vornehmlich
französischsprachigen Literatur kontrovers diskutiert wird. Die Begrenzung wird
damit begründet, "Kündigungsschutz" gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO
entspreche der Überschrift des dritten Abschnitts des 8. Titels des OR (Art.
271 bis 273c OR) und könne sich daher nur auf die in diesem Abschnitt geregelte
Anfechtung (Art. 271 und 271a OR) und die Erstreckung des Mietverhältnisses
(Art. 272 ff. OR) beziehen. Immerhin wird anerkannt, dass die Gültigkeit oder
Nichtigkeit der Kündigung als Vorfrage im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens
geprüft werden kann. Das ordentliche Verfahren gelangt dagegen nach einem Teil
der Lehre zur Anwendung, wenn in einem selbstständigen Verfahren, namentlich im
Rahmen eines Ausweisungsverfahrens (das mangels liquider Verhältnisse die
Anforderungen von Art. 248 lit. b und Art. 257 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt), auf
Feststellung der Gültigkeit der Kündigung geklagt wird und der Streitwert
30'000 Franken übersteigt. Ein anderer Teil der Lehre geht hingegen von einem
weiten Verständnis des Begriffs des Kündigungsschutzes in Art. 243 Abs. 2 lit.
c ZPO aus, der jeden Fall der Bestreitung der Gültigkeit der Kündigung erfasst,
sei es wegen Anfechtbarkeit, Unwirksamkeit oder Nichtigkeit (BGE 139 III 457 E.
5.2 S. 465).
Die Frage, ob ein Fall von Kündigungsschutz vorliege, wenn ausschliesslich die
Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit beantragt wird, hat das
Bundesgericht offengelassen (BGE 139 III 457 E. 5.3 S. 466). Denn im Rahmen
eines Anfechtungsverfahrens nach Art. 273 OR ist vorfrageweise auch die
Nichtigkeit bzw. Wirksamkeit der Kündigung zu prüfen. Dabei kann die Anfechtung
auch nur eventualiter erfolgen, während im Hauptantrag die Feststellung der
Unwirksamkeit, Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit anbegehrt wird. Die
Schlichtungsstelle hat diesfalls zunächst die Wirksamkeit der Kündigung zu
prüfen, bevor sie die eventualiter geltend gemachte Anfechtung wegen
Missbräuchlichkeit die Gültigkeit der Kündigung zu beurteilen hat. Auch wenn
die Schlichtungsbehörde zum Schluss kommt, dass die Kündigung unwirksam ist und
die Missbräuchlichkeit folglich gar nicht mehr zu prüfen ist, handelt es sich
nach wie vor um ein Anfechtungsverfahren i.S. von Art. 273 OR, weshalb die
Schlichtungsbehörde auch befugt ist, den Parteien zur Frage der Wirksamkeit
einen Urteilsvorschlag gemäss Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO zu unterbreiten. Wird
dieser abgelehnt, hat die ablehnende Partei in der Folge eine Klage
einzureichen, ansonsten dem (abgelehnten) Urteilsvorschlag die Wirkungen eines
rechtskräftigen Entscheids zukommen (Art. 211 Abs. 3 ZPO). Bei dieser Klage
handelt es sich um einen Fall von Kündigungsschutz gemäss Art. 243 Abs. 2 lit.
c ZPO (BGE 139 III 457 E. 5.3 S. 466).

2.2. Vorliegend hat sich die Beschwerdegegnerin mit folgendem Begehren an die
Schlichtungsbehörde gewendet:

"Es sei die mit Zuschrift der Beklagten [A.________ AG] vom 18. August 2014 auf
den 25. August 2014 angezeigte Kündigung als unwirksam, eventualiter als
missbräuchlich zu erkennen."

Anlässlich der Schlichtungsverhandlung formulierte die Beschwerdegegnerin ihr
Begehren neu wie folgt:

"Es sei festzustellen, dass die mit Zuschrift vom 18. August 2014 auf den 25.
August 2014 angezeigte Kündigung unwirksam und missbräuchlich sei. "

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin handelt es sich bei diesen Begehren
nicht um eine Anfechtung i.S. von Art. 273 OR und damit nicht um einen Fall des
Kündigungsschutzes i.S. von Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO sowie Art. 243 Abs. 2
lit. c ZPO. Nach Treu und Glauben ausgelegt, handle es sich bei den
entsprechenden Begehren an die Schlichtungsbehörde um reine
Feststellungsbegehren, ohne dass damit eine Anfechtung verbunden gewesen sei.
Entsprechend sei die Schlichtungsbehörde für die Ausstellung eines
Urteilsvorschlags gar nicht zuständig gewesen und liege auch kein
Anwendungsfall des vereinfachten Verfahrens vor.

2.3. Wie alle Prozesshandlungen sind Rechtsbegehren nach Treu und Glauben
auszulegen, insbesondere im Lichte der dazu gegebenen Begründung (BGE 123 IV
125 E. 1; 115 Ia 107 E. 2b S. 109; 105 II 149 E. 2a S. 152; Urteile 4A_440/2014
vom 27. November 2014 E. 3.3; 5A_783/2009 vom 5. August 2010 E. 3.3.2, nicht
publ. in: BGE 136 III 490). Dabei ist nicht einfach die allenfalls unrichtige
Bezeichnung oder Ausdrucksweise massgebend (Urteile 4A_440/2014 vom 27.
November 2014 E. 3.3; 5C.159/2000 vom 6. September 2000 E. 3c/aa).

2.4. Aus dem ursprünglichen Begehren im Schlichtungsgesuch geht hervor, dass
die Beschwerdegegnerin im  Hauptpunkt die Feststellung der Unwirksamkeit der
Kündigung verlangte und diese im  Eventualpunkt auch noch als missbräuchlich
anfocht. Diese Möglichkeit der Verbindung eines Feststellungsbegehren im
Hauptpunkt mit einem Anfechtungsbegehren wegen Missbräuchlichkeit im
Eventualpunkt steht im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
(oben E. 2.1  in fine unter Hinweis auf BGE 139 III 457 E. 5.3 S. 466). Dass
die Beschwerdegegnerin dabei die Formulierung verwendete, es sei die Kündigung
"als missbräuchlich zu erkennen", statt ausdrücklich deren Aufhebung zu
verlangen, ändert nichts daran, dass es sich nach Treu und Glauben ausgelegt um
ein Kündigungsschutzbegehren handelt. Denn ein Anfechtungsbegehren i.S. von
Art. 273 OR ist von Gesetzes wegen auf die Aufhebung der Kündigung
ausgerichtet, weshalb die konkrete Formulierung des Begehrens irrelevant ist,
solange - wie hier - nach Treu und Glauben erkennbar ist, dass damit die
Kündigung als  missbräuchlich i.S. der Art. 271 ff. OR angefochten werden soll.
Dass die Schlichtungseingabe der Beschwerdegegnerin nach Treu und Glauben als
Anfechtungsbegehren i.S. von Art. 273 OR zu verstehen war, ergibt sich
vorliegend auch aus der Begründung der Schlichtungseingabe, wo diese
unmissverständlich als "Anfechtungsklage" bezeichnet wird. Diese musste die
Beschwerdegegnerin bei der Schlichtungsbehörde fristgerecht einreichen, um
überhaupt (im Eventualstandpunkt) eine Missbräuchlichkeit i.S. von Art. 271 OR
geltend machen zu können. Dass die Beschwerdegegnerin den Wortlaut ihres
Begehrens in der Folge anlässlich der Schlichtungsverhandlung neu so
formulierte, dass sie nunmehr eine Feststellung verlangte, die Kündigung sei
"unwirksam und missbräuchlich", ändert nichts daran, dass sie die
Schlichtungsbehörde jedenfalls für den Fall, dass sich die Kündigung nicht
ohnehin als unwirksam erweisen sollte, auch um Kündigungsschutz i.S. der Art.
271 ff. OR ersuchte. Nur so kann die Verwendung des Begriffs der
Missbräuchlichkeit verstanden werden. Nach Treu und Glauben lässt sich das
Begehren der Beschwerdegegnerin jedenfalls nicht so verstehen, dass sie die
Schlichtungsbehörde nunmehr nur noch um Feststellung der Unwirksamkeit oder
Nichtigkeit der Kündigung ersuchen möchte, ohne dass es sich dabei eventualiter
auch noch um eine Anfechtung i.S. von Art. 273 OR handeln sollte.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass es sich beim Schlichtungsbegehren
der Beschwerdegegnerin um ein reines Feststellungsbegehren handle, ohne dass
gleichzeitig um Kündigungsschutz i.S. der Art. 271 ff. OR ersucht worden wäre,
ist damit unzutreffend. Vielmehr handelt es sich vorliegend um einen Fall des
Kündigungsschutzes i.S. von Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO und Art. 243 Abs. 2 lit.
c ZPO, da die Beschwerdegegnerin die Kündigung der Beschwerdeführerin
jedenfalls im Eventualstandpunkt als missbräuchlich i.S. von Art. 271 OR
angefochten hat. Die Vorinstanz hat die sachliche Zuständigkeit des
Handelsgerichts im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Recht
verneint.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG und Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Januar 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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