Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.370/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T
0/2}               

4A_370/2015

Urteil vom 16. Dezember 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett,
Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
Milchgenossenschaft A.________ in Liquidation, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Adrian Heberlein,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen des Kantons Thurgau,

sowie

2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
9. I.________,
10. J.________,
11. K.________,vertreten durch Rechtsanwalt Simon Wolfer,
12. L.________,
13. M.________,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Simon Wolfer,
Beschwerdegegner,

Gegenstand
Genossenschaft,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
29. April 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die Milchgenossenschaft A.________ ist eine Genossenschaft mit Sitz in
A.________. Sie wurde im Jahr 1910 von zahlreichen Milchbauern gegründet, um
die bestmögliche Verwertung der im Genossenschaftskreis produzierten Kuhmilch
zu ermöglichen. Hierzu wurde eine Milchsammelstelle errichtet, die im Jahr 1961
durch einen Neubau ersetzt wurde.
Gemäss § 4 der Statuten kann jeder handlungsfähige Milchproduzent im
Einzugsgebiet von A.________ Mitglied der Genossenschaft werden. Die Aufnahme
erfolgt gemäss § 5 der Statuten auf schriftliche Anmeldung hin durch die
Verwaltung der Genossenschaft.
Die Verwaltung besteht gemäss § 22 der Statuten aus dem Präsidenten, dem Aktuar
und dem Kassier. Die Mitglieder der Verwaltung werden von der
Generalversammlung auf drei Jahre gewählt und sind unbeschränkt wieder wählbar.
Ausweislich des Handelsregisterauszugs bekleiden seit dem Jahr 2002 N.________
das Amt des Präsidenten sowie Kassiers und seit dem Jahr 1996 O.________ das
Amt des Aktuars.

A.b. Mit der Freigabe der vorher kontingentierten Milchproduktion wurde der
Strukturwandel in der Milchwirtschaft vorangetrieben. Dies führte zur
Liquidation zahlreicher kleinerer Betriebe und unter anderem auch dazu, dass
die letzten vier verbliebenen A.________ Milchbauern seit Januar 2013 ihre
Milch an einen Grossabnehmer direkt ab Hof verkaufen.
Am 4. Mai 2013 meldete die Milchgenossenschaft A.________ dem Amt für
Handelsregister und Zivilstandswesen des Kantons Thurgau, dass sie vier neue
Genossenschafterinnen aufgenommen habe. Dabei handelte es sich um die Ehefrauen
der letzten vier Genossenschafter. Mit Schreiben vom 8. Mai 2013 bestätigte das
Handelsregisteramt den Erhalt dieser Meldung.
Am 25. Oktober 2013 beschloss die Generalversammlung der Genossenschaft in
Anwesenheit von drei der neuen Genossenschafterinnen und der vier bisherigen
Genossenschaftern unter anderem, die Milchhütte zu verkaufen, die
Genossenschaft per sofort aufzulösen und den Liquidationserlös auf die bis im
Januar 2013 noch als Milchlieferanten verbleibenden vier Genossenschafter und
deren als Genossenschafterinnen aufgenommenen Ehefrauen zu verteilen.

B.

B.a. Am 13. Dezember 2013 gelangten mehrere ehemalige Genossenschafter mit
einer Anzeige an das Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen des Kantons
Thurgau, mit der sie beantragten, es seien Ermittlungen im Sinne von Art. 157
Abs. 1 HRegV betreffend die Organisation der Milchgenossenschaft aufzunehmen,
bis zum Abschluss dieser Ermittlungen keine Statutenänderungen oder
anderweitige Tatsachen in das Handelsregister einzutragen und nach Abschluss
dieser Ermittlungen gestützt auf Art. 941a OR beim zuständigen Gericht die
Liquidation der Milchgenossenschaft A.________ zu beantragen. In prozessualer
Hinsicht sei ihnen die Stellung als Verfahrensbeteiligte einzuräumen.
Zur Begründung führten die Anzeigeerstatter aus, dass die Milchgenossenschaft
nur noch über vier Personen verfüge, die nach § 4 der Statuten Mitglieder sein
könnten. Die neu aufgenommenen Ehefrauen seien keine Genossenschafterinnen, da
sie keine Milch produzieren und abliefern würden. Die Genossenschaft sei damit
nicht mehr beschlussfähig und nicht in der Lage, Statutenänderungen
vorzunehmen.
Die Milchgenossenschaft beantragte am 24. März 2014 dem Handelsregisteramt,
ihre mit dem Auflösungsbeschluss vom 25. Oktober 2013 erfolgte Änderung der
Firmenbezeichnung sei zu vollziehen und sie sei neu als "Milchgenossenschaft
A.________ in Liquidation" ins Handelsregister einzutragen. Die von den
Anzeigerstattern gestellten Anträge seien abzuweisen
Mit Schreiben vom 23. Juli 2014 gelangte das Amt für Handelsregister und
Zivilstandswesen an das Bezirksgericht Frauenfeld und führte aus, die
Einschätzung der ehemaligen Genossenschafter, dass die Ehefrauen der noch
aktiven Genossenschafter die Anforderungen für eine Mitgliedschaft nicht
erfüllen würden, könne nicht ohne weiteres als unzutreffend bezeichnet werden.
Deshalb sei es sachgerecht, wenn das zuständige Zivilgericht die von der
Generalversammlung am 25. Oktober 2013 gefassten Beschlüsse beurteile und die
erforderlichen Massnahmen anordne.
Das Bezirksgericht erwiderte mit Schreiben vom 29. Juli 2014, das
Handelsregisteramt müsse feststellen, ob und allenfalls welche Mängel die
Gesellschaft aufweise, bevor das Zivilgericht Massnahmen zur Behebung von
Mängeln in der gesetzlich vorgeschriebenen Organisation einer Gesellschaft
anordnen könne. Die Feststellung, ob ein Organisationsmangel vorliege, obliege
dem Handelsregisteramt.
In der Folge erliess das Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen am 23.
September 2014 eine anfechtbare Verfügung, deren Dispositiv es am 26. September
2014 ergänzte. Darin wurde der Antrag der Milchgenossenschaft abgewiesen, den
Anzeigeerstattern die Parteieigenschaft zu verweigern (Ziff. 1). Weiter wurde
der Antrag abgewiesen, die mit dem Liquidationsbeschluss vom 25. Oktober 2013
beabsichtigte Änderung der Firmenbezeichnung in "Mlichgenossenschaft A.________
in Liquidation" im Handelsregister einzutragen (Ziff. 2). Weiter wurde
festgestellt, die Milchgenossenschaft leide an einem Organisationsmangel (Ziff.
3).

B.b. Dagegen erhob die Milchgenossenschaft beim Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau Beschwerde, mit der sie beantragte, die Verfügung des
Handelsregisteramts sei aufzuheben und dieses sei anzuweisen, die mit
Liquidationsbeschluss vom 25. Oktober 2013 erfolgte Änderung der
Firmenbezeichnung samt den weiteren dadurch notwendig gewordenen Tatsachen
seien ins Handelsregister einzutragen.
Zur Begründung führte die Milchgenossenschaft aus, sie habe von sich aus die
Mitgliederzahl auf acht angehoben. Die angeschlossenen Betriebe seien
Familienbetriebe, in denen beide Eheleute mitarbeiten würden.
Traditionellerweise sei freilich meist nur der Mann in die Genossenschaft
aufgenommen worden, doch sei stets klar gewesen, dass auch die Ehefrauen am
wirtschaftlichen Gang der Genossenschaft beteiligt seien. Das
Handelsregisteramt habe die Mitteilung, die Ehefrauen der vier verbliebenen
Genossenschafter seien als neue Mitglieder aufgenommen worden, am 8. Mai 2013
bestätigt, weshalb kein Anlass bestanden habe, an der Gültigkeit der
Neueintritte zu zweifeln. Ein erst anderthalb Jahre später ergangener
anderslautender Entscheid widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Das
Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen habe seine Prüfungsbefugnis
überschritten. Es dürften nur registerrechtliche Fragen umfassend geprüft
werden. Die Prüfungsbefugnis für Belange des materiellen Rechts hingegen sei
beschränkt. Weder der Beschluss der Generalversammlung vom 25. Oktober 2013
noch der vorangegangene Beschluss vom 26. März 2013 über die Aufnahme der
Ehefrauen verstosse gegen zwingendes Recht, das im öffentlichen Interesse und
zum Schutz Dritter aufgestellt worden sei. Ob die Ehefrauen die in § 4 der
Statuten umschriebenen Voraussetzungen erfüllten und als Genossenschafterinnen
aufgenommen werden konnten, sei eine Frage der Auslegung der betreffenden
Statutenbestimmung. Selbst wenn die Zahl der Genossenschafter unter sieben
gefallen wäre und keine neuen Genossenschafterinnen aufgenommen worden wären,
sei die Genossenschaft weiterhin beschluss- und handlungsfähig gewesen. Denn
für den Fall, dass die Mitgliederzahl unter sieben sinke, hätte es zur
Sanktionierung eine hier nicht erfolgte richterliche Anordnung gebraucht, die
nur auf Antrag einer der in Art. 713b OR angeführten Personen hätte erlassen
werden können.
Mit Entscheid vom 29. April 2015 hob das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
die Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung betreffend die Parteistellung der
Anzeigerstatter auf, wies aber im Übrigen die Beschwerde ab.
Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass die ehemaligen Genossenschafter
als Anzeigeerstatter im handelsregisterrechtlichen Verfahren keine
Parteistellung hätten, weshalb die angefochtene Verfügung in diesem Punkt
aufzuheben sei. Im Übrigen sei die Beschwerde abzuweisen, da die
Milchgenossenschaft seit dem Frühjahr 2013 nur noch über vier Genossenschafter
verfügt habe, womit ein Organisationsmangel vorgelegen habe, den die
Milchgenossenschaft ohne Anrufung des Richters gestützt auf Art. 731b OR nicht
selber habe beheben können. Insbesondere sei sie aufgrund dieses
Organisationsmangels nicht in der Lage gewesen, neue Genossenschafter
aufzunehmen, geschweige denn die Liquidation zu beschliessen. Die an der
Generalversammlung vom 25. Oktober 2013 gefassten Beschlüsse, insbesondere über
die Statutenänderung, die sofortige Auflösung der Genossenschaft und die
Verteilung des Liquidationserlöses seien daher als nichtig zu betrachten.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Milchgenossenschaft dem Bundesgericht
folgende Anträge:

"1. Es sei in Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichtes des Kantons
Thurgau vom 29. April 2015 die Verfügung des Handelsregisteramts
(Beschwerdegegner) vom 26. September 2014 mit Begründung vom 23. September 2014
aufzuheben und dieses anzuweisen, die mit Liquidationsbeschluss vom 25. Oktober
2013 erfolgte Änderung der Firmenbezeichnung ("Milchgenossenschaft A.________
in Liquidation") samt den weiteren dadurch notwendig gewordenen Tatsachen ins
Handelsregister einzutragen.

2. Die Kosten des kantonalen Verfahrens seien aufzuheben.

3. Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens seien nicht zu erheben.

4. Es sei der Beschwerdegegner zu verpflichten, die Beschwerdeführerin für die
Verfahren vor Bundesgericht und vor Verwaltungsgericht angemessen zu
entschädigen."

Das Handelsregisteramt und die ehemaligen Genossenschafter beantragen in ihren
Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde.
Die Milchgenossenschaft hat eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid über die Führung
des Handelsregisters, der gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG der
Beschwerde in Zivilsachen unterliegt. Als Vorinstanz hat ein oberes Gericht im
Kanton auf ein Rechtsmittel hin letztinstanzlich entschieden (Art. 75 BGG
i.V.m. Art. 165 Abs. 2 HRegV). Das angefochtene Urteil schliesst ein Verfahren
betreffend die Eintragung diverser Tatsachen im Handelsregister (Auflösung der
Genossenschaft und damit einhergehende Firmenänderung) ab und ist demnach als
Endentscheid zu qualifizieren (Art. 90 BGG). Entgegen den gesetzlichen
Vorschriften (Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG) finden sich im angefochtenen Urteil
keine Angaben zum Streitwert. Mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen
der genannten Eintragung kann vorliegend ohne gegenteilige Anhaltspunkte jedoch
davon ausgegangen werden, dass der Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt (Art. 51
Abs. 2 BGG).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe gegen Bundesrecht verstossen,
indem sie zum Schluss gelangt ist, die Genossenschaft habe aufgrund eines
Organisationsmangels keine neuen Genossenschafter mehr aufnehmen können.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei dies sehr wohl möglich gewesen,
weshalb auch der von der Generalversammlung am 25. Oktober 2013 gefasste
Liquidationsbeschluss gültig gewesen sei und ins Handelsregister hätte
eingetragen werden müssen.

2.1. Die Genossenschaft des Obligationenrechts ist eine als Körper-schaft
organisierte Verbindung einer nicht geschlossenen Zahl von Personen oder
Handelsgesellschaften, die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung
bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer
Selbsthilfe bezweckt (Art. 828 Abs. 1 OR). Bei der Gründung einer
Genossenschaft müssen mindestens sieben Mitglieder beteiligt sein (Art. 831
Abs. 1 OR). Sinkt in der Folge die Zahl der Genossenschafter unter diese
Mindestzahl, so sind die Vorschriften des Aktienrechts über Mängel in der
Organisation der Gesellschaft entsprechend anwendbar (Art. 831 Abs. 2 OR).

2.2. Gemäss dem im Abschnitt über "Mängel in der Organisation der Gesellschaft"
eingeordneten Art. 731b OR kann ein Aktionär, ein Gläubiger oder der
Handelsregisterführer dem Richter beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu
ergreifen, falls der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe fehlt oder
eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt ist (Abs. 1 Ingress). Der
Richter kann insbesondere der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine
Frist ansetzen, binnen derer der rechtmässige Zustand wieder herzustellen ist
(Abs. 1 Ziff. 1), das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen (Abs. 1
Ziff. 2) oder die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den
Vorschriften über den Konkurs anordnen (Abs. 1 Ziff. 3).

2.3. Das Bundesgericht hat im Leitentscheid BGE 138 III 407 erkannt, dass es
sich bei der Mindestzahl von sieben Genossenschaftern nach der gegenwärtigen
Gesetzeslage um ein begriffsbestimmendes Element der Genossenschaft handelt.
Sinkt die Mitgliederzahl auf unter sieben, liegt damit nicht nur eine
mangelhafte Organisation der Körperschaft vor, sondern ist der Tatbestand der
Genossenschaft als solcher nicht mehr gegeben. Dieser kann auch durch einen
richterlichen Eingriff nicht wieder hergestellt werden, weshalb eine
richterliche Ernennung von Genossenschaftern gestützt auf Art. 731b Abs. 1
Ziff. 2 OR ausser Betracht fällt. Bei einem Unterschreiten der Mindestzahl von
sieben Genossenschaftern kommen von den in Art. 731b Abs. 1 OR genannten
Massnahmen nur jene gemäss Ziff. 1 und 3, also die Ansetzung einer Frist zur
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes sowie die Auflösung der
Gesellschaft in Frage (BGE 138 III 407 E. 2.5.2), wobei letztere die  ultima
ratio darstellt: Die Auflösung gelangt erst dann zur Anwendung, wenn die
Genossenschaft ihre Mitgliederzahl nicht innert richterlich angesetzter Frist
erhöht bzw. zum Vornherein zu erkennen gibt, dass eine entsprechende
Fristansetzung nutzlos oder unzweckmässig wäre (BGE 138 III 407 E. 2.4, 2.5.2 
in fine).
Auch in der Lehre wird einhellig vertreten, dass der Genossenschaft vor einer
allfälligen richterlichen Auflösung zunächst die Gelegenheit zu geben sei,
innert angemessener Frist die Mitgliederzahl wieder auf sieben zu erhöhen (CARL
BAUDENBACHER, in: Basler Kommentar, 4. Aufl. 2012, N. 14 zu Art. 831 OR;
MAURICE COURVOISIER, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl.
2012, N. 5 zu Art. 831 OR; SARAH BRUNNER, in: Honsell [Hrsg.], Kurzkommentar
OR, 2014, N. 4 zu Art. 831 OR; SAMUEL KRÄHENBÜHL, in: Siffert/Turin [Hrsg.],
Stämpflis Handkommentar, Handelsregisterverordnung [HRegV], 2013, N. 7 zu Art.
86 HRegV).
Eine entsprechende Frist zur Wiederherstellung der gesetzlichen Mitgliederzahl
hat gestützt auf Art. 154 Abs. 1 HRegV zudem auch das Handelsregisteramt
anzusetzen, bevor es mit einem Gesuch nach Art. 731b OR an das Zivilgericht
gelangt (KRÄHENBÜHL, a.a.O., N. 8 zu Art. 86 HRegV).

2.4. Gemäss Art. 839 OR können in eine Genossenschaft jederzeit neue Mitglieder
aufgenommen werden (Abs. 1), wobei die Statuten unter Wahrung des Grundsatzes
der nicht geschlossenen Mitgliederzahl zwar die näheren Bestimmungen über den
Eintritt treffen, dabei aber den Eintritt nicht übermässig erschweren dürfen
(Abs. 2). Gemäss Art. 840 Abs. 3 OR entscheidet die Verwaltung der
Genossenschaft über die Aufnahme neuer Mitglieder, soweit nicht nach den
Statuten die blosse Beitrittserklärung genügt oder ein Beschluss der
Generalversammlung nötig ist. Der Entscheid der Verwaltung über das
Aufnahmegesuch ist an keine besondere Form gebunden und kann auch durch
konkludentes Handeln erfolgen (ALFRED L. SCHWARTZ, in: Basler Kommentar, 4.
Aufl. 2012, N. 21 zu Art. 841 OR; PETER FORSTMOSER, in: Berner Kommentar, 1974,
N. 24 zu Art. 840 OR). Sofern die Statuten keinen Rekurs an die
Generalversammlung vorsehen, ist der Aufnahmeentscheid endgültig (FORSTMOSER,
a.a.O., N. 26 zu Art. 840 OR; J ACQUES-ANDRÉ REYMOND/RITA TRIGO TRINDADE, Die
Genossenschaft, Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/5, S. 85).

2.5. Erfolgt die Auflösung der Genossenschaft nicht durch Konkurs, so ist sie
von der Verwaltung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Gemäss
Art. 89 HRegV gelten für die Auflösung der Genossenschaft die Bestimmungen über
die Aktiengesellschaft sinngemäss. Damit wird auf Art. 63 HRegV verwiesen
(KRÄHENBÜHL, a.a.O., N. 3 zu Art. 89 HRegV), der die bei einer Auflösung der
Genossenschaft in das Handelsregister einzutragenden Tatsachen und die hierzu
notwendigen Belege im Einzelnen regelt.

2.6. Nach Art. 940 Abs. 1 OR hat der Registerführer zu prüfen, ob die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt sind. Nach der
Rechtsprechung prüft der Registerführer zunächst die formellen
registerrechtlichen Voraussetzungen, mithin die Einhaltung der Normen, die
unmittelbar die Führung des Handelsregisters betreffen. In dieser Hinsicht
verfügt er über eine umfassende Prüfungsbefugnis. Wo nicht Registerrecht,
sondern materielles Recht in Frage steht, ist die Prüfungsbefugnis des
Registerführers indessen beschränkt. Nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung hat er lediglich auf die Einhaltung jener zwingenden
Gesetzesbestimmungen zu achten, die im öffentlichen Interesse oder zum Schutze
Dritter aufgestellt worden sind, während die Betroffenen zur Durchsetzung von
Vorschriften, die dem dispositiven Recht angehören oder nur private Interessen
berühren, den Zivilrichter anzurufen haben. Da die Abgrenzung im Einzelfall
schwierig sein kann, ist die Eintragung nur dann abzulehnen, wenn sie
offensichtlich und unzweideutig dem Recht widerspricht, nicht dagegen, falls
sie auf einer ebenfalls denkbaren Gesetzesauslegung beruht, deren Beurteilung
dem Richter überlassen bleiben muss (BGE 125 III 18 E. 3b S. 21; 121 III 368 E.
2a S. 371; 117 II 186 E. 1 S. 188; Urteil 4A_363/2013 vom 28. April 2014 E.
2.1, nicht publ. in: BGE 140 III 206; Urteil 4A.4/2006 vom 20. April 2006 E.
2.1, nicht publ. in: BGE 132 III 470 ff.).

2.7. Die Vorinstanz erwog, dass im Frühjahr 2013 lediglich noch vier
Genossenschafter an der Beschwerdeführerin beteiligt gewesen seien, welche die
notwendigen statutarischen Voraussetzungen aufgewiesen hätten. Ab diesem
Zeitpunkt sei der Tatbestand der Genossenschaft mangels Erreichens der
Mindestmitgliederzahl nicht mehr erfüllt gewesen und es sei nicht ersichtlich,
dass die Beschwerdeführerin ohne Anrufung des Richters gestützt auf Art. 731b
OR diesen Organisationsmangel selber hätte beheben können. Aufgrund dieses
Mangels sei die Beschwerdeführerin weder in der Lage gewesen, die Liquidation
zu beschliessen, noch die Bedingungen für eine solche neu festzulegen oder neue
Genossenschafter aufzunehmen. Die an der Generalversammlung vom 25. Oktober
2013 gefassten Beschlüsse, insbesondere über die Statutenänderung, die
sofortige Auflösung der Genossenschaft und die Verteilung des
Liquidationserlöses seien daher als nichtig zu betrachten, weshalb auch dem
Gesuch, die Beschwerdeführerin neu mit der Firma "Milchgenossenschaft
A.________ in Liquidation" einzutragen, nicht Folge gegeben werden könne. An
dieser Situation ändere auch die versuchte Aufnahme der Ehefrauen als neue
Genossenschafterinnen nichts, sei doch die Beschwerdeführerin aufgrund des
Organisationsmangels gar nicht mehr fähig gewesen, die Aufnahme zu
beschliessen.

2.8. Diese Erwägungen halten vor Bundesrecht nicht stand: Entgegen der
Auffassung der Vorinstanz steht das Absinken der Genossenschafter unter die
Mindestzahl von sieben einer Aufnahme neuer Genossenschafter keineswegs
entgegen. Vielmehr obliegt es der Genossenschaft in einer solchen Situation
gerade, neue Genossenschafter aufzunehmen, um die Mindestmitgliederzahl wieder
herzustellen. Entsprechend hat in einem Organisationsmängelverfahren zunächst
das Handelsregisteramt gestützt auf Art. 154 Abs. 1 HRegV und anschliessend
auch der Zivilrichter gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 1 OR der
Genossenschaft eine Frist zur Aufnahme neuer Genossenschafter anzusetzen (oben
E. 2.2).
Dies war im vorliegenden Fall indessen gar nicht nötig, da die
Beschwerdeführerin von sich aus vier neue Genossenschafterinnen aufgenommen und
dem Handelsregisteramt am 4. Mai 2013 gemeldet hat. Diese Aufnahme erfolgte
gemäss § 5 der Statuten und in Einklang mit Art. 840 Abs. 3 OR spätestens mit
der Anmeldung beim Handelsregisteramt durch die Verwaltung der
Beschwerdeführerin. Ob dieser Aufnahmeentscheid zu Recht erfolgt ist, ob also
die Ehefrauen der bisherigen Genossenschafter die Voraussetzungen gemäss § 4
der Genossenschaftsstatuten erfüllten, hat der Handelsregisterführer
grundsätzlich nicht zu prüfen. Denn dieser hat lediglich die Einhaltung
zwingender Gesetzesbestimmungen zu beachten, die im öffentlichen Interesse oder
zum Schutze Dritter aufgestellt worden sind (oben E. 2.5), wozu statutarische
Anforderungen an den Kreis der Genossenschafter gerade nicht gehören. Wie jede
Behörde hat das Handelsregisteramt immerhin eine allfällige Nichtigkeit von
Amtes wegen zu beachten, die jedoch vorliegend bezüglich der Aufnahme der neuen
Genossenschafterinnen nicht anzunehmen ist: Gemäss § 4 der Statuten kann "jeder
handlungsfähige Milchproduzent im Einzugsgebiet von A.________ " Mitglied der
Genossenschaft werden. Aus diesem Wortlaut folgt nicht zwingend, dass pro
Milchproduktionsbetrieb nur eine Person Genossenschafter werden kann. Vielmehr
erscheint zumindest vertretbar, unter den statutarischen Begriff der
Milchproduzenten alle Personen zu subsumieren, die an der  Führungeines
Milchproduktionsbetriebs beteiligt sind. Wenn etwa zwei Milchproduzenten ihre
Betriebe aus ökonomischen Gründen zusammenlegen und fortan gemeinsam betreiben,
hiesse dies mithin nicht, dass nur noch einer der beiden Genossenschafter
bleiben darf. Ebensowenig erscheint ausgeschlossen, zwei Eheleute oder sonstige
Lebenspartner je als Genossenschafter aufzunehmen, wenn diese einen
Milchproduktionsbetrieb  gemeinsam führen. Entgegen der in der Vernehmlassung
geäusserten Auffassung des Handelsregisteramts erscheint die Aufnahme der
Ehefrauen der bisherigen Genossenschafter jedenfalls nicht als geradezu
offensichtlich rechtsmissbräuchlich, so dass von einer Nichtigkeit des
Aufnahmeentscheids ausgegangen werden müsste. Dies umso mehr, als die
Beschwerdegegner 2 - 13 in ihrer Vernehmlassung selber behaupten, dass es in
A.________ keine weiteren Milchproduktionsbetriebe mehr gebe, deren Inhaber als
Genossenschafter aufgenommen werden könnten. Unter diesen Umständen erscheint
verständlich, dass die Beschwerdeführerin zur Wiederherstellung der
gesetzlichen Mindestmitgliederzahl die Ehefrauen der verbliebenen
Genossenschafter als Neumitglieder aufgenommen hat.
Folglich durften das Handelsregisteramt und die Vorinstanz nicht von einem
Organisationsmangel bei der Beschwerdeführerin ausgehen, hat diese doch mit der
Aufnahme von vier neuen Genossenschafterinnen die gesetzliche
Mindestmitgliederzahl wieder hergestellt. Die Vorinstanz durfte die Eintragung
des Liquidationsbeschlusses somit nicht wegen Nichterreichens der
Mindestmitgliederzahl verweigern. Ob die Generalversammlung einer
Genossenschaft, die weniger als sieben Mitglieder aufweist, selbst einen
Liquidationsbeschluss fassen kann oder dafür zwingend den Richter anrufen muss,
kann offen bleiben. Anderweitige Nichtigkeitsgründe bezüglich des
Liquidationsbeschlusses werden weder behauptet, noch sind solche ersichtlich.
Insbesondere ist für die Eintragung der Auflösung im Handelsregister nicht von
Belang, ob der Beschluss über die Verwendung eines allfälligen
Liquidationsüberschusses im Einklang mit Art. 913 OR steht, ist dieser nach
Art. 89 i.V.m. Art. 63 HRegV doch gerade nicht Gegenstand der Eintragung im
Handelsregister.

2.9. Die Beschwerde ist begründet und der angefochtene Entscheid ist
aufzuheben. Ob die Eintragungsanmeldung der Beschwerdeführerin die
registerrechtlichen Anforderungen von Art. 89 i.V.m. Art. 63 HRegV erfüllt,
kann das Bundesgericht mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen im
angefochtenen Entscheid indessen nicht beurteilen. Die Sache ist daher an die
Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer Entscheidung
zurückzuweisen.

3.
Damit ist die Beschwerdeführerin mit ihren Anträgen teilweise durchgedrungen,
während der Beschwerdegegner 1 mit seinen Anträgen unterlegen ist. Auch die
Beschwerdegegner 2 - 13, die am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und im
Verfahren vor Bundesgericht eine Vernehmlassung eingereicht haben, sind mit
ihren Anträgen unterlegen. Damit werden alle Beschwerdegegner
entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 2 BGG); die Beschwerdegegner 2 - 13
werden zudem kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), während dem Beschwerdegegner
1 keine Gerichtskosten auferlegt werden können (Art. 66 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der angefochtene Entscheid wird
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdegegnern 2 - 13
auferlegt (unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen).

3. 
Die Beschwerdegegner haben die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen (unter solidarischer Haftbarkeit und
intern zu gleichen Teilen).

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Dezember 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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